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Klaus-Rainer Martin

Meine Kindheit, Jugendzeit und die ersten Erwachsenenjahre


geschrieben für Ursula und unsere Töchter Gabriele, Carola, Ulrike und ihre Familien


BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

Vorbemerkungen

Von meinen Eltern weiß ich nur die Begebenheiten, die ich mit ihnen direkt erlebt habe, denn sie haben nur sehr wenig von sich erzählt – und schon gar nichts an Schriftlichem für ihre Kinder hinterlassen. Und weil ich auch nicht intensiv nachgefragt habe, ist so manches unbekannt geblieben. Das ist für mich Anlass, einiges aufzuschreiben, damit meine Kinder und Enkelkinder mehr über ihren Vater bzw. Großvater wissen, wenn sie ihm keine Fragen mehr stellen können. Meine Autobiografie in „Soziale Arbeit in Selbstzeugnissen“ Band 2, herausgegeben im November 2002 sowie meine beiden eBooks „Heimerziehung im Wandel der Zeiten“ vom Januar 2016 und „Meine berufspolitischen Aktivitäten“ vom März 2017 beschränken sich lediglich auf den fachlichen Teil meines Daseins. So muss die Beschreibung privater und persönlicher Erlebnisse und Begebenheiten hier einen breiteren Raum einnehmen.

 

Außerdem tue ich nach fast 80 Lebensjahren nichts lieber, als über mein Leben zu berichten, welche Menschen mir begegnet sind, wie ich zur Diakonie und zur Sozialen Arbeit gekommen bin, wie meine berufliche Ausbildung, mein Studium und mein beruflicher Weg verlaufen sind, und was mir in meinem beruflichen und persönlichen Leben wichtig war und noch ist. Zugleich ist dieser Bericht der Versuch, Vergangenes noch einmal Revue passieren zu lassen, zu sichten und zu ordnen.

 

In vielem, was ich erlebte, spürte ich Gottes Fügung und Führung. Dennoch wäre es falsch, in fatalistischer Weise nur von Vorherbestimmung zu sprechen. Es gab und gibt in jeder Lebenssituation auch Alternativen, die nach einer eigenen Entscheidung verlangen. Wie wäre mein Leben verlaufen, wenn ich mich 1958 nicht dazu entschlossen hätte, die DDR zu verlassen und in den Westen zu gehen? Schließlich war das meine Entscheidung. Oder was wäre aus meinem Leben geworden, wenn ich mich dazu entschlossen hätte, mein Studium als Bergbauingenieur nicht abzubrechen. Welche anderen menschlichen Begegnungen hätten dann mein Leben geprägt? Goethe rief einmal aus:

 

„Es ließe sich alles trefflich schlichten,

könnte man die Dinge zweimal verrichten.“

 

Nein! Alle Entscheidungen, müsste ich sie wieder treffen, würden zum gleichen Ergebnis führen. Nur im Detail gibt es Situationen, in denen ich mich anders verhalten würde. Denn es ist wohl so, wie es der Schweizer Heilpädagoge Emil Kobi in seinem Aufsatz „Zur Unheimlichkeit von Heimen“ ausdrückte: „Kein Pädagoge verlässt diese Erde schuldlos“. So gibt es in meinem Berufsleben und in meinem Privatleben Situationen und Momente, die ich am liebsten ungeschehen machen möchte, wo ich auf das Verzeihen von Mitmenschen angewiesen war und auf Vergebung meines Schöpfers angewiesen bin. Und Vieles geschah so, wie es der Begründer der SOS-Kinderdorfbewegung Hermann Gmeiner einmal sagte: „Alles Große in unserer Welt geschieht nur, weil jemand mehr tut, als er muss.“

 

Und letztlich muss ich noch zugeben, dass das meiste in meinem Leben von mir wie ein besonderes Abenteuer erlebt wurde. So habe ich z.B. als Neunzehnjähriger meine Flucht in den Westen oder 1996 die Schließung des Kinderheimes in Reinfeld nicht vorrangig als etwas Belastendes, sondern als ein besonderes Erlebnis, geradezu als Abenteuer wahrgenommen, gerade so wie einen Einhundert-Kilometer-Lauf, wo man auch bis in den Grenzbereich seiner Leistungsfähigkeit vordringt, das aber als ein besonderes Erlebnis in sich aufnimmt, das einen reicher macht.

 

In diesem eBook will ich mich auf meine Kindheit, meine Jugendjahre und die ersten Jahre im Erwachsenenalter beschränken. Vielleicht finde ich noch die Zeit, auch über die Jahre nach meiner beruflichen Tätigkeit, im Rentenalter zu berichten. Ich tue das nicht, weil ich glaube, dass mein Leben besonders viele berichtenswerte Begebenheiten aufweist, sondern weil ich der Meinung bin, dass jedes Leben berichtenswert ist und nicht in Vergessenheit geraten darf.

 

Klein Wesenberg, im März 2017