Buchcover

Paul Keller

Marie Heinrich

Roman

Saga

Oderland

Die Oder ist unter den deutschen Flüssen wie ein Bauernweib unter Edlen und Großen. Sie ist nicht so reich wie die Elbe, nicht so munter wie die Weser, nicht so königlich wie der Rhein, nicht so machtvoll wie die Donau. Kalk und Kohlenstaub liegen auf ihrem Kleide von Jugend an. Mit rüstigen Händen schleppt sie Güter aller Art in den Hausstand. Breit und behäbig schreitet sie durch den mühevollen Tag; manchmal, zur Abendzeit, summt sie zwischen Eichen und Erlenbüschen ein einförmiges Lied und steckt verlorene Lichter an auf dunklen, lautlos gleitenden Kähnen, die den Reichtum des Landes tragen. Einmal, wie wohl jedes Bauernweib, kommt die Oder auch nach der Hauptstadt, nach Breslau. Dort hört sie die Domglocken klingen und nimmt das Bild der hehren Türme in den Spiegel ihrer Seele auf, schaut auf das Treiben der Menschen in dieser großen Stadt. Die Mutter Oder verweilt nicht lange, kaum zwei Stunden. Weiter trägt sie ihre Lasten, an schweren, fruchtbaren Feldern vorbei, nach Leubus, dem sagenberühmten Kloster, das umgeben ist von tiefen Laubwäldern und vor urdenklichen Zeiten von deutschen Mönchen gegründet wurde. Und weiter, nach tagelangen Reisen, tauchen die Hügel von Grünberg auf. Da hat ein Dichter ein Lied auf den Grünberger Wein gemacht. Das Gedicht ist schlecht, der Wein ist gut, doch das schiert Mutter Oder nicht. Sie läßt sich mächtige Fässer aufladen und weiß, daß dieser Wein nach anderen Gegenden geschickt wird, von wo er mit geachteten Aufschriften als Edelwein in die Welt geht. Da lacht das alte Weib, wie alte Weiber kichern, wenn sie sehen, daß einfältige Leute sich betrügen lassen. Dann kommt das langsame Dahinwandern durch den märkischen Sand. Wie ein Bauernweib, das zu Markte geht und schwer trägt, so wandert die Oder. Föhren, Sand und Wiesen begleiten ihren Weg, Rehe grüßen sie manchmal oder ein Kind, das im rinnenden, seichten Ufergewässer spielt. Sonst ist große Stille und Einsamkeit. Heidemärchen raunen in Sand und Gehölz. So geht es weit über die hundertste Meile hinaus. Da ist das Bauernweib müde geworden. Sie ist weit gewandert, hat geschleppt, geschleppt, zwanzig starke Kinder in ihrem Schoß getragen, Mühlen und Hämmer bewegt. Ein wenig mürrisch ist sie geworden, und das Laufen fällt ihr schwer. So kommt sie nach Stettin und ist plötzlich in großem Lärm. Die Schiffe drängen sich, Züge donnern über ihre Brücken, am Ufer ist Jagen, Rufen und Hasten. Da kuscht sie sich und läßt sich geduldig die schweren Lasten abnehmen, auf die die Stadt und viele Schiffe gewartet haben, denn sie ist müde, kaum daß ihr Herzschlag noch fühlbar ist. Langsam legt sie das letzte Stück ihres langen Weges zurück, folgt dem Rufe des Meeres. Weit breitet das alte Bauernweib die Arme aus nach rechts und nach links und geht nach getaner Pflicht im großen Deltas des Sterbens friedlich ein ins große Meer. Und alle, die an diesem Meere wohnen, achten sie, denn sie ist eine ihrer stärksten Dienerinnen.

Das stille Bauernweib hat merkwürdig geartete Kinder und in ihrer Art verschieden. Da ist der Bober, ein wilder Gesell, der in unbändiger Jugendlust und überschäumender Kraft von den Riesenbergen springt und zuweilen in unzähmbarer Laune auch Unheil anrichtet. Da ist der Neißefluß, der Träumer, der an den Kirchen dahingeht, vorbei an den wilden Sandsteinfelsen der Heuscheuer, der am Gnadenorte Buße tut, da ist der lustig sprudelnde Katzbachfluß, da ist die Warthe, das stillste und doch das stärkste Kind der Oder. Und viele andere. —

1.

