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Nr. 295

– ATLAN exklusiv Band 156 –

 

Der Maahkfinder und die Meuterer

 

Begegnungen auf dem Planeten Versank – Rebellen auf dem Weg nach Arkon

 

von Marianne Sydow

 

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Das Geschehen im Großen Imperium der Arkoniden wird gegenwärtig durch innere Konflikte bestimmt – in höherem Maße jedenfalls als durch die Kämpfe gegen die Methans.

Es gärt auf vielen Welten des Imperiums. Und schuld daran ist einzig und allein Orbanaschol, der Brudermörder und Usurpator, der in seiner Verblendung und Korruptheit einen politisch völlig falschen Weg beschritten hat.

Die Tage Orbanaschols scheinen gezählt, und es dürfte nur noch eine Frage der Zeit sein, wann die Gegenkräfte im Imperium stark genug sind, den Usurpator vom Thron zu stoßen.

Kristallprinz Atlan, der eigentliche Thronfolger, und seine verschworenen Gefährten, die Orbanaschol bisher schwer zu schaffen machten, sind augenblicklich allerdings nicht in der Lage, gezielt einzugreifen, denn Kraumon, ihre geheime Stützpunktwelt, wurde von den Methans zerstört.

Dennoch versuchen sie es – sowohl Atlan als auch seine Gefolgsleute! Während Atlan und Fartuloon, den Gefahren auf Celkar und der Beutewelt glücklich entronnen, auf ihrem Weg nach Arkon sind, verfolgt Getray von Helonk, die Rebellin, ebenfalls den Plan, eine Passage nach Arkon zu bekommen.

Die schöne Arkonidin erreicht den Planeten Versank – und dort kommt es zur Begegnung: DER MAAHKFINDER UND DIE MEUTERER ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Getray von Helonk – Die schöne Arkonidin sucht den Rückweg nach Arkon.

Plutonz – Ein Maahkfinder.

Kornelius – Ein Sonnenträger.

Hesthan – Leiter einer Kampfgruppe.

Kelthos und Renquor – Geheimdienstler auf dem Planeten Versank.

1.

 

Plutonz beobachtete den Raumfahrertreffpunkt mit gemischten Gefühlen. Er hatte Hunger. Das Raumschiff, auf dem er Dienst getan hatte, war vor wenigen Tagen von den Maahks so schwer zusammengeschossen worden, dass sich eine Reparatur nicht mehr lohnte. Plutonz und alle anderen Überlebenden waren vom Rekrutierungsbüro freigestellt worden, bis sich eine Gelegenheit ergab, sie erneut einzusetzen.

Die Kameraden des jungen Maahkfinders genossen den unerwarteten Urlaub. Plutonz dagegen traf pausenlos auf Schwierigkeiten.

Er hatte kein Geld. Seine Kreditkarte war während der Kämpfe verlorengegangen. Und die Ersatzkarte, die man ihm im Büro ausgestellt hatte, galt nur für flotteneigene Einrichtungen. Drüben im Treffpunkt konnte er sich dafür jederzeit eine Mahlzeit bestellen. Leider gab es in der riesigen, vielfach unterteilten Halle nicht nur Servoautomaten, sondern auch jede Menge Raumfahrer. Sie duldeten einen Maahkfinder nur dann in ihrer Nähe, wenn dies aus militärischen Gründen unbedingt erforderlich war.

Seit zwei Tagen hatte Plutonz fast nichts mehr gegessen. Einmal hatte er sich mitten in der Nacht, als der Betrieb nachließ, in das Gebäude gewagt. Man hatte ihn mit den zwei Konzentrattäfelchen, die ein Automat ausgespuckt hatte, hinausgeworfen.

»He, Schwarzer!«, sagte jemand.

Plutonz fuhr herum.

»Willst du etwa da hinein?«

Die acht Männer hinter dem Sprecher kicherten albern. Plutonz sah sie ausdruckslos an. Situationen dieser Art hatte er schon zu oft erlebt, um sich noch darüber aufzuregen.

»Warum antwortest du nicht?«, fragte der Arkonide herausfordernd. »Willst du hinein oder nicht?«

»Natürlich will er!«, grölte ein leicht schwankender Raumsoldat mit schmutziger Uniform. »Aber einen so dreckigen Burschen lassen sie nicht hinein. Hat deine Mami dir nicht beigebracht, wie man sich wäscht, Kleiner?«

Die Männer lachten.

