ROLF GIESEN

(in Zusammenarbeit mit Anna Khan)

 

 

DIE HAND MIT DEM

TOTENKOPFRING

Eine kriminalistische Spurensuche im Harz

 

 

 

Roman

 

 

 

 

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

Der Autor 

 

DIE HAND MIT DEM TOTENKOPFRING 

 

I. Ein abscheulicher Fund 

II. Die Schwarze Sonne 

III. iDa's kleiner Hexenhammer  

IV. Die Hausapotheke der Kräuterhexen 

V. Bei Knispels unterm Sofa 

VI. Kartoffeln statt Döner oder Die Folterkammer der Devil Sisters 

VII. Reichsflugscheiben über Thule 

VIII. Naziland 

IX. Thule lebt  

X. Himmlers Ordensburg 

XI. Walpurgisnacht 

XII. Ragnarök 

XIII. Thorshammer 

 

Das Buch

 

»Die Hand«, so erfuhr ich, »die Hand trug einen Totenkopfring, aber alles andere fehlte ihr, vor allem der Körper.«

Der Anrufer, der in Goslar zu Hause war, betonte jede Silbe und schien mein überraschtes Schweigen zu genießen: »Da fehlen dir die Worte, was?«

Ich kannte den Anrufer nur flüchtig. Ich hatte vor ein, zwei Jahren mal einen Bericht über ihn geschrieben, kritisch, wie ich meine, aber er hielt es für eine Super-Publicity.

»Was du nicht sagst«, murmelte ich. »Wo hat man die gefunden?«

Als ich den Namen des Fundorts hörte, beschlich mich ein Gefühl, das umso beklemmender war. »Mach keine Witze! An den Externsteinen?!«

Ich schluckte.

»Genau. An der alten Kultstätte. Eine Hand. Ohne Ringfinger.«

»Eben sagtest du: ohne Körper.«

»Ohne Körper und ohne Ringfinger.«

Das war wirklich nicht ganz ohne! Die Externsteine waren - so konnte man in einschlägigen Reiseführern nachlesen - eine eigentümliche Gesteinsformation: bizarre Sandsteinfelsen und -säulen im Teutoburger Wald, die in der sonst weitgehend steinfreien Umgebung bis zu 40 Meter in die Höhe ragten. Sonderlingen und Mystikern aber, Unverbesserlichen und ewig Gestrigen galt diese Natur-Sehenswürdigkeit in einer waldreichen Region, wo Germanen einst den Lindwurm römischer Legionen bezwungen hatten, spätestens seit 1933 als Heiliger Hain und herausragender Kraftort.

»Und es weiß niemand davon?«

»Niemand außer den Bullen. Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen. Sie fahnden nach dem dazugehörigen Körper.« Der Anrufer konnte sich ein Lachen über den gelungenen Scherz nicht verkneifen. »Aber wichtiger als der Körper ist der Ringfinger. Und das, was dran war. Eine absolute Rarität, völkisch betrachtet jedenfalls.«

»Ein Ring?«

»Erraten, Sherlock Holmes.«

 

So beginnt DIE HAND MIT DEM TOTENKOPFRING – der neue Krimi aus der Feder von Rolf Giesen, der Vergangenes und Gegenwärtiges aus der deutschen Geschichte mit einer atemlosen Spurensuche im geheimnisvollen Dunkel des Harz-Gebirges verknüpft.

 

Der Autor

 

 

Rolf Giesen, Jahrgang 1953.

Dr. Rolf Giesen ist ein deutscher Filmwissenschaftler, Filmjournalist, Sachbuch- und Roman-Autor. Er gilt als einer der führenden deutschen Spezialisten für den Phantastischen Film, Trickfilm und Horrorfilm, was ihm zu Beginn der 1980er-Jahre den weitverbreiteten Titel „Dr. Horror“ einbrachte. 

Rolf Giesen studierte Soziologie, Psychologie und Alte Geschichte an der Freien Universität Berlin und promovierte 1979 mit einer Dissertation über den Phantastischen Film zum Dr. phil.; dieses Thema wurde ihm zur Lebensaufgabe. 

