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Nr. 51

 

Kampf hinter den Kulissen

 

Aufruhr in der Zentralgalaktischen Union – skrupellose Politiker ringen um die Macht

 

von Hans Kneifel

 

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Auf Terra, den Welten des Solaren Imperiums und den Stützpunkten der USO schreibt man Anfang Dezember des Jahres 2840 Standardzeit. Somit sind seit den in Band 49 geschilderten Ereignissen 431 Jahre vergangen.

Ronald Tekener, jetzt Oberst, und Sinclair M. Kennon, jetzt im Range eines Oberstleutnants, die beiden Asse der USO, sind noch immer am Leben – und nehmen nach wie vor an gefährlichen Einsätzen teil.

Tekener, der sich einen lebenserhaltenden Zellaktivator aneignete, und Kennon, dessen organisches Gehirn aufgrund der weit fortgeschrittenen Biochemie eine Lebenserwartung von vielen Jahrhunderten besitzt, operieren jetzt unter einer neuen Tarnung oder Deckadresse.

Seit 19 Jahren besitzen sie ein autonomes Planetoidensystem, auf dessen größtem Himmelskörper sie die Zentrale der »Unabhängigen Hilfsinstitution für Bedrängte« etabliert haben.

Tekener und Kennon sind Chefs der UHB, und sie greifen mit ihren Leuten – selbstverständlich gegen angemessenes Honorar! – überall dort in der Galaxis ein, wo Aktionen von Großmächten aus politischen Gründen nicht möglich oder opportun sind.

Nach der Lösung des Falles »Baikular« richten Tekener und Kennon ihr Augenmerk auf die Zentralgalaktische Union. Hier vollzieht sich ein unerbittlicher KAMPF HINTER DEN KULISSEN ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Ronald Tekener und Sinclair M. Kennon – Chefs der »Kosmischen Bedrängtenhilfe«.

Retmor von Eproia – Admiral von Akon.

Irger Manyteyl – Geheimdienstchef von Rudyn.

Eshra Ytromyn – Kalfaktorin für »Soziale Belange«.

Jeri – Eshra Ytromyns Dienerin und Vertraute.

Gevrial N'Edudt, Pol Da Verra und Tauzisko Gayar – Opfer einer Serie von Mordanschlägen.

1.

 

Satisfy war eine kleine, überschaubare Welt.

Sie war das Eigentum zweier Männer, die eine Art Legende bildeten. Ronald Tekener, der einen Zellaktivator trug, galt als Nachkomme jenes legendären Smilers; einer schillernden Persönlichkeit, die galaxisweit bekannt gewesen war. Undurchsichtig, arrogant, ironisch bis zur Unerträglichkeit, beherrschte auch der angebliche Nachkomme jenes Tekener die Klaviatur von Bestechung und Intrige, von der Kunst, Menschen und Dinge zu durchschauen und jener, dies alles so geschickt und raffiniert zu manipulieren. Unter dem Schutz Tekeners und seines nicht minder rätselhaften Freundes.

Nur wenigen Eingeweihten war der Name Kennon ein Begriff; bisher war er stets in mehr oder weniger attraktiven Masken aufgetaucht.

Jetzt, lange Zeit nach seinem letzten Eingreifen, war er unter seinem richtigen Namen Kennon als der Freund und Partner Tekeners bekannt. Er war nicht weniger auffällig und teuer angezogen, er beherrschte alle Fähigkeiten, die auch Tekener kannte. Aber einige wenige Personen, die ihn näher kannten – oder ihn zu kennen glaubten –, behaupteten, er sei persönlich viel netter und menschlicher als Tekener.

Im Augenblick befanden sich beide Männer in der Lage eines Turmspringers, der auf dem federnden Brett wippte und sich anschickte, mit einer Reihe von Saltos tief ins Becken zu springen. Und der merkte, dass kein Wasser im Becken war.

Sehr fatal!, dachte Sinclair Marout Kennon.

Der Tag Satisfys, einhundertsechsundfünfzig terranische Normtage lang, war angebrochen. Ein düsteres, rotes Licht herrschte in der Kuppel Nummer Drei. In wenigen Tagen würde sich die Sonne Startek über die schroffen Berggipfel schieben, und dann war das düstere Leuchten verschwunden.

