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SOZIALREFORMER, MODERNISIERER,
BANKMANAGER

Biografische Skizzen
aus der Geschichte
des Kreditgenossenschaftswesens

Herausgegeben vom Institut für
bankhistorische Forschung e.V., Frankfurt am Main
im Auftrag der DZ BANK AG
Deutsche Zentral-Genossenschaftsbank, Frankfurt am Main

 

 

 

 

 

 

 

C.H.BECK

Zum Buch

Anhand von Porträts ihrer herausragenden Akteure führt dieses Buch in die bis ins 19. Jahrhundert zurückreichende Geschichte der Volks- und Raiffeisenbanken ein, ohne diese auf ihre „Wegbereiter“ Raiffeisen und Schulze-Delitzsch zu reduzieren.

Einem modernen biographischen Ansatz folgend, spannen die Biographien einen weiten, über die Person hinausgehenden Bogen. Sie zeigen, dass die Entwicklung genossenschaftlicher Institutionen, über die weite Bevölkerungskreise Zugang zu Kredit und damit Anteil an wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aufstiegsmöglichkeiten erhielten, auf der Initiative Vieler beruhte und nicht ohne die Kenntnis der rechtlichen, ökonomischen und sozialen Rahmenbedingungen verstanden werden kann. So entfaltet dieser Band eine Gesamtschau der vielfältigen Einflüsse und Impulse, die von den porträtierten Persönlichkeiten ausgingen und zu Wegmarken in der Geschichte der Kreditgenossenschaften wurden.

Über den Herausgeber

Das 1969 gegründete Institut für bankhistorische Forschung e.V. ist eine unabhängige Forschungseinrichtung in Frankfurt am Main. Als Plattform und Impulsgeber einer wissenschaftlich fundierten Finanzgeschichte organisiert es vielbeachtete öffentliche Konferenzen und gibt banken- und finanzhistorische Publikationen heraus.

www.ibf-frankfurt.de

INHALT

Bernd Rudolph
VORWORT

Gerald Braunberger
EINLEITUNG

Rita Aldenhoff-Hübinger
HERMANN SCHULZE-DELITZSCH (1808–1883)

Michael Kopsidis
FRIEDRICH WILHELM RAIFFEISEN (1818–1888)

Harald Wixforth
ALWIN SOERGEL (1815–1875) und EDUARD RUDOLF PARRISIUS (1818–1905)

Dieter Lindenlaub
JOHANNES VON MIQUEL (1828–1901)

Marcel Boldorf
KARL KORTHAUS (1859–1933)

Boris Gehlen
HANS CRÜGER (1859–1927)

Frauke Schlütz
WILHELM HAAS (1839–1913)

Patrick Bormann
CARL HEILIGENSTADT (1860–1920)

Astrid v. Pufendorf
OTTO KLEPPER (1888–1957)

Harald Wixforth
HANS HELFERICH (1891–1945)

Joachim Scholtyseck
ANDREAS HERMES (1878–1964)

Christopher Kopper
GEORG DRAHEIM (1903–1972)

Friederike Sattler
FELIX VIEHOFF (1919–1987)

Stephan Paul
HELMUT GUTHARDT (1934–2001)

Paul Thomes
ULRICH BRIXNER (1941–2009)

Anhang

Schaubilder zur Entwicklung der Genossenschaftsorganisation

Abkürzungsverzeichnis

Anmerkungen

Quellen- und Literaturverzeichnis

1. Unveröffentlichte Quellen

2. Veröffentlichte Quellen und Literatur

Verzeichnis der Personen, Unternehmen und Institutionen

Bildnachweis

Die Autoren

Bernd Rudolph

VORWORT

Dieses Buch wurde im Auftrag der DZ BANK AG verfasst. Es zielt auf eine biografische Annäherung an Persönlichkeiten ab, die die kreditgenossenschaftliche Spitzenorganisation seit ihrem Entstehen im 19. Jahrhundert entscheidend gestaltet und geprägt haben.

Die Idee zu diesem Buch, das in wissenschaftlicher Unabhängigkeit verfasst wurde, entstand im Anschluss an das Werk zur Geschichte einer der heute führenden Großbanken, der DZ BANK AG und ihrer Vorgängerinstitute. In dieser grundlegenden Arbeit standen die Institution und ihre Entwicklung im Vordergrund. Vom Generalverdacht, der lange Zeit auf dem biografischen Ansatz lastete, es gehe darum, Geschichte auf das Handeln ‹großer Männer› zu reduzieren, dürfte dieses Vorhaben somit ausgenommen sein. Absicht des Sammelwerks ist es vielmehr, die in der ‹Geschichte der DZ BANK› vorherrschende Perspektive der Organisation als Ganzes und der ihr innewohnenden Dynamik um die biografische Komponente zu erweitern. Während der Arbeit an dem Buch über die DZ BANK war deutlich geworden, wie stark die Kreditgenossenschaften nicht nur über die Reichweite ihrer Organisation, sondern auch über ihre führenden Akteure mit der großen Politik und ihren Themen verknüpft waren und wie wenig – mit vereinzelten Ausnahmen – über diese Persönlichkeiten bekannt ist.

Im Sinne eines modernen biografischen Ansatzes geht es in diesem Buch darum, Handeln und Äußerungen der betrachteten Personen mit der tatsächlichen Entwicklung der Institution, für die sie tätig waren, zu spiegeln und sie in den Kontext der gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen einzuordnen. Viele der Beiträge dieses Buches sind daher weniger narrativer als analytischer Natur – in der Erwartung, dass auch dem Leser daran gelegen ist, über den biografischen Schlüssel die Entstehung bestimmter institutioneller Strukturen des Genossenschaftssektors nachvollziehen zu können. Diese Strukturen haben ihre Wurzeln zum Teil im 19. Jahrhundert, sind aber auch in der Folgezeit verankert.

Durch den gewählten Ansatz vermag der Band auch zu vergleichsweise bekannten Akteuren Neues zu bieten: Während zu den Galionsfiguren der Genossenschaftsgeschichte Hermann Schulze-Delitzsch, Friedrich Wilhelm Raiffeisen und Wilhelm Haas meist hagiografisch anmutende Erzählungen im Umlauf sind, bietet dieser Band verdichtete und dennoch nuancierte biografische Skizzen auf neuestem wissenschaftlichen Stand. Die Impulse eines der wichtigsten Politiker im Kaiserreich, Johannes von Miquel, zur Gründung und frühen Entwicklung des kreditgenossenschaftlichen Spitzeninstituts werden erstmals differenziert in den Kontext seiner weitreichenden gesellschafts- und agrarpolitischen Aktivitäten eingeordnet. Nicht nur in den Biografien dieser Gründergestalten wird deutlich, wie stark die Geschichte der kreditgenossenschaftlichen Spitzenorganisation mit der politischen Ebene verwoben war. Dies gilt nicht nur für das Kaiserreich, sondern auch, wie der Beitrag zu Otto Klepper zeigt, für die Weimarer Republik und selbst für die frühe Bundesrepublik (siehe den Beitrag zu Andreas Hermes). Bei einer Reihe der hier dargebotenen Biografien handelt es sich um die ersten wissenschaftlichen, quellenbasierten Darstellungen überhaupt, wie zum Beispiel bei den Beiträgen zu Alwin Sörgel und Eduard Rudolf Parrisius, Carl Heiligenstadt, Karl Korthaus und Hans Crüger.