Am Oberlaufe eines Nebenflusses der Oder streckt sich ein Dorf hin, Wiesenthal genannt. Wer es zu Fuße durchwandern will, hat gut eine Stunde zu gehen. Rechts und links ist Hügelland, bis hoch hinauf mit Saaten bestellt, dazwischen hängen Waldschläge und Wiesen. Im Tale läuft neben der geraden Chaussee der krumme Fluß. Die Häuser stehen alle etwas erhöht am Hange, der Überschwemmungsgefahr wegen, die stets nach schweren Gewittern oder zur Zeit der Schneeschmelze eintritt. Wenn der Schmied, der jetzt auch am Hange wohnt, im Gasthause einen über den Durst getrunken hat, wird er weinerlich und erzählt, wie „er“ (er meint den Fluß) ihm seine schöne Schmiede weggerissen habe. Nur den Amboß habe er stehen lassen, der sei „dem Aas“ doch zu schwer gewesen. Sonst aber alles weg, alles hin! Vom Berge aus habe er zusehen müssen, wie seine ganze Habe fortschwamm. Am meisten habe es ihm um seine schöne Kuckucksuhr leid getan. Die sei schon weit fortgeschwommen, da habe sie noch dreimal ganz kläglich „Kuckuck“ gerufen.

Wenn dann jemand einwendet, es sei vielleicht ein wirklicher Kuckuck gewesen, der gerufen habe, wird der Schmied wild und sagt, er werde doch wohl seine Uhr an der Stimme erkennen, so wie sie rufe kein einziger Kuckuck in der ganzen Welt. Es sei eine wunderschöne Kuckucksuhr gewesen. Alle seine Sachen aber seien unten in Bärsdorf von den Leuten mit Rechen herausgefischt worden. „Strandgut“ nannten das die Lumpen. Aber er gehe oft sonntags durch Bärsdorf und horche, ob da nicht etwa irgendwo seine Kuckucksuhr rufe. Wenn er seine Uhr entdecke, dann habe für ihren Räuber das letzte Stündlein geschlagen.

Danach trinkt der Schmied noch einen Korn oder zwei, geht nach Hause und haut auf den Amboß: „Dich hat das Beest doch nicht wegschleppen können, dich hat doch kein gauneriger Bärsdorfer mit dem Rechen angeln können. Haha!“ Der Schmied haßt den Fluß. Wenn er über die Brücke geht, spuckt er jedesmal übers Geländer.

Andere Leute lieben den Fluß. Am meisten die Kinder. Die letzten Tage im März waren warm gewesen, da beschlossen zehn Büblein und Mägdlein, auf dem Heimwege aus der Schule die harte Chaussee zu meiden und lieber im Fluß, der seichtes Wasser führte, nach Hause zu waten. Es wurden also Schuhe und Strümpfe ausgezogen und zu Katechismus und Diarium in den Ranzen gepackt. Das Wasser war beißend kalt; aber es war doch ein Spaß, über die großen bemoosten Steine zu klettern, die Forellen zu scheuchen und sich von schäumenden Strudeln bespritzen zu lassen. Christel Bräuer rutschte auf einem der Steine aus und fiel in die Fluten. Das gab ein schreiendes Gelächter. Nur Christel weinte; denn es war ihr „gutes“ Kleid, und die Mutter war streng.

Klaus Heinrich stieg drei Minuten vor dem Heinrichshof an Land, rieb sich erst mit Sand die Füße und Knöchel trocken, setzte sich dann auf einen Straßenstein und zog Strümpfe und Schuhe an. Es war heute der 31. März. Vor dem Georgstag, dem 23. April, aber war es streng verboten, barfuß zu gehen, geschweige ins Wasser zu plantschen, mochte es noch so warm sein, denn „das Gift steckte noch in der Erde“. Nach dem 23. April durfte jeder barfuß gehen, auch wenn’s noch so kalt war; denn „das Gift war raus“.

Das galt in Wiesenthal wie in ganz Schlesien.

Der Heinrichshof war die schönste Besitzung des sauberen, stattlichen Dorfes. Einhundertachtzig Morgen Ackerland, Wiesen und Waldbestand, sieben Pferde, der Stall voll friesischer Rinder, Scheuern und Ställe genau so blitzweiß angestrichen und mit rotem Flachwerk gedeckt wie das große, längliche Wohnhaus. Im Hofe herrschte peinlichste Ordnung, da war alles so sachgemäß und praktisch geregelt, daß einem besuchenden Landwirt die Hochachtung ankommen mußte.

Klaus, der Jüngste vom Heinrichshofe, trat in die große Wohnstube und schleuderte die Schultasche aufs Sofa, die Mütze aufs Fensterbrett. Seine Schwester Marie, die am Fenster saß und Wäsche ausbesserte, hob den Kopf und sagte: „Die Schultasche gehört an den Nagel, die Mütze an den Haken!“

„Mach du’s doch!“ brummte der Junge.

Aber sie brauchte ihn nur fest anzusehen. Da hing der Junge die Schultasche an den dafür bestimmten starken Nagel, die Mütze an einen Kleiderrechen neben der Tür.

Nach einer Weile fragte Marie — sie war die Älteste der Heinrich-Kinder und letztes Weihnachten majorenn geworden —:

„Nun, wie war’s heute in der Schule?“

Der Junge schmollte.