»Vielleicht sollten wir ihm helfen!«, meinte der Anführer der Gruppe. »Wenn wir ihn lange genug unter Wasser halten, wird er weiß wie Schnee, wetten?«

»Der kriegt höchstens Flecken.«

Plutonz wandte sich schweigend ab und wollte davongehen. Aber die Männer wollten das grausame Spiel nicht so schnell aufgeben. Der Anführer setzte dem Maahkfinder nach und hielt ihn am Arm fest.

»Hiergeblieben!«, befahl er. »Lasst uns überlegen, Freunde. Möglicherweise gibt es doch ein Mittel, aus diesem Schwarzen einen anständigen Arkoniden zu machen!«

»Anstreichen!«, schlug jemand vor. »Das ist die Lösung«, sagte der Mann, der Plutonz festhielt, begeistert. »Los, Freunde, fangen wir an. Wer hat eine Farbsprühdose dabei?«

»Ich«, meldete sich einer der Männer. »Aber leider nur in Rot.«

»Dann verpassen wir ihm Streifen!«, rief ein anderer. »Ich stifte eine Büchse blaue Farbe. Will sich noch jemand an dem Kunstwerk beteiligen?«

Sie hatten diese Aktion offensichtlich vorbereitet. Irgendwann war Plutonz ihnen aufgefallen, obwohl er immer sehr vorsichtig gewesen war. Der Maahkfinder sah ein, dass er etwas unternehmen musste. In den Gesichtern seiner Gegner entdeckte er genug Anzeichen dafür, dass dies kein harmloser Scherz werden sollte. Diese Männer würden ihn töten.

Als die erste Sprühdose auf dem Boden stand und der Anführer der Gruppe Plutonz einen Stoß gab, war der Maahkfinder bereit.

»Zieht ihn aus!«, kreischte jemand. »Es darf kein Fleckchen Schwarz an ihm übrigbleiben!«

Plutonz landete zwischen zwei hochgewachsenen Männern, die ihn auffangen und festhalten wollten. Sie erlebten eine Überraschung, denn im letzten Augenblick drehte sich der Maahkfinder um und schlug zu. Er war viel kleiner als seine Gegner, aber er hatte sich seit seiner Kindheit einem harten Training unterworfen. Mit den Handkanten traf er beide Männer an einem Punkt dicht unterhalb des Kehlkopfs. Für einen Augenblick wurde es still, als die Arkoniden zusammenbrachen. Plutonz duckte sich und beobachtete seine Gegner.

»Das reicht!«, sagte der Anführer hasserfüllt. »Macht ihn fertig!«

Dem ersten Gegner wich Plutonz geschickt aus, den zweiten brachte er zu Fall. Dann traf eine Faust ihn im Nacken, und für einen Augenblick verschwamm die Umgebung vor seinen Augen. Er spürte die Schläge, die auf ihn herabprasselten. Mühsam raffte er sich auf und versuchte, die Fäuste der anderen abzublocken. Er wusste, dass er verloren war. Dennoch dachte er nicht daran, einfach aufzugeben.

Als die anderen plötzlich von ihm abließen, war Plutonz zunächst mehr erstaunt als erleichtert.

»Auseinander!«, sagte eine harte Stimme. »Sie da! Stehen Sie auf!«

Plutonz öffnete die Augen und sah einen Polizisten, der die anderen mit einer Waffe in Schach hielt. Irgendwie gelang es dem Maahkfinder, auf die Beine zu kommen.

»Sie werden uns doch wohl wegen dieser kleinen Prügelei nicht verhaften!«, knurrte der Mann mit der schmutzigen Uniform. »Außerdem – Sie sehen doch, mit wem wir es hier zu tun haben!«

»Verschwindet!«, befahl der Polizist knapp.

Die Arkoniden traten den Rückzug an. Sie nahmen ihre beiden bewusstlosen Freunde mit und gingen langsam in Richtung Treffpunkt davon.

»Danke!«, sagte Plutonz leise.

»Was haben Sie hier zu suchen?«, fragte der Polizist schroff.

Der Maahkfinder zuckte die Schultern. Ihm war klar, dass dieser Mann ihm nicht aus Gründen der Freundlichkeit geholfen hatte.

»Ich wollte essen gehen.«

»Warum tun Sie es nicht?«

»Sie haben es doch eben gesehen«, sagte Plutonz bitter. »Drüben im Treffpunkt wird es mir nicht besser ergehen. Ich habe nur eine Lizenzkarte.«

»Sie machen sich strafbar, wenn Sie hier herumlungern«, behauptete der Polizist unbeeindruckt. »Wohin Sie gehen, interessiert mich nicht, aber wenn Sie nicht bald verschwinden, werde ich Sie verhaften.«

Plutonz nickte. Der Polizist entfernte sich, aber er würde zurückkehren und nachsehen. Um einen Maahkfinder ins Gefängnis zu bringen, brauchte er nicht lange nach Gründen zu suchen. Und im Gefängnis war Plutonz den Wächtern hilflos ausgeliefert.

