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Alisha & Laura-Marie Schulz: „Glampain“
1. Auflage, April 2017, Edition Subkultur Berlin

© 2017 Periplaneta - Verlag und Mediengruppe / Edition Subkultur
Inh. Marion Alexa Müller, Bornholmer Str. 81a, 10439 Berlin
www.periplaneta.com

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, Übersetzung, Vortrag und Übertragung, Vertonung, Verfilmung, Vervielfältigung, Digitalisierung, kommerzielle Verwertung des Inhaltes, gleich welcher Art, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags.

Die Handlung und alle handelnden Personen sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit realen Personen oder Ereignissen wären rein zufällig.

Projektleitung, Lekorat: Sarah Strehle
Projektassistenz: Laura Partikel
Cover: Marion A. Müller
Satz & Layout: Thomas Manegold

print ISBN: 978-3-943412-30-7
epub ISBN: 978-3-943412-80-2
E-Book-Version: 1.1

Alisha & Laura-Marie Schulz

Glampain


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Für Peffi

„Familie gibt man nicht einfach her. Schwester bleibt Schwester!“

PROLOG I Olivia

Die Wände hatten seine Lieblingsfarbe: Schwarz. Dort hatten Bilder von uns gehangen, die ich alle nacheinander abgerissen hatte. Mir gefiel die Vorstellung seines Blickes, wenn er hineinkommen und nichts weiter finden würde als sich selbst.

Es hatte etwas so Herrliches, jemandem etwas anzutun, das man selbst nie verzeihen könnte, wenn es einem angetan würde.

Nachdenklich schlenderte ich durch die Wohnung mit den kahlen Wänden und mir gefiel, wie sich der Absatz meiner Schuhe in die Bilder bohrte. Ich wusste doch, wie das alles funktionierte und wie Jack hier hereinkommen würde: ‚Ach Engel! Ich habe dieses für dich und jenes. Hast du schon wieder jemand anderen getroffen? Ich kann es in deinen Augen sehen. Wieso tust du das?‘

Manchmal war er auch melodramatisch, meistens, wenn ich nichts sagte und mir eine neue Zigarette anzündete. Dann fing er an zu schreien: ‚Engel, hör auf!! Wieso, wieso?!‘

Ich lächelte bei der Vorstellung.

Es war ein lauer Morgen, und als ich auf dem Balkon stand, konnte ich die Sommerluft riechen. Der Himmel war graublau.

Ich hätte Jack sagen sollen, dass er der kleine Mond in unserem Sonnensystem war. Ich war sein Mittelpunkt, ich war seine Sonne, um die sich alles drehte. Ich konnte ihm einen Unterschlupf bieten. Ein Heim. Eine Aufnahme, einen Kuss, viele schöne Nächte, solange er nicht anfing zu glauben, dass er in meinem Universum das Sagen hatte.

Ich nahm den letzten Zug der Zigarette und warf die Kippe über das Geländer. Ich blickte nicht auf den mit Fotos übersäten Boden und warf die Tür hinter mir zu. Jack würde seine Lektion lernen. Dass unsere Liebe nur ein bisschen Spielerei gewesen war, und, wenn man so leicht zu haben war, man mühelos ersetzt werden konnte.

PROLOG II Torina

Als ich die Wohnung betrat, war etwas anders. Alle Türen waren geschlossen. Neben mir auf der Kommode lag Rileys Schlüssel, wie er immer dort lag, wenn er zu Hause war. Nur sah ich nirgendwo seine Schuhe.

„Rey?“, rief ich durch die Wohnung und meine Stimme klang beunruhigt. Aber ich fühlte nichts. Alles war wunderbar. Alles.

Meine Hände zitterten, als ich den Mantel aufhing, an die Stelle, an der normalerweise seine Jacke hing. Sie war nicht da.

Keine Schuhe, keine Jacke, nur die Schlüssel lagen da.

Alles war wunderbar.

Ich stellte meine Stiefel unter die Garderobe und ging ins Wohnzimmer. Das Buch, das er gelesen und das auf der Couch gelegen hatte, war weg. Ich spürte ein Brennen im Hals und hinter den Augen.

Ich legte meine Handtasche auf den Couchtisch und ging in die Küche. Auch hier fehlte etwas, aber ich kam nicht drauf, was es war.

Ich öffnete alle Schränke, alle Schubladen, den Ofen, den Kühlschrank. Nichts war wunderbar. Gar nichts.

Meine Hände zitterten. Ich wandte mich abrupt ab und rannte ins Schlafzimmer. Als ich seine Schränke aufriss, fehlte alles. Ich starrte in die Schränke, die jetzt niemandes Schränke mehr waren, leer und kalt und ungenutzt.

Jetzt wusste ich, was weg war.

Riley.

Meine Augen begannen zu brennen, meine Sicht wurde trüb. Fast blind stürzte ich zurück ins Wohnzimmer und kippte meine Handtasche aus. Das war nur ein Fehler, das war alles nur ein riesiges Missverständnis.

