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Nr. 18

 

Die Rebellen von Tuglan

 

Er sah ganz harmlos aus – aber er machte die gewaltige STARDUST II zu seinem »Spielball« ...

 

von CLARK DARLTON

 

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Die Erlebnisse auf Tramp, dem Planeten der sterbenden Sonne, haben Perry Rhodan und seine Mannschaft eine Menge Nervenkraft gekostet – denn sie mussten sich gegen etwas wehren, das aus dem Dunkeln unvermittelt zuschlug.

Jetzt aber, im Besitz der Sprungdaten, die an Hand des aufgefundenen Milchstraßen-Modells ermittelt werden konnten, sollte der Rückkehr zum Wega-System nichts mehr im Wege stehen.

Doch Gucky, der blinde Passagier, hat andere Pläne mit der STARDUST. Gucky veranlasst, dass Perry Rhodan auf DIE REBELLEN VON TUGLAN stößt ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Perry Rhodan – Auch auf Tuglan spielt der Herr der Dritten Macht die Rolle eines Arkoniden.

Reginald Bull – Ein unfreiwilliges Bad bereitet ihm viel Ärger.

Alban und Daros – Zwei feindliche Brüder.

Rathon – Der Vertreter des arkonidischen Imperiums auf Tuglan.

Gucky – Ein blinder Passagier, der bald alle Herzen auf der STARDUST gewinnt.

John Marshall – Seine telepathischen Fähigkeiten dienen der Wahrheitsfindung.

Karolan – Sie nennen ihn den »Führer der Gerechten«.

1.

 

Das kleine Wesen duckte sich in eine Bodenfalte und wartete.

Die Welt schien tot zu sein. Bis zum Horizont erstreckten sich flache Sandhügel von rötlicher Färbung, lange Täler mit spärlichem Pflanzenwuchs und vereinzelte ausgetrocknete Büsche. Eine dunkelrote Sonne stand hoch am Himmel und verbreitete ein unheimliches, unirdisches Licht. Es war kalt, weit unter dem Gefrierpunkt. Am tiefvioletten Himmel leuchteten vereinzelt Sterne.

Das Wesen sah aus wie eine stark vergrößerte Maus, die sich alle Mühe gab, zu einem Biber zu werden. Es hatte keinen langen und spitz auslaufenden Schwanz, wie sich das für normale Mäuse gehört, sondern einen breiten, kräftigen Biberschwanz, der wie das Blatt eines Ruders aussah.

Das Tier mochte etwa einen Meter lang sein und trug ein glattes, dichtes Fell. Im Schein der sterbenden Sonne schimmerte es rötlichbraun. Die spitze Schnauze gab dem Gesicht etwas Pfiffiges und ungemein Kluges.

Das Hinterteil war stark verdickt und ließ vermuten, dass es mit der Geschwindigkeit der Fortbewegung nicht sehr weit her sein mochte. Im Wasser vielleicht würde es besser damit bestellt sein – aber die einsame Welt der sterbenden Sonne besaß ja kein Wasser. Wenigstens nicht auf der Oberfläche. Und das war einer der Gründe, warum die Rasse der Mausbiber tief unter der Wüste wohnte.

Das Leben war eintönig und ohne Hoffnung, aber die Mausbiber waren mit ihrem Dasein zufrieden. Solange es die spärliche Vegetation gab und man genügend zu fressen hatte, kannte man keine Sorgen.

Keiner – bis auf diesen hier, der unter seinen Artgenossen zweifellos eine Sonderstellung einnahm weil er – im Gegensatz zu den anderen – bei Einbruch der Dunkelheit seine Intelligenz nicht verlor, sondern beibehielt.

Er hatte aber keinen Namen und war nur einer von vielen Tausenden, die in diesem Teil der einsamen Welt lebten, die niemand kannte. In der Dämmerung äste er mit den anderen, um sich dann unter die Erde zurückzuziehen und zu schlafen. Wenn die Sonne aufging, wurde wieder gefressen und wieder geschlafen. Das Leben kannte keine Abwechslung, keine Aufregungen.

Bis die Fremden gekommen waren.

In einer unvorstellbar großen Kugel waren sie vom Himmel herabgestiegen und in der Wüste gelandet. Sie hatten etwas gesucht, und als sie es gefunden hatten, wollten sie wieder davonfliegen.

Aber sie hatten auch etwas in diese Welt gebracht, das die Mausbiber unbewusst herbeigesehnt hatten: Abwechslung und Spiel.

