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Kapitel 3

Aufmerksam hörte Bandolf zu, während die Heilerin ihm noch einmal schilderte, was sich in den vergangenen Tagen im Haus des Edelmanns ereignet hatte.

Schon vor Ebertines Erkrankung war sie einige Male in die Salzgasse gerufen worden, berichtete sie, um Rupert, den Sohn des Edelmanns, zu pflegen. Das Kind litte an einer Schwäche seiner Lunge, die hin und wieder zu Anfällen von Atemnot führte. Diesem Leiden war offenbar auch Ruperts Mutter erlegen, was Guntram vor einiger Zeit zum Witwer gemacht hatte.

Zu den Umständen im Haus des Edelmanns konnte Garsende ihm allerdings nur wenig sagen.

»Zumeist hielt ich mich in den beiden Kammern auf, die Guntrams Töchtern und seinem Sohn als Schlafstatt dienen. Da hatte ich kaum Gelegenheit und auch keine Veranlassung, mehr über die Hausbewohner in Erfahrung zu bringen«, erklärte sie mit einem entschuldigenden Lächeln.

»In dem Haus leben also nur Guntram, seine Gattin, seine Kinder und die Hauseigenen?«, fragte er.

»Gewöhnlich ja«, antwortete die Heilerin. »Zurzeit befinden sich aber noch Guntrams Geschwisterkinder im Haus: Gernot, Folcmar und Kunigunde von Medenheim.«

Gernot von Medenheim sei ihr im Haus nur selten begegnet, berichtete sie, wogegen sie Folcmar, den jüngeren der Brüder, häufiger in Ebertines Kammer angetroffen hätte. Augenscheinlich hatte er sich bemüht, seine Base aufzuheitern. »Mir schien es so, als sei er ihr sehr zugeneigt«, fügte sie mit einem Lächeln hinzu.

»Und die Schwester der beiden? Wie heißt sie? Kunigunde?«, fragte Bandolf.

Garsende zuckte mit den Schultern. »Ein junges Weib, ich denke, sie ist im selben Alter wie Ebertine oder Guntrams neue Gemahlin.«

»War Kunigunde ihrer Base ebenfalls zugetan?«

»Schwerlich zu sagen«, erwiderte sie zögernd. »Auch sie hielt sich oft in Ebertines Kammer auf, aber sie sprach nie viel.« Mit einem Anflug von Unmut in der Stimme fügte sie hinzu: »Mit Ebertine war gewiss nicht leicht auszukommen. Sie war ein außergewöhnlich schönes junges Weib, aber auch launisch und hochfahrend.«

»Und wie stand es zwischen Ebertine und Guntrams neuer Gattin?«, wollte Bandolf wissen. »Stiefmutter und Tochter waren im selben Alter, sagst du. Kam es da nicht zum Zank?«

»Wie ich schon sagte: Mit Ebertine war nicht leicht auszukommen. Es mag schon sein, dass Ansild einen Groll gegen ihre Stieftochter hegte. Aber einen offenen Zwist scheint es nicht gegeben zu haben. Nicht, solange ich im Haus war. Da Ebertines ältere Schwester Reimut den Haushalt führt, es aber eigentlich Guntrams Gattin zustünde, die Schlüssel am Gürtel zu tragen, würde es wohl auch eher zwischen diesen beiden Frauen zu Uneinigkeit und Streit kommen«, meinte Garsende. »Doch Ansild scheint ganz zufrieden zu sein, so wie es ist. Ich hatte den Eindruck, als wüsste sie noch nicht so recht, wo ihr Platz in diesem Haus ist, und wäre dankbar, dass man ihr sagt, was sie zu tun hat.« Mit einem Schulterzucken fügte sie hinzu: »Das mag sich natürlich ändern, wenn sie erst älter ist, vielleicht selbst Mutter wird und sich ihres Standes als Guntrams Gattin bewusst wird.«

Über Guntram von Hollerborn wusste Garsende auch nicht viel mehr zu sagen, als dass er augenscheinlich wohlhabend sei, seine Lebensmitte schon um etliche Jahre überschritten hätte, jedoch für sein fortgeschrittenes Alter noch recht gut beisammen zu sein schien.