Ich wählte seine Nummer. Gleich würde er mir sagen, wo er war, wann wir essen wollten. Und ich würde sagen, dass ich morgen früh raus musste und er ruhig im Bett bleiben konnte. Dass ich ihn vermisste, dass ich sein Lachen vermisste, seit seinem Geburtstag, dass ich es kaum erwarten konnte, dass er da war, ich könnte das Kleid anziehen, das er mir geschenkt hatte und wir würden …

„Tory, warum rufst du an?“, sagte er mit tonloser Stimme.

„Ich …“, sagte ich atemlos. Bin verwirrt, wollte ich anfügen, tat es aber nicht. „Ich hab … Ich bin gerade reingekommen. Und du hast … deine Schlüssel vergessen.“

„Ich brauch die Schlüssel nicht mehr.“

Mein Hals brannte. Alles war wunderbar.

„Doch, natürlich brauchst du die. Du musst reinkommen, wenn ich nicht da bin. Heute Abend geh ich … also ich geh früh ins Bett. Also jetzt nicht mehr, weil du hast ja deine Schlüssel nicht mitgenommen und –“

„Ich … komm heute nicht nach Hause“, unterbrach er mich, gequält, angestrengt, müde.

„Okay“, sagte ich schluchzend. „Und wann dann? Dann bin ich da und lass dich rein, weil –“

„Ich … bleib lange weg. Okay? Ich … ich verlasse dich. Ich mach’s nicht mehr, ich muss einfach nur weg, ich platze sonst noch, wenn … wenn du da bist und … ich …“, redete er einfach dazwischen.

Ich schüttelte den Kopf, die Gedanken sollten weg. Es sollte alles wieder wunderbar sein, das war unsere schöne Wohnung und wir wohnten erst ein halbes Jahr zusammen. Er klebte in jeder Ecke, in jedem Zimmer, die letzten zweiundzwanzig Jahre mit ihm schlummerten in mir und er weckte und verjagte sie mit einem Mal?

„Rey, tu das nicht …“ Mein Flehen verhallte. Ich hörte ihn husten und schluchzen und dann hörte ich nur noch ein Knacken. Dann tutete es. Und die Stille kam.

Wie ließ man einen Menschen gehen, den man liebte?

Ich rief ihn noch mal an, diesmal hob er nicht ab.

KAPITEL 1 Torina

Wie ließ man einen Menschen gehen, den man liebte? Sollte man ihn vergessen? Sein Geburtsdatum aus dem Kalender streichen, Telefonnummern und Adressen löschen? Erinnerungen löschen? Riley hätte eine Antwort darauf gehabt, das wusste ich.

Er würde sagen, dass nichts für die Ewigkeit sei. Weder Seelenverwandtschaft, noch Liebe, noch Freundschaft. Dass Menschen irgendwann aufhörten, ihre Träume zu teilen. Dass sie aufhörten, sich alles zu erzählen.

Alles war wie immer, als ich aufstand. Meine Seite vom Bett war zerwühlt, seine ordentlich wie eh und je. Er hatte seit acht Monaten nicht mehr auf dieser Matratze geschlafen.

Er würde vermutlich nie mehr nach Hause kommen.

Die Erkenntnis war so ernüchternd, dass ich mich hastig abwandte, mein Kleid aus dem Schrank nahm und ins Bad ging. Schluss damit! Es gab eine Kampagne vorzubereiten!

Unter dem heißen Wasser der Dusche konnte ich meinen Tagesplan bestens überdenken.

Unsere neue Werbekampagne zum Parfüm Dangerous Temptation war eine große Sache. Meine Aufgabe war es, unsere beiden Kampagnengesichtern einzuweisen und vorzubereiten, bevor es losging.

Ich drehte den Wasserhahn zu, trocknete mich ab, schlüpfte in frische Wäsche und drehte mich schließlich zögernd zu meinem pinken Kleid. Hoffentlich war das nicht zu dick aufgetragen …

Ich schob den Gedanken beiseite und betrachtete stattdessen mein Spiegelbild. Eine Brünette mit Turban und bernsteinfarbenen Augen schaute mir entgegen; ein blasser Mund, der immer Lippenstift brauchte, Stupsnase, Wangenknochen. Alles da. Nur Riley fehlte …

In meinem Kopf begann traurige Musik zu spielen, die dramatisch den letzten Schritt der Restaurationsarbeiten unterlegte: die Wahl des Parfüms. Meine Kollektion stand auf der Ablage beim Waschbecken: Longing for Poppy, Vanilla’s Lover, Wildberry Kiss und Rose’s Heart. Die verschiedenen Düfte meines Arbeitgebers.

Zielsicher griff ich nach meinem Liebling – Rose’s Heart – und besprühte mich mit dem blumigen Duft. Ich war so weit.