Er veröffentlichte zahlreiche Artikel und Bücher rund um das Kino des Phantastischen: vom Fantasy-, Science-Fiction- und Horror-Film bis hin zu den verschiedenen Techniken des Trickfilms, mit dem er sich besonders intensiv auseinandersetzte: So war er von 1982 bis 1984 Vorsitzender des Deutschen Trickfilmverbands e.V. und organisierte Zeichenfilmfestivals. 

In der jüngeren Zeit hat sich Giesen auch mit den Propagandafilmen des Dritten Reiches beschäftigt. 

Giesen ist Mitarbeiter des Filmmuseums Berlin - Deutsche Kinemathek - und dort Leiter einer nach ihm benannten Trickfilmsammlung. Die Rolf-Giesen-Sammlung der Stiftung Deutsche Kinemathek Berlin gilt als eine der besten Kollektionen zum Thema Filmfantastik in Europa. Giesen entwarf auch die Dauerausstellung Künstliche Welten im Filmmuseum Berlin, in deren Zentrum das Lebenswerk des Trickfilmers Ray Harryhausen steht. Weitere von Giesen organisierte Ausstellungen waren Asterix, Mickey Mouse & Co. (1986) und Cinefantastic. 

Zudem steuerte er die Drehbücher für den Animationsfilm Die Digedags in grauer Vorzeit (1999) und die Fernseh-Zeichentrickserie Die unendliche Geschichte (1996) bei. Für die Filme Lorenz im Land der Lügner (1997) und Lauras Stern (2004) fungierte er als Berater und bei Asterix – Operation Hinkelstein (1989) als Produktionsüberwacher. 

Neben Lehraufträgen an verschiedenen Universitäten, Fachhochschulen und Filmakademien lehrte Giesen auch als Honorar-Professor an der German Film School For Digital Production. Er ist Associate-Professor an der Universität Peking, wo er 2007 Vorlesungen hielt. 

Als Dr. Horror nahm Rolf Giesen Anfang der 80er-Jahre eine Schallplatte mit der Gruppe Niagara auf. Er ist Mitglied der Visual Effects Society in Los Angeles. 

Zu seinen bekanntesten Filmsachbüchern gehören u.a.  Hitlerjunge Quex, Jud Süß und Kolberg. Die Propagandafilme des Dritten Reiches. Dokumente und Materialien zum NS-Film  (2005, mit Manfred Hobsch), Lexikon des Trick- und Animationsfilms (2003), Die große Welt der animierten Filme (2003), Das neue Lexikon des Horrorfilms  (2002, mit Ronald M. Hahn und Volker Jansen), Lexikon der Special Effects (2001), Das neue Lexikon des Fantasy-Films (2001, mit Ronald M. Hahn, Volker Jansen, Norbert Stresau), Die schlechtesten Filme aller Zeiten. Eine Reise durch die größten Peinlichkeiten der Kinogeschichte (2002, mit Ronald M. Hahn) Godzilla – Gamera – Gappa. Die Geschichte der japanischen Monsterfilme. Japans Urwelt-Giganten in deutschen Kinos (1998), Special Effects. King Kong, Orphée und die Reise zum Mond (1985) sowie das in zwei Bänden erschienene Lexikon des phantastischen Films. Horror - Science Fiction - Fantasy (1984). 

Darüber hinaus verfasste Rolf Giesen Biographien über die Regisseure John Boorman und Alfred Hitchcock sowie Romane zu den TV-Serien Lexx – The Dark Zone (1997/98), Forsthaus Falkenau (1996), Poltergeist (1997) und Gegen den Wind (1998). 

Giesen lebt und arbeitet in Berlin und Peking. 

DIE HAND MIT DEM TOTENKOPFRING

 

 

  I. Ein abscheulicher Fund

 

»Die Hand«, so erfuhr ich, »die Hand trug einen Totenkopfring, aber alles andere fehlte ihr, vor allem der Körper.«

 

Der Anrufer, der in Goslar zu Hause war, betonte jede Silbe und schien mein überraschtes Schweigen zu genießen: »Da fehlen dir die Worte, was?«

 

Ich kannte den Anrufer nur flüchtig. Ich hatte vor ein, zwei Jahren mal einen Bericht über ihn geschrieben, kritisch, wie ich meine, aber er hielt es für eine Super-Publicity.