„Wenn du so zu mir bist, erzähl’ ich überhaupt nichts.“

Das Mädchen nähte schweigend weiter an einem zerrissenen Sätuch. Der Junge stapfte im Zimmer auf und ab, pfiff, sah zum Fenster hinaus und hätte ja der Marie gar zu gern erzählt, „wie es war“, aber er ärgerte sich zu sehr, daß er ihr wieder einmal hatte folgen müssen. Endlich hielt es sein Temperament nicht länger aus.

„Wie’s war? Na, kurz war’s!“

„Das weiß ich, denn es ist eben erst zehn.“

„Ja, Marie, und riesig feierlich war’s.“

„Riesig feierlich, sagt man nicht“, verwies Marie, „so sprechen nur die Städter; man sagt einfach ‚feierlich‘!“

„Einfach feierlich war’s. Zuerst haben wir gesungen. Und weißt du, was wir gesungen haben, Marie? ‚Es ist bestimmt in Gottes Rat.‘ Wie bei einem Begräbnis.“

Das Mädchen hob verwundert die Augen auf von ihrer Arbeit und sagte:

„Das habt ihr gesungen? Ja, warum denn?“

Der Junge stand vor ihr und sagte:

„Ja, nun paß auf, Marie; jetzt werde ich es dir vormachen.“

Er faltete die Hände über der Brust, senkte ein wenig den Kopf und sagte mit leiser, müder Stimme: „Liebe Kinder! Ihr habt jetzt das schöne Lied gesungen ‚Es ist bestimmt in Gottes Rat, daß man vom Liebsten, was man hat, muß scheiden‘. Seht, ich habe mir für meine Abschiedsfeier dieses Lied ausgebeten. Das Liebste, was ich auf der Welt hatte, war mir die Schule. Und von der muß ich heute scheiden. Die Behörde hat mich pensioniert, nicht, weil ich es wollte, nein, weil halt die Reihe an mir ist. Ich hätte es mir ganz anders gewünscht. Gar nicht weit weg von hier liegt die Stadt Goldberg. Da hat im sechzehnten Jahrhundert ein Lehrer gelebt, unter uns Millionen Lehrern einer der besten und größten. Der hieß Valentin Trotzendorf. Er hatte eine lateinische Schule. Damals sprachen selbst die Knechte und Mägde in Goldberg neben ihrer deutschen Sprache lateinisch. Als nun der Valentin Trotzendorf wieder einmal in alter Frische und Freude am Unterrichten vor seinen schülern stand, da fühlte er plötzlich, daß er jetzt sterben würde. Und da breitete er seine Arme aus und rief: ‚In aliam scholam avocor!“ Und er starb. Seht, Kinder, was der Valentin Trotzendorf da im Sterben sagte, heißt in deutscher Sprache: ‚Ich werde in eine andere Schule abberufen!‘ Valentin Trotzendorf war sechsundsechzig Jahre alt, als er starb. Ich bin fünfundsechzig. Konnte man mir nicht noch ein Jahr in der Schule vergönnen? Vielleicht, daß Gott es gegeben hätte, ich hätte auch so einmal in der Schulstube sagen können: ‚In aliam scholam avocor!‘ So aber bin ich pensioniert.“

„Ach, nun ist es also doch so weit“, entgegnete Marie und hielt mit Nähen inne. Sie liebte ja den alten Lehrer, der heute verabschiedet wurde, wie einen Vater.

Der Junge setzte sich auf die Tischkante, und als er sah, daß seiner Schwester die Nachricht zu Herzen ging, wollte er sie trösten.

„Du, Marie, dann war’s aber auch noch weiter feierlich. Der Pfarrer hat eine Rede gehalten und gesagt: Unser Kantor, der sei einer von den Lehrern, von denen in der Bibel steht: sie werden glänzen wie die Sterne am Himmel. Und der Schulinspektor hat ihm einen Orden angemacht; ich sage dir, einen funkelnden Adler aus Silber.“

„Einen Orden? Was hat er denn dazu gesagt?“

„Ach, gar nichts. Er hat bloß so sachte mit dem Kopfe geschüttelt. Und dann haben wir Schulkinder ihm alle die Hand gegeben, und jedes hat was zum Abschiede gesagt.“

„Was hast denn du gesagt?“

„Ach, ich habe gesagt: ‚Adje, Herr Kantor! Verbindlichsten Dank!‘ “

„Alberner Bengel!“ zürnte sie.

Der Junge sprang vom Tisch herunter und sagte:

„Alberner Bengel? Wieso? So ein schönes Wort wie ‚verbindlich‘ kann sonst im Dorfe kein einziger Mensch.“

„Du bist ein alberner Bengel!“ wiederholte sie. Das nahm er wieder krumm und setzte sich erbost auf das breite Fensterbrett. Etwa nach fünf Minuten fing Marie von neuem an zu reden.

„Klaus, du solltest auch Lehrer werden oder Pfarrer.“

„Weil ich ein alberner Bengel bin?“ höhnte er.