»Ich beginne langsam unruhig zu werden«, sagte Ronald Tekener. »Aber dies ist in meiner langen Karriere schon so ungeheuer häufig passiert, dass ich allein bei dem Gedanken daran wieder ruhig werde.«

Kennon, der neben ihm durch die Landschaft des künstlichen Parks ging, schüttelte noch jetzt den Kopf. Er dachte kurz daran, welche Investitionen und welche Mühe es gemacht hatte, diesen Park anzulegen – jedes Gramm Humus, der Samen aller exotischen Gräser, jeder Strauch und jeder der alten, schönen Bäume war hierher importiert worden. Künstliche Schwerkraft und ein raffiniert unterirdisch angelegtes Bewässerungsnetz, in dessen Flüssigkeit auch den Pflanzen die benötigten Nährstoffe zugeführt wurden, sorgten dafür, dass dieser Park lebendig blieb.

Er war die beste Umgebung für die hochmoderne Klinik, die von Ara-Medizinern geleitet wurde. Und hier konnten die beiden Freunde ungestört spazieren gehen und diskutieren. Kennon sagte achselzuckend:

»Also bist du ruhig. Warum dann diese Bemerkung?«

Tekener grinste ihn an. Die Narben der Lashat-Pocken in seinem Gesicht wirkten plötzlich irgendwie fremd und unheimlich.

»Merkwürdigerweise bin ich tatsächlich unruhig«, sagte Tekener, blieb stehen und sah einem riesigen, exotischen Schmetterling zu, der sich auf eine Blüte niederließ, um dort zu saugen.

»Du wartest auf Nachrichten.«

Das war keine Frage, sondern eine nüchterne Feststellung. Der Schmetterling faltete die farbensprühenden Flügel auseinander und flatterte davon. Er war ein bewegter, wie ein Diamant schillernder Farbfleck inmitten der nebligen, roten Stimmung.

»Wir beide warten auf nähere Hinweise – sie sollten von der Solaren Abwehr und der United Stars Organisation auf Rudyn kommen«, erinnerte sich Tekener.

Seine Rolle als sein eigener Urenkel belastete ihn nicht mehr; er war an seine neue oder alte Persönlichkeit inzwischen ebenso gewohnt wie an den Zellaktivator, der ihm die Kostbarkeit eines langen Lebens geschenkt und gleichzeitig die Belastung eines potentiellen Unsterblichen aufgebürdet hatte.

»Richtig«, sagte Kennon.

Der Mann mit dem Robotkörper wusste, wie zermürbend Warten wirken konnte. Er hatte es tausendmal am eigenen Leib erfahren.

»Wir sollen versuchen«, murmelte er, und in der gleichen Sekunde wusste er auch, dass er genau in einen wunden Punkt hineinzielte, »herauszufinden, wer hier im All systematisch Terrahass aussät. Nach dem Fehlschlag auf der Welt Baikular wird das Problem akut – und in sehr gefährlicher Weise.«

Tekener knurrte:

»Deswegen bin ich nervös, Ken!«

»Ich bin der erste, der dich verstehen kann!«, erinnerte ihn Kennon.

Hier, im Zentrum, unter der schützenden Kuppelhülle über den Wipfeln der Bäume, die von dem leichten Wind aus der Luftumwälzanlage bewegt wurden, waren sie sicher. Hier konnten sie in Ruhe warten und versuchen, ihr winziges Imperium zu verwalten. Hier steuerten sie, unsichtbar und ohne dass der geringste Verdacht auf sie fallen konnte, viele andere Einsätze der USO.

»Verdammt!«, sagte Kennon schließlich. »Seit Monaten laufen die Ermittlungen. Ich habe das OPRAL in Verdacht, dass dort die Fäden zusammenlaufen!«

Er schnippte mit den Fingern. Ein Vogel, der auf einem Ast saß und fröhlich vor sich hinzwitscherte, schrak zusammen und flatterte auf. Zwei Ara-Mediziner, die jenseits des kleinen Bachlaufes gingen – die gesamte Anlage hatte eine USO-Mitarbeiterin, eine begabte Gartenarchitektin, in ihrer Freizeit entworfen und eingerichtet – erkannten die beiden Männer und winkten höflich.

»Ich glaube nichts anderes, aber noch fehlen uns sämtliche Beweise!«, sagte Tekener.