 

»Was du nicht sagst«, murmelte ich. »Wo hat man die gefunden?«

 

Als ich den Namen des Fundorts hörte, beschlich mich ein Gefühl, das umso beklemmender war. »Mach keine Witze! An den Externsteinen?!«

 

Ich schluckte.

 

»Genau. An der alten Kultstätte. Eine Hand. Ohne Ringfinger.«

 

»Eben sagtest du: ohne Körper.«

 

»Ohne Körper und ohne Ringfinger.«

 

Das war wirklich nicht ganz ohne! Die Externsteine waren - so konnte man in einschlägigen Reiseführern nachlesen - eine eigentümliche Gesteinsformation: bizarre Sandsteinfelsen und -säulen im Teutoburger Wald, die in der sonst weitgehend steinfreien Umgebung bis zu 40 Meter in die Höhe ragten. Sonderlingen und Mystikern aber, Unverbesserlichen und ewig Gestrigen galt diese Natur-Sehenswürdigkeit in einer waldreichen Region, wo Germanen einst den Lindwurm römischer Legionen bezwungen hatten, spätestens seit 1933 als Heiliger Hain und herausragender Kraftort.

 

»Und es weiß niemand davon?«

 

»Niemand außer den Bullen. Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen. Sie fahnden nach dem dazugehörigen Körper.« Der Anrufer konnte sich ein Lachen über den gelungenen Scherz nicht verkneifen. »Aber wichtiger als der Körper ist der Ringfinger. Und das, was dran war. Eine absolute Rarität, völkisch betrachtet jedenfalls.«

 

»Ein Ring?«

 

»Erraten, Sherlock Holmes.«

 

»Wo hast du die Info überhaupt her, Hayno?«

 

Hayno hatte eine rechtsextreme Skinhead-Band gemanagt, die für Schlagzeilen gesorgt hatte, und für eine war ich selber verantwortlich: Gefährlicher als Panzer und Granaten. Darauf war er immer noch stolz. Das war seine »Feuertaufe« gewesen. Und ich hatte ihn groß rausgebracht. Jetzt hatten sie alle einen Heidenbammel vor ihm. »Der Sound«, hatte er für die gut geteerten Stimmen seiner Combo getextet, »der Sound ist unser Maschinengewehr, der Sound ist gefährlicher als Panzer und Granaaaten.« Dazu erschienen die üblichen Gruselbilder seiner Band S.K.U.L.L., die Mitglieder in schwarzen Trikots mit hochreflektierend aufgesprayten Knochen, die sie aussehen ließen wie Gerippe. S.K.U.L.L. reihte sich ein in obskure Gruppen mit Namen wie Hauptkampflinie, Spreegeschwader, Kraftschlag, Landser oder Stahlgewitter: Ich kenne deinen Namen, ich kenne dein Gesicht, du bist die Faust nicht wert, die deine Nase bricht war ein Heavy-Metal-Hard-Rock-Klassiker unter deutschen Kids geworden. Volunteers aus der rechten Szene hatten gratis CDs vor den Schulen verteilt. Hayno hatte damals immer eine Rolle Banknoten in der Tasche, weiß auch nicht, woher die Lappen kamen, und so war die Pressung schnell finanziert. Die Kids ballten die Faust in der Tasche

 

»Du weißt doch, Himmelmann, ich hab da so meine Quellen«, hüllte Hayno die Frage nach der Herkunft der Information über die sauber abgetrennte Hand undurchsichtig in braunes Packpapier. Einer wie er war immer gut für eine Geschichte.

 

»Und jetzt sperr die Ohren auf.«

 

Ich wagte kaum zu atmen.

 

»In Goslar ist neulich ein Ring verschwunden.«

 

»Na und? Siehst du da einen Zusammenhang?«

 

»Warum nicht? Kam irgendwie aus einer Sammlung mit Nazi-Reliquien.«

 

»Und was war an diesem Ring so besonders?«

 

»Es war ein SS-Ring. Aber nicht irgendein SS-Ring.«

 

»So?«

 

Hayno machte einen auf bombastisch: »Der SS-Ring! Sozusagen der Prototyp.«

 

»Prototyp?"

