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Die Sinnsprüche

Omars des Zeltmachers

aus dem Persischen übertragen von Friedrich Rosen
marixverlag
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Der Text wurde behutsam revidiert nach der Ausgabe Die Sinnsprüche Omars des Zeltmachers.
Aus dem Persischen übertragen von Friedrich Rosen, Stuttgart-Berlin 1919
Covergestaltung: Nele Schütz Design, München
Bildnachweis: akg-images GmbH, Berlin;
Lektorat: Dietmar Urmes, Bottrop
eBook-Bearbeitung: Medienservice Feiß, Burgwitz
Gesetzt in der Palatino Ind Uni – untersteht der GPL v2
 
ISBN: 978-3-8438-0041-9
 
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Inhalt

Über den Autor

Zum Buch

Vorwort

Aus dem Vorwort zur ersten Auflage

Vorwort zur dritten und vierten Auflage

Die Sinnsprüche Omars des Zeltmachers

Vergänglichkeit

1.

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Welträtsel

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Lehre

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Wein und Liebe

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Schlussworte

151.

152.

Erläuterungen zu einzelnen Vierzeilern

Zeitalter, Leben und Weltanschauung Omar Khajjams

Omars Zeit

Omars Leben

Omars Weltanschauung

Einige bemerkenswerte neuere Schriften über Omar Khajjam

Fußnoten

Kontakt zum Verlag

Vorwort

Aus dem Vorwort
zur ersten Auflage

In fernen Wanderjahren im Orient sind die nachfolgenden Übersetzungen aus Omar Khajjam entstanden. Ein kleines Manuskript der Vierzeiler war mein steter Begleiter auf langen Karawanenwegen, die mich während eines Jahrzehnts kreuz und quer durch Vorderasien und namentlich das alte Perserland geführt haben. Die Vertiefung in die Gedankenwelt des Weisen von Nischapur bildete oft monatelang meine hauptsächliche geistige Nahrung. Ein kurzes Sinngedicht von vier Zeilen lässt sich auch im Sattel lesen und prägt sich mühelos dem Gedächtnis ein. Die Freude an der Tiefe des Gedankens und der Vollendung der Form führte dann oft zum Versuche, ob sich das Kleinod in die Fassung der Muttersprache umsetzen ließe, und wenn dies gelang, wurde die Verdeutschung abends beim Feuerschein der Karawanserei notiert. So entstanden allmählich diese Übersetzungen, die der Öffentlichkeit zu übergeben mir ursprünglich ganz fern lag.

Aber Freunde, denen ich gelegentlich eine Probe meiner Wiedergabe der Rubaijat zu hören gab, zeigten ein derartiges Interesse an den eigenartigen Versen des »Zeltmachers«, dass ich mich dadurch angeregt fühlte, sie auch einem weiteren Kreise zugänglich zu machen. Was mich jedoch besonders in diesem Vorhaben bestärkte, war die außerordentliche Beliebtheit und Verbreitung, die Omars Vierzeiler durch die klassische Nachdichtung Edward Fitz Geralds in der ganzen Englisch sprechenden Welt gefunden haben und noch genießen, so dass es wohl tatsächlich keinen Ort auf dem Erdenrund gibt, an dem gebildete Englisch sprechende Menschen leben, wo nicht die Rubaijat des »Zeltmachers« bekannt und geschätzt wären, ein Widerhall, der sich äußerlich kundgibt in zahllosen »Omar Khayyam Societies«, in stets neuen – meist künstlerisch schönen – Ausgaben, in den fabelhaften Preisen, die für einzelne Exemplare der ersten Ausgabe von Fitz Geralds Werk gezahlt werden.

Merkwürdig, dass bei uns in Deutschland der Name Omar Khajjam noch so gut wie unbekannt ist – und doch gibt es mehrere deutsche Übersetzungen der Vierzeiler. Schon 1827 hatte Rückert Omar Khajjam als einen »zaubervollen Dichter« gepriesen. Einige Übersetzungsproben gab Freiherr von Hammer-Purgstall in seiner »Geschichte der schönen Redekünste Persiens«. Dann erschienen 1878 die »Strophen des Omar Chijjam«, deutsch vom Grafen A. von Schack, denen bald die »Lieder und Sprüche des Omar Chajjam«, verdeutscht durch Friedrich Bodenstedt, folgten. Außer diesen sind noch einige weniger bekannt gewordene deutsche Übersetzungen erschienen, die aber sämtlich, ebenso wie die von Bodenstedt, ohne Benutzung des persischen Textes und auch ohne Kenntnis der persischen Sprache aus den vorhandenen englischen und französischen Übersetzungen geschöpft sind. Wenn nun trotzdem der sonst so beliebte Dichter sich bei uns nicht eingebürgert hat – auch mir waren bei meinem Leben im Auslande die deutschen Übersetzungen völlig unbekannt geblieben –, so muss der Grund hierfür doch wohl zum Teil in der Übersetzung gesucht werden. Es liegt mir fern, an den Werken meiner Vorgänger Kritik üben zu wollen; doch lässt sich eins nicht verkennen, dass sowohl Schack wie Bodenstedt sich in Form und Inhalt oft allzu weit vom persischen Original entfernen. Die Form des Rubai, jener charakteristischen Versart, bei der die erste und zweite Strophe mit der vierten reimen, hat Bodenstedt wenig, Schack nur ausnahmsweise verwendet. Hiermit haben sich beide eines hervorragenden Mittels begeben, den Gedanken wie einen gut geschliffenen Edelstein mit scharfen Linien und Flächen zu umgrenzen. Mehr noch als die Form weicht oft die Auffassung von dem Original ab. Ihr fehlt vielfach die philosophische Tiefe, die zweifellos das Wesen Omars ausmacht, die auch den Hauptreiz seiner Verse bildet. Weit besser hat Fitz Gerald den Geist der persischen Dichtung wiedergegeben, zugleich mit der charakteristischen Form, wenn auch sein Werk als eine sehr freie Nachdichtung oft englische Gedanken an Stelle persischer setzt. Die Übersetzungen dieser Nachdichtung sowie der französischen Übersetzung von Nicolas aber weichen naturgemäß noch weiter vom persischen Urtext ab, der augenscheinlich nicht benutzt worden ist. So fehlt es denn bisher an einer getreuen Wiedergabe der Rubaijat. Dieser Umstand ist es, der mich ermutigt hat, meine bescheidene Gabe der Leserwelt vorzusetzen, auch nachdem ich die schon bestehenden Übersetzungen kennen gelernt habe. Es war die Vertiefung in das Geistesleben und besonders die Philosophie eines Volkes, unter dem ich lange gelebt, eines Kulturvolkes, das seine Eigenart und Sprache seit acht Jahrhunderten nur wenig verändert hat, die mich zu meinen Verdeutschungen veranlasste. Sollte es mir gelingen, durch diesen bescheidenen Blütenstrauß etwas von dem Duft jenes Gartens, in dem ich so lange geweilt, in die Heimat mitzubringen und dem großen Denker Omar Khajjam in den Ländern deutscher Zunge einige neue Freunde zu gewinnen, so wird der Zweck dieser Veröffentlichungen erreicht sein.

Nicht ganz leicht habe ich mich dazu entschlossen, den Rubaijat einige Erläuterungen sowie einen Abriss über Omars Zeitalter, Leben und Weltanschauung hinzuzufügen. Das Epigramm muss für sich selbst wirken. Erklärungen brechen ihm – wie dem Witz – leicht die Spitze ab. Indessen liegen uns die Heimat Omars und seine Zeit so fern – es war die Zeit des ersten Kreuzzuges! –, dass man auch von dem gebildeten Leser, wenn er nicht gerade Orientalist ist, eine Kenntnis derselben nicht voraussetzen kann. Ich habe daher versucht, dasjenige, was mir für das Verständnis Omars besonders förderlich schien, so darzustellen, dass es jedem Gebildeten auch ohne Spezialkenntnisse verständlich sein muss. Hierzu kam aber noch ein anderer Beweggrund: Es ist in den meisten Biografien Omar Khajjams – in allen älteren und selbst bis in die neueste Zeit – so viel Veraltetes und Falsches, so viel Oberflächliches und Irreführendes enthalten und wird mit solcher Beharrlichkeit immer wieder aufgetischt, dass es mir an der Zeit schien, an Stelle dieses Wustes einmal etwas mehr geschichtliche Wahrheit zu setzen. Unsere Kenntnis des Weisen von Nischapur ist während des letzten Jahrzehnts durch die bahnbrechende Untersuchung Valentin Schukowskis, sodann durch die vortrefflichen Arbeiten meiner gelehrten Freunde E. G. Browne, Professor in Cambridge, E. D. Roß, Leiter der mohammedanischen Hochschule in Kalkutta, und Dr. Arthur Christensen, Dozent an der Universität in Kopenhagen, so sehr gefördert worden, dass wir ein ganz neues, zwar viel komplizierteres, aber doch auch im Rahmen der Zeitgeschichte viel verständlicheres Bild vom Leben und Wirken Omars gewinnen, als uns dies auf Grund der bisherigen Quellen möglich war. Natürlich wird dies Bild ein Torso bleiben, aber ich hoffe, dass dieser Torso in seiner Ursprünglichkeit mehr Interesse bietet als das durch spätere Zusätze verunstaltete Zerrbild. An dem geschichtlichen Omar Khajjam werden, so hoffe ich, manche Züge von Interesse sein, so namentlich die Berichte seiner Zeitgenossen über ihn und noch mehr seine eigenen Anschauungen, wie sie sich aus seinen Prosaschriften und aus seinen aus dem Arabischen übertragenen Versen ergeben. Besonders aber dürfte sein von Christensen entdeckter philosophischer Traktat zu seiner Beurteilung neue Gesichtspunkte eröffnen.

Da meine Darstellung nicht speziell für Fachmänner, sondern für die gebildeten Leser überhaupt geschrieben ist, habe ich zumeist auf Quellenangaben verzichtet. Für diejenigen aber, welche den Wunsch hegen, sich näher mit dem Gegenstande vertraut zu machen, habe ich einige bibliographische Notizen über die neueste Omar-Khajjam-Forschung – d. h. von 1897 an – gegeben und hoffe, dass mancher meiner Leser sich angeregt fühlen mag, sich eingehender mit dem »Zeltmacher« und seiner Zeit zu beschäftigen. Er wird dies tun können, ohne sich in das Labyrinth orientalischer Studien zu verlieren, denn Omar Khajjam gehört der Weltliteratur an.

Tanger, den 21. März 1909

Fr. Rosen

Vorwort zur dritten und
vierten Auflage

Als im Jahre 1909 die erste Auflage dieses Buches erschien, war Omar Khajjam in Deutschland noch ziemlich unbekannt. Dank der formvollendeten und treuen Übersetzung Friedrich Rosens ist das seitdem anders geworden. Die eigenartige Poesie des Dichterphilosophen hat sich so rasch in unserer Literatur eingebürgert, dass wir schon bald in der Lage waren, eine zweite Auflage seiner Sinnsprüche zu veranstalten. Für diese hatte der Herr Herausgeber auf unsere Bitte eine Reihe von Vierzeilern aus seiner Sammlung neu zur Verfügung gestellt. Sie erschien also gegen die erste Auflage stark vermehrt, wodurch ihr Wert nicht unwesentlich erhöht wurde.

Dasselbe ist in noch höherem Maße bei der dritten und vierten Auflage der Fall, bei der sich die Zahl der verdeutschten Sinnsprüche auf 152 erhöht hat.

Stuttgart, Januar 1921


Die Sinnsprüche
Omars des Zeltmachers

Das Rubai (Mehrzahl Rubaijat) ist ein Gedicht von vier Zeilen, von denen stets die erste, zweite und vierte sich reimen, während die dritte meist außerhalb des Reimes steht. Nur selten haben alle vier Zeilen denselben Reim. Das Rubai drückt in epigrammatischer Kürze einen eigenen Gedanken aus, und zwar meist in der Weise, dass die vierte Zeile zugleich mit der Wiederkehr des Reims eine Art Schlußakkord, oft eine unerwartete Wendung bringt. Ein jedes Rubai ist ein selbständiges Gedicht. Der scheinbare Zusammenhang in der hier folgenden Anordnung entspricht nicht dem persischen Original, in welchem die Rubaijat nach einem alphabetischen System ohne Rücksicht auf den Sinn geordnet sind.


Vergänglichkeit

1.

2.

3.

4.

5.