Besonders ›er‹ hatte das gespürt.

Mit einem Schauer der Glückseligkeit entsann sich der kleine Mausbiber der aufregenden Abenteuer und Spiele, die er bestanden hatte. Die Fremden – merkwürdige, aufrechtgehende Geschöpfe mit Armen und Beinen – hatten unzählige Geräte und Maschinen bei sich gehabt, mit denen man so wunderbar spielen konnte. Die Fremden hatten es nicht gern gesehen und sich sogar gefürchtet. Warum eigentlich? Warum war es ihnen unheimlich, wenn die Mausbiber die schweren Raupenwagen im Kreis herumlaufen ließen und die interessanten Bordwaffen in Tätigkeit setzten. Waren sie nicht dazu da?

Der Mausbiber duckte sich tiefer in die flache Senke. Nicht weit vor ihm lagerte die riesige Kugel. Die Zweibeiner liefen geschäftig hin und her und verluden ihre Maschinen in den unergründlichen Leib ihres Schiffes. Ja, sie wollten diese Welt verlassen, das stand fest. Aber der Mausbiber wollte nicht, dass sie gingen. Es würde wieder einsam und langweilig hier werden. Es machte keinen Spaß, nur mit Felsbrocken und Sand zu spielen. Sicher, man konnte einen Freund in die Luft steigen und dann wieder fallen lassen, aber auf die Dauer wurde auch das uninteressant. Wozu aber konnte man Dinge bewegen, ohne sie anzufassen, wenn es keine Dinge auf der Welt gab?

Die letzten Kisten wurden zugemacht. Der Mausbiber betrachtete die Zweibeiner mit schiefgehaltenem Kopf und überlegte, ob sie ihn wohl mitnehmen würden, wenn er sie fragte. Aber – wie sollte er sie fragen? Sie würden ihn nicht verstehen. Vielleicht hatten sie sogar Angst vor ihm.

Wenn er weiter mit ihnen spielen wollte, musste er versuchen, in das große Schiff hineinzugelangen. Er musste mit ihnen gehen und seine eigene Welt verlassen. Aber wie?

Die Kisten!

Eine von ihnen war nicht sehr weit von dem Mausbiber entfernt. Der Deckel stand noch daneben, er musste nur noch aufgelegt werden. Die Magnetklammern würden automatisch einschnappen. Keine Zweibeiner waren in unmittelbarer Nähe.

Der Mausbiber überlegte nicht lange. Er handelte instinktiv und halb im Unterbewusstsein. Er wollte spielen, mehr nicht. Dazu musste er mit den Fremden gehen. Das aber war nur möglich, wenn er mit der Kiste ins Schiff gelangte. Also war die Kiste sein Ziel.

Er erhob sich nicht auf die Hinterbeine, wie es für gewöhnlich seine Art war, sondern kroch auf allen vieren aus der flachen Senke. Mit dem breiten Schwanz verwischte er seine Spur.

Das Tier – war es wirklich ein Tier, nur weil es nicht wie ein Mensch aussah? – erreichte die Kiste, sah sich vorsichtig nach allen Seiten um und war dann blitzschnell in ihr verschwunden.

Der Mausbiber hatte Glück. Es war eine der Proviantkisten der Raumexpedition. Ein Teil der Vorräte war inzwischen verbraucht worden, und so fand er Platz genug, seinen kleinen Körper in ihr unterzubringen. Der Rest war einfach.

Zwar wunderte sich einer der Zweibeiner, der in einiger Entfernung mit einem anderen stand und sich unterhielt, als der Deckel langsam in die Höhe stieg, unschlüssig verharrte und dann auf die Kiste klappte, aber dann zuckte er mit den Schultern. Man hatte sich an die mehr oder weniger harmlosen telekinetischen Späße der merkwürdigen Einwohner dieses Planeten gewöhnt. Solange sie mit Kistendeckeln spielten, brauchte kein Alarm geschlagen zu werden.

So also gelangte der Mausbiber in das große Schiff, das zwei Stunden später seine Heimatwelt verließ und in das Unbekannte hinausstrebte, von dem er nichts wusste oder ahnte.

Und er sah auch nicht, wie seine Heimat, der einzige Planet einer sterbenden Sonne, zusammenschrumpfte und zu einem schwachen Lichtfleck wurde, der bald in den Tiefen des Alls versank.

Aber er spürte bereits wieder die Langeweile.