Einige der Autoren standen vor dem Problem einer sehr bruchstückhaften Überlieferung. Auch für die biografischen Skizzen aus der jüngeren Geschichte der Kreditgenossenschaften war die Quellenlage – nicht zuletzt aufgrund der noch geltenden Sperrfristen – eine Herausforderung, wobei immerhin auf Zeitzeugeninterviews zurückgegriffen werden konnte. Vor diesem Hintergrund setzen die biografischen Skizzen unterschiedliche Akzente, rücken zuweilen auch die institutionelle Perspektive stärker in den Vordergrund. Die Heterogenität der Beiträge ist jedoch vom Herausgeber durchaus gewollt, handelt es sich doch bei diesem Buchprojekt nicht in erster Linie um ein biografisches Nachschlagewerk. Dies möge sich der Leser auch im Hinblick auf die hier getroffene Auswahl der Biografien vergegenwärtigen. Folgende Auswahlkriterien wurden zugrunde gelegt: Erstens wurden nur zum Zeitpunkt des Projektstarts verstorbene Persönlichkeiten einbezogen. Zweitens handelt es sich ausschließlich um Personen, die an der Spitze der kreditgenossenschaftlichen Organisation standen. Und schließlich wurden drittens die wichtigsten Entwicklungsetappen der Organisation mit entsprechenden Biografien berücksichtigt. Dass diese Auswahl noch um zahlreiche Biografien zu erweitern wäre, steht außer Frage und lässt Raum für weitere Forschungen, die durch dieses Buch angeregt werden sollen oder – konkret zum Beispiel zur Biografie Theodor Sonnemanns – bereits angestoßen wurden, aber in diesem Band nicht mehr berücksichtigt werden können.

Da es sich um eine erste und begrenzte Auswahl handelt, darf von dieser Biografiensammlung keine Typologie des führenden Genossenschaftsbankers im Wandel der Zeiten erwartet werden, der vom Typus des öffentlich-rechtlichen oder privaten Bankiers beziehungsweise Bankmanagers abzugrenzen wäre. Der Titel des Buches ‹Sozialreformer – Modernisierer – Bankmanager› sollte daher auch nicht als Abfolge verschiedener Typen verstanden werden, wenngleich sich zweifellos mit dem Rückzug des Staats aus dem genossenschaftlichen Spitzeninstitut und dessen Entwicklung zu einer modernen Großbank das Profil seiner führenden Manager wandeln musste. Auch heute ist es im Gefolge der Finanzkrise aber durchaus aktuell, die in vielen dieser Biografien sich manifestierende Verbindung visionären genossenschaftlichen, sozialreformerischen Engagements mit den eigentlichen Managementaufgaben aufzugreifen.

Für die fortgesetzt gute Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber dieses Buches, der DZ BANK AG, ihre große Aufgeschlossenheit gegenüber finanzhistorischer Forschung und wissenschaftliche Neugierde sei an dieser Stelle sehr herzlich gedankt. Die stets wohlwollende Begleitung dieses Projekts durch ihren Vorstandsvorsitzenden Wolfgang Kirsch und den Leiter der Unternehmenskommunikation Martin Roth, flankiert von der fachkundigen Unterstützung durch Michael Stappel und die Mitarbeiter der Bibliothek der DZ BANK, kamen den Autoren, die wissenschaftlich unabhängig arbeiteten, sehr zugute. Ihnen allen gilt unser sehr herzlicher Dank ebenso wie dem Leiter der Stiftung GIZ · Genossenschaftshistorisches Informationszentrum, Dr. Peter Gleber, für die archivalischen Auskünfte. Vor allem aber danke ich den Autoren dieses Buches, die sich für ihre Beiträge auf zuweilen zeitaufwändige Recherchearbeiten eingelassen haben.

Danken möchte ich auch Gerald Braunberger für die Einleitung, die einen Überblick über die einzelnen Biografien bietet. Für das gewohnt zuverlässige Management des Projekts, Lektorat und Redaktion danke ich der Geschäftsführerin des Instituts für bankhistorische Forschung e. V. Hanna Floto-Degener und dem wissenschaftlichen Redakteur Frank Dreisch. Schließlich sei die gute Zusammenarbeit mit dem Verlag C.H.Beck, insbesondere dem Team um Sebastian Ullrich erwähnt, das die Drucklegung geduldig und engagiert begleitet hat.

München, im Juli 2015

Gerald Braunberger

EINLEITUNG

Ein Buch über bedeutende Personen aus der Geschichte des deutschen Genossenschaftswesens kann ein erhebliches historisches Interesse beanspruchen. Es ist gleichzeitig aber auch ein sehr aktuelles Unterfangen. Denn seit dem Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise ist das Bewusstsein für die Solidität und Zuverlässigkeit der genossenschaftlichen Finanzgruppe erheblich gewachsen. Zudem gewinnt in einer Epoche, die durch einen wachsenden Staatseinfluss auf die Wirtschaft gekennzeichnet ist, das Bewusstsein für zentrale genossenschaftliche Werte wie die private wirtschaftliche Tätigkeit und die Hilfe zur Selbsthilfe erheblich an Bedeutung. Das deutsche Genossenschaftswesen hat seit seiner Etablierung vor rund eineinhalb Jahrhunderten nicht wenige politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderungen erlebt, manchmal erlitten, immer aber auch überlebt und sich anzupassen verstanden.

Die wichtigsten Quellen, aus denen die Genossenschaften ihre Kraft beziehen, sind diese grundsätzlichen Werte und Ideen. Aber es kann auch kein Zweifel daran bestehen, dass die führenden Persönlichkeiten des deutschen Genossenschaftswesens einen prägenden Einfluss auf den Gang der Ereignisse nahmen. Der vorliegende Band beschreibt 16 einflussreiche und erinnerungswürdige Persönlichkeiten, angefangen von den überragenden Gründerfiguren Hermann Schulze-Delitzsch und Friedrich Wilhelm Raiffeisen bis hin zu den Schöpfern der modernen genossenschaftlichen Finanzgruppe in der Nachkriegszeit. So unterschiedlich die 16 Personen mit Blick auf ihre Herkunft, ihre Lebensentwürfe und ihr Temperament auch sein mögen, so waren sie alle von einer Leidenschaft getrieben, die Spuren in der Entwicklung des deutschen Genossenschaftswesens hinterlassen hat. Die Beiträge dieses Buches erzählen von Ambitionen, von Hoffnungen, von vorübergehenden wie von nachhaltigen Resultaten harter Arbeit, von Triumphen und, gelegentlich, auch von Tragödien. Angesichts der Brüche in der deutschen Geschichte der vergangenen eineinhalb Jahrhunderte kann auch eine Geschichte des deutschen Genossenschaftswesens und seiner führenden Repräsentanten nicht frei von Brüchen sein. Diese Einleitung reißt die von kundigen Historikern verfassten Porträts an, um den Leser zur ihrer ausführlichen Lektüre zu verführen. Sie kann und will diese Lektüre aber nicht ersetzen.