Sie vermuteten, ohne es beweisen zu können, dass zumindest ein Teil der Aktionen, die sich gegen Terra wandten, vom Planeten Rudyn ausging. Die einundzwanzig Kalfaktoren, die jeweils auf Lebenszeit gewählt worden waren, begingen die gleichen Fehler, wie sie immer wieder von Menschen und deren Abkommen gemacht wurden – Macht korrumpierte auch sie, allerdings in verschiedenen Stärken, in verschiedenen Spielarten.

Rudyn, die Keimzelle der Zentralgalaktischen Union, hatte bereits mehr als dreißig Sonnensysteme geschluckt ... auf legale Weise.

Rudyn würde noch mehr Systeme schlucken wollen.

Und da innerhalb der Gruppe der Mächtigen ein weiterer Kampf tobte, mochte es sein, dass einer dieser einundzwanzig Männer oder Frauen versuchte, mehr persönliche Macht und mehr Einfluss zu gewinnen. Tat er dies auf Kosten Terras, dann war er es, der gesucht wurde – der für alle Morde, Sabotageakte und ähnliche schwerwiegende Dinge verantwortlich gemacht werden musste.

Wie verhielt es sich?

Tekener hielt an und deutete mit dem Zeigefinger auf Kennons Brust.

»Ich weiß, wie wir das Rätsel lösen können!«, sagte er plötzlich.

Kennon grinste und erwiderte trocken:

»Indem wir nach Rudyn fliegen, uns als Kalfaktoren verkleiden und unsere Kollegen aushorchen, wie?«

»Keine Sorge, ich meine etwas anderes«, sagte Tekener. »Der Zuwachs meiner Weisheit lässt sich genau an den Zahlen ablesen. An den Zahlen der prunkvollen Geburtstagsfeste, die ich feiere!«

Wieder stimmte Kennon zu: Diese Feste waren selbst für die Ansprüche der Gäste, die hierher kamen – oder hierher flogen –, bemerkenswert. Allerdings feierte Tekener einen Scheingeburtstag; schließlich konnte er schlecht den Geburtstag seines angeblichen Urahnen als seinen eigenen ausgeben.

»Und was gibt deine eingebildete Weisheit dir jetzt für einen Tipp?«, erkundigte sich der Mann mit dem Robotkörper leise.

»Wir gehen dort hinüber, über die Brücke, über die ausladende Terrasse und hinein in den einladenden Pavillon.«

Kennon stöhnte auf und entgegnete:

»Ich weiß es. Ich hätte es ahnen müssen! Du hast diesen Ausgang nur unternommen, damit du erstens in den Genuss eines gewaltigen Glases Cognac kommst ...«

Noch arbeitete seine Leber vorzüglich, nicht zuletzt dank des Aktivators, wusste Ronald. Er beendete den Satz:

»... und zweitens in den Genuss des Anblicks einer jungen Dame hinter der Bar. Schließlich hast du sie selbst aus vielen Bewerberinnen herausgesucht und ihren Fünfjahresvertrag unterschrieben.«

»Ich habe einen Blick für Qualität«, sagte Kennon und schlug bereits die angegebene Richtung ein. »Wäre ich sonst dein Freund, Tek?«

Tekener grinste breit; der Abglanz des gefürchteten Lächelns kam in sein Gesicht, jenes Lächeln, das seinem »Urgroßvater« den Beinamen »the Smiler« eingetragen hatte.

»Ein Kompliment geht stets auf Kosten dessen, der es annimmt, Freund Tek«, sagte er. »Nichtsdestoweniger hast du wahrscheinlich völlig recht.«

»Wie meistens!«

Sie fochten einen ihrer ironischen Dialoge aus. Erstens war die Ironie, der Sarkasmus einer der wesentlichen Bestandteile der Masken, die sie fast allen anderen Menschen gegenüber spielen mussten, zweitens verfügten sie über genügend praktische Intelligenz und ein eminentes Wissen, so dass ihnen die Verwendung der Ironie, von wenigen verstanden, von noch weniger geliebt und von vielen gefürchtet, ein Bedürfnis war.

Kurze Zeit später saßen sie in der Bar, die im Stil dieses Asteroiden eingerichtet war – was immer dieser Stil bedeutete.

»Für mich, was ich immer trinke.«

Kennon nickte, als er das Mädchen an den Flaschen und mit den Gläsern hantieren sah, dann bestellte er grinsend: »Ein Glas kalte Milch, bitte!«

Er erntete verwunderte Blicke.