 

»Klar, der hat Weisthor selber gehört. Der hat ja den Runenring der SS entworfen. Und der hat hier gelebt, hier in Goslar.«

 

Goslar lag hundert Kilometer entfernt von den Externsteinen.

 

Die abgetrennte Hand und der fehlende Finger waren schon schaurig genug, aber auf einmal zeichnete sich eine journalistische Perspektive ab: eine Spur in den braunen Sumpf des Nationalsozialismus. Riskant, aber reizvoll das Ganze. Nazis waren immer gut für die Sauregurkenzeit, Nazis, fliegende Untertassen und Hard Rock, am besten alles zusammen, und das machte sich dann gut auf dem Konto. Investigativer Journalismus, aber schön spekulativ. Vielleicht ließ sich sogar eine Spur zu Hitler draus machen. Dann könnte man die Recherchen sogar als Buch verscherbeln. Ich hatte ziemliche Schulden, aber selbst meine besten Freunde waren nicht mehr bereit, mir was zu pumpen. Je mehr Schulden, umso weniger Freunde hatte ich. Freiberuflicher Journalismus war kacke, aber ich hatte nichts anderes gelernt. Außer Zaubern. Ich war fingerfertig, zum Glück hatte ich noch alle Griffel beisammen, beim Schreiben wie beim magischen Spiel mit Karten, Münzen und Zigaretten.

 

»Weisthor…Weisthor…«, durchkämmte ich unschlüssig die Adressenkartei meines Gedächtnisses, aber auf den komischen Namen konnte ich mir keinen Reim machen. »Hast du nicht was mit Hitler? Der Name zieht besser.«

 

»Mensch, Himmelmann, dein Gehirn funktioniert auch nur noch halb. Weisthor ist so gut wie Hitler und Rasputin zusammen.«

 

Rasputin, der wahnsinnige Mönch vom Zarenhof! Und Hitler obendrauf! Das war nun wirklich explosiv!

 

»Himmlers Rasputin, der Prophet der SS, Wiligut-Weisthor«, half mir Hayno auf die Sprünge. »Karl Maria Wiligut«, flüsterte er beinahe ehrfürchtig. Ich hörte sein sentimentales Schauben in der Leitung.

 

»Ach so, der Weisthor, klar sagt der mir was«, log ich.

 

Ich hatte über alles Mögliche geschrieben, nachdem ich mein Publizistikstudium an der FU in Berlin abgebrochen hatte. Theorie lag mir nicht, mich drängte es in die Praxis. Im wirklichen Leben gibt es mehr böse Menschen, als du zählen kannst. Die Bösen sind so, wie du und ich sein wollen. Die gehen auch schon mal bei Rot über die Ampel. Über die wollte ich schreiben. Das waren Gestalten, so knusprig und kross wie eine Schweinshaxe. Ich führte eine spitze Feder, und die Gemeinheiten der anderen waren das Gift meiner Tinte, literarisch ausgedrückt. Wo kämen wir denn hin, wir freien Journalisten, wenn es das Böse in der Welt nicht gäbe. Wir müssten es schier erfinden oder wenigstens ihm nachhelfen, und manchmal taten wir es.

 

Wenn der Sound den rechtsextremen Krakeelern ein Maschinengewehr war, so war es mir die Schreibmaschine, den Spruch hatte ich von Jörg Fauser, der Dichter von Blues für Blondinen, der auf dem Höhepunkt seiner Schreiberei sprichwörtlich unter die Räder gekommen war: erst eine mechanische aus dem Trödelladen, das waren noch herrliche Zeiten im Spessart, dann eine elektrische, dann kamen die PCs.

 

Damals, Herrschaften, ja damals waren Lehrjahre wirklich keine Herrenjahre. Ich landete bei einem Redakteur, der viel sprach, aber wenig schrieb und schon um ein, zwei Uhr sturzbetrunken war. Für ein spärliches Zeilenhonorar zwang er mir den größtmöglichen Unsinn auf, Sachen, über die keiner der Alteingesessenen schreiben wollte, aber noch im Unbedeutendsten entdeckte ich den Reiz des Absurden, gerade dort.