In der Kiste war es dunkel und eng. Die Luft war ungewohnt. Der reichliche Sauerstoffgehalt der Schiffsatmosphäre stand im krassen Gegensatz zu der dünnen Luft des Heimatplaneten. Auch war es schrecklich heiß. Die sterbende Sonne hatte nur wenig Wärme gegeben, und die Temperaturen auf dem einsamen Planeten, den die Fremden ›Tramp‹ getauft hatten, sanken nachts bis tief unter den Gefrierpunkt.

Der Mausbiber begann zu schwitzen. Er entfernte den Deckel und kroch aus der Kiste. Im ersten Augenblick fürchtete er sich vor der Größe des Raumes, in dem er sich befand, aber dann sah er, dass Kiste neben Kiste stand. Also ein Lagerraum.

Irgendwo waren Geräusche. Er legte sich platt auf den Boden und kroch auf die Geräusche zu. Eine Tür öffnete er mit spielerischer Leichtigkeit. Behände glitt er durch einen langen Korridor. Unter ihm summte es. Der Metallboden vibrierte. Rechts bog ein Gang ein. Der Mausbiber folgte ihm. Und dann roch es plötzlich.

Ja, es roch. Und zwar sehr merkwürdig. Aber es war auch warm. Dazwischen plötzlich ein kalter Windzug. Ja, das war es! Kühle!

Wieder eine Tür. Zweibeiner standen umher und unterhielten sich in ihrer seltsamen Sprache. Riesige Kessel ruhten auf Sockeln, und die Zweibeiner rührten mit blitzenden Stangen in ihnen herum. Die Hitze war unerträglich.

Der Mausbiber erspähte eine halbgeöffnete Tür. Von dort kam auch der kalte Luftzug. Die Zweibeiner achteten nicht auf ihn. Die Kessel boten genügend Deckung. Mit wenigen Sätzen erreichte er die Tür – und schlüpfte durch den Spalt.

Wohltuende Kälte umfing ihn, und seltsame Gerüche strömten auf ihn ein. Er ließ die Tür hinter sich zugleiten und ›sah‹ sich um. Wie Radarstrahlen sandte er Wellen aus, die reflektiert wurden und ein Bild auf seine empfindliche Netzhaut zauberten.

Er verspürte Hunger und fand eine Frucht. Sie war eiskalt und hart gefroren, aber sie schmeckte wundervoll.

Der Mausbiber begann sich plötzlich sehr heimisch zu fühlen.

Und dann begann er zu ›spielen‹.

 

*

 

Das System der sterbenden Sonne mit dem einen Planeten blieb zurück.

Die gigantische Raumkugel strebte in den interstellaren Raum hinaus und machte sich bereit, den Sprung durch die fünfte Dimension zu wagen.

Die Koordinaten standen fest.

Die Sonne Wega war genau 2400 Lichtjahre entfernt, etwa ebenso weit die Erde mit ihrer Sonne Sol. Eine unvorstellbare Entfernung, aber für das Raumschiff STARDUST kein Problem.

Und auf keinen Fall ein Problem für Perry Rhodan.

Der Kommandant des riesigen Schiffes, das vor vielen Jahrhunderten von den Arkoniden erbaut worden war, saß aktionsbereit in seinem Polstersessel. In seinen stahlgrauen Augen blitzte es entschlossen. Die hagere Figur glich einem gespannten Bogen. Die schlanken, gebräunten Hände lagen auf den Kontrollen.

Das kleine Elektronengehirn hatte die Sprungkoordinaten eingestellt. Auf der Skala stand der Wert: 2401,0734 Lichtjahre. Das Raumschiff würde entmaterialisieren und fast augenblicklich am Rande des Wegasystems wieder auftauchen. Von dort aus würde es dann nicht mehr schwer sein, mit Hilfe der Leuchtkarte, die sie auf Tramp gefunden hatten, ihr Ziel ausfindig zu machen.

Ihr Ziel – ein einsamer, sonnenloser Planet, der unaufhaltsam durch die Unendlichkeit zog, der Ewigkeit entgegen, deren Geheimnis er selbst barg. Denn es war der Planet des ewigen Lebens.

Perry Rhodan wartete noch einige Sekunden.

Er spürte in sich die treibende Unruhe der Erwartung. Zu lange bereits währte nun die Suche nach der Welt des ewigen Lebens. Sie hatten die Spur im Wegasystem entdeckt und waren ihr gefolgt, aber der große Unbekannte hatte es ihnen nicht leicht gemacht. Durch die Jahrtausende hatte er seine Rätsel gelegt, unabhängig von Raum und Zeit. Rhodan und seinen Freunden war es gelungen, alle diese Rätsel zu lösen. Nur das letzte noch nicht.