Unschlüssig näherte er sich dem Treffpunkt. Er sah Berge von Unannehmlichkeiten vor sich. Dennoch blieb ihm keine andere Wahl. Er betrat die Halle.

 

*

 

Getray von Helonk befand sich seit vier Tagen auf Versank. Seit ihrer Ankunft versuchte sie, jemanden zu finden, der sie nach Arkon mitnahm.

Es war für die CRYSALGIRA nicht schwierig gewesen, Getray auf diesem Kolonialplaneten abzusetzen. Nur ein paar Dutzend Lichtjahre entfernt verlief eine der gefährlichsten Fronten gegen die Maahks. Früher war Versank eine ruhige, etwas hinterwäldlerische Welt gewesen. Jetzt herrschte hier die Hektik, die der Krieg mit sich brachte. Die Überwachungsanlagen waren total überlastet. Raumschiffe starteten und landeten, ohne irgendwo registriert zu werden. Die CRYSALGIRA bildete keine Ausnahme.

Schwieriger war es, eine Passage nach Arkon zu bekommen. An der Front ging es heiß her, und mehr als einmal gelang den Maahks ein blitzschneller Durchbruch. Die Bürger von Versank hatten die Gefahr erkannt. Die Evakuierung ließ auf sich warten, und so versuchten viele, sich auf eigene Faust in Sicherheit zu bringen. Die Kommandanten privater Raumschiffe richteten sich nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage. Die Preise für Flüge zu weniger gefährdeten Planeten stiegen ins Astronomische.

Getray sah nur einen Ausweg: Sie musste sich an die Leute von der Raumflotte wenden. Manchmal gingen Kurierschiffe nach Arkon. Vielleicht half einer der Offiziere ihr weiter.

Der Treffpunkt der Raumfahrer wurde zu ihrem beinahe ständigen Aufenthaltsort.

Es war nicht einfach für sie. Zwar gab es im Dienst der Flotte viele Frauen, aber die bevorzugten in ihrer Freizeit eine andere Umgebung. Die meisten Besucher dieser Halle waren freigestellte Raumsoldaten, die auf ihren nächsten Einsatz warteten. Es waren raue Burschen, vom Grauen des Krieges geprägt. Feinsinnige Konversationen lagen ihnen fern, und zu Frauen, die sich in ihre Mitte wagten, kannten sie nur ein Verhältnis.

Getray von Helonk war dreißig Jahre alt und sehr attraktiv. Noch vor wenigen Wochen hätte sie nicht im Traum daran gedacht, sich den beleidigenden Bemerkungen solcher Männer auszusetzen. Heute kam ihr ihre eigene Vergangenheit wie ein flüchtiger Traum vor.

Alles hatte begonnen, als man ihren Mann verhaftete, weil dieser sich an einer Verschwörung gegen den Imperator beteiligt hatte. Getray wollte das nicht hinnehmen. Sie versuchte, ihrem Mann zu helfen. Es gelang ihr nicht. Statt dessen bekam sie nach etlichen Schwierigkeiten Kontakt zu Atlan. Sie wunderte sich manchmal selbst darüber, wie schnell sie auf die Seite des Kristallprinzen übergewechselt war. Dabei wurde Atlan gerade jetzt vom Pech verfolgt. Getray hatte sich darauf gefreut, Atlans geheimen Stützpunkt kennen zu lernen – als sie ihn auf den Bildschirmen der CRYSALGIRA erblickte, war Kraumon eine leere, verbrannte Welt. Atlans Freunde hatten zwar fliehen können, aber sie waren verschollen – nachdem Atlan und Fartuloon zu ihrem Solounternehmen aufgebrochen waren, hatte die CRYSALGIRA noch mehrere Tage in der Nähe von Sorkoth gewartet, ohne dass eines der Schiffe eingetroffen wäre. Die CRYSALGIRA würde auch weiterhin Wache halten. Und Getray von Helonk war nun auf sich selbst gestellt.