„Nein, weil du dir so zum Staunen alles wortgetreu und leicht behältst, auch solche lateinische Wörter, und weil du alles so ganz richtig wieder hersagen kannst.“

„Da werd’ ich eben Schauspieler werden.“

„Daß du dich unterstehst, mit dieser Gesellschaft in einem Zigeunerwagen herumzufahren.“

„Es gibt ganz andere Schauspieler, Marie, in Liegnitz und in den anderen Hauptstädten der Welt. Die wohnen gar nicht in Zigeunerwagen. Lies nur in der Zeitung!“

Sie gab nichts darauf, sondern kam wieder auf das Hauptthema zurück.

„Da seid ihr wohl danach ganz still und traurig nach Hause gegangen?“

Der Junge hauchte die Fensterscheibe an und kritzelte mit dem Finger darauf. Er tat, als ob er nichts gehört hätte.

„Ob ihr recht still und traurig nach Hause gegangen seid?“ wiederholte die Schwester.

„Ach“, sagte er da, „traurig war’s ja sehr, aber die Sonne hat auch sehr schön geschienen.“

Mit scharfem Verdacht äugte Marie nach dem Jungen hin.

„Bist du etwa barfuß die Chaussee runtergerannt?“

„Nein!“ sagte Klaus mit der Ruhe der Wahrhaftigkeit.

Aber ihr Verdacht war zu groß. Sie sprang auf und faßte den Zappelnden am Bein. Die Strümpfe waren feucht. Marie wußte Bescheid. Der Schuh flog herunter, dann der Strumpf, aus dem der Streusand bröselte. Jetzt bekam Klaus den Strumpf so um die Ohren geschlagen, daß Sankt Georg, der Tagesheilige vom 23. April, an diesem 31. März nur ganz von ferne stehen und lächeln konnte: Achtet mein Datum! „Vor dem 23. April geht man nicht barfuß“, sagte Marie.

Die Mutter trat ins Zimmer, die Bäuerin. Sie war an die fünfzig, breit und behäbig. Trotz ihrer Schwerfälligkeit schaffte diese Frau vom frühen Morgen bis in die späte Nacht. Ihr Leben war einsame Pflichterfüllung. Zehn Kinder hatte sie geboren; vier waren klein gestorben; die zwei ältesten Töchter hatten, als sie eben erwachsen waren und der Mutter hätten eine Stütze sein können, nach auswärtigen Dörfern geheiratet; vier Kinder waren noch zu Hause, Karl, Marie, Bernhard und Klaus. Diese Frau war wie der Oderstrom, geboren zum Schleppen, bestimmt für einsame Wanderung; ihr Lebenslauf war ohne Poesie, kaum, daß sie abends einmal auf der Bank neben dem Rosenbusch vor dem Hause den großen Frieden der Natur empfand. Sie war einmal in ihrem Leben in Breslau gewesen, hatte verwirrt in das bunte, rauschende Treiben hineingeschaut. Aber es war ihr bange geworden, und sie hatte aufgeatmet, als sie wieder daheim war. Ihr Mann war ein frohgemuter Mensch, aber er liebte das Wirtshaus. Noch vor vollendetem fünfundvierzigsten Lebensjahre starb er. Sie mußte dann allein weiterwandern. —

Der Wirtschafter trat in die Stube. Er war zwischen fünfzig und sechzig, ein großer, starker Mann. Er hatte das rotbraune, verwitterte Gesicht der Leute vom Lande, besaß noch ganz volles, kaum angegrautes Haar, war besser gekleidet als andere Bauern, die in schlechtgeflickten Hosen aufs Feld gingen.

„Weiß jemand, wo Karl bleibt? Ich habe ihn schon vor zweieinhalb Stunden mit der Fuchsstute nach der Schmiede geschickt. Es war nur ein Huf neu zu beschlagen. Er müßte längst zurück sein. Wir brauchen die Stute.“

„Die Stute braucht ihr, den Karl braucht ihr wohl nicht?“ fragte die Bäuerin bitter. Der Wirtschafter zuckte die Achseln.

Klaus, der immer noch auf dem Fensterbrett saß, sagte: „Als ich vorhin gerade unter der Brücke war, da kamen sie mit der Stute, und der Schmied spuckte übers Geländer und hätte mich beinahe getroffen.“

„Als du unter der Brücke warst?“ fragte die Frau.

„Laß, Mutter“, sagte Marie, „das ist schon abgetan.“

„Ja, mit dem Strumpf“, knurrte der Junge, „sie ist grob zu mir. Wartet nur, wenn ich groß bin, hau’ ich ihr ein ganzes Strumpfgeschäft um den Kopf.“

Die Frau fragte nichts mehr. In Kinderstreitigkeiten mischte sie sich längst nicht mehr ein. Sie wußte, daß alle ihre Kinder grundverschieden waren, daß sie doch aber alle zur Mutter hinstrebten, jedes in seiner Art.