Das OPRAL, in dieser Richtung bewegten sich die Gedanken Kennons, war das Regierungsgebäude auf Rudyn. Die Herrschaft der Kalfaktoren war, sah man sie rein verfassungsmäßig, eine Demokratie, die sich auf Ephelegon entwickelt hatte, dem vierten Planeten von elf Welten, von denen die Sonne umkreist wurde. Das OPRAL befand sich im Zentrum der Hauptstadt Genzez – und dort arbeiteten auch, hervorragend getarnt, die Verbindungsleute der Terraner beziehungsweise der USO.

Selbst angesehene Wirtschaftsbosse waren darunter; die USO spann feine Netze mit langen Fäden und unsichtbaren Knotenpunkten. Ein solcher Punkt befand sich in Genzez und arbeitete direkt vor den Augen des Geheimen Kalkulationskommandos, dessen Name eine perfekte Irreführung war.

Kennon sah sich schnell um und bemerkte, dass er auf keinen Fall gehört werden konnte. Er murmelte:

»Tek?«

»Der Name Manyteyl – ist er dir ein Begriff?«

»Natürlich. Er ist der Mann, den unsere Leute zu fürchten haben. Ein verbindlicher Mensch, der etwas zu oft und viel zu zuvorkommend lächelt, und den alle seine Untergebenen fürchten. Vermutlich sind es er und seine Organisation, die an der nichtvorhandenen Menge von Informationen schuld sind.«

Manyteyl war der »Erste Kalkulator«, also der Chef des Geheimdienstes auf Rudyn. Und wahrscheinlich auch auf den anderen Welten des Ephelegon-Systems.

Kennon roch begeistert an dem Alkohol und schickte dem Mädchen, das zwei Ara-Schwestern bediente, einen glühenden Blick nach.

»Und was tun wir jetzt?«, fragte er leise.

Tekener nahm ihm das Glas aus der Hand und trank. Dann sagte er:

»Wir bleiben hier sitzen und warten auf die Eingebung deines kosmokriminalistisch geschulten Verstandes. Was sagt er?«

Kennon erwiderte: »Er hat eigentlich nur zwei Sätze von sich gegeben. Der erste: Genie besteht immer darin, dass jemandem etwas völlig Selbstverständliches zum ersten Mal einfällt. Wenn ich dich an diesem Spruch messe, bist du zweifelsfrei kein Genie. Der zweite Satz: Wir bleiben hier, kümmern uns um unsere eigenen Dinge und warten, bis etwas geschieht, das uns zum Eingreifen zwingt.«

Ronald sagte:

»Natürlich als Besitzer und Hauptaktionäre der Unabhängigen Hilfsinstitution für Bedrängte!«

»Natürlich!«, stimmte der Mann im Robotkörper zu.

Knapp eintausend Lichtjahre war das System der Kalfaktoren von Satisfy entfernt. Das relativ junge Sternenreich war ein unübersehbarer Machtfaktor, der Perry Rhodan schwere Sorgen verursachte. Innerhalb dieser Einrichtung wusste es einfach schwache Stellen geben – die Erfahrung zeigte es immer wieder. Es gab auch solche Stellen; sie herauszufinden, war jedoch schwer. Viele Agenten arbeiteten daran – Leute von der Solaren Abwehr und der USO.

Kennon dachte:

Das Solare Parlament hatte im Jahre 2435 ein neues Gesetz verabschiedet, das bald nach dem Bekanntwerden der ersten Referentenentwürfe den Namen Autarkiegesetz erhalten hatte. Dieses Gesetzeswerk besagte nichts anderes, als dass ein Planet, der mit Hilfe und mit Unterstützung der Heimatwelt von Terranern besiedelt worden war, nach einem Jahrhundert die Autarkie erringen konnte. Die Voraussetzung war allerdings, dass schlüssig bewiesen werden konnte, dass der Planet selbst allein existieren konnte, also in gewisser Hinsicht materiell autark war.

Soweit, so gut, dachte der Kosmokriminalist und betrachtete den Park, die junge Frau hinter der Bar, die Inneneinrichtung und einige Gäste.

Zwischen jeder in Frage kommenden Welt und Terra wurden, noch ehe die Besiedlung stattfand, ausgefeilte Verträge unterzeichnet. Die Siedler verpflichteten sich in diesen Vertragswerken, nach dem Zeitpunkt der offiziell verkündeten Autarkie ihre außenpolitischen Fragen nur mit Hilfe Terras zu lösen, ihre Angelegenheiten, die man recht pauschal mit »Außenpolitik« umreißen konnte, unter der Leitung des jeweiligen Staatschefs zu belassen.

