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Kurz vorab

Liebe Leserin, lieber Leser,

 

wie schön, dass du dich für diesen booksnack entschieden hast! Wir möchten dich auch gar nicht lange aufhalten, denn sicher hibbelst du der folgenden Kurzgeschichte schon voller Freude entgegen.

Vorab möchten wir aber ganz kurz die wichtigsten Merkmale einer Kurzgeschichte in Erinnerung rufen:

  1. Der Name ist Programm: Alle Kurzgeschichten haben ein gemeinsames Hauptmerkmal. Sie sind kurz.
  2. Kurz und knapp sind auch die Handlung und die erzählte Zeit (Zeitsprünge sind eher selten).
  3. Ganz nach dem Motto »Einleitungen werden total überbewertet« fallen Kurzgeschichten meist sofort mit der Tür ins Haus.
  4. Das zweite Motto lautet »Wer braucht schon ein Happy End?« Also bereite dich auf einen offenen Schluss und/oder eine Pointe am Ende der Geschichte vor. Das Geheimnis dahinter: Kurzgeschichten sollen dich zum Nachdenken anregen.
  5. Versuch deine Neugier zu zügeln, denn auch für die Beschreibung der Charaktere und Handlungsorte gilt »in der Kürze liegt die Würze«.
  6. Die Aussage des Textes ist nicht auf den ersten Blick ersichtlich. Hier bist DU gefragt, um zwischen den Zeilen zu lesen und deine persönliche Botschaft aus der Geschichte zu ziehen.

Jetzt bist du gewappnet für unseren literarischen Snack. Und findest du nicht auch, dass man diesen gleich noch mehr genießen kann, wenn man weiß was drin ist?

 

Viel Spaß beim Booksnacken wünscht dir

Dein booksnack-Team

booksnacks

Über dieses E-Book

Auf dem Dresdener Striezelmarkt wartet die junge Christine auf ihren Freund Frank. Als sie in ein Gerangel von alkoholisierten Jugendliche gerät, wird sie zwischen die Räder der „Raupe“ gestoßen – ihr muss das Bein abgenommen werden. Nach Jahren beginnt Christine das verdrängte Unglück zu hinterfragen. Sie will wissen, wer sie einst gestoßen hat. Dabei kommt sie auf eine Spur, die so ungeheuerlich ist, dass sie es kaum glauben mag ...

Impressum

booksnacks

Erstausgabe Dezember 2016

Copyright © 2021 booksnacks, ein Imprint der dp DIGITAL PUBLISHERS GmbH
Made in Stuttgart with ♥
Alle Rechte vorbehalten

E-Book-ISBN: 978-3-96087-105-7

Covergestaltung: dp DIGITAL PUBLISHERS GmbH
Özer Grafik Design, Ruth Papacek
unter Verwendung eines Motivs von
fotolia.com: ©Sean Gladwell
Korrektorat: Daniela Pusch

Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Sämtliche Personen und Ereignisse dieses Werks sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen, ob lebend oder tot, wären rein zufällig.

Abhängig vom verwendeten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

Unser booksnacks-Verlagsprogramm findest du hier

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Glühweinduft mischte sich mit dem der Krapfen und der gebrannten Mandeln, an den Ständen wurden die traditionellen Striezel auf dem Dresdener Altmarkt angeboten. Japaner fotografierten in der Nussknackergasse, eine Drehorgel spielte, frierende Kinder aßen Zuckerwatte, und das kurzfristige Blau des Himmels versank in der Dämmerung alljährlicher Idylle.

Die Kreuzkirche lud zur Striezelmarktmusik ein. Danach würde der Lichterengel kommen. Unzählige rote und gelbe Glühbirnen machten Gesichter warm, und niemand sah heute kalt, bedrohlich oder irgendwie böse aus.

***

Christine Lehmann war neugierig. Auf den Striezelmarkt, das Leben und überhaupt. Mit sechzehn hatte sie genügend Gründe dafür. Sie freute sich auf Frank, der am Karussell auf sie warten würde. Sie schlenderte durch die Engelgasse, winkte Henrike zu, die verliebt grinsend auftauchte und wieder im Menschenmeer versank. Christine lachte geschmeichelt, als ihr ein Unbekannter eine Papierrose überreichte. ›Stille Nacht, heilige Nacht‹, sang ein Chor mit ernstblickenden Kindern neben dem Weihnachtsbaum.

 

Vor der ›Raupe‹, nostalgisches Lieblingskarussell in diesem Winter, blieb sie stehen. Wie eingepferchte Hengste standen junge Männer dort, starrten auf jedes einigermaßen attraktive Mädchen, pfiffen und sparten nicht mit Bemerkungen über Größe und Zustand ihrer unter dicken Jacken versteckten Brüste, gafften hungrig in alle Wagen, die bei jeder Umdrehung schneller fuhren. Einige sprangen mit absurden Verrenkungen im letzten Moment auf, ehe das Verdeck sich über sie und die Mädchen senkte.

 

Christine roch Schweiß und Energie, nahm rudernde Arme und muskulöse Schenkel wahr, wollte zum Kassenhäuschen, und versuchte, den Körpern auszuweichen. Da hinten musste Frank sein. So war es verabredet. Sie konnte sich nicht umdrehen, obwohl sie es versuchte, ihr Vor und Zurück wurde ein Schubsen und Tatschen. Wie ein Spielzeug flog sie von Hand zu Hand. Arme waren Tentakel, an ihr klebten tausend Finger. Schreie steckten in der Kehle, Christines zittriges: »Hilfe, helft mir doch!« animierte. Elvis Presleys: ›I want you, I need you, I love you‹, kroch in die Ohren und zwischen die Beine. Superoldies gehörten wie das tannengrüne Faltverdeck zum Karussell.

***

Mit schrillem Ton brach die Musik ab. Zwischen Blut und Stoff lag eine Papierrose. Letzte Schneeflocken wirbelten im Regen.