Am Beginn dieser Geschichte stehen zwei furchtlose, visionäre ebenso wie tatkräftige Männer, die nicht nur den genossenschaftlichen Grundgedanken der wirtschaftlichen Freiheit, des unternehmerischen Handelns und der Hilfe durch Selbsthilfe propagierten, sondern selbst Hand anlegten, indem sie die Gründung von Genossenschaften begleiteten und Institutionen schufen, die der jungen Bewegung Halt gaben. Diese beiden Männer, die um ihrer Überzeugung willen auch schwere Konflikte mit politischen Gegnern nicht scheuten und sogar miteinander rangen, waren Hermann Schulze-Delitzsch (1808–1883) und Friedrich Wilhelm Raiffeisen (1818–1888). Ihre Namen haben ihre Lebenszeit überdauert und schmücken noch heute viele Straßen, Plätze und Schulen. Ihre Gedanken prägen das deutsche Genossenschaftswesen noch heute.

Der junge Hermann Schulze aus der nördlich Leipzigs gelegenen Kreisstadt Delitzsch hatte eigentlich andere Pläne. «Vom Richter zum Revolutionär» überschreibt Rita Aldenhoff-Hübinger in ihrem einfühlsamen Porträt das Kapitel über die frühen Jahre des Sachsen, der nach dem Jurastudium in Leipzig und Halle-Wittenberg dem Vater folgte und eine Laufbahn als Richter in seiner Heimatstadt einschlug. Ein beschauliches Leben schien Schulze vorbestimmt, bis auch ihn die revolutionäre Welle des Jahres 1848 ergriff und ihn die Bürger des Kreises Delitzsch in die Nationalversammlung nach Berlin entsandten. Seitdem nannte er sich Schulze-Delitzsch und sein Einsatz galt politischen und sozialen Reformen, aber seine politische Karriere fand ein rasches Ende, als die Monarchie ihre alte Macht wiedererlangte und gegen die Reformer vorging. Schulze-Delitzsch musste nicht, wie manche andere Befürworter einer Demokratisierung, das Land verlassen. Aber er verlor seine Richterstelle in seiner Heimatstadt und wurde stattdessen als Hilfsrichter in die Provinz Posen versetzt. Als man ihm dort das Gehalt kürzte und ihm gelegentliche Aufenthalte in Delitzsch erschwerte, hatte der Sachse die Botschaft verstanden. Er suchte eine neue Herausforderung als Begründer, juristischer Berater und Publizist des in Entstehung befindlichen Genossenschaftswesens. Schon in den Jahren 1849/50 half er bei der Gründung erster Genossenschaften in Delitzsch, deren Prinzipien und Organisationsstatuten er in Schriften beschrieb, die sich weit über seine sächsische Heimat hinaus verbreiteten.

Der Genossenschaftsgedanke lag damals sozusagen in der Luft. Die industrielle Revolution sorgte für einen erheblichen Veränderungsdruck in Wirtschaft, Staat und Gesellschaft. Im Zuge von Liberalisierungen waren die Leibeigenschaft der Bauern und das Zunftwesen verschwunden; viele Menschen hatten dadurch Freiheit gewonnen, aber auch ihre soziale und wirtschaftliche Verankerung verloren. Gleichzeitig schuf die Industrialisierung mit ihren Fabriken eine nicht selten in elenden Verhältnissen lebende Arbeiterschaft, die von revolutionären sozialistischen Denkern zur Revolution aufgerufen wurde. Die Bevölkerung nahm stark zu, die Städte wuchsen, viele Menschen befanden sich auf der Suche nach Halt und Orientierung. Rastlosigkeit war ein Kennzeichen dieser Wirtschafts- und Gesellschaftsform, die der deutsche Ökonom und Soziologe Werner Sombart ein paar Jahrzehnte später als Kapitalismus bezeichnete.

Schulze-Delitzsch erwies sich in dieser turbulenten Zeit als ein Mann von Maß und Mitte, als «Vertreter des mittelständischen Liberalismus, der die Entstehung einer sozial abgeschotteten bürgerlichen Klassengesellschaft ablehnte und stattdessen das Modell einer für alle Schichten offenen Bürgergesellschaft: mittlerer Existenzen favorisierte» (Aldenhoff-Hübinger). Der Sachse führte ebenso Kontroversen mit dem linken Arbeiterführer Ferdinand Lasalle, dessen Sozialismus er entschieden ablehnte, wie mit den preußischen Nationalliberalen um Otto von Bismarck, die ihm zu konservativ waren. Die Genossenschaft bildete für Schulze-Delitzsch eine Organisationsform, in der Menschen zum allseitigen Nutzen zusammenarbeiten konnten in Unabhängigkeit vom Staat und von großen Unternehmen und unbedrängt von sozialistischer Revolutionsrhetorik. «Damit ist sowohl dem Mammonismus wie dem Pauperismus eine Grenze gezogen, diesen unseligen Auswüchsen unsrer Industrie, in denen wir zwei gleich feindliche Mächte wahrer Kultur erblicken», schrieb Schulze-Delitzsch.

Bis zum Jahre 1859 entstanden in Deutschland und Österreich rund 300 Genossenschaften, überwiegend Kreditvereine, die Vorläufer der heutigen Volksbanken. Mitglieder dieser Genossenschaften waren überwiegend Handwerker und andere Gewerbetreibende. Schulze-Delitzschs Hoffnungen auf eine Einbindung der Arbeiterschaft erfüllten sich nicht und die Landwirtschaft ging, wie wir noch sehen werden, einen anderen Weg. Unter Führung Schulze-Delitzschs entstanden die ersten Verbände der neuen Genossenschaften, darunter der von ihm geleitete Allgemeine Verband der auf Selbsthilfe beruhenden deutschen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften. Aber noch fehlte eine gesetzliche Grundlage, die den Genossenschaften Rechtssicherheit und Unabhängigkeit von staatlicher Willkür sicherte. Abhilfe schuf das wesentlich von Schulze-Delitzsch beeinflusste Genossenschaftsgesetz, das der Preußische Landtag im Jahre 1867 verabschiedete; ab 1873 war es in ganz Deutschland gültig. Schulze-Delitzsch hatte einige Jahre zuvor die Gelegenheit genutzt, sich wieder politisch zu betätigen. Er war nach Potsdam gezogen, engagierte sich in der Deutschen Fortschrittspartei und wurde Mitglied erst im preußischen Parlament und später im Reichstag.