„Nun“, sagte der Wirtschafter, „so will ich die Stute suchen gehen, wir brauchen sie.“

Er ging aus dem Hause.

Klaus saß auf seinem hohen Fensterbrett wie auf einem Auslug und meldete:

„Er geht aufs Wirtshaus zu. Da wird er sie schon finden, den Schmied, den Karl und die Stute. Sie werden sich alle besaufen, bis auf die Stute. Die frißt vor der Türe nur dem Gastwirt die Weinknospen vom Spalier.“

„Ruhig“, befahl Marie, „du bist ein Schlingel, der in alles dreinredet!“

Der Junge hauchte an die Fensterscheibe und schrieb darauf: Marie ist dumm! Dann wurde es ihm langweilig und er sah sich nach einer weiteren Beschäftigung um.

Die beiden Frauen saßen in schweren Gedanken am Tische. Nach einer Weile sagte Marie in ihr Nähtuch hinein: „Karl verkommt!“

„Marie!“

Das Mädchen antwortete nicht. Der Junge hatte indes draußen auf der Straße den Alfred Jockisch entdeckt, mit dem er einen Ehrenhandel auszufechten hatte; er nahm die große „Fliegenklappe“ und sauste also bewaffnet aus dem Hause. Die Frauen waren allein.

„Was hast du gesagt, er verkommt?“

Die Frau fragte es mit leiser Stimme. Es war kein Aufbäumen mehr, kein Lebenswille in ihr, sondern nur müdes Verzichten. Da das Mädchen schwieg — die Röte war ihr ins Gesicht gestiegen und ließ ihre Augen noch blauer leuchten als sonst —, sagte die Mutter, die ihren Sohn verteidigte: „Karl hat keinen Vater. Frauen können wilde Jungen nicht erziehen. Die Strenge hat ihm gefehlt. Ich kann’s nicht!“

Da legte das Mädchen das Nähzeug weg, nahm mit beiden Händen die harte Arbeitshand der Mutter und sagte:

„Mutter, warum hat der Karl keinen Vater, der ihn zum Rechten führen kann? Warum heiratest du nicht wieder?“

„Ich heiraten —?“

„Ja, du!“

Das Mädchen stieß ganz rasch heraus:

„Den Wilhelm sollst du heiraten, unseren Wirtschafter. Er will dich, das siehst du doch! Den Hof hält er uns in Ordnung, die Familie kann er nicht in Ordnung halten, weil er kein Recht dazu hat. Wenn der ein Recht hätte, wäre der Karl anders. Und der Klaus hat’s auch hinter den Ohren, das sag’ ich dir! Der braucht auch einen Vater.“

Die Mutter sah sie an.

„Marie, wie kannst du nur so reden? Du bist erst zweiundzwanzig Jahre! Wie kannst du denn alles verstehen?“

„Weil ich nicht schön bin“, sagte das Mädchen. „Häßliche Mädchen wissen mehr als die hübschen, weil sie mehr Zeit zum Nachdenken haben.“

„Wer hat dir eingeredet, daß du häßlich bist?“

Marie nahm die Näharbeit wieder auf und sagte so nebenher:

„Der Spiegel, Mutter. Aber das ist ja hierbei einerlei. Die Jungen brauchen eine feste Hand, sonst wird nichts aus ihnen.“

Die Mutter faltete die Hände vor sich auf dem Tische.

„Du hast ja recht, Marie! Du bist klug, weit über deine Jahre. Da mußt du aber auch einsehen, daß ich keine feste Hand mehr habe. Es heißt, ich sei fünfzig, aber in Wahrheit bin ich siebzig. Ich habe keine starke Hand mehr für die Jungen. Es wird mit ihnen leider Gottes so werden, wie du sagst.“

„Heiraten sollst du“, zürnte das Mädchen, „den Wilhelm, daß er Macht bekommt über sie.“

Nun ergriff die Mutter die Hand des Mädchens.

„Sieh, Marie, ich glaube, mit dir kann man schon reden wie mit einer erfahrenen Frau. Der Wilhelm ist gut; er ist ein Ehrenmann. Als der Vater starb vor zwölf Jahren, hatten wir viel Schulden und die Wirtschaft war verlottert. Da kam der Wilhelm. Jetzt haben wir wenig Schulden und die Wirtschaft ist gut.“

„Na also! Der reine Staat ist die Wirtschaft, und der reine Staat könnten unsere Jungen werden.“

„Es ist nicht das, was ich eigentlich sagen wollte. Das wissen wir ja alle: für jeden Taler, den wir dem Wilhelm Lohn geben, erwirtschaftet er uns fünfzig. Es ist etwas anderes, was ich dir sagen wollte.“

Das Mädchen schaute erstaunt auf.