Sie hatte an diesem Tag einen Platz im Hintergrund der Halle gefunden. Schräg gegenüber saß auf einer etwas erhöhten Plattform ein Arkonide, der sie immer wieder anstarrte. Der Fremde machte sie nervös. Er war groß, hatte kurzgeschnittenes Haar und ein hartes Gesicht. Bis jetzt hatte er Getray nicht angesprochen, aber sie rechnete jeden Augenblick damit, dass er herüberkam. Und sie hatte ein bisschen Angst davor. Der Fremde trug nicht einmal eine Uniform, die ihr seinen Dienstrang hätte verraten können.

Sie nippte an ihrem Glas und dachte darüber nach, was sie sonst noch unternehmen konnte, um ihr Ziel zu erreichen. Ein lautes Grölen riss sie aus ihren Gedanken.

Weiter vorne waren Dutzende von Männern aufgesprungen. Sie drängten sich um etwas oder jemanden, der für Getray unsichtbar blieb. Die Männer waren aufgeregt. Schreie, Flüche und Gelächter bildeten eine bedrohlich wirkende Geräuschkulisse.

Getray zuckte die Schultern. Es gab oft Prügeleien, und niemand schien sich daran zu stören. Aus den Augenwinkeln sah sie rechts von ihrem Tisch eine Bewegung und blickte automatisch in diese Richtung.

Im ersten Augenblick war sie überrascht. Sie dachte, ein Kind hätte sich hierher verirrt. Dann geriet der Fremde in den Lichtkreis einer Lampe. Getray sog zischend die Luft durch die Zähne.

Ein Maahkfinder!

Der Maahkfinder war ein junger Mann. Er sah sich nach allen Seiten um. Offensichtlich hatte er Angst, und dazu hatte er auch allen Grund. Als er näher kam, sah Getray, dass er schon vorher in einen Kampf verwickelt worden war. Die zum Teil blutenden Wunden weckten das Mitgefühl der Arkonidin. Die Maahkfinder waren allgemein verhasst, weil sie nicht wie alle anderen Arkoniden aussahen.

Sie winkte dem jungen Mann zu. Der Maahkfinder blieb stehen und schien zu überlegen. Sie winkte noch einmal.

Der Fremde änderte die Richtung und kam zwischen Tischen und Rampen langsam näher. In diesem Bereich des Treffpunkts war es ziemlich dunkel. Die einzelnen Lampen erhellten nur besetzte Tische. Der junge Mann nutzte die dunklen Zonen aus. Bis jetzt schien niemand außer Getray etwas von seiner Anwesenheit bemerkt zu haben.

»Sie gehören in die Hände eines Bauchaufschneiders«, sagte Getray, als der Maahkfinder vor ihr stand.

Der junge Mann brachte ein schwaches Lächeln zustande. Die Arkonidin beobachtete ihn fasziniert. Wie alle Maahkfinder war er klein, schlank und zartgliedrig. Man hätte ihn tatsächlich für ein Kind halten können, wäre nicht seine dunkle Hautfarbe gewesen. Getray wusste, dass man diese Leute mit dem Schimpfwort »Schwarze« versehen hatte, aber in Wirklichkeit war die Haut des Maahkfinders nur von einem tiefen, satten Braun. Seine Augen waren tiefschwarz und glänzend, sein ebenfalls schwarzes Haar trug er halblang. Seine hellgrüne Uniform war an vielen Stellen zerrissen, und es war offensichtlich, dass der Maahkfinder große Schmerzen hatte.

Getray bemerkte, wie der junge Mann plötzlich die rechte Hand auf die Magengegend presste. Früher hätte sie diese Geste nicht verstanden. Inzwischen hatte sie am eigenen Leibe erfahren, welche Symptome wirklicher Hunger hervorzurufen vermochte.

»Hast du keine Kreditkarte?«, fragte sie mitfühlend.

»Doch«, sagte der Maahkfinder leise und blickte unsicher in die Richtung der immer noch lautstark debattierenden Arkoniden.

»Sie werden dir nichts tun!«, behauptete Getray und fragte sich gleichzeitig, wie sie notfalls für dieses Versprechen geradestehen sollte.

Der Maahkfinder ließ sich auf der Kante einer Bank nieder. Getray sah, wie er den Kode für ein einfaches Konzentrat drückte und schüttelte den Kopf. Sie war nicht mehr so reich wie früher, aber auch nicht gerade arm. Sie tastete eine heiße Suppe, Brot und ein belebendes Getränk. Die Augen des jungen Mannes leuchteten auf.

»Die Konzentrate würden dir jetzt nicht bekommen«, stellte Getray fest. »Das dort ist besser.«

Plötzlich wurde es ruhiger. Der Maahkfinder ließ den Löffel sinken und starrte an Getray vorbei. Sie drehte den Kopf und bemerkte den großen, breitschultrigen Arkoniden, der mit wiegenden Schritten näher kam.