»Rudyn gehört nicht zu dieser Kategorie Planeten!«, sagte Kennon leise und stand auf. »Ich glaube, wir sollten in unser Büro gehen, Tek.«

Tekener sah ihn an und wusste augenblicklich, dass eines der vielen Geräte des Robotkörpers einen Suchruf aufgefangen hatte.

»Einverstanden!«

Tekener verabschiedete sich kurz von dem Mädchen, dann gingen die Freunde wieder hinaus in den Park. Es war ein wenig heller geworden, das düstere Rot wich zusehends von Tag zu Tag.

»Was sagtest du gerade?«, erkundigte sich Tekener.

Kennon wiederholte:

»Der Planet Rudyn gehört nicht zu den Planeten, die mit Terra Autarkieverträge unterzeichnet haben – das ist der springende Punkt. Vor rund vier Jahrhunderten besiedelten vorwiegend Menschen diese Welt, die auf terranischen Kolonien geboren worden waren. Für sie entfiel die Verpflichtung, Bündnisverträge mit Terra abzuschließen und zu halten.«

»Das ist richtig«, sagte Ronald Tekener und fügte hinzu: »Seit dem heftigen Ausbruch der terrafeindlichen Aktionen rufe ich mir diesen Tatbestand immer wieder zurück in die Erinnerung. Dieser Planet ist die Keimzelle dieses neuen Sternenreiches. Wir werden diese Entwicklung nicht aufhalten können.«

Nein, das konnten sie sicher nicht.

Wirtschaftliche Hilfe war beim Aufbau von Rudyn und vielen anderen Welten von Terra kaum geleistet worden. Die jungen Siedler fühlten sich daher nicht an die Verträge gebunden, die ihre Vorväter mit Terra geschlossen hatten.

»Natürlich wird niemand diese Entwicklung ernsthaft aufhalten können. Man will sie auch nicht aufhalten. Aber wir müssen auf alle Fälle jene Sabotageakte stoppen, und dies muss schnell geschehen.«

Beide Männer gingen schneller. Der Park um sie herum war von unsichtbarem Leben erfüllt. Die rote Düsternis der Sonne Startek umhüllte Tekener und Kennon und rief einen bestimmten Eindruck von Gefährlichkeit hervor. In den Bewegungen Kennons und Tekeners lag eine nervöse Gespanntheit. Sie wussten, dass die Entwicklung einem Punkt entgegentrieb, der ihre Stunde bringen musste. Es gab keine andere Möglichkeit.

Tekener murmelte, ehe sie die Schleuse betraten:

»Sowohl die Abwehr als auch die USO sind sicher, dass die einundzwanzig Kalfaktoren versuchen werden, auch andere Welten ihrem neuen Reich einzugliedern.«

Zischend öffneten und schlossen sich kleine Personalschleusen. Das gesamte Material, das hierher geschafft worden war, funktionierte tadellos.

»Und zwar Siedlungswelten, die noch von Terra abhängen, aber kurz vor der Gewährung der offiziellen Autarkie stehen.«

Außerhalb der Schleuse meinte Kennon:

»Ich glaube, wir werden bald mehr wissen. Für uns liegen Nachrichten vor – in unserem Büro.«

Kurz darauf erreichten sie die Büroräume. Sie waren kleine Wunderwerke der Technik. Ronald setzte sich hinter seinen Schreibtisch, tippte auf ein paar Tasten und sagte:

»Ein Band ist für uns gekommen.«

Er entnahm einem Fach, das sich öffnete, eine winzige Spule und legte sie in den Entzerrer. Das Gerät, ein stumpfkantiger Würfel von schwarzer Farbe, ließ einige Skalen aufglühen und summte auf. Dann ratterte ein Schreibgerät, ein paar Kunststoffkarten wurden ausgeworfen.

Langsam kam Kennon näher und beugte sich über die Schulter seines Freundes.

»Rudyn?«, fragte er kurz.

Die Ruhe des großen Raumes, der Geruch nach Holz und Leder und feuchten Pflanzen, umfing die Männer, als sie den Text auf den Karten studierten und die winzigen, dreidimensionalen Bilder betrachteten. Tekener lächelte kalt, als er las.