„Die Frauen sind verschieden, Marie. Ich bin noch vom alten Schlage. Ich hab’ deinen Vater zu lieb gehabt, wenn er oft auch nicht war, wie er hätte sein sollen; wenn ich einen anderen nehmen sollte, würde ich doch immer auch an ihn denken, und der Wilhelm, meine ich, hätte etwas Besseres verdient.“

Die Tochter sah die Mutter an und nickte nur. Ja, der Wilhelm hatte etwas Besseres verdient, dachte sie.

*


Es gab Tumult im Hofe. Der Wirtschafter Wilhelm kam mit der Fuchsstute am Halfter, und Karl schimpfte hinter ihm her. In der Tür erschien Marie.

„Was ist hier los?“ rief sie.

„Ich habe mir nur die Stute geholt, wir brauchen sie“, sagte Wilhelm in Ruhe.

„Blamiert hat er mich“, schrie Karl, der nicht nüchtern war, „blamiert vor allen Leuten, kommt mir ins Wirtshaus nach. Bin ich der Sohn vom Hofe oder ist es jener Kerl da?“

Der riesige Wirtschafter ging ein paar Schritte auf den Trunkenen los.

„Wilhelm, du hast ganz recht getan“, rief Marie, „aber lasse ihn, geh an die Arbeit. Und du, Karl, kommst mit mir in die Stube!“

„Fällt mir ja gar nicht ein!“

Der Wirtschafter zog mit der Stute ab. Das Mädchen nahm den Bruder am Arm und sagte:

„Du willst nicht mit in die Stube kommen?“

„Nein, ich gehe zurück ins Wirtshaus; ich lasse mich nicht blamieren.“

Da sagte das Mädchen voll Verachtung:

„Geh ins Wirtshaus zurück! Trink weiter!“

Sie warf ihm ein Markstück vor die Füße. Er gurgelte wütend vor sich hin. Das Mädchen verschwand. Der Bursche setzte sich auf die Bank vor der Hauswand und brömmelte und drohte. Vor ihm blitzte das Markstück im Sonnenschein.

In der Stube saß das Mädchen allein. Sie lauschte nach der Tür hin und wünschte, der Bruder möchte kommen, sie wegen der Beleidigung mit dem Markstück anfahren oder gar schlagen.

Er kam nicht. Immer schärfer lauschte Marie, was geschehen würde. Da — jetzt erhob er sich draußen von der Bank. Sie lugte durchs Fenster und sah, wie der Bruder das Markstück aufhob und zurück nach dem Wirtshause ging.

Regungslos schaute Marie ihm nach. Das Sätuch fiel unter den Tisch.

2.

Als es auf Pfingsten zuging, kam Klaus aus der Schule und sagte zu Marie:

„Du, Marie, ein ulkiger Kerl ist der Neumann!“

„Wer ist denn der Neumann?“

„Nu, doch der neue Lehrer.“

„Und du sagst ‚Kerl‘?“

Sie holte zu einer Ohrfeige aus, der aber Klaus durch einen Sprung aufs Fensterbrett geschickt entwich. „Er sagt auch ‚Kerls‘ zu uns. Kerls, ihr müßt was werden! Nicht so miese Tranfunzen sein! Es ist sehr gut und löblich, wenn ihr hinter den Ochsen und Pferden hergeht, aber es gibt noch etwas anderes auf der Welt, das auch wert ist, gelebt zu werden!“

„Trinken und Kartenspielen!“ kam’s vom Tische her.

„Bäh — nu eben nicht! Der Neumann hat gesagt: die alten Bauern haben gepflügt, geeggt, gesät, gedroschen und sind — und sind —“

„Hundert Jahre alt geworden!“ kam’s vom Tisch.

„Nu eben nicht! Höchstens mit der Wassersucht sind sie so alt geworden und ganz verblödet; denn ihr einziges Vergnügen war eben Korntrinken und Kartenspielen. Und das wird nu eben abgeschafft. Wir Neuen, wir werden alles veredeln.“

„So, wie macht ihr denn das?“

„Das machen wir so: erstens haben wir einen Verein gegründet.“

„Einen Verein?“

„Ja, aber zunächst müssen wir für den Verein einen Namen haben. ‚Kerls‘, hat der Neumann gesagt, ‚zerbrecht euch mal euer ziemlich beträchtliches Gehirn und sinnt auf einen Namen für einen Jugendbund, in dem Gesundheit, Frohsinn, Mäßigkeit, Reinheit, Sport, Spiel und Ulk die Hauptsache sind!‘ Ach, Marie! Heute in der letzten Stunde sollten wir Karl den Großen haben. Aber Neumann hat gesagt: ‚Karl den Großen wollen wir vorläufig zurückstellen und an unseren Jugendbund denken!‘ Er hatte uns nämlich statt eines Aufsatzes aufgegeben, über den Namen und über die Statuten des neuen Jugendbundes unsere Gedanken im Diarium niederzulegen. Ja, niederzulegen, so hat er wirklich gesagt.“

„Das ist komisch“, kam’s vom Stopfstrumpf her.