Schulze-Delitzsch hatte von Beginn an für eine dezentrale Organisation des Genossenschaftswesens gekämpft. An ihrer Basis stand die lokale Genossenschaft, deren Mitglieder sich kannten und daher füreinander einstehen konnten. Einen zentralistischen Überbau, der in das Leben der lokalen Genossenschaften hineinregierte und deren Mitglieder für finanzielle Fehltritte einer Zentrale haftbar machte, lehnte Schulze-Delitzsch entschieden ab. Mit der Entstehung zahlreicher weiterer Kreditgenossenschaften in den Sechzigerjahren des 19. Jahrhunderts stellte sich gleichwohl aus betriebswirtschaftlicher Sicht die Frage nach regionalen oder gar nationalen Zentralkassen. Manche lokale Kreditgenossenschaften wiesen Zahlungsüberschüsse aus, weil die von ihnen verwalteten Ersparnisse die vergebenen Kredite übertrafen; andere Kreditgenossenschaften besaßen einen Bedarf an Zahlungsmitteln. Schulze-Delitzsch erkannte die Notwendigkeit, hier Abhilfe zu schaffen und so entstand im Jahre 1864 die Deutsche Genossenschaftsbank von Soergel, Parrisius und Co. KG auf Actien, kurz ‹Soergelbank› genannt. Ihre beiden Gesellschafter Alwin Soergel und Eduard Rudolf Parrisius hafteten persönlich, aber die Haftung der an der Bank beteiligten Kreditgenossenschaften beschränkte sich auf die Summe der gezeichneten Aktien.

Als Hermann Schulze-Delitzsch am 29. April 1883 im Alter von 75 Jahren starb, begleiteten mehr als 10.000 Trauergäste den Sarg auf seinem Weg zum Friedhof. Er hatte für das deutsche Genossenschaftswesen Unermessliches geleistet und ein wuchtiges Fundament hinterlassen, auf dem sich aufbauen ließ. Noch Jahrzehnte später wurde auf Genossenschaftstagen ein vom Namensgeber stammender ‹Schulze-Delitzsch-Humpen› mit Rheinwein gefüllt und unter den Teilnehmern herumgereicht. Freilich, auf dem Lande hatte Schulze-Delitzsch zu seinen Lebzeiten nur wenig Wirkung hinterlassen: Um der Geschichte der ländlichen Genossenschaften auf die Spur zu kommen, ist es notwendig, sich auf eine Reise in den Westerwald zu begeben.

Friedrich Wilhelm Raiffeisen wurde 1818 in dem Dorf Hamm im Westerwald in eine kinderreiche Familie geboren. Als junger Mann trat er zunächst für mehrere Jahre in das Militär ein, aber ihm stand nicht der Sinn nach einer Karriere als Offizier; vielmehr entschied er sich für eine Karriere in der Verwaltung, die ihn in das Bürgermeisteramt mehrerer Gemeinden in seiner Heimatregion führte. Michael Kopsidis schildert Raiffeisen als einen durch einen «Dualismus von höchstem religiösen Idealismus und nüchternem Wirklichkeitssinn» geprägten Mann, der für seine tiefreligiösen Überzeugungen lebte und stritt. Hatte Schulze-Delitzsch den Sozialstaat seinem liberalen Denken und seinen schlechten Erfahrungen mit der preußischen Obrigkeit entsprechend abgelehnt, so bekämpfte Raiffeisen den Sozialstaat, weil nach seiner Ansicht die Armen Anspruch auf Nächstenliebe und Seelsorge, aber nicht auf finanzielle Unterstützung durch den Staat hatten. So gelangten beide Männer mit unterschiedlichem geistigen Rüstzeug zum Prinzip der Hilfe durch Selbsthilfe.

Als Bürgermeister kleiner Orte im Westerwald sah Raiffeisen das Elend vieler Bauern aus der Nähe, aber er war nicht bereit, es als selbstverständlich zu akzeptieren. Vom Westerwald aus war es nicht weit zu den urbanen Zentren am Niederrhein, deren Nachfrage nach Lebensmitteln als Folge einer rasch wachsenden Bevölkerung kräftig zunahm. Hier war ein vielversprechender Absatzmarkt, aber viele Bauern besaßen nicht genügend Geld für Investitionen in eine nachhaltige Viehwirtschaft. Eine gut organisierte Kreditversorgung existierte auf dem Lande nicht, da Kredit häufig nur kurzfristig zu erhalten war, der Aufbau einer nachhaltigen Landwirtschaft aber Zeit erforderte. So schickte sich Raiffeisen an, diese Lücke durch die Gründung von Kreditgenossenschaften – Raiffeisen verwendete den Begriff Darlehenskassenvereine – zu schließen. Im Jahre 1849 gründete er den ‹Flammersfelder Hülfsverein zur Unterstützung unbemittelter Landwirthe›, der in den Jahren 1850 bis 1854 immerhin 507 Kredite über eine Gesamtsumme von 11 735 Talern vergab. Das war Basisarbeit, wie Kopsidis konstatiert: «Bei durchschnittlich 23 Talern pro Kredit, dem Preis für ein Fettschwein im nahen Wetzlar, handelte es sich somit um Mikrokredite.»

Aus den Flammersfelder Erfahrungen leitete Raiffeisen Prinzipien für Kreditgenossenschaften ab, die nur zum Teil mit den Prinzipien Schulze-Delitzschs übereinstimmten. Für Raiffeisen musste der Aktionsradius einer Genossenschaft übersichtlich bleiben. Um eine hohe Kreditwürdigkeit bei Geldgebern zu erlangen, mussten alle Mitglieder einer Kreditgenossenschaft unbeschränkt für die von der Genossenschaft aufgenommenen Mittel haften. Besonders bemerkenswert war die Forderung, dass von der Genossenschaft erzielte Gewinne ausschließlich in einen Reservefonds eingezahlt werden mussten, während das Management der Genossenschaft, von Verwaltungsaufwendungen abgesehen, ehrenamtlich vorgenommen werden sollte. «Ich konnte mich von der Idee nur ungern trennen, dass solche Vereine nicht auf Eigennutz, sondern auf Christenpflicht und Nächstenliebe gegründet werden und fortbestehen müssten», schrieb Raiffeisen. Das Prinzip der Gewinnmaximierung lehnte er rigoros ab, weil es dazu verleite, zu riskante Geschäfte einzugehen. Gewinnorientierte Vergütungen des Managements waren zwar in den gewerblichen Kreditgenossenschaften verbreitet, die sich an den liberalen Prinzipien Schulze-Delitzschs ausrichteten. Raiffeisen lehnte sie entschieden ab.

Raiffeisen geriet aber noch in einer anderen Frage in einen erheblichen Gegensatz zu Schulze-Delitzsch. War der Sachse ein Anhänger des Subsidiaritätsprinzips, das den Kreditgenossenschaften an der Basis ihre Unabhängigkeit beließ und notwendige Zentralkassen in erster Linie als Dienstleister für die Kreditgenossenschaften verstand, so war Raiffeisen ein Zentralist. Aus seiner Sicht bedurfte es Zentralbanken nicht alleine aus betriebswirtschaftlichen Gründen, sondern auch, um durch sie die lokalen Kreditgenossenschaften zur peinlich genauen Einhaltung der Prinzipien Raiffeisens zu verpflichten. Diese Forderung blieb unter den lokalen Instituten jedoch höchst umstritten und führte schließlich zur Spaltung des landwirtschaftlichen Kreditgenossenschaftswesens in zwei konkurrierende Verbände. «Die bis zu seinem Tod hin sich noch verfestigende Starrheit seines an sich schon autoritären Charakters ließ nicht nur langjährige Freundschaften und fruchtbare Arbeitsbeziehungen mit altgedienten Mitarbeitern im Streit enden, sie hatte auch massive Folgen für die ganze Raiffeisenbewegung» (Kopsidis). Im Jahr 1872 entstand mit der Rheinischen landwirtschaftlichen Genossenschaftsbank die erste regionale Zentralkasse, die Raiffeisens zentralistischen Geist atmete. Sie unterschied sich von Schulze-Delitzschs Soergelbank durch eine unbeschränkte Haftpflicht der ihr angeschlossenen Kreditgenossenschaften. Diese Konstruktion verstieß gegen das Genossenschaftsgesetz, und auf Betreiben Schulze-Delitzschs wurde die Rheinische landwirtschaftliche Genossenschaftsbank ebenso wie drei andere zwischenzeitlich von Raiffeisen gegründete regionale Zentralkassen für rechtswidrig erklärt. Daraufhin wurden die vier Regionalkassen im Jahr 1876 in die als Aktiengesellschaft verfasste Landwirtschaftliche Central-Darlehnskasse für Deutschland überführt – und so besaßen auch die ‹Raiffeisenbanken› eine Zentralkasse.