Unzufrieden schüttelte Bandolf den Kopf. »Wenn man bedenkt, was für eine unselige Neugier dich sonst umtreibt, weißt du erstaunlich wenig«, bemerkte er.

»Herrje, Burggraf, was denkt Ihr Euch denn? Ich forsche die Leute doch nicht aus, in deren Häuser ich gerufen werde«, gab sie gereizt zurück. »Oft habe ich Guntram von Hollerborn ohnehin nicht zu Gesicht bekommen. Ich war dankbar, dass er mich trotz des üblen Geschwätzes in der Stadt in sein Haus rufen ließ und mich angemessen entlohnte.« Dann runzelte sie plötzlich die Stirn. »Eigentümlich war nur ...« Sie stockte.

»Was fandest du eigentümlich?«

Garsende zuckte mit den Schultern. »Ich hätte nur gedacht, er würde meinem Verdacht auf andere Weise begegnen.«

»Deinem Verdacht?«, fragte Bandolf argwöhnisch. »Du hast Guntram von Hollerborn doch nicht etwa gesagt, seine Tochter sei vergiftet worden?«

»Natürlich nicht. Ich habe ihm nur gesagt, dass ich das vermute«, erklärte Garsende.

Ungläubig schüttelte Bandolf den Kopf. »Bei allen Heiligen, Weib! Wie kann man denn nur so töricht sein?«

»Als Vater hatte er doch ein Recht darauf, das zu erfahren«, verteidigte sie sich.

»Nur, wenn du dir sicher gewesen wärst«, schnappte er.

Aufgebracht starrte sie ihn an. »Hätte ich vielleicht abwarten sollen, bis man von den Dächern schreit, die Drude hätte seine Tochter auf dem Gewissen?«

»Verdammnis! Und wenn du dich nun irrst?«

»Ich irre mich aber nicht!«

»Pah!«, schnaubte er. »Um dessen gewiss zu sein, bedürfte es nun doch ein wenig mehr als nur des Schwanzes einer toten Katze.«

Mit zornfunkelnden Augen sprang sie auf. »Wenn Ihr meinem Wort nicht glaubt, dann sagt es nur frei heraus.«

»Weibsvolk!«, knurrte er erbost. »Das ist hier doch nicht von Belang. Du hättest nur einmal an dich halten sollen!«

Noch ehe die Heilerin erwidern konnte, was ihr zweifellos schon auf der Zunge lag, setzte der Eintritt seines Vetters in die Halle ihrem Wortwechsel ein jähes Ende.

*

Wie immer war es Bruder Goswin, der Scholasticus des Domstifts, zu dem Bandolfs erster Weg führte, wenn er alles Wissenswerte über einen Mann von Stand erfahren wollte, der sich in Worms aufhielt. Wenn er Glück hatte, würde Bruder Goswin den Zuzug eines Edelmanns in Worms in seiner Chronik vermerkt haben, und da der Scholasticus Wert darauf legte, derlei Einträge auch mit Bemerkungen über Besitz und Herkunft einer solchen Familie zu versehen, hatte er über Guntrams Sippe gewiss in Erfahrung gebracht, was immer es darüber zu erfahren gab.

Es war schon weit nach der Sext, als Bandolf sich einen Weg durch das Gedränge auf dem Marktplatz bahnte. Von Westen her zogen dunkle Wolken heran, aber noch wärmte eine ungewöhnlich milde Herbstsonne die Luft, die die mächtigen Türme des Doms in weiches Licht tauchte und die Menschen auf die Gassen trieb.