„Ha, der Neumann ist ein ulkiger Kerl. Also ich hab’ meinen Salm natürlich auch geschrieben.“

„Liest du mir das mal vor?“

Der Junge besann sich. Dann fragte er:

„Verkeilst du mich nicht? Auf keinen Fall?“

„Nein!“

„Sag’ erst: wahrhaftig.“

„Ich sage: wahrhaftig!“

Er sprang zu seiner Schultasche und holte das „Diarium“.

„Paß auf, Marie! Zieh nicht wieder ein Gesicht, wenn dir was nicht paßt. Alles kann ja nicht stimmen. Ich wußte ja gar nicht, was das für ein Verein werden sollte, ob was ganz Frommes oder was Weltliches. Zuerst habe ich geschrieben: ‚Aloysius-Verein‘.“

„Das ist schön!“ sagte Marie.

„Natürlich ist es schön, das hat auch der Neumann gesagt. Aber für Turnen und Ulk geht es nicht, hat er gesagt.“

„Dann weiter mit deinen Titeln.“

„Also, denn: ‚Wanderlust‘, ‚Kikeriki‘, ‚Wir werden schon‘! —“

„Wie?“ unterbrach das Mädchen, „ ‚Wir werden schon‘, das ist doch kein Vereinsname. Das war dumm von dir.“

„Zieh kein Gesicht — es geht schon weiter! Du verstehst mich nicht, Marie! Also, weiter: ‚Ins Grüne‘! — ‚Endlich mal los‘! — ‚Pfeif auf die Schule‘!“

Marie erhob sich drohend:

„Range, hast du wirklich geschrieben: ‚Pfeif auf die Schule‘?“

„Jawohl!“ kam’s behaglich vom Fensterbrett, „Neumann hat den Keuchhusten gekriegt, als er das vorlas. Na, und das andere, was ich da noch geschrieben habe an Titeln, ist lauter Quatsch.“

„Und deine Statuten?“

„Ach, die sind kurz. Verstehst du, Marie, bei Statuten sind immer Paragraphen.“

„Ja, ja, das weiß ich.“

„Also, paß auf!“

Er las wieder aus dem Diarium.

„Paragraph eins: Trinken ist verboten.

Paragraph zwei: Kartenspielen auch.

Paragraph drei: Rauchen auch.

Paragraph vier: Mit Mädels lassen wir uns nicht ein!“

„Warum nicht?“ unterbrach Marie.

„Mädels taugen nichts!“ kam’s zurück.

„Also Paragraph fünf: Wer schlapp macht, gilt als kein Mann.

Paragraph sechs: Wer nichts hat, für den bezahlen die anderen!

So, das war also mein Aufsatz.“

Das Mädchen hatte zu stopfen aufgehört und schaute auf den Bruder.

Der klappte sein Diarium zu.

„Nun, und was hat der Lehrer gesagt?“

„Ach — du! Der hat mich um den Hals genommen und mir auf die Stirn einen Kuß gegeben. Das war mir sehr peinlich. Aber dann gab’s Abstimmung.“

„Was haben denn die andern geschrieben?“

„Ach so — ‚Veilchen‘ und ‚Springinsfeld‘ und ‚Kameradenverein‘. Die meisten haben gar nicht geschrieben; die müssen jetzt zur Strafe das Einmaleins mit der Sieben zehnmal abschreiben.“

„Und wie war’s dann weiter?“

Der Junge erhob sich und kniete auf dem Fensterbrett.

„Großartig war’s. Weißt du, was für ein Titel gewählt worden ist? — Meiner! ‚Wir werden schon —‘, weißt du, mit einem Gedankenstrich. Hinter einem Gedankenstrich kann sich nämlich immer jeder denken, was er will. Ich hatte mir gedacht: ‚Wir werden schon die Bärsdorfer verhauen.‘ Und meine sämtlichen Statuten wurden angenommen. Nur, sagte Neumann, er würde sie in eine etwas andere Form bringen, auch hat er das ‚schon‘ in meinem Titel gestrichen, der Verein heißt: ‚Wir werden!‘ —“

Er sprang vom Fensterbrett herunter.

„Weißt du, Marie, wer vor dir steht? Der zweite Vorsitzende des Jugendbundes ‚Wir werden —!‘ Erster Vorsitzender ist natürlich der Neumann.“

Marie ging auf den kleinen Bruder zu.

„Du, wenn du mir jetzt eine Ohrfeige gibst, bist du meineidig, du hast wahrhaftig gesagt.“

Das Mädchen sagte mit warmen Augen:

„Ich will dich ja nicht schlagen, Klaus, es war ja alles so schön. Einen Kuß will ich dir geben.“

„Kuß?“ sagte der Junge mißtrauisch. „Nein, ich hab’ heute schon einen gekriegt, und in meinen Paragraphen steht: ‚Mit Mädeln lassen wir uns nicht ein!‘ “ Damit entwich er durch die Tür.

