Der Weg zum Erfolg führt über ein gutes Gedächtnis!

Heutzutage – im sogenannten Computer- und Handyzeitalter – sind wir vom Wissen der Welt nur einen einzigen Mausklick entfernt. Via Internet können wir binnen weniger Sekunden jede beliebige Information recherchieren. Doch diese scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten haben auch ihre Schattenseite: Die meisten Menschen vernachlässigen ihr eigenes Gehirn; die allgegenwärtige Informationsflut macht kontinuierliches Gedächtnistraining scheinbar überflüssig. Dieses „Phänomen“ wird nicht zuletzt mit den Ergebnissen der PISA-Studie greifbar. Auch in abendlichen Quizshows am heimischen Fernseher lässt sich diese Entwicklung regelmäßig beobachten.

Die Gründe für abnehmende Gedächtnisleistungen sind vielfältig: Zum einen werden in Schule, Studium und beruflicher Weiterbildung keine Lerntechniken trainiert. Zum anderen erfolgt die Wissensvermittlung von Fachkompetenzen meistens punktuell. Der langfristige Lernerfolg ist damit häufig nur sehr gering. Dabei ist fundiertes Knowhow heute wichtiger denn je: In Verhandlungen bildet Fachwissen oftmals die Basis für vertrauensvolle Geschäftsbeziehungen; gute Verträge kommen hingegen meist erst hinterher, im Rahmenprogramm, zustande.

Das vorliegende Buch hilft Ihnen, Ihr eigenes Wissen künftig immer ad hoc – also quasi auf Knopfdruck – abzurufen und den Lernstoff leichter zu bewältigen. Möglich ist das mit den Methoden der Gedächtniskunst. Sie helfen Ihnen, wesentliche Informationen richtig zu erkennen und so aufzuarbeiten, dass Sie sich das Wissen auf Dauer merken können – auch ohne Notizzettelchen oder schriftliche Gedankenstützen. Schon nach wenigen praktischen Übungen werden Sie kaum noch etwas vergessen und stellen fest, dass Sie Ihr Gehirn genauso trainieren können, wie einen einzelnen Muskel.

Das intensive Training anhand zahlreicher Beispiele aus der Allgemeinbildung spornt Ihr Gedächtnis zu Höchstleistungen an. Quasi als Nebeneffekt erlernen Sie zudem viel Wissenswertes aus den Themenbereichen Erdkunde, Geschichte, Naturwissenschaften, Kunst und Kultur, Lifestyle und Sport – Wissen, mit dem Sie beim Small Talk glänzen können. Dies alles kommt Ihnen übrigens nicht nur im Job zugute. Auch für das private Umfeld erlangen Sie mit einer ausgeprägten Allgemeinbildung wichtige Sympathiepunkte.

Mein Tipp: Lesen Sie das Buch Schritt für Schritt. Den größten Erfolg erzielen Sie nämlich dann, wenn Sie die Übungen konsequent ausprobieren und in der Praxis anwenden. Dabei kommt es nicht darauf an, die Techniken der Gedächtniskunst auswendig zu lernen, sondern regelmäßig anzuwenden – Üben macht ja bekanntlich den Meister. Ein Autofahrer, der nach seiner Prüfung kaum Fahrpraxis erlangt, wird es auf Dauer immer schwerer haben, sich im Straßenverkehr zurechtzufinden.

Viel Spaß!

Jens der Denker

Die Basis der Gedächtniskunst

Die Basis der Gedächtniskunst, der sogenannten Mnemotechnik, ist das gedankliche Verknüpfen – das Assoziieren – von Bekanntem mit Unbekanntem, und zwar mit viel Fantasie.

Mnemotechnik

Mnemotechnik bedeutet „Gedächtnis; Erinnerung“ und ist ein Kunstwort, das seit dem 19. Jahrhundert für ars memoriae und ars reminiscentiae („Gedächtniskunst“) verwendet wird. Die ars memoriae und ars reminiscentiae geht auf Simonides von Keos (ca. 477 v. Chr.) zurück.

Thomas von Aquin (1225-1275) überlieferte die Gedächtniskunst aus der Antike in die Moderne. Ein weiterer Meilenstein der Gedächtniskunst war das 1709 erschienene „Collegium Mnemonicum“ von Johann Heinrich Döbel. Für den endgültigen Durchbruch der Mnemotechniken sorgte letztendlich Aimé Paris (1798-1866), der das in diesem Buch ausführlich behandelte Majorsystem entwickelte.

Die Mnemotechnik entwickelt Merkhilfen, zum Beispiel in Form von Reimen, Schemata oder Grafiken. Neben kleineren Eselsbrücken gehören zu den Mnemotechniken aber auch komplexe Systeme, mit deren Hilfe man sich ganze Bücher oder Listen mit Tausenden von Wörtern und tausendstelligen Zahlen zu eigen machen kann. Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, Bekanntes und Unbekanntes mit viel Fantasie zu verbinden.