Sie schalt sich selbst einen Narren. Sie würde nichts als Ärger bekommen, und von dem Maahkfinder hatte sie ohnehin keine Hilfe zu erwarten.

Wenigstens war sie nicht wehrlos. Auf der CRYSALGIRA hatte man ihr eine Waffe gegeben, ein kleines, gefährliches Ding, das sich jedoch auch auf Paralysewirkung einstellen ließ. Unauffällig ließ sie im Sichtschutz der Tischplatte die Hand in die Tasche gleiten, ertastete die Umrisse der Waffe und verstellte die Rändelschraube. Hier, im Innern der Halle, konnte sie unmöglich Impulsstrahlen verschießen. Es hätte zu einer Katastrophe führen können.

Der Fremde hatte den Tisch erreicht und blieb stehen.

»Welch erfreulicher Anblick!«, sagte er höhnisch. Hinter ihm tauchten immer mehr Männer auf. Einige trugen die Spuren einer Prügelei. »Eine richtige Arkonidin neben einem schwarzen Bastard!«

Getray musterte den Fremden, schloss die Hand fester um die Waffe, wartete jedoch schweigend ab. Sie hoffte immer noch, dass es ohne Schwierigkeiten weitergehen mochte.

»Nun, Schwarzer, was hast du zu sagen?«

Der Maahkfinder hielt immer noch den Löffel in der Hand. Er starrte den Arkoniden mit merkwürdig ausdrucksloser Miene an. Es schien beinahe, als sähe er durch diesen Mann hindurch.

»Ich rede mit dir!«, fauchte der Fremde, beugte sich blitzschnell über den Tisch und packte den Maahkfinder am Kragenaufschlag. Gleichzeitig schoss die Hand mit dem Löffel nach oben und öffnete sich. Die gestreckten Finger stachen gegen die linke Brustseite des Arkoniden. Der Mann schrie erschrocken auf und brach zusammen.

Getray zog vorsichtig die Waffe aus der Tasche. Die Männer waren im ersten Moment wie erstarrt, die unerwartet heftige Gegenwehr des Maahkfinders hatte sie verblüfft. Dann erhob sich ein drohendes Gemurmel. Ein Arkonide mit einer riesigen Beule an der Stirn drängte sich nach vorne.

»Wir haben es euch gesagt!«, schrie er wütend. »Ihr wolltet es nicht glauben, ihr Narren! Los, helft mir! Wir müssen ihn schnappen, und dann ...«

Er machte eine vielsagende Handbewegung.

Das Gemurmel schwoll an. Drohend rückten die Männer vorwärts. Getray biss die Zähne zusammen und hob zögernd die Waffe bis zur Tischkante. Sie hätte niemals gedacht, dass sich zivilisierte Männer in einen solchen Zustand versetzen ließen. Diese Kerle waren wie blind in ihrem Hass und ihrer Hysterie.

Sie schob die überflüssigen Gedanken zur Seite und erhob sich ruckartig.

Die Männer blieben stehen, als sie den schimmernden Lauf der kleinen Waffe sahen.

»Er ist mein Gast!«, sagte Getray laut. »Und jeder, der etwas von ihm will, muss sich zuerst an mich wenden!«

Natürlich gab es im Großen Imperium eine Einheitssprache, aber die Abweichungen waren sehr groß. Getray sprach das reine, unverfälschte Arkonidisch der Zentralwelt – und der höchsten Gesellschaftsschicht. Die Männer sahen sich verblüfft an. Getray merkte, dass sie einen kleinen Vorteil errungen hatte, ahnte jedoch nicht, woran das lag. Sie nutzte die Situation aus.

»Zurück!«, befahl sie eisig, und in ihrer Stimme lag die einmalige Arroganz, die kein Arkonide niederer Herkunft zu imitieren vermochte.

Einige der verhinderten Raufbolde wandten sich ab. Andere blieben unschlüssig stehen. Der erste Angreifer, dessen Oberkörper auf der Tischplatte lag, erwachte stöhnend, schlug die Augen auf und warf sich mit der Wildheit eines gereizten Raubtiers nach vorne.

Fast instinktiv schwenkte Getray den Strahler herum. Der Maahkfinder wich den heranschießenden Armen des Arkoniden leichtfüßig aus und blieb einen Meter vom Tisch entfernt stehen, als er das Fauchen des Schusses hörte.