Draußen fielen bereits die ersten Schneeflocken vom Himmel und die Kälte durchdrang meinen Körper, während ich auf den Bus wartete. Wie immer war er knackevoll. Willkommen in Midtown, Manhattan, New York.

Ich quetschte mich in meine Stammplatzecke und öffnete meine Handtasche. Dad hatte mir schon vor einer Ewigkeit den Ordner mitgegeben, doch ich hatte immer vergessen nachzusehen, wer denn nun unsere Gesichter waren. Besser, ich machte das, bevor ich ankam und Dad noch irgendwas bemerkte.

Ich schlug den Ordner auf und versteckte mich halb dahinter, bevor noch jemand anderes mit hineinschaute. Das war topsecret.

Vorsichtig blätterte ich um und stieß auf eine kopierte Sedcard. Ich hielt den Atem an.

Das war doch … Olivia Livington!

Millionenerbin. Bilderbuchschönheit. Symmetriewunder. Neuerdings Model. Sie war einzigartig. Und sie würde für uns arbeiten!

Fassungslos starrte ich auf das Bild. Dad hatte es geschafft, sie an Land zu ziehen. Nicht zu glauben! Sie verkörperte beides: Dangerous und Temptation. Sie würde Rose’s Heart so viel Publikum wie nie zuvor einbringen!

Ich war so glücklich, ich hätte am liebsten einen Freudenschrei ausgestoßen, grinste aber nur vor mich hin und blätterte weiter, um mir das zweite Kampagnengesicht anzusehen. Ich stieß auf das Cover des GQ MEN. Und darauf war – in Lederjacke, Krawatte, mit einem Tattoo, das aus dem Hemdkragen kroch, die Finger unschuldig im Nacken liegend – Luke Flynt!

Skandalrockstar, von Kopf bis Fuß tätowiert, schwarzhaarig und kein bisschen passend.

Als Kampagnengesicht für Roses Heart? Wie bitte?

Am liebsten hätte ich den Ordner aus dem Busfenster geworfen, presste aber nur die Lippen aufeinander und stopfte ihn wieder in meine Handtasche.

Hatte Dad sich die Schlagzeilen angeschaut? Wusste er darüber Bescheid, wie Flynt sich aufführte? Wir hatten keine Zeit für Partys und Ärger und irgendwelche Prominente, die sich für was Besseres hielten, nur weil sie ein paar Zeilen in ein Mikro singen konnten. Nicht zu fassen!

In meinem Kopf pochte es heftig, als ich eine halbe Stunde später bei dem verglasten Gebäude von Rose’s Heart ankam und die Tür aufstieß. Genervt drückte ich den Knopf des Fahrstuhls und wartete. Ich fuhr nach oben, auf das halbrunde Stockwerk von Rose’s Heart: Alles hier war verglast, die Türen zwischen den beiden Büros, die Wände und außerdem gab es noch eine breite Fensterfront.

Das Büro war noch leer. Dad war weder an seinem Schreibtisch, der mittig vor der Fensterfront stand, noch in der linken Ecke zu sehen, wo sich zwei anthrazitfarbene Sessel und eine Couch mit Kaffeetisch befanden. Genervt schloss ich die Tür auf. So leicht würde er mir nicht davonkommen.

Meine Jacke legte ich wie immer über die Lehne, bevor ich meinen Computer startete.

In dem Moment öffnete sich die Tür. Ich hob den Kopf.

„Tory! Olivia Livington wird für uns arbeiten!“

Vollkommen aufgelöst kam mein Arbeitskollege und bester Freund Maxx Seaton in das Chefbüro gestürmt, sein platinblondes Haar war heute akkurat nach hinten geföhnt und wippte bei jeder Bewegung.

„Und Luke Flynt“, schnaubte ich.

„Ja, natürlich! Luke Flynt und Olivia Livington! Diese Kampagne wird riesig!“ Aufgeregt wuselte er herum, rückte den anderen Stuhl zurecht und kam wieder zu mir gerannt.

„Riesig viel Ärger“, fluchte ich und verschränkte die Arme. „Olivia Livington ist der Inbegriff von Dangerous Temptation! Wir brauchen Flynt nicht. Er macht nur negative Schlagzeilen!“

Vielsagend deutete ich auf die Klatschzeitung, die auf meinem Schreibtisch lag. Das Titelblatt zierte Rockstar Flynt – mit verpixeltem Joint in der Hand.

„Ach Tory!“ Versöhnlich nahm Maxx die Zeitung und rollte sie zusammen. Mit aufmunterndem Blick schlug er sie in seine Handfläche.

Obwohl er nur ein paar Monate älter als ich war, sah er aus wie ein zu groß geratenes Baby. Pfirsichhaut, keine Spur von Bart, cyanblaue Augen. Auf dieser Haut war niemals auch nur ein einziger Pickel zu sehen gewesen, das wollte ich wetten.