Raiffeisen hatte es weder sich selbst noch anderen leicht gemacht. Wegen seiner schwachen Gesundheit musste er schon als Mittvierziger in den Ruhestand treten, aber auch danach schonte er sich nicht, sondern arbeitete unermüdlich an seiner Genossenschaftsidee weiter. Währenddessen klagten auch wohlmeinende Kritiker über seinen religiösen Fundamentalismus. Darüber darf jedoch nicht vergessen werden, dass auch Raiffeisen eine Erfolgsgeschichte schrieb. In seinem Todesjahr 1888 gehörten dem Dachverband der Raiffeisen’schen Kreditgenossenschaften 423 Institute an. Kopsidis gelangt zu dem Schluss, dass Raiffeisen reüssierte, weil er der Landwirtschaft ein wirtschaftliches Entwicklungsmodell zeigte, dass die ländlichen Siedlungsformen und Lebensweisen festigte und nicht zu überwinden versuchte. Insofern leisteten die ländlichen Kreditgenossenschaften einen wichtigen Beitrag zu einem nachhaltigen Wirtschaftswachstum in häufig eher strukturschwachen Regionen. Während die städtisch-gewerblichen Kreditgenossenschaften Schulze-Delitzschs überwiegend kurz- bis mittelfristige Betriebsmittelkredite vergaben, taten sich die ländlichen Kreditgenossenschaften Raiffeisens in der langfristigen Investitionsfinanzierung hervor.

Was würden die Nachfolger der beiden großen Männer mit dem Erbe Schulze-Delitzschs und Raiffeisens anfangen? Beginnen wir mit den wichtigsten Männern der 1864 in Berlin mit Billigung Schulze-Delitzschs gegründeten Deutschen Genossenschaftsbank von Soergel, Parrisius und Co. KG auf Actien. Als Alwin – eigentlich Albin – Soergel (1815–1875) im Alter von 30 Jahren ein Auswandererschiff in Richtung Vereinigte Staaten von Amerika bestieg, hatte er mit Deutschland abgeschlossen. In Houston (Texas) angekommen, setzte er sich an die Spitze eines Auswanderertrecks und bemühte sich anschließend drei Jahre lang um den Aufbau einer Siedlung. Resigniert kehrte Soergel im Jahre 1848 nach Preußen zurück, wo er sich unversehens in einer Revolution wiederfand, mit deren Zielen er stark sympathisierte. Soergel setzte sich in seiner Heimatstadt Eisleben und in vielen Schriften für Freiheit, Demokratie und eine Verfassung nach amerikanischem Muster ein, musste aber froh sein, dass er nach dem Scheitern der Revolution auf freiem Fuß blieb. Immerhin aber hatte er während dieser wilden Monate Hermann Schulze-Delitzsch kennengelernt, der ihm seine Begeisterung für die Genossenschaftsidee vermitteln konnte. Soergel, dessen Vita im Beitrag von Harald Wixforth erstmals ausführlich geschildert wird, stürzte sich in Theorie und Praxis. In Eisleben gründete und leitete er eine Kreditgenossenschaft, die nach einer Anlaufzeit sehr erfolgreich arbeitete und Soergel den Ruf eines kundigen Bankmanagers bescherte. Gleichzeitig schrieb Soergel viele Fachartikel für genossenschaftliche Publikationen, in denen er unter anderem betriebswirtschaftliche Themen behandelte.

So war es wenig erstaunlich, dass Schulze-Delitzsch seinen Weggefährten Soergel als persönlich haftenden Gesellschafter für die 1864 gegründete Deutsche Genossenschaftsbank vorschlug. Ihm zur Seite wurde Eduard Rudolf Parrisius (1818–1905) gestellt, ein Jurist aus Brandenburg, der mit Schulze-Delitzschs politischen Ideen sympathisierte, aber nicht als Finanzfachmann gelten konnte. Parrisius gehörte der Leitung der Bank bis zum Jahre 1901 an, aber es scheint, als habe er sich überwiegend im Hintergrund gehalten. In den ersten Jahren wurde die Bank jedenfalls von Soergels Aktivismus dominiert, und so etablierte sich in diesen Jahren die Bezeichnung Soergelbank. Ihre Macher standen von Beginn an vor einer Frage, die in der Geschichte der deutschen genossenschaftlichen Spitzeninstitute immer wiederkehrte und im Laufe der Zeit unterschiedliche Antworten fand: Soll sich eine genossenschaftliche Zentralbank in erster Linie als Dienstleister für ihre Basis verstehen oder soll sie geschäftspolitisch weiter ausgreifen? Soergel optierte beherzt für die zweite Möglichkeit, kritisch beäugt von den Kreditgenossenschaften, aber zumindest anfangs mit großem Erfolg. Soergel betrieb unter anderem Wertpapiergeschäfte mit vermögenden Kunden, die nicht der Genossenschaftsbewegung angehörten, er eröffnete eine Filiale in Frankfurt am Main und er erwarb Beteiligungen an mehreren anderen Banken. Seine Strategie begründete Soergel mit einer notwendigen Diversifizierung der Geschäfte: «Die Deutsche Genossenschaftsbank ist keineswegs auf die Geschäftsverbindung mit den Vorschussvereinen beschränkt. Sie ist ein Bank- und Kommissionsgeschäft, errichtet für alle Zweige des Bankgeschäfts, und es kann ihr nun im höchsten Grade erwünscht sein, in Verbindung zu treten.»