Zwar galt der Aufruf zum Sendgericht nur für die Landbewohner rund um Worms, aber die Kirche Sankt Alban, die als Gerichtsort auserkoren war, befand sich in der Nähe der Martinspforte, und so sah nicht nur der Burggraf von Worms sein Heim mit Anverwandten bevölkert. Auch die meisten anderen Bewohner der Stadt beherbergten Gäste, die anlässlich des Sendgerichts nach Worms gekommen waren. Andere, die nicht das Glück hatten, Unterschlupf bei Verwandten zu finden, hatten sich in Ställe und Scheunen eingemietet oder lagerten in Zelten oder im Freien vor den Stadttoren. Obwohl die Markttage zu Michaeli vorbei waren, hatte der Bischof einigen Händlern und Bauern gestattet, ihre Stände bis zu Sankt Martin auf dem Marktplatz aufzuschlagen – ein Privileg, das sich Seine Eminenz gut entlohnen ließ. Und auch für den Burggrafen von Worms würde ein Drittel des Marktpfennigs abfallen.

In den Gassen und auf den Plätzen der Stadt drängte sich eine bunt gemischte Menge: Edelleute in farbenfroher Gewandung, mit teurem Pelz und reichlich Stickereien versehen, und Kaufleute, die ihren Wohlstand mit überreichem Faltenwurf und bunten Farben zum Ausdruck brachten, dazwischen Stiftsherren, Pilger und Mönche, in dunkle Roben und Kutten gehüllt, und Hörige in ihren braunen Kitteln und Röcken. Auch Bettler, Schausteller, Wanderprediger, Hausierer und Diebsvolk mischten sich unter die Menge und machten dieser Tage den Bütteln des Burggrafen das Leben sauer.

Überall steckte man die Köpfe zusammen, schloss einen Handel ab, tratschte, zankte, tuschelte und lachte, doch obwohl Bandolf die Ohren spitzte, konnte er nicht feststellen, ob die Heilerin Gegenstand des Geschwätzes war. Wohl zeigte sich hie und da ein schlechtes Gewissen, wenn Bandolf vorüberging und Gespräche plötzlich verstummten oder man ihn mit rasch niedergeschlagenen Augen grüßte. Doch auch das war nicht weiter ungewöhnlich, wenn das Recht des Königs in Gestalt des Burggrafen von Worms durch die Gassen marschierte.

›Ein Kreuz mit diesem Weib‹, dachte Bandolf ärgerlich, als er in die Hohlgasse einbog, die zum Pfalzhof vor dem Domizil des Bischofs führte. Wieso hatte Garsende ihm nicht früher gesagt, was man in der Stadt über sie klatschte? Und warum, zum Teufel, hatte sie so voreilig sein und ihren Verdacht über den Tod Ebertines in die Welt hinausposaunen müssen? War damit doch nur erreicht, dass der Täter nun womöglich gewarnt war und auf der Hut sein würde.

Ohnehin würde es schwer genug werden, Ebertines Mörder auf die Spur zu kommen, so es denn einen gab. Es war das eine, nach einem Meuchler zu forschen, wenn offenkundig ein Mord begangen worden war. Etwas ganz anderes jedoch, wenn es nur einen vagen Verdacht gab und niemand Klage führte. Bislang hatte Guntram von Hollerborn keine solche Klage erhoben, weder vor ihm noch vor dem Bischof, und seit die Heilerin um seine Hilfe gebeten hatte, zerbrach sich Bandolf den Kopf darüber, wie er es rechtfertigen sollte, wenn er de facto grundlos im Leben eines Edelmanns herumstocherte.

Der Burggraf seufzte.

Mochte er auch noch leise Zweifel hegen, ob Garsende mit ihrem Verdacht bezüglich Ebertines Tod Recht hatte, so hegte er keinerlei Zweifel daran, dass sie in einer üblen Lage steckte. Hinter ihrem Aufbrausen und ihrem Zorn hatte er auch Furchtsamkeit entdeckt, und das war nicht die vorherrschende Eigenschaft, die ihm eingefallen wäre, hätte man ihn nach der Heilerin gefragt. Augenscheinlich hielt man sich ihm gegenüber noch zurück, was Anschuldigungen gegen ein Weib anbelangte, das in seinem Heim ein- und ausging. Doch wenn das Volk erst einmal aufgebracht war, dann genügte meist ein Tropfen, um das Fass zum Überlaufen zu bringen, das wusste er so gut wie sie. Der Tod von Guntrams Tochter konnte gut dieser Tropfen sein, ganz gleich, auf welche Weise das Mädchen tatsächlich gestorben war.