Schon das Gehirn eines Säuglings nutzt die Mnemotechnik: Es vergleicht das Lautmuster eines neuen Begriffs automatisch mit seinem bestehenden Wortschatz. Das bewusste gedankliche Verknüpfen ist folglich eine natürliche Lernmethode und wird „Assoziationstechnik“ genannt.

Ein erster Schritt, eine bewusste gedankliche Verknüpfung herzustellen, liegt in der Fähigkeit, beide Gehirnhälften gleichzeitig anzusprechen.

Assoziieren mit beiden Gehirnhälften

Das menschliche Gehirn besteht aus zwei Hälften. Die linke Hälfte ist der Sitz der Sprache, der Vernunft sowie des rationalen und logischen Denkens. Ähnlich wie in der Mathematik geht die linke Gehirnhälfte ein Problem Schritt für Schritt an. In ihr werden die Wörter sowie die Logik gebildet. Aber auch analytische und mathematische Prozesse finden in der linken Gehirnhälfte statt. Darüber hinaus ist sie für abstrakte Begriffe zuständig, die wir uns nicht bildlich vorstellen können.

Die rechte Gehirnhälfte steuert hingegen die Intuition, die Kreativität sowie die Gefühlswelt. Aktiviert wird sie durch unsere Sinne. Bilder, Symbole, Melodien und Gerüche spielen hier eine große Rolle.

Linke und rechte Gehirnhälfte

Ein Auto können wir uns bildlich vorstellen, ein Begriff wie „Bruttosozialprodukt“ muss hingegen sprachlich vermittelt werden. Die rechte Gehirnhälfte kann sich ein Auto im Ganzen vorstellen, muss also nicht Schritt für Schritt das Bild zusammensetzen. Mehr noch: Alle Sinneseindrücke, die wir mit dem Auto in Verbindung bringen – zum Beispiel Motorengeräusche oder Benzingeruch – fügt die rechte Gehirnhälfte mit in das Gesamtbild ein.

Die rationale Zuordnung, dass das Auto ein Verkehrsmittel ist oder dass es mehrere Autohersteller gibt, ist wiederum Aufgabe der linken Gehirnhälfte.

Obwohl die rechte Gehirnhälfte für die bildliche Wahrnehmung von unschätzbarem Wert ist, beginnt bereits mit der Einschulung ihre systematische Zerstörung. Während Kinder im Kindergarten noch basteln oder malen und so ihre rechte Gehirnhälfte trainieren, treten bereits in der ersten Klassen abstrakte Buchstaben und Zahlen an die Stelle von realen Bauklötzen und Bastelbögen.

Mit jedem Schuljahr nimmt die einseitige Konzentration auf die linke Gehirnhälfte zu. Die Funktion der rechten Gehirnhälfte tritt damit mehr und mehr in den Hintergrund – mit fatalen Folgen! Denn was wäre ein Bildhauer ohne bildliches Vorstellungsvermögen? Er könnte lediglich formulieren, wie er den Stein behauen möchte, aber nicht, was dabei herauskäme. Gleiches gilt für einen Schriftsteller: Er könnte zwar Satz für Satz ein Buch schreiben, die anschaulichen Details einer Landschaft oder die Facetten menschlicher Emotionen würden jedoch gänzlich fehlen.

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Versuchen Sie möglichst oft, sich abstrakte Wörter bildhaft und mit allen Sinnen vorzustellen.

Hand aufs Herz: Wie viele auswendig gelernte Gedichte aus Ihrer Schulzeit können Sie noch aufsagen? Und wie sieht es im Vergleich dazu mit Kinderliedern aus? Allein die Melodie hat Ihre rechte Gehirnhälfte aktiviert und verhilft Ihnen dazu, dass Sie sie auch noch nach Jahrzehnten aus dem Stegreif singen können.

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Lernen Sie mal wieder ein Gedicht auswendig. Singen Sie öfter ein Lied.

Sie glauben nicht, dass auch bei Ihnen eine Vereinseitigung zur linken Gehirnhälfte besteht? Dann testen Sie sich selbst und spielen Sie einmal gegen ein Kind Memory! Sie werden feststellen, dass Sie kaum eine Siegchance haben. Aber keine Sorge: Das Gehirn – das fruchtbare Zusammenspiel beider Gehirnhälften – ist trainierbar, und zwar in jedem Alter.

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Spielen Sie mal wieder Memory. Lösen Sie täglich Sudokus, Ken Kens oder ähnliche Rätsel.

Stellen Sie sich Ihr Gehirn als Muskel vor: Je öfter Sie es trainieren, desto leistungsfähiger wird es. Dabei verfügt Ihr Gedächtnis sogar über einen entscheidenden Vorteil. Es kann nicht übersäuern und ist quasi unbegrenzt leistungsfähig.

Sie können Ihr Gehirn auch mit einer unberührten Schneefläche vergleichen. Wenn Sie diese zum ersten Mal betreten, werden Sie den Weg durch den Tiefschnee als mühselig empfinden. Beim zweiten Gang durch dieselbe Winterlandschaft wird es schon einfacher: Sie können bereits erste Spuren nutzen, die Ihnen das Vorankommen erleichtern. Haben Sie den Weg schließlich mehrfach benutzt, ist er so ausgetreten, dass Sie die Schneefläche sogar rennend überqueren können.