Solange die Deutsche Genossenschaftsbank Dividenden an die Kreditgenossenschaften ausschüttete, hielt sich deren Murren in Grenzen, auch wenn sich manche kleine Kasse an der Basis eine großzügigere Kreditgewährung durch ihre Zentralbank gewünscht hätte. In der Krise nach der Gründung des Deutschen Reiches verlor die Deutsche Genossenschaftsbank mit dem Projekt einer Berliner Stadtbank viel Geld; außerdem nahm die Kritik durch die Kreditgenossenschaften zu. Alwin Soergel, gesundheitlich schon lange angeschlagen, starb im Jahr 1875. Die Deutsche Genossenschaftsbank blieb anschließend noch fast drei Jahrzehnte am Markt, ehe teure Fehlspekulationen und ein in der gesamten Branche spürbarer Zwang zu größeren Einheiten ihre Unabhängigkeit unterminierten. 1904 wurde die Deutsche Genossenschaftsbank von der Dresdner Bank übernommen, die damit die Rolle einer Zentralbank für viele gewerbliche Kreditgenossenschaften übernahm. Im Jahr darauf starb hochbetagt Eduard Rudolf Parrisius. Für die landwirtschaftlichen Kreditgenossenschaften hatte sich unterdessen die preußische Regierung eine andere Lösung einfallen lassen.

Nach der Gründung des Deutschen Reiches im Jahr 1871 hatte die Regierung unter Kanzler Otto von Bismarck zunächst eine überwiegend wirtschaftsliberale Politik verfolgt; die Mark als neue Währung war wenige Jahre später Mitglied des informellen internationalen Goldstandards geworden. Die liberale Ausrichtung der deutschen Politik hatte jedoch keinen Bestand, weil mit Blick auf die politische Stabilität und die Interessen einzelner Wirtschaftszweige zunehmend Partikularpolitik betrieben wurde. Eine aggressivere Zollpolitik war ebenso Ausdruck dieses Wandels wie die Sozialistengesetze. In Preußen wurden die landwirtschaftlichen Kreditgenossenschaften von der Politik als ein Instrument zur Stabilisierung von Politik und Wirtschaft entdeckt. Der Architekt dieser Politik war der preußische Finanzminister Johannes von Miquel (1828–1901), und ihr sichtbarer Ausdruck war die Gründung der Preußischen Central-Genossenschaftskasse, kurz ‹Preußenkasse› genannt.

In der Geschichtsschreibung ist von Miquel kein Unbekannter; Wolfgang J. Mommsen bezeichnete ihn einst als «eine der großen Persönlichkeiten der Reichsgründungszeit». In seinem Beitrag für diesen Band arbeitet Dieter Lindenlaub die von Miquel forcierte Gründung der Preußenkasse als Bestandteil einer auf Systemerhalt durch Förderung des Mittelstands ausgelegten Politikkonzeption heraus. Vor allem zwei Entwicklungen sorgten damals Politiker wie von Miquel: Zum einen war es trotz der Sozialistengesetze keineswegs gelungen, den Vormarsch der damals noch marxistisch ausgerichteten Sozialdemokratischen Partei aufzuhalten. Zum anderen befand sich die als Wirtschaftsfaktor noch bedeutende Landwirtschaft in einer schweren Krise, sichtbar an fallenden Preisen für Agrarprodukte und einer steigenden Verschuldung vieler Landwirte. Diskutiert wurden diese Probleme seinerzeit unter dem Begriff der Agrarfrage. In Preußen, dem mit weitem Abstand größten und bevölkerungsreichsten Teil des Deutschen Reiches, empfand die Politik diese Probleme als besonders dringlich.

Von Miquel hatte als junger Student der Rechtswissenschaften durchaus Sympathie für eine sozialistische Revolution, hatte dann aber den Liberalismus für sich entdeckt und eine politische Laufbahn eingeschlagen, lediglich unterbrochen von einigen Jahren, in denen er als Bankier für die Berliner Disconto-Gesellschaft gearbeitet hatte. Als Politiker brachte er es zum Oberbürgermeister von Osnabrück und Frankfurt am Main, zum Abgeordneten im Preußischen Abgeordnetenhaus, zum Mitglied des Preußischen Herrenhauses sowie des Deutschen Reichstags und zum Minister in Preußen. Von Miquel war ein einflussreicher Mann, auch wenn ihm das höchste Ziel, das Amt des Reichskanzlers, verwehrt blieb. Eine enge Beziehung zum Genossenschaftswesen besaß er nicht, auch wenn er Schulze-Delitzsch persönlich kannte und schätzte und er als junger Politiker Kreditgenossenschaften als «wunderbar» bezeichnet hatte.

Die Gründung der Preußenkasse war eine Maßnahme unter mehreren, mit denen von Miquel die Agrarfrage anpacken wollte. Sie sollte «die Mittelklasse in Stadt und Land fördern», das heißt «diejenigen Klassen, welche auf eigenes Risiko mit mäßigem Kapital und eigener Arbeit tätig sind». Diese «für unser Staatsleben so werthvollen Bestandteile des Volkes» sollten gestärkt werden. Konkret ging es darum, mit Hilfe des Staates ein Kreditinstitut zu schaffen, das vor allem den Landwirten mit so genannten Personalkrediten helfen konnte. Personalkredite waren kurz- bis mittelfristige Ausleihungen zum Beispiel zur Finanzierung von Betriebsmitteln, die nicht durch Grundschulden abgesichert wurden. Die Idee war, dass ein staatliches preußisches Kreditinstitut zu niedrigen Zinsen regionalen genossenschaftlichen Zentralkassen Geld gäbe, das von diesen Regionalkassen dann weitergeleitet würde. Von Miquel hoffte, dass die Stärkung des Mittelstandes im Laufe der Zeit auch zu einer etwas gleichmäßigeren Bodenverteilung besonders in den Ostprovinzen führen würde, wo die Bedeutung der Großgrundbesitzer erheblich war. Über die Prioritäten bei der Finanzierung der Landwirtschaft war ihm klar: «Realkredit taugt (nur) für die Langfristfinanzierung von Erbabfindungen, Gutserwerb, Bau von Scheunen und Ställen etc., Personalkredit (nur) zur vorübergehenden Finanzierung des Betriebskapitals etwa bis zur nächsten Ernte; keine der beiden Kreditarten hatte jeweils im anderen Bereich etwas zu suchen» (Lindenlaub).

Eine staatliche Zentralkasse für private Kreditgenossenschaften! Schulze-Delitzsch und Raiffeisen hätten sich vermutlich im Grabe herumgedreht. Wie kam von Miquel, der doch lange als Liberaler angesehen wurde, auf einen solchen Gedanken? Lindenlaub bescheinigt ihm eine «Areligiosität gegenüber den großen Doktrinen seiner Zeit», immer wieder habe er «Geschichte» und «Erfahrungen» gerade gegen die Dogmen des Wirtschaftsliberalismus ins Felde geführt, um Fall-zu-Fall-Entscheidungen zu begründen. Die Zweckmäßigkeit eines politischen Eingriffs musste sehr wohl begründet werden, aber mit Verweis auf die Erhaltung der Staats- und Wirtschaftsordnung ließen sich solche Eingriffe nach Ansicht von Miquels sehr wohl rechtfertigen. Im Jahre 1895 wurde die Preußenkasse gegründet. «Miquel war die treibende Kraft, aber nicht alle wesentlichen Konstruktionselemente der Kasse kamen von ihm» (Lindenlaub). Sein Wunsch, die Genossenschaften mögen sich unter der Obhut der Preußenkasse so gut entwickeln, dass sie die Preußenkasse eines Tages nicht mehr brauchten, wurde so schnell nicht wahr.