Der Arkonide Crest stand dicht hinter Rhodan. Seine hohe Gestalt und die langen, weißen Haare machten ihn zu einer respektvollen Persönlichkeit. Rein äußerlich konnte man ihm nicht ansehen, dass seine Rasse der Dekadenz verfallen und somit dem Untergang geweiht war. Und doch beherrschten die Arkoniden 30.000 Lichtjahre von der Erde entfernt ein gewaltiges Sternenreich. Ein Sternenreich allerdings, das langsam und unaufhaltsam zerfiel. Sonnensysteme machten sich selbständig und lösten sich aus dem Verband des Imperiums. Crest war einer der letzten lebenden Nachkommen der herrschenden Dynastie der Arkoniden und auf der Suche nach der Unsterblichkeit auf dem irdischen Mond notgelandet. Perry Rhodan hatte ihn mit seiner ersten bemannten Raumexpedition retten und zur Erde bringen können. Seitdem suchten er und Crest gemeinsam nach dem ›Stein der Weisen‹.

Sie waren nach Tramp gekommen und hatten einen weiteren Hinweis gefunden: eine leuchtende Karte der Milchstraße. Von Wega aus zeigte eine Lichtspur den Weg zum Planeten des ewigen Lebens.

Somit war die endgültige Position bekannt.

Crest seufzte.

»Wollen Sie schon die Transition einleiten, Rhodan? Haben Sie sich das gut überlegt?«

»Die Koordinaten stimmen, und wir haben wenig Zeit.«

Der Arkonide zuckte die Achseln.

»Wir sind noch zu nahe an der roten Sonne; bedenken Sie, dass dieses System nur einen Planeten besitzt. Das täuscht über die Entfernungen hinweg.«

»Zwanzig astronomische Einheiten«, sagte Rhodan und warf einen Blick auf die lange Instrumentenbank. »Das genügt. Setzen Sie sich, Crest. Wir sind soweit.«

Crest blieb stehen. Bei der Transition spielte die Körperlage keine Rolle. Man würde nicht viel spüren. Die eigenen Schwerkraftfelder glichen alles aus.

Perry Rhodan lächelte hart, dann hieb seine Faust auf den Transitionshebel.

Auf den Bildschirmen verschwanden die Sterne, und es wurde dunkel.

Jegliche Materie hörte auf zu existieren – zumindest im Normalraum. Sie glitt hinein in die vierte und dann in die fünfte Dimension, legte unabhängig von Raum und Zeit eine Strecke von 2401,0734 Lichtjahren zurück und begann erneut zu existieren.

2401 Lichtjahre?

In dem Augenblick, da die Transition stattfand, wusste Perry Rhodan, dass etwas schiefgegangen war.

Der übliche Schmerz in den Gliedern war wie immer aufgetreten und wies keinen Unterschied zu den bisher durchgeführten Sprüngen auf. Aber die Augen Rhodans konnten noch sehen. Und sie sahen, wie die Zahl auf der Anzeigetafel der Koordinatenskala einen gewaltigen Satz machte.

Rhodan erkannte eine 3, noch eine 3, und dann kamen noch drei weitere Zahlen. Dann konnte er sie nicht mehr lesen; alles verschwamm vor seinen Augen. Es wurde dunkel.

Perry Rhodan und sein Schiff rasten entmaterialisiert durch das Universum, einem unbekannten und fremden Ziel entgegen.

 

*

 

Die blaue Riesensonne stand flammend und drohend im Raum.

Sie war die Mutter von 38 Planeten, die sie auf unterschiedlichen Bahnen umliefen und denen sie Leben gab. Nicht allen, aber doch sehr vielen. Die inneren Planeten spürten nur ihren Todeshauch, denn sie waren nichts als glutflüssige Anballungen, von bloßer Schwerkraft zusammengehalten. Dann kam die Zone des Lebens. Sie reichte vom 8. bis zum 15. Planeten. Und dann setzten die riesigen Eiswelten dem natürlichen Leben ein Ende. Die äußeren Planeten waren nichts als tödliche Eisgiganten, die in immer weiteren Bahnen einsam und erstarrt um ihre entfernte Sonne zogen, die ihnen nur spärlich Licht gab.