 

In einem Artikel mit dem Titel Die Schießwütigen porträtierte ich zum Beispiel Berliner Sportschützen, die mit angeheitert über die S-Bahngleise torkelten und auf nahende Züge zielten. Schießwütig war auch jener Hotelportier, der mit der Knarre auf Rattenjagd ging und dabei die Tauben vom Dach der Tankstelle nebenan gleich mit schoss. So wurde ich bald zum Experten für alles Pyrotechnische: Jailhouse Rock and Pyrotechnics Blues. Manche Beiträge zeichnete ich damals mit The Human Torch. Ihr wisst doch, die Comic-Figur von Marvel. Die Fantastischen Vier: Johnny Storm, die menschliche Fackel. Die Leser schien zu amüsieren, was ich schrieb, und bald arbeitete ich für größere Honorare, als freier Mitarbeiter, darauf war ich idiotischer Weise damals sehr stolz, weil mir der schreibunwillige Chefredakteur – Alfred hieß er – nicht über die Schulter sah.

 

Ich lebte preiswert in meiner alten Bude am Mariannenplatz in Kreuzberg, 100 qm, die wir früher als Wohngemeinschaft bewohnt hatten und wo ich jetzt allein inmitten meiner Bibliothek und meiner Zauberliteratur hauste, zum Bedauern des Hauseigentümers, der mich liebend gern vor die Tür gesetzt hätte, um zu renovieren und dann teurer an irgendeinen Yuppie zu vermieten: Blick auf das Bethanien, ursprünglich ein Diakonissen-Kranken-, heute ein Künstlerhaus, in dem ich alle Jubeljahre aus einem unvollendeten Text lesen durfte. Hitlers Magier hätte ich gern fertiggestellt, die Geschichte von Kalanag alias Helmut Schreiber, der in den Jahren des Wirtschaftswunders Autos und Tiger von der Bühne verschwinden ließ, solche Nummern konnte ich mir nicht leisten, aber Kalanag hat sie unverfroren gestohlen. Die Nazis haben ihn gedeckt. Seine Seele war mit brauner Scheiße verschmiert. Auf dem Obersalzberg hat er vor dem »Führer« gezaubert. Hitler hat ihn sehr gelobt und sich gewünscht, Stalins Divisionen doch nur so verschwinden lassen zu können wie PG Kalanag. Nach dem Krieg hat er so weitermachen dürfen wie immer. Nur in Amerika haben sie ihn geschnitten, aber dafür hat er Siegfried & Roy beeinflusst, die Las Vegas später mit ihren weißen Tigern im Handstreich genommen haben. Leider hat er diesen seinen letzten Triumph nicht mehr erleben dürfen, der Kalanag.

 

Meine Liebe galt der Satire, aber ich schrieb auch Lokalnotizen über Empfänge und dergleichen, weil ich mich auf denen ordentlich durchfressen konnte, wie es die meisten Journalisten taten. Immer der erste in der Schlange am Büffet. Als Koch waren meine Talente dagegen eher dürftig. »Der legt die Eier mit Schale in die Pfanne und wartet, dass ein Rührei draus wird«, scherzten Kollegen, die mich offensichtlich gut kannten.

 

Musik- und Filmkritiken gehörten ebenso zu meinem Repertoire, denn ich liebte es, aktuelle Filme vor dem Starttermin kostenfrei in Pressevorführungen zu gucken, samt Gratisgetränk (in den guten, alten Zeiten vor der Wende gab’s sogar noch ein Brötchen obendrauf, Schrippe sagen wir in Berlin), oder auf Rockkonzerte zu gehen, wo man hinterher vom Veranstalter zu einem Freibier eingeladen wurde. Glossen; Interviews; Rezensionen; Börsenberichte (in Urlaubsvertretung für einen Kollegen).

 

Zeitungen, Magazine, auch der Rundfunk brachten meine Sachen: hier ein paar hundert Euro, dort Ghostwriter für einen Anlageberater, der meine sauber formulierten Börsennachrichten, reine Kaffeesatzleserei, muss ich sagen, einsetzte, um sich bei potenter Kundschaft einzuschleimen: Wenn du die Wahl zwischen Marx und Coca-Cola hast, Coke-Aktien gehen immer