Und angesichts des Sendgerichts ...

Der Burggraf seufzte.

Zwar war der Bischof nicht im Besitz des Blutbanns, doch wenn man Garsende vor dem Sendgericht der Giftmischerei schuldig sprechen würde, des feigen Mordes und womöglich noch anderer Vergehen, die ebenso schwer wogen, würde man sie dem weltlichen Gericht überantworten, und das würde ihr Todesurteil sein. Als Burggraf von Worms beschränkte sich Bandolfs Gerichtsbarkeit auf die Stadt. Garsende, die außerhalb der Stadtmauern lebte, fiel jedoch unter die Gerichtsbarkeit des Landgrafen, und auf dessen Urteil würde Bandolf kaum Einfluss nehmen können.

Tief in Gedanken versunken, erreichte der Burggraf die Pforte, die zum Kreuzgang des Domstifts führte. Zu seiner Verwunderung teilte ihm der Pförtner mit, er dürfe den Burggrafen nicht einlassen, werde dem Bruder Scholasticus jedoch mitteilen, dass er ihn zu sprechen wünsche. Ohne ein weiteres Wort schlug er das Guckloch in der Pforte zu, und Bandolf hörte, wie er sich entfernte.

Unmutig auf den Füßen wippend, wartete Bandolf auf seine Rückkehr.

»Befürchten Eure Brüder, ich könnte mich an den Domschätzen vergreifen, oder warum lässt man mich neuerdings hier draußen stehen?«, knurrte er übellaunig, als die Pforte sich endlich öffnete und Bruder Goswin zu ihm heraustrat. Hinter dem Scholasticus schloss der Pförtner sogleich wieder das Tor.

»Ich denke, die Domschätze hatte Propst Reginhard nicht im Sinn, als er uns an die Regeln des Heiligen Benedikt erinnerte, die einzuhalten wir Brüder uns verpflichtet haben«, antwortete Bruder Goswin.

»Will heißen?«

»Will heißen, dass der Kreuzgang der Besinnlichkeit dienen soll und nicht dem müßigen Geplauder zwischen einem geistlichen und einem weltlichen Freund«, antwortete Bruder Goswin mit einem Zwinkern.

Zweifellos war die Bemerkung als Scherz gemeint, doch Bandolf kannte ihn gut genug, um den Beiklang von Schärfe in seiner Stimme zu erkennen. Er warf ihm einen forschenden Blick zu.

Wie stets hing die dunkle Robe zerknittert von den mageren Schultern des Scholasticus herab, und das borstige Haar schien jedem Versuch, es zu glätten, zu widerstehen.

Unter seinem Blick huschte ein schiefes Lächeln über Bruder Goswins schmale Züge. »Wie jeder Propst, der eine neue Herde Schäfchen unter seine Fittiche nimmt, glaubt offenkundig auch Reginhard von Köln, dass er sich unseren Respekt mit ganz besonders strenger Zucht und Ordnung verschaffen müsse«, beantwortete er Bandolfs unausgesprochene Frage.

Zwar hatte der Burggraf gehört, dass man das Amt des Dompropstes mit einem Schützling des Erzbischofs von Köln besetzt hatte, jedoch war er Reginhard von Köln noch nicht begegnet.

»Und was haltet Ihr von Eurem neuen Propst?«, fragte er neugierig.

»Ein strenger, unbeugsamer Mann. Und, Gott sei’s geklagt, auch ein Mann bar jeglichen Humors«, meinte Bruder Goswin mit einem schiefen Lächeln. Rasch fügte er hinzu: »Oh, versteht mich nicht falsch. Propst Reginhard ist keineswegs ein übler Mensch. Streng ja, doch auch ein redlicher Mann, der sich um Gerechtigkeit bemüht. Er scheint nur hin und wieder zu vergessen, dass dies ein Stift in Worms und kein Kloster in der Einöde ist.« Er seufzte. »Aber Ihr seid doch gewiss nicht gekommen, um über die Eigenschaften unseres Propstes zu plaudern?«