Karl Korthaus (1859–1933) gehörte zu jenen Männern, die der Regierung in Berlin als Ratgeber bei der Gründung der Preußenkasse zur Verfügung standen. Noch Jahrzehnte später erinnerte er sich an jene Zeit: «Gegen Mitte der neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts durchlebte […] die deutsche Landwirtschaft eine schwere Krise. Insofern hatten die damaligen Verhältnisse mit der Jetztzeit große Aehnlichkeit. Durch die Verarmung der Landwirtschaft wurde der Innenmarkt, für den das Handwerk fast ausschließlich arbeitet, in hohem Maße verödet. Die Kaufkraft der Landwirtschaft hatte in bedenklichem Maße abgenommen. Von diesem Umstande war die Lage des Handwerks sehr abhängig.» Auch wenn die Preußenkasse in erster Linie der Landwirtschaft helfen sollte, bedeutete dies nicht, dass ihre Gelder ausschließlich landwirtschaftlichen Genossenschaften zugute kommen sollten. Schließlich befand sich die Landwirtschaft nicht in einem luftleeren Raum. Vielmehr waren von ihrem wirtschaftlichen Wohlergehen auch andere Wirtschaftszweige abhängig, darunter das Handwerk. Karl Korthaus, stimmungsvoll beschrieben von Marcel Boldorf, war in jener Zeit der wichtigste Förderer der handwerklichen Genossenschaften. Und er agierte mit Unterstützung der Preußenkasse.

Auch das Handwerk stand Ende des 19. Jahrhunderts unter erheblichem Veränderungsdruck. Alte Zweige verloren an Bedeutung, neue kamen hinzu. Weil mehr Handwerker für die boomende Industrie arbeiteten, wuchs die durchschnittliche Betriebsgröße: Die Zahl der Beschäftigten im Handwerk nahm zu, aber die Zahl der Betriebe nahm ab. Kreditgenossenschaften, die sich besonders an Handwerker richteten, galten jedoch als komplizierte Konstruktionen. Korthaus erklärte die Zurückhaltung vieler Handwerker gegenüber der Genossenschaft als Ausdruck eines Widerwillens, wirtschaftliche Aufgaben gemeinsam mit dem Konkurrenten durchzuführen. Korthaus verzagte jedoch nicht, weil er ein ungewöhnlich talentierter Redner war: Gab man ihm das Wort, vermochte er zu überzeugen, denn er konnte nicht nur reden, sondern war vom Fach. Im Unterschied zu vielen anderen führenden Vertretern des deutschen Genossenschaftswesens besaß der Niedersachse keine höhere Bildung, wohl aber eine Ausbildung im Malerhandwerk. Er begeisterte sich für das Genossenschaftswesen, unternahm viele Vortragsreisen und beteiligte sich im Jahr 1896 an der Gründung der Vereinsbank in Osnabrück, deren Vorstand er einige Jahre angehörte.

Seine größte Bedeutung erlangte Korthaus als Verbandsfunktionär. Im Jahr 1901 gründete er mit Hilfe des preußischen Staates den Hauptverband der deutschen gewerblichen Kreditgenossenschaften, der damit in Konkurrenz zu dem noch von Schulze-Delitzsch gegründeten Allgemeinen Verband trat und rasch viele Kredit- und Handwerksgenossenschaften anzog. Denn Korthaus’ Hauptverband wusste zu locken: «Im Unterschied zu Schulze-Delitzsch legte Korthaus weder auf ein großes Eigenkapital der Genossenschaften noch auf die unbeschränkte Haftpflicht großen Wert, mit Rücksicht darauf, dass es sich bei seiner Klientel der Handwerksgenossenschaften um kleine, wenig kapitalstarke Verbände handelte» (Boldorf). Es kann nicht erstaunen, dass der von dem studierten Juristen Hans Crüger (1859–1927) geleitete Allgemeine Verband heftige Kritik an der neuen Konkurrenz äußerte. Das Verhältnis zwischen Korthaus und dem überzeugten Liberalen und Mittelstandspolitiker Crüger, der vor verheerenden Folgen einer Annäherung der Genossenschaften an den Staat warnte und daher auch die Gründung der Preußenkasse verurteilte, war notorisch schlecht. Crüger wird häufig vor allem als eine Art Nachlassverwalter Schulze-Delitzschs gesehen, zumal er sich bei seinem Amtsantritt verpflichtet fühlte, «seine ganze Kraft dem Amte im Geiste des unvergesslichen Schulze-Delitzsch zu widmen». Boris Gehlen wendet sich in seinem Beitrag gegen eine einseitige Interpretation Crügers und bescheinigt ihm, in seiner Amtszeit Tradition mit Moderne verbunden zu haben. Aber die Tonlage zwischen den beiden Männern änderte sich. Der Erste Weltkrieg wurde von vielen Menschen als ein Epochenbruch angesehen, und dieser Eindruck entstand auch in der Welt der deutschen Genossenschaftsverbände. Noch während des Krieges fanden Gespräche über eine Annäherung des Hauptverbands an den Allgemeinen Verband statt. Auf dem Allgemeinen Genossenschaftstag in Bad Nauheim im Jahr 1920 war es dann so weit: Korthaus’ Hauptverband trat dem Allgemeinen Verband bei und es entstand der Deutsche Genossenschaftsverband.

Mit diesem Ereignis des Jahres 1920 sind wir jedoch der Zeit ein wenig vorausgeeilt. Denn wir müssen noch einmal zurückkehren in die frühe Zeit der ländlichen Genossenschaften, die im Jahr 1876 mit der durch Raiffeisen initiierten Gründung einer Zentralkasse, der ‹Landwirtschaftlichen Central-Darlehnskasse›, einen vorläufigen Höhepunkt erreichte. Raiffeisen hatte aber mit seinem zentralistischen Ansatz und seiner Einmischung in die Basisarbeit auch viele ländliche Kreditgenossenschaften verärgert. Diese waren offen für Konkurrenzangebote, und ein solches kam von einem Mann, den man mit Fug und Recht und keineswegs abwertend als Tausendsassa bezeichnen darf: Wilhelm Haas (1839–1913), ein, wie es in der Genossenschaftsliteratur heißt, «Genie der Arbeitsteilung, eine Unternehmerpersönlichkeit von beispielhafter Dynamik und einem seltenen Gespür für die Erfordernisse der Zukunft». Frauke Schlütz beschreibt in einem lebhaften Beitrag eine Person, die bisweilen als «dritter Mann» im Schatten von Schulze-Delitzsch und Raiffeisen bezeichnet worden ist.

Haas war ein erfolgreicher Jurist aus Hessen, den es nach seinem Studium in die Verwaltung zog. Dort brachte er es bis zum Geheimen Regierungsrat. Haas war ein Politiker, der einige Jahre ein Mandat im Reichstag in Berlin wahrnahm. Präsenter war er in seiner Heimat. Dort gehörte er 25 Jahre lang der hessischen Zweiten Kammer an, darunter 14 Jahre lang als deren Präsident. Scherzhaft wurde er als «Vizegroßherzog Haas» bezeichnet. Haas war Ehemann, Vater und ein Mann, der das Leben liebte und seinen Freunden zugetan war. Bis ins hohe Alter habe er das gesellige Beisammensein mit fröhlichen Freunden geliebt, heißt es, und seine Tischreden hätten «allergrößte Heiterkeit» entfesselt. Schließlich und nicht zuletzt war Haas eine der bedeutendsten Personen in der Geschichte des deutschen Genossenschaftswesens.