„Er hat eben momentan ein paar Schwierigkeiten. Aber die Kam­pagne könnte ihn da rausbringen!“

„Soll er doch selber sehen, wo er sich ein neues Image holt, wir verkaufen keine“, erwiderte ich tonlos und wandte mich von ihm ab. Das konnte Dad doch nicht ernst meinen!

„Nun sei doch nicht so voreingenommen! Vielleicht ist er ja nett, das weißt du doch noch gar nicht. Vielleicht ist er gar nicht so, wie es in der Zeitung steht! Jeder Mensch hat zwei Seiten! Sogar du, Tory. Du bist manchmal auch unausstehlich!“

„Was? Vergleichst du mich gerade mit Flynt?“

„Natürlich! Ich kann nämlich noch rational denken und gehe das geschäftlich an! Das hier ist nur eine Kampagne mit sehr prominenten Menschen. Das ist unsere Chance international aufzusteigen. Und das wäre auch positiv für dich!“

Ich strich mir die Haare hinters Ohr, ehe ich theatralisch seufzte. „Ich will nicht mit dem verrückten Rockstar arbeiten! Aber ich will, dass wir international werden.“

„Tja, da kann man nichts machen! Also steh’s durch, das tun wir alle!“ Aufmunternd klopfte Maxx mit der Zeitschrift gegen meinen Arm.

Ich ließ den Kopf hängen, hob ihn aber wieder, als ich aus dem Augenwinkel durch das Glas erkennen konnte, dass der Fahrstuhl erneut oben ankam. Das musste Dad sein! Ich musste mit ihm reden!

„Tory …“, fing Maxx an, aber ich sprang bereits auf, als die Lifttüren sich öffneten und mein Vater heraustrat. Sein grauer BOSS-Mantel saß schief und sein dunkelblondes Haar war wuschelig, weil er ständig mit den Fingern durchfuhr.

Ich riss die Bürotür auf und begrüßte ihn mit einem gereizten „Dad!“

Verwirrt hob er den Blick, seine blauen Augen sahen in meine. „Morgen, Tory. Ist irgendwas los, oder warum die Aufregung?“

„Warum die Aufregung?“, platzte es ungehalten aus mir heraus. „Luke Flynt! Dangerous Temptation. Das geht doch nicht!“

Dad seufzte und schritt an mir vorbei ins Büro. „Er ist eben unser neues Kampagnengesicht, Tory. Flynt ist angesagt und außerdem –“

„Fliegen alle auf ihn!“, beendete Maxx seinen Satz und schlug die Klatschzeitung in seine Hand.

„Er hat recht. Und das wollen wir. Wir haben das Symmetriewunder Olivia Livington und den Rockstar Luke Flynt für uns gewonnen. Das ist unser internationaler Durchbruch.“

Ich starrte ihn an. Das war doch keine Begründung! „Warum nehmen wir dann nicht … Justin Bieber? Oder Harry Styles, was weiß ich wen. Die machen wenigstens keine negativen Schlagzeilen!“

„Sie machen gar keine Schlagzeilen, Tory. Luke Flynt ist wie gemacht für den Job.“ Mit ernstem Gesichtsausdruck ließ er sich in seinen Stuhl fallen und faltete die Hände.

„Collin und ich haben uns für die beiden entschieden. Es ist wirklich eine gute Idee. Versuche, dich darauf einzulassen, es wird mit Sicherheit eine großartige Kampagne werden“, sagte er. Sein Ton verriet mir, dass die Diskussion für ihn beendet war.

Ich presste die Lippen aufeinander und gab innerlich nach. Vor Zorn bebend ließ ich mich zurück auf meinen Stuhl fallen und zwang mich den Rest des Tages, mich nur auf meinen Job zu konzentrieren.

Gegen sieben Uhr abends warteten wir auf unsere Kampagnengesichter.

„Wann sind Archie und Ben da?“, erkundigte Dad sich und schob sich einen Keks in den Mund.

Ich checkte die Zeit. „Sie sollten gleich da sein.“

Nachdenklich rieb Dad sich das Kinn.

Archie und Ben waren aus dem Marketingkomitee der Werbeagentur, mit der Dad schon seit 1995 zusammenarbeitete – Fairchild Company. Und so lange kannte er Collin Fairchild und Archie Kingston. Ben war Archies Sohn aus erster Ehe und kam mit seinen genialen Ideen ganz eindeutig nach seinem Vater.

In dem Moment drang das Signal des Fahrstuhls durch die geöffnete Tür zu uns ins Büro und kündigte ihre Ankunft an. Dad und Maxx sprangen auf und nahmen die beiden in Empfang. Ich ging zur Kaffeemaschine und bereitete zwei Espressotassen vor.

„Es wird eine ganz großartige Kampagne werden!“, hörte ich Archie begeistert sagen, als sie das Büro betraten. „Ich kann es einfach kaum erwarten, unsere beiden Gesichter kennenzulernen, das wird der absolute Hammer!“

Unwillkürlich lächelnd drehte ich mich um und sah Maxx zusammen mit Ben auf mich zugehen. Ben hatte ein kluges Gesicht mit markanten Zügen. Sein schwarzbraunes Haar war wie immer stilsicher gegelt. Er sah so genial aus, wie er war.