Bandolf lachte. »Nein, da habt Ihr recht. Ich wollte wissen, ob Euch der Edelmann Guntram von Hollerborn bekannt ist?«

»Guntram von Hollerborn«, wiederholte Bruder Goswin und runzelte die Stirn. »Bekannt ist er mir nicht. Obgleich ...?« Sein Stirnrunzeln vertiefte sich. »Aus irgendeinem Grund kommt mir der Name vertraut vor.«

»Womöglich hat er sein Anwesen in der Salzgasse von der Kirche erworben«, half ihm Bandolf auf die Sprünge.

Langsam schüttelte der Scholasticus den Kopf. »Nein«, sagte er zögernd. »Ich muss den Namen anderswo gehört haben. Aber just kann ich mich nicht darauf be ...«

»Bruder Goswin! Bruder Goswin! Gott sei’s gedankt, dass ich Euch so rasch gefunden habe«, unterbrach ihn eine Stimme, die wie verhuscht aber dringlich klang.

Beide Männer drehten sich um. Die Pforte zum Domstift war einen Spalt weit geöffnet worden, durch den der Gehilfe des Scholasticus mit ängstlichem Gesicht herausspähte. »Propst Reginhard sucht nach Euch.«

»Was will er denn von mir?«, erkundigte sich Bruder Goswin.

Zögernd trat Bruder Bartholomäus gänzlich durch die Pforte.

Nach einem gehauchten »Benedicite, Burggraf« wandte er sich an Bruder Goswin. »Er sagte nur, er müsse dringlich mit Euch sprechen.« Während er dem stämmigen Burggrafen einen furchtsamen Blick zuwarf, als befürchte er, Bandolfs Schatten könne ihn erschlagen, setzte er scheu hinzu: »Mich deucht, es ging ihm um Eure Chronik.«

Eine steile Falte erschien auf der Stirn des Scholasticus. »Was hat der Propst mit meiner Chronik zu schaffen?«, fragte er argwöhnisch.

Bandolf unterdrückte ein Lächeln. Die Chronik des Domstifts war Bruder Goswins ganzer Stolz, die er liebevoll hegte und mit Argusaugen bewachte.

»Ich dachte nur ... Nun, Propst Reginhard kam in die Bibliothek, um eine Abhandlung des Heiligen Gregor einzusehen. Als er die Chronik auf Eurem Pult liegen sah, blieb er stehen und begann darin zu blättern«, erklärte Bruder Bartholomäus.

Bruder Goswins Wangen färbten sich rot, doch er sagte nichts. Sein Gehilfe fuhr hastig fort: »Dann runzelte er plötzlich die Stirn, schlug die Chronik zu und befahl mir, Euch zu suchen.« Nach einem zarten Räuspern fügte er hinzu: »Mir schien so, als sei er missgestimmt, gewissermaßen verärgert.«

»Verärgert?«, wiederholte Bruder Goswin.

Bruder Bartholomäus räusperte sich. »Vielleicht auch sehr verärgert.«

»Und was, bei allen Heiligen, hat der Bruder Propst an meiner Chronik auszusetzen?«, erkundigte sich Bruder Goswin mit unheilvoller Ruhe.

»Womöglich hat ihm ein Abschnitt missfallen?«, hauchte Bruder Bartholomäus.

»Missfallen?«, echote Bruder Goswin. Steif und mit Gewitter in der Stimme wandte er sich an Bandolf. »Entschuldigt mich, Burggraf. Aber wie es scheint, benötigt man ein klärendes Wort von mir.«

Noch ehe Bandolf nicken konnte, wirbelte der Scholasticus herum und lief mit vorgerecktem Kopf wie ein Stier auf die Pforte zu, als gedächte er, sie zu rammen, während Bruder Bartholomäus sich beeilte, ihm zu folgen.

Halb belustigt, halb erstaunt sah der Burggraf Bruder Goswins Robe durch die Pforte flattern. Derart aufgebracht hatte er seinen Freund noch selten erlebt.