Mitten in der Lebenszone sonnte sich der Planet Tuglan in den wärmenden Strahlen seiner Sonne Laton. Wurde es auf Tuglan Nacht, war der Himmel so voller Sterne, dass man seinen eigenen Schatten sehen konnte. Nie hatte ein Mensch der Erde soviel Sterne am Himmel gesehen, denn Laton stand am Rand des Sternhaufens M 92, im Sternbild des Herkules, mehr als 35.000 Lichtjahre von der Erde entfernt.

Der Planet Tuglan war bewohnt.

Die Forschungskreuzer des arkonidischen Sternenreiches hatten das bereits vor mehr als 6000 Jahren festgestellt und waren sehr schnell bei der Hand gewesen, Tuglan dem Imperium einzuverleiben. Für die Tuglanten begann damit eine Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs und des technischen Fortschritts. Die Raumfahrt wurde entwickelt, und bald war es ihnen möglich, die bewohnbaren Planeten des eigenen Systems zu kolonisieren.

Der Kontakt mit den Arkoniden bewirkte die politische Einigung Tuglans, der von nun an durch den hohen Kommissar Arkons und dem ›Lord von Tuglan‹ regiert wurde.

Aber immer seltener besuchten die Raumschiffe der Arkoniden das ferne Kolonialreich, immer loser wurde der Kontakt zwischen Tuglan und dem fernen Imperium. Nur das Vorhandensein des Hohen Kommissars erinnerte noch daran, dass die Tuglanten die Untertanen eines viel Mächtigeren waren.

Im Grunde genommen aber war der Fall noch weitaus komplizierter. Die Tuglanten nämlich waren – obgleich sie es nicht mehr wussten – Nachkommen der Arkoniden. Vor mehr als zwölftausend Jahren hatten erste Kolonisten von Arkon den Planeten Tuglan entdeckt und besiedelt. Damals bestand das Imperium noch nicht als solches in der späteren Form, und so gab es auch keine Verbindung mehr. Und als die Arkoniden sechstausend Jahre später Tuglan wiederentdeckten, glaubten sie, eine neue Rasse gefunden zu haben.

Die Nachkommen der Arkoniden waren keine Albinos mehr, besaßen statt weißem nun violett schimmerndes Haar und hatten eine rötlichblaue Hautfarbe.

Im Palast des großen Lords in der Hauptstadt Tugla herrschte eine verborgene und fieberhafte Erregung. Nichts drang von dieser Atmosphäre an die Außenwelt, aber die Beamten und Würdenträger des interplanetarischen Reiches der Sonne Laton spürten, dass etwas in der Luft lag. Was das freilich war, wussten sie nicht, wenn viele es auch ahnten.

Der große Lord Alban, ein hochgewachsener Mann mit einem harten Gesicht, nahm seinem jüngeren Bruder Daros gegenüber kein Blatt vor den Mund.

»Lange genug haben wir die Bevormundung dieser dekadenten Arkoniden ertragen müssen. Gibt es einen stichhaltigen Grund dafür, dass wir noch länger als Kolonie ihres Imperiums gelten sollen?«

Der jüngere Mann erfreute sich wesentlich sympathischerer Gesichtszüge. In seinen dunklen Augen lag so etwas wie Schwermut und Weichheit, aber der energische Mund ließ eher das Gegenteil vermuten. Der Mann war schlank und trug die übliche Kleidung der leitenden Beamten.

Er sah den Bruder nachdenklich an.

»Ich weiß, dass du die Tuglanten gern selbständig sehen möchtest und will dir mit einer Gegenfrage antworten; welchen Vorteil versprichst du dir davon, wenn wir uns aus dem Imperium herauslösen und selbständig werden? Gibt es vielleicht dafür einen vernünftigen Grund?«

Alban wischte den Einwand mit einer unwirschen Handbewegung beiseite.

»Welche Vorteile hat es, ein Patriot zu sein, he? Vergiss nicht, das Imperium der Arkoniden ist zum Untergang verurteilt. Viel hören wir ja nicht, aber dem hohen Kommissar ist erst vor wenigen Tagen eine Bemerkung entschlüpft, der ich entnehmen konnte, dass die Arkoniden Schwierigkeiten haben. Viele Rassen denken wie wir.«

»Und – wie denken wir?«, fragte Daros gespannt.

»Wir wollen frei sein!«, sagte Alban pathetisch. »Frei von Arkon! So soll unsere Losung heißen.«