Übung: „Wege im Gehirn“ bilden

Trainieren Sie Ihr Gehirn bei jeder Autobahnfahrt. Lernen Sie zum Beispiel Autonummernschilder auswendig.

Also: Benutzen Sie Ihr Gehirn. Der „Gebrauch“ wird von Mal zu Mal leichter; Ihre Merkfähigkeit steigt.

Auf den Punkt gebracht

Die vier Regeln der Assoziation

Eine Assoziation ist eine gedankliche Verknüpfung, die unterschiedlich stark ausgeprägt sein kann und hilft, auch abstrakte Begriffe, Zahlen und Namen zu verinnerlichen. Wenn Sie die nachfolgenden vier Regeln der Assoziation berücksichtigen und auf die Kreation Ihrer gedanklichen Bilder anwenden, können Sie (fast) nichts mehr vergessen.

Aber keine Angst: Um solche Verbindungen herzustellen, müssen Sie sich nichts Neues ausdenken. Sie haben alle Assoziationen bereits in Ihrem Gedächtnis gespeichert – Sie müssen sich diese Bilder nur bewusst machen. Dazu ein Beispiel: Sie begegnen im Urlaub einem Tier, das Sie noch nie zuvor gesehen haben. In dieser Situation stellen Sie ganz automatisch eine Gedankenverbindung zu anderen, Ihnen bereits bekannten Lebewesen her. Auf diese Weise können Sie sofort einschätzen, ob es sich zum Beispiel um einen Vogel oder eher um eine Affenart handelt.

Bei Assoziationen unterscheidet man zwischen vier verschiedenen Gedankenverbindungen:

  1. Eigene Erlebnisse: Ereignisse, an denen Sie gefühlsmäßig sehr stark beteiligt waren, fallen Ihnen immer wieder ein. An einen gewonnenen Pokal, an eine schöne Hochzeitsfeier, aber auch an einen Trauerfall oder einen Unfall denken Sie häufiger als an ein alltägliches Abendessen in der vergangenen Woche. Sobald Sie eine Situation selbst erlebt haben und emotional davon betroffen waren, bleibt diese stärker in Ihrer Erinnerung als andere Vorkommnisse.
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    Setzen Sie einen zu lernenden Aspekt in Zusammenhang mit einem persönlichen Erlebnis.

  2. Reale Gegenstände: Begriffe, die Sie mit eigenen Augen sehen, können Sie sich eher vorstellen als abstrakte Termini.

    Eis – eisig

    Das Wort „eisig“ ist nicht sichtbar und gerät daher schnell in Vergessenheit. Wenn Sie das Adjektiv hingegen mit dem Begriff „Eis“ in Verbindung bringen, schaffen Sie eine gedankliche Brücke – und Ihnen fallen auch andere Assoziationen aus Ihrer Erinnerung ein: kalt, weiß usw.

  3. Ungewöhnliche Dinge: Je ungewöhnlicher ein Gegenstand ist, desto eher bleibt er Ihnen im Gedächtnis. Tomaten im Garten sind nichts Besonderes. Wenn das Gemüse aber plötzlich gestreift wäre und über ein Kilo gewogen hätte, könnten Sie sich bestimmt jederzeit an die Fundstelle oder das Erntejahr erinnern.
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    Besonders ungewöhnliche Erlebnisse, Situationen und Objekte erzeugen eine sehr starke gedankliche Verbindung und bleiben lange Zeit im Gedächtnis präsent.

  4. Wiederkehrende Muster: Wenn Sie die Ziffern 2, 4, 6 und 8 sehen, wissen Sie sofort, dass die 10 folgen wird. Dieses System funktioniert aber nicht nur bei Zahlen. Bei vielen Ereignissen ist es möglich, sie in eine bestimmte Reihenfolge, in ein bestimmtes Muster zu bringen. So können Sie sich die einzelnen Vorgänge bzw. Details viel leichter merken als ohne Muster. Greifbar wird diese Technik zum Beispiel an den Monaten eines Jahres. Würden die Begriffe „April“, „August“, „Januar“, „November“ usw. ungeordnet und scheinbar zusammenhanglos nebeneinanderstehen, würden Sie sie vermutlich schnell wieder vergessen. In der bekannten Reihenfolge von Januar bis Dezember ist das Merken aber ein Kinderspiel. Sie wissen ganz automatisch, dass nach dem Februar der März folgen muss.
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Erfinden Sie keine neuen Muster, sondern greifen Sie auf bereits bestehende Reihenfolgen zurück.

Mit der folgenden Übung trainieren Sie die Regeln der Assoziation. Machen Sie sich intensiv mit den verschiedenen Methoden vertraut, sie sind die Grundlagen der Gedächtniskunst und kommen in allen folgenden Kapiteln zum Tragen.