Seine Leidenschaft war die Beschäftigung mit der Landwirtschaft und diese Beschäftigung führte ihn zu den Genossenschaften. Wie Raiffeisen habe Haas früh erkannt, dass die Gründung von Genossenschaften nicht nur mit wirtschaftlichen Vorteilen verbunden sei, sondern auch soziale Vorteile durch die Bewahrung des Bauernstandes habe, schreibt Schlütz. Im Jahr 1879 wurde Haas Präsident des Verbands der landwirtschaftlichen Kreditgenossenschaften im südlichen und westlichen Deutschland; 1883 folgte die Gründung der Vereinigung der deutschen landwirtschaftlichen Genossenschaften (später Reichsverband der deutschen landwirtschaftlichen Genossenschaften genannt), die als nationale Interessensorganisation nach außen fungieren sollte. Die durch Haas inspirierten Verbände boten vielen Genossenschaften eine attraktive Alternative zur Raiffeisen-Organisation, deren Wachstum deutlich zurückblieb. Denn Haas schätzte zwar Raiffeisen, aber er lehnte dessen zentralistisches Denken ab. Stattdessen stand er der Auffassung Schulze-Delitzschs nahe, die sich gegen eine Zentralisierung wandte.

Aber auch für die Haas nahestehenden Kreditgenossenschaften stellte sich die Frage nach regionalen und nationalen Zentralkassen. Regionale Zentralkassen entstanden, darunter im Jahre 1883 in Darmstadt die Landwirtschaftliche Genossenschaftsbank AG. «Diese arbeiteten zwar nach den vom Reichsverband erarbeiteten Grundsätzen, waren aber ansonsten in der Ausgestaltung ihrer Arbeit frei.» (Schlütz). Die Gründung der Preußenkasse, die mit den regionalen Kassen zusammenarbeiten wollte, sah Haas anfangs positiv, auch wenn er sich gegen Versuche der Politik wandte, über die Preußenkasse Einfluss auf die Genossenschaftsbewegung zu nehmen. Im Laufe der Zeit verschlechterte sich jedoch das Verhältnis zwischen Haas und der Preußenkasse erheblich. Die Folge war im Jahr 1902 die Gründung der Landwirtschaftlichen Reichsgenossenschaftsbank eGmbH als nationale Zentralkasse durch den Reichsverband. Die Preußenkasse verstand diese Gründung als Kampfansage und begab sich in eine Auseinandersetzung um die Gunst der regionalen Kassen, die im Jahr 1902 mit der Liquidation der Landwirtschaftlichen Reichsgenossenschaftsbank endete. Dies war eine der wenigen Niederlagen, die Haas einstecken musste.

Haas’ Widersacher in dieser Fehde war Carl Heiligenstadt (1860–1920) gewesen, der zweite Präsident der Preußenkasse. Heiligenstadt war ein Mann, der aus der Warte eines hochrangigen Staatsdieners auf die Welt der Genossenschaftsbanken hinabblickte und keinerlei Hehl aus seiner Geringschätzung machte. Patrick Bormann zeigt in seinem Porträt bündig und unverblümt, aus welchem Holz Heiligenstadt geschnitzt war. «Als außerhalb der genossenschaftlichen Organisation stehend» habe er sich betrachtet, als ein Mann, der es als seine Aufgabe angesehen habe, «die Genossenschaften zu sachgemäß nüchternen, die Verhältnisse scharf auffassenden Geschäftsleuten zu erziehen» und der die Ansicht äußerte, Genossenschaften hätten «immer einen großen Mund und keine Geschäftskenntnis». Es bedarf keiner besonderen Erwähnung, dass Heiligenstadt im Genossenschaftslager auf Kritik und Ablehnung stieß, die ihn wiederum nicht kümmerte. Denn die Preußenkasse stand unter Kontrolle ihres Eigentümers, des Staates Preußen, und Heiligenstadt erfreute sich in der Regierung stets eines hohen Maßes an Unterstützung. Vertreter der Gewerkschaften saßen in einem Ausschuss, in dem sie mit dem Präsidenten reden konnten, aber Einfluss auf die Geschäftspolitik der Kasse vermochten sie nicht zu nehmen.

Gleichwohl wusste Heiligenstadt, dass es nicht reichte, nur die Backen aufzublasen. Die Preußenkasse selbst stand nicht zwingend auf festem Grund. Ihre Schöpfer wie von Miquel hatten sie als ein notwendiges Vehikel betrachtet, das zur Stärkung der Landwirtschaft vorübergehend notwendig sei, aber sie hatten die Hoffnung geäußert, dass es der Preußenkasse nicht zu lange bedürfen würde. Zweitens musste die Preußenkasse selbst annehmbare Ergebnisse erzielen; der preußische Staat besaß kein Interesse, eine defizitäre Kasse lange durchzufüttern. Und drittens musste Heiligenstadt im eigenen Interesse darauf achten, dass ihm die Genossenschaften nicht durch die Schaffung erfolgreicher eigener Zentralkassen das Wasser abgruben. Dies gelang ihm indessen. Nicht nur schwächte er die von Haas errichtete Landwirtschaftliche Reichsgenossenschaftsbank so sehr, dass diese bald unterging. Die von Raiffeisen geschaffene Landwirtschaftliche Central-Darlehnskasse erlitt ebenfalls Einbußen, auch wenn Heiligenstadt keine Anstrengung unternahm, sie vollständig vom Markt zu vertreiben.

Heiligenstadt war alles andere als ein typischer Vertreter der Genossenschaften. «Seine Überzeugungen waren etatistisch, er verteidigte stets die preußische Zentralgewalt gegen die aus lokaler und regionaler Perspektive denkenden und handelnden Genossenschaftsvertreter», schreibt Bormann. Und doch gehört Heiligenstadt unbedingt in dieses Buch, denn insgesamt war sein Wirken sehr erfolgreich – auch im Interesse der Genossenschaftsbanken. Erstaunlich war dies angesichts der Kenntnisse und Erfahrungen dieses Mannes nicht. Er hatte als junger Mann Landwirtschaft und Nationalökonomie studiert und eine Doktorarbeit über ein landwirtschaftliches Thema verfasst. Danach sammelte er praktische Bankerfahrung im Privatbankhaus A. Busse & Co. sowie in der großen Disconto-Gesellschaft. Nach einem Intermezzo in der Reichsbank trat Heiligenstadt 1895 in die Führung der Preußenkasse ein, deren Präsidentschaft er im Jahre 1900 übernahm. Heiligenstadt hegte großes Interesse an währungspolitischen Fragen, über die er mehrere Fachaufsätze schrieb. Das ist ein Grund, warum ihm nachgesagt wurde, eigentlich wäre er gerne Präsident der Reichsbank geworden. Bis zu seinem plötzlichen Tod im Jahre 1920 blieb Heiligenstadt jedoch bei der Preußenkasse.