Zwar hätte Bandolf es vorgezogen, über Guntram von Hollerborn ein wenig mehr zu wissen als nur seinen Namen, bevor er im Haus des Edelmanns vorstellig wurde. Doch nun würde ihm wohl nichts anderes übrigbleiben, als sich auf seine eigenen Eindrücke zu verlassen.

›Vielleicht war es nicht nur ein Nachteil, dass die Heilerin mit ihrem Verdacht herausgeplatzt ist‹, überlegte Bandolf, während er den Hohlweg wieder hinabging. So konnte er wenigstens ihren Verdacht als Grund nennen, wenn er Guntram von Hollerborn auf den Zahn fühlte.

Als er am Ende der Gasse angekommen war, beschloss Bandolf, vor seinem Heimweg noch rasch beim Wirt am Markt eine kleine Stärkung zu sich zu nehmen. Die Anwesenheit seines Vetters war ihm auf den Magen geschlagen, und ihm schien so, als hätte er beim Mittagsmahl kaum einen Bissen heruntergebracht.

Laute Stimmen, Gegröle und Gelächter drangen durch die Tür der Schenke, doch als der Burggraf eintrat, verebbte der Lärm.

Argwöhnisch warf er einen Blick in die Runde, ehe er sich setzte.

Fast jedermann in der Stadt kannte die hochgewachsene, stämmige Gestalt des Burggrafen. Man rief ihm Grüße zu, doch aus den Augenwinkeln bemerkte Bandolf auch hie und da einen verstohlenen Blick und Köpfe, die rasch gesenkt wurden.

Unwillkürlich fragte er sich, ob die Gespräche vor seinem Eintritt um eine gewisse Heilerin gekreist hatten.

Allmählich hob der Lärmpegel wieder an.

»Willst du mir nicht etwas mitteilen, Oswin? Beispielsweise, worüber hier so angeregt gesprochen wurde, bevor ich hereinkam?«, erkundigte er sich, als der Wirt ihn fragte, was er dem Burggrafen bringen dürfte.

»Nichts Besonderes, Herr. Ich weiß nicht, was Ihr meint«, tat der Wirt arglos. Angesichts der zusammengezogenen Brauen des Burggrafen schien ihm unbehaglich zu werden. »Meine Schänke ist voll ... Will sagen, es gibt viel zu tun ...«

Für einen Augenblick nagelte ihn der Burggraf mit seinem Blick fest. Als er aber im Rücken des Wirts den einbeinigen Bettler Fortunatus erspähte, der just die Schänke betrat, entließ er Oswin mit einem gebrummten: »Bring mir eine Schüssel von deinem Eintopf und einen Krug Bier.«

Offenkundig erleichtert, eilte der Wirt davon.

Schon vor geraumer Zeit hatte der Burggraf entdeckt, dass Fortunatus zwar ein Bein fehlte, nicht aber der Verstand, Augen und Ohren aufzusperren. Zudem schien sein Gedächtnis die Beschaffenheit eines Schwamms zu haben, der alles aufsog, was er tagaus, tagein auf den Gassen von Worms zu hören und zu sehen bekam. Und kaum jemand pflegte auf einen Bettler zu achten, der auf dem Marktplatz oder auf dem Hof vor der Bischofspfalz mit seiner Schale klapperte.

Auf seine Weise war Fortunatus eine ebenso gute Quelle an Auskünften wie Bruder Goswin, nur musste man aus den oft sehr farbenfrohen Schilderungen des Bettlers Klatsch und Tratsch und wilde Vermutungen heraussieben, um zum Kern der Dinge vorzudringen.

Als Fortunatus des Burggrafen ansichtig wurde, ließ er die Bettelschale, die er bereits gezückt hatte, flugs wieder in seinem Kittel verschwinden. Bettelei war in den Schänken von Worms verboten.

Bandolf winkte ihn zu sich. »Das Geschäft mit den Almosen muss recht erfolgreich sein, wenn du es dir erlauben kannst, hier zu speisen«, bemerkte er trocken.