Nur seine dunklen Augen sahen mich leicht amüsiert an, als er sagte: „Du hast deinen Einsatz perfekt erkannt, meine Süße.“

Ich verdrehte die Augen und drückte ihm seinen Espresso in die Hand. „Nimm einfach deinen Kaffee und sei still.“

„Das ist ein Espresso, Tory, ein Es-pres-so“, zog er mich auf.

Ich schnaubte gespielt. „Deinen Es-pres-so kannst du gleich erleben!“, scherzte ich und wedelte demonstrativ mit der Faust herum. „Direkt, nachdem ich Archie auch seinen Es-pres-so gebracht habe.“

Ben lachte sogar etwas, verzog sich aber zum Sofa, während ich zu Archie ging. Bevor ich ihm jedoch den Kaffee geben konnte, schoss er auch schon los: „Tory! Wie großartig, dich zu sehen, ich freue mich einfach unglaublich!“

Ich konnte gerade noch so die Tasse abstellen, bevor er mich in eine überschwängliche Umarmung zog.

„Hallo Archie. Ich hab mich auch schon sehr auf euch gefreut“, sagte ich lächelnd, als wir uns voneinander lösten, und betrachtete seine braune Föhnwelle. Heute steckte er in einem silbernen Cardigan, der perfekt auf seine Augenfarbe abgestimmt war.

„Du siehst einfach mal wieder wundervoll aus, Tory!“, fügte Archie hinzu und musterte mich demonstrativ.

Mir schoss die Hitze in die Wangen.

„Also, Archie …“ Kichernd winkte ich ab, doch Archie setzte noch einen drauf. „Ein wirklich reizendes Kleid! Da fällt einem das erste Mal auf, wie erwachsen du geworden bist, eine richtige Frau, wunderschön!“

Ich errötete noch mehr.

„Es ist pink“, kommentierte Ben trocken aus dem Hintergrund, aber Archie wedelte seine Worte mit der Hand weg.

„Es ist brillant! Etwas gewagter, das zählt! So ziehst du mit Sicherheit alle Blicke auf dich!“

Plötzlich ertönte erneut das Geräusch des Fahrstuhls. Eine aufgeregt angespannte Stimmung legte sich auf uns.

Obwohl ich ihn nicht leiden konnte, setzte mein Herz einen Schlag aus, als Luke Flynt in Begleitung eines anderen Mannes aus dem Lift trat.

„Tory!“, zischte Dad mir zu und bedeutete mir, ihm zu folgen. Widerwillig, aber lächelnd lief ich ihm hinterher.

„Guten Tag, Mr Warren, ich bin Charles Dawn. Wir hatten telefoniert“, begrüßte er den Mann, der offensichtlich Flynts Agent war. Mittelgroß, stämmig, dunkelblonde Locken, blassgrüne Augen und Dreitagebart, so Ende dreißig. Er sah sympathisch aus.

„Mr Dawn, schön, Sie zu treffen. Freut mich sehr.“ Mit einem breiten Lächeln schüttelte er die Hand meines Dads. Luke Flynt, unser Kampagnengesicht, schaute nur gelangweilt umher und zog dann auch noch sein Handy aus der Hosentasche.

Obwohl mir jetzt schon danach war, ihn zurechtzuweisen, hielt ich mich Dad zuliebe zurück. Da trat er neben mich und legte eine Hand auf meine Schulter.

„Ich möchte Ihnen meine Tochter vorstellen, Torina Dawn. Sie ist neben Ben Maltravers und Maxx Seaton die Hauptverantwortliche für unsere Kampagne und Ansprechpartnerin für Models und Manager“, erläuterte er.

Ich lächelte angestrengt und schüttelte die Hand des Agenten. „Schön, Sie zu treffen, Mr Warren. Es ist mir eine Freude.“

Flynt ignorierte mich und hielt seinen Blick weiter auf das Handy geheftet.

Dad schien mir netterweise die Möglichkeit geben zu wollen, Kleinholz aus ihm zu machen, denn er ging mit Warren ins Büro. Ich hüstelte genervt. „Mr Flynt, guten Abend!“

Betont langsam steckte er sein Handy weg und musterte mich. Hoch, runter, hoch – sein Blick blieb an meinem Dekolleté hängen. „Torrrina, na aber hallo“, sagte er spöttisch, das R übertrieben rollend.

Ich rang mir ein Lächeln ab. „Für Sie immer noch Miss Dawn“, entgegnete ich kühl, doch er grinste weiter schamlos.

Alles was ich dachte, war, dass es Unmengen von Typen wie ihn auf dieser Welt geben musste: viel zu tätowierte Idioten mit Lederjacke und kaputten Hosen.

Miss Dawn, qué vestido“, schnurrte Flynt.

Ich presste die Lippen aufeinander. Mit seinem spanischen Gelaber konnte er bei mir nicht landen. „Mr Flynt, ich glaube, im Büro erwartet man Sie bereits“, wies ich ihn ab.

Er grinste nur, schälte sich aus seiner Lederjacke und hielt sie mir hin. Ich riss ihm die Jacke aus der Hand und plötzlich vernahm ich seinen Geruch: eine Mischung aus Sommer und Zigaretten. Er roch nach warmen Sommernächten, Freiheit und Leben. Gemein, dass solche Menschen so duften durften.

Flynt zuckte mit den Augenbrauen und ging betont lässig in Richtung des Büros. Ich atmete noch einmal tief durch, bevor ich ihm folgte.

KAPITEL 2 Olivia

Chester hatte sich während der letzten sechs Jahre um das Haus gekümmert. Das war der Grund, weswegen sich nichts verändert hatte. Auch mein Butler Bill, der am Steuer saß, war noch immer der blasse alte Mann aus meiner Kindheit.

„Kimberly hat Tee und Gebäck für Chester und dich vorbereitet“, erklärte er, während er auf das Grundstück fuhr.

„Das brauche ich nicht. Das mit Chester wird nur eine kurze Unterredung, ich hab nicht viel Zeit. Lad meine Koffer in der Zeit aus.

Wir fuhren über den vereisten Sandweg bis vor die Haustür des Anwesens und ich ließ mir die Autotür öffnen.

Mein Herz klopfte ein wenig schneller, als ich die mächtigen Säulen sah, die weißen Fensterrahmen und die hohe Mahagonitür mit halbrundem Oberlicht. Ich stakste in meinen Louboutin-Stiefeln durch den Schnee und die steinernen Stufen nach oben. Dann wurde die Tür aufgezogen.

„Olivia! Du wunderschönes Mädchen!“, kreischte meine Köchin und ich ließ zu, dass sie mich umarmte.

Dann schob ich mich an ihr vorbei in den warmen Flur, wo meine Absätze auf dem braunen Marmor klackerten. Hier sah auch noch alles ganz genauso aus wie vor sechs Jahren, als ich mich nach Frankreich verabschiedet hatte.

Bill half mir aus dem Mantel, bevor ich die beiden stehenließ und ins Wohnzimmer ging.

Mein Pate und seine Frau saßen nebeneinander auf der Couch.

„Herzlich willkommen zurück in New York!“, sagte Alba mit tiefer Stimme und einem Lächeln, das ich mich zwang zu erwidern, als ich ihre Hand schüttelte und sie daraus eine Umarmung machte.

„Du bist dünn geworden“, stellte sie fest, als wir uns voneinander gelöst hatten, und drückte meinen Oberarm, als wäre er ein Stück Fleisch.

Als ich mich losriss und die Zähne fletschte, griff Chester ein: „Sie hat recht, aber es ist gut, Alba. Willkommen zu Hause, Prinzessin.“

„Es ist lange her, dass du mich so genannt hast“, antwortete ich kühl und lachte dann bitter.

„Wir haben uns ja auch lange nicht gesehen“, erwiderte er nur und schien sich von meiner Abwehrhaltung nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. „Setz dich. Wir wollen uns kurz unterhalten und du kannst von Dupin erzählen.“

„Ich kann mich leider nicht lange aufhalten.“ Ich trat an dem reichverzierten Couchtisch vorbei und ließ mich auf der Lehne des Sessels nieder, der auf dem sandfarbenen Nepalteppich stand. „Ich fahre heute zu Rose’s Heart und werde Teil ihrer Kampagne. Was hältst du denn von der Firma?“, fragte ich.

Er biss sich auf die Lippe und sah woanders hin. „Natürlich ist das eine Chance für dich …“

„Aber …?“ Ich wusste, was kommen würde. Das war schon nach den ersten beiden erfolglosen Jahren in Paris so gewesen und würde immer so sein.

„Aber ich mache mir Sorgen um dich“, schloss er schließlich seinen Satz mit einer Lüge. Ich hatte Lust zu schreien.

„Es war wichtig, dass du wieder zurück in deine Heimat gekommen bist. Du bist sechs Jahre in Paris gewesen und hattest einen Reinfall nach dem anderen. Rose’s Heart –“

„Ist eine nationale Trendmarke, die ich vermarkten werde. International!“, fuhr ich dazwischen.

Stille trat ein. Chester sah mich lange an. Als er erneut ansetzen wollte, klingelte es. Ich ließ die beiden sitzen.

„Mach Henry das Tor auf!“, blaffte ich in Richtung Bill, der die Kellertreppen nach oben kam.

Chester kam hinter mir her, aber ich wollte ihn nicht ansehen. „Ich wünsche dir viel Erfolg. Lass uns morgen gemeinsam essen und du erzählst mir von Paris und davon, wie Rose’s Heart war“, schlug er vor.

Ich schüttelte den Kopf. „Ich kann morgen nicht, ich muss in die Agentur.“

Trotz allem küsste ich ihn zum Abschied auf die behaarte Wange. Er roch nach Zigaretten und Parfüm von alten Männern.

Bill half mir in den Mantel und ich sah nicht zurück, als ich das Haus verließ.

Henry stand bereits vor dem silbernen Bentley. „Olivia, ich freue mich, dich zu sehen!“

„Soso, du hast Chester also einfach so meine Termine gesagt“, sagte ich.

Mein Manager zuckte und räusperte sich. „Er hat mich gefragt und ich dachte –“

„Du hast mich zu fragen, bevor du irgendjemandem irgendwas sagst, kapiert?“

Er nickt mechanisch.

Für einen Trottel hatte er ein ganz hübsches Gesicht – mit traurigen blauen Augen, espressofarbenem Haar, dazu ein sehr trainierter Körper und breite Schultern. Mein Manager war medientauglich.

Ich drückte ihm meine Tasche in die Hand, ließ mir von ihm die Beifahrertür öffnen und stieg ein. „Wann müssen wir da sein?“

„Halb acht“, verkündete er, als er einstieg, und fuhr los. Wir lagen gut in der Zeit: Wir hatten über eine Stunde, um von Brooklyn nach Manhattan zu kommen.

„Wie sieht der Plan aus, wenn wir da sind? Ich will alles noch mal wissen.“ Ich schlug die Beine übereinander.

„Du weißt ja, dass du die Kampagne mit Mr Flynt machst, oder?“

„Natürlich weiß ich das“, sagte ich ungeduldig. Luke und ich kannten uns schon seit ein paar Jahren, und auch wenn er nicht singen konnte, veranstaltete er doch anständige Partys.

Henry räusperte sich. „Ansonsten haben sie sich relativ bedeckt gehalten. Sie wollen wohl ein Riesending daraus machen. Ich habe mich mit Mr Fairchild darüber unterhalten.“

„Der, der mich angeheuert hat?“

„Ganz genau. Es wird wohl ein ausgefeiltes Konzept geben. Mit Werbespots, Fotoshootings und einer Kampagnenfeier, bei der der Name und das Motto verkündet werden.“

„Und sie wollen mich nutzen, damit sie auch international ein bisschen Aufsehen erlangen?“

„So ist es! Mr Flynt tut sein Übriges dazu. Ihr beide macht das im Doppelpack. Dich wird das mit Sicherheit nach oben befördern.“

Plötzlich fühlte ich mich leicht und frei und zufrieden und sah mich schon auf den Laufstegen dieser Welt. Dupin und de Melville hatten mir den Untergrund von Paris gezeigt. Aber jetzt war ich in New York, auf dem Weg nach ganz oben.

Endlich hielten wir auf dem Parkplatz vor Rose’s Heart. Als wir das moderne Gebäude betraten, umfing mich Wärme. Der Con­cierge hob den Kopf, als wir eintraten, und starrte mich an. Ich zwinkerte ihm zu, bevor ich Henry mit einem Fingerzeig bedeutete, uns anzumelden.

Mir wurde bewusst, dass das hier meine Zukunft bestimmen würde. In letzter Zeit war das Unternehmen so erfolgreich geworden, dass fast in jedem Badezimmerschrank einer seiner Düfte stand. Mit gestrafften Schultern ging ich zum Fahrstuhl.

„Bist du aufgeregt?“, fragte Henry, als wir im Lift standen. Ihm selbst stand der Schweiß auf der Stirn, den er sich mit einem Taschentuch wegtupfte.

Ich schnitt eine Grimasse. „Ich glaube nicht, dass ich einen Grund dazu habe.“

Heute Abend würde Charles Dawn, Inhaber der Firma, zum ersten Mal Olivia Livington begegnen und sehen, dass der Mythos wahr war. Die großen Augen, die endlosen Beine, das charmante Lachen. Er würde sofort überzeugt sein, dass ich für diese Kampagne geboren war. Ich besah ein letztes Mal mein ohnehin perfektes Aussehen im Spiegel.

Als sich der Fahrstuhl öffnete, setzte ich mein strahlendstes Modellächeln auf. Ein dunkelblonder Mann im Anzug kam mir entgegen.

„Miss Livington?“, fragte er unnötigerweise und streckte bereits breit lächelnd seine Hand aus.

„Mr Dawn, ich freue mich, hier zu sein“, sagte ich und ergriff seine Hand.

„Die Freude ist ganz meinerseits. Wir konnten es kaum erwarten.“

„Oh Gott, sind wir zu spät?“ Gespielt geschockt formten meine Lippen ein O.

Doch der Boss von Rose’s Heart schüttelte den Kopf und lächelte.

„Nicht doch, alles bestens“, antwortete eine kleine Brünette für ihn. Die grelle Farbe ihres Kleides brannte förmlich in meinen Augen.

„Das ist meine Tochter, Torina Dawn“, erklärte Mr Dawn. „Sie ist gemeinsam mit Mr Seaton und Mr Maltravers Hauptverantwortliche der Kampagne.“

„Das ist ja toll, dass man gleich diejenigen kennenlernt, mit denen man zusammenarbeitet“, sagte Henry und ich warf ihm einen gereizten Seitenblick zu. Hatte ich ihn aufgefordert zu reden?

„Da hat er recht“, säuselte ich Miss Dawn zu. Als ich zwinkerte, kicherte sie.

„Vielen Dank, Miss Livington. Lassen Sie uns reingehen.“

Henry lief neben Mr Dawn und ich ging neben seiner Tochter her. Sie lächelte schüchtern, als ich sie von der Seite betrachtete. Als Mr Dawn die Tür öffnete, kam mir eine Wolke unterschiedlichster Männerparfums entgegen, die in meinem Hals kitzelte. So gefiel mir das.

„Miss Livington! Was für ein Traum, Ihnen endlich persönlich begegnen zu dürfen!“, rief der Erste von ihnen und kam mit großen Schritten auf mich zugelaufen. Sein erdbraunes Föhnhaar wippte und sein Strahlen reichte bis in seine grauen Augen, die von Falten umgeben waren. „Mein Name ist Archie Kingston! Sie sehen einfach bezaubernd aus! Wie aus einer anderen Welt, von einem anderen Stern, aus einer Utopie, vom Himmel geschickt!“

„Mr Kingston, Sie schmeicheln mir.“ Ich lachte zuckersüß. „Ich danke Ihnen, ich –“

„Ach, papperlapapp! Da gibt es doch nichts zu danken“, sagte er.

Mein Herz klopfte euphorisch, als er meine Hand losließ und sich anschließend an meinen Manager wandte.

„Was für eine schöne Begrüßung“, sagte ich zum Nächsten, einem Mann, der wohl über zwanzig war, aber das Gesicht eines Zwölfjährigen hatte.

„Mr Kingston hat recht!“, sagte er mit einem Lächeln. „Mein Name ist Maxx Seaton. Herzlich willkommen!“

Ich dankte auch ihm, dann trat er zur Seite und gab den Blick auf den Nächsten frei. Dieser Anblick brauchte Platz.

Ich musste mir auf die Lippe beißen, um nichts Unangebrachtes zu sagen. Er hatte meinen Blick bemerkt und seine Braue zuckte leicht

„Unser Symmetriewunder“, begrüßte er mich mit leicht ironischem Unterton, als er mir die Hand hinhielt, die ich ohne Zögern ergriff. „Mein Name ist Maltravers.“

Mr Maltravers war unmöglich älter als dreißig und seine Augen hatten die Farbe von Bitterschokolade.

„Mr Dawn hat Sie erwähnt. Sie sind hauptverantwortlich für die Kampagne und mich?“, fragte ich.

„Ganz richtig, Miss Livington. Mr Seaton und Miss Dawn stehen mir dabei hilfreich zur Seite.“

„Olivia genügt“, sagte ich.

„Gut, Olivia.“ Er lächelte kurz, ohne mir seinen Vornamen zu nennen.

In mir begann es zu brodeln. Wenn ich ihm anbot, mich zu duzen, dann hatte er mir das gefälligst auch anzubieten!

Ich hörte ein dreckiges Lachen.

„Du!“, zischte ich Luke zu, als ich mich umwandte und ihn auf dem Sofa sitzen sah. Er hatte sich seit unserer letzten Begegnung nicht verändert: abgefuckt, so tätowiert, dass man die einzelnen Zeichen kaum noch voneinander unterscheiden konnte, schmierige schwarze Haare und immer versoffen.

„Was los, Olivia? Wenn ich dich so nennen darf?“

„Halt dein Maul, du Scheißkerl“, sagte ich, als ich mich neben ihn setzte.

„Chill“, entgegnete er, verschränkte die Hände im Genick und musterte mich offensiv. „War ’n Eigentor, was?“

„Was faselst du da für sinnloses Zeugs?“ Ich blitzte ihn an. Mr Dawn unterbrach uns, als er sich räusperte.

Alle setzten sich um den Tisch. Als Maltravers mir gegenüber Platz nahm, lehnte ich mich demonstrativ zurück.

„Danke an unsere Gäste für ihr Kommen. Zunächst schlage ich vor, dass Sie sich das durchlesen.“ Es wurden Mappen an uns gereicht. „Bei Fragen stehen wir natürlich zu Ihrer Verfügung.“

Ich linste auf das Papier und täuschte Interesse vor.

Mr Dawn hüstelte und klopfte Mr Kingston auf die Schulter. „Möchtest du jetzt etwas zur Kampagne sagen?“

„Na aber hallo!“ Mr Kingston schlug euphorisch die Hände zusammen. „Unsere Kampagne heißt Dangerous Temptation. Wie der Name schon sagt, wird sie tatsächlich weniger süß als die bisherigen!“