*


Marie saß lange am Tische, dann suchte sie die Mutter auf, die im Garten arbeitete. Sie führte sie nach der Steinbank, die unter dem Kirschbaum stand, und sagte:

„Mutter, wir brauchen deine feste Hand nicht mehr. Wir brauchen auch nicht den Wilhelm. Wir werden es allein schaffen!“

„Wer wird’s schaffen?“

„Klaus und ich.“

„Klaus ist der wildeste von allen!“

„Das ist er wohl, aber in Klaus steckt ein guter Kern. Wir werden es schaffen!“

„Das möge der Herr geben!“

Die Frau wollte wieder zur Arbeit, aber Marie hielt sie zurück.

„Nein, Mutter, es ist nicht gut, daß du noch so viel arbeitest, und doch auch nicht nötig. Bleib noch ein bißchen bei mir. Ich muß noch mit dir reden. Wir müßten uns viel öfter besprechen; denn um uns sind viel ernste Dinge. Ich möchte dich einmal etwas fragen, Mutter; du mußt aber nicht erschrecken und es mir auch nicht übel deuten! Mutter, hast du schon dein Testament gemacht?“

„Testament? Glaubst du, daß es — daß es schon so um mich steht?“

„Nein, nein, Mutter, ich glaube, daß du noch dreißig Jahre leben wirst und länger, aber ich habe neulich erst wieder gelesen: Jeder kluge Mensch bestellt für Leben und Sterben sein Haus.“

Die Alte faltete die Hände auf ihrer blauen Schürze.

„Die zwei ältesten Mädel sind ausgezahlt, haben Vater- und Mutterteil. Sie haben’s damals verlangt, weil sich sonst ihre Männer die Wirtschaften nicht hätten kaufen können. Wir haben damals viel Geld borgen müssen und zahlen immer noch daran ab. Und wenn ich nun einmal die Augen zumache, dann gehört eben das Gut euch: dir, Karl, Bernhard und Klaus.“

„Nein, Mutter, so geht es nicht. Karl, als der Älteste, würde das Gut verlangen. Er würde uns drei andere wohl auszahlen, aber wir würden fortziehen müssen; er würde in schweren Schulden sitzen, und nach kurzer Zeit wäre der Heinrichshof in fremden Händen. Das darf nicht sein!“

„Was soll ich denn tun?“ fragte müde die Mutter.

„Ein Testament sollst du machen. Darin sollst du schreiben: Der Karl bekommt sein Pflichtteil, sonst nichts, und darf nicht auf dem Heinrichshofe bleiben. Das Gut erbt Klaus. Bernhard bekommt sein Teil. Die Marie erbt kein Geld, aber sie hat das Recht, ihr Leben lang auf dem Heinrichshofe zu sein und bekommt dort Nahrung und Kleidung. Dafür soll sie mit Klaus arbeiten, und ihr Lohn beträgt monatlich zehn Mark.“

„So wärst du ja enterbt.“

„Ich brauche nicht mehr, als ich gesagt habe.“

„Aber wenn du einmal heiratest, was würde dann dein Mann sagen?“

„Ich werde nicht heiraten, Mutter. Ich könnte nur einen Mann bekommen, der mit meinem Erbe rechnet; für die Liebe bin ich nicht schön genug.“

„So ein großes, stattliches Mädchen wie du!“

„Ach, Mutter, frag nur die Männer, was sie auf groß und stattlich geben. Nichts! Höchstens ein geiziger Bauer, der eine billige Magd braucht, gibt was auf groß und stattlich. Nein, damit ist es nichts; ich finde mich schon ab. Überlege dir’s, Mutter, dann sprechen wir wieder davon. Mutter, es ist gut, was ich dir rate!“

Sie strich der Mutter leise über den Kopf und ging. Der Eichbaum an der Gartenecke rauschte über ihr: Was zürnst du über groß und stattlich? Sieh mich an! Bin ich nicht schön, auch wenn ich groß und stark, knorrig, rissig und eckig bin? Glaubst du, ich möchte mit einer zimperlichen Birke tauschen oder mit einer weichlichen Linde?

Im Wohnzimmer sah sie in den kleinen Spiegel. Wohl, sie war groß und gerade gewachsen, aber sie gefiel nicht. Die Augen, fand sie, standen um einen Strich zu weit auseinander, die Nase war um eine Kleinigkeit zu kurz, das Kinn zu breit. Das alles bestätigte der Spiegel. Aber was der Spiegel ihr nicht zeigen konnte, war der warme, kluge Blick ihrer fast violett-blauen Augen, die anmutige Haltung des Kopfes mit den schweren, dunkelblonden Zöpfen, der stolze Gang ihrer festen, schönen Beine.