Fortunatus schüttelte betrübt den Kopf. »Ach, Herr, wie wünscht’ ich nur, Ihr hättet Recht. Keiner hat zurzeit einen Kanten Brot für einen armen, beinlosen Bettler wie mich übrig. Was sag’ ich, muss doch froh sein, dass man mir nicht noch was aus der Schale stiehlt. Nur deshalb war’s, dass ich reinkam, um nachzusehen, ob hier wohl ein Herr wäre, der Barmherzigkeit walten lässt und mir von seiner Mahlzeit eine winzige Krume abgibt.«

»Pah!«, schnaubte der Burggraf. »Angesichts des Sendgerichts wird sich keiner nachsagen lassen wollen, er geize beim Almosengeben.«

»Gäb’s Gott, alle Leute möchten so denken wie Ihr«, seufzte Fortunatus, während er mit begehrlich glitzernden Augen auf die dampfende Schüssel schielte, die der Wirt just in diesem Augenblick vor Bandolf auf den Tisch stellte.

»Setz dich und leiste mir Gesellschaft«, sagte der Burggraf und gab dem Wirt Order, noch eine weitere Schale vom Eintopf zu bringen.

»Und was von dem Gebrauten für die Pilger«, rief Fortunatus dem davoneilenden Wirt hinterher.

»Das Gebraute für die Pilger?«, wiederholte der Burggraf erstaunt.

»Das verwässert er nicht, alldieweil ihm mal einer erzählt hat, ’s brächt’ ihm Tod und Unglück, wenn er’s bei den Pilgern tät’«, erklärte Fortunatus und grinste.

Erheitert gab Bandolf nach. »Na schön, du sollst dein Pilgerbier bekommen. Aber die Mahlzeit musst du dir ehrlich verdienen.«

»Um was ist’s Euch denn zu tun?«

»Um einen Edelmann. Und um die Heilerin«, erklärte Bandolf knapp.

»Um die Drude geht’s, wie? Als hätt’ ich’s mir nicht schon gedacht.« Fortunatus ließ ein Seufzen hören und sah sich verstohlen um. Dann rückte er nah an den Burggrafen heran. »Ich sag’s Euch, wie ich’s denk’, Herr«, raunte er. »Wär’ ich die Drude, ich tät’ mich heut’ noch tummeln, dass ich aus Worms verschwinde.«

Kapitel 4

Der Burggraf verließ die Schänke am Markt mit vollem Magen und einem grimmigen Ausdruck im Gesicht.

Für zwei Schalen Eintopf, eine großzügig bemessene Scheibe Speck, einen halben Laib Brot und zwei Krüge Bier hatte sich Fortunatus nicht lumpen lassen. Aber das Ergebnis war nicht ermutigend, und der Burggraf hatte in den Auskünften des Bettlers nicht das gefunden, was er sich erhofft hatte: einen Anhaltspunkt, wer Ebertine von Hollerborn nach dem Leben getrachtet haben könnte.

Wie Bandolf den oft blumigen Schilderungen des Bettlers entnehmen konnte, unterschied sich Guntram von Hollerborns Leben kaum von dem anderer Männer von Stand. Der Stammsitz der Familie, dessen Oberhaupt Guntram war, sowie der Löwenanteil seiner Güter befanden sich offenbar im Lahngau. Zu Zeiten Kaiser Heinrichs III., des Vaters des jetzigen Königs, schien die Sippschaft über beträchtlichen Einfluss bei Hof verfügt zu haben. Nach dem Tod des Kaisers hatte Guntram sich dann offenbar Erzbischof Adalbert von Bremen und Hamburg angeschlossen, der bis vor kurzem noch Vormund und enger Vertrauter des jungen Königs Heinrich gewesen war. Mit der Entmachtung des Erzbischofs von Bremen durch die Fürsten im vergangenen Jahr schien auch Guntram von Hollerborn an Einfluss bei Hof eingebüßt zu haben.

Das mochte vielleicht der Grund sein, warum er nach dem Tod seiner vormaligen Gattin die junge Ansild von Dernau zum Weib genommen hatte. Wie Fortunatus behauptete, schien Ansild eine Tochter des Grafen Sikko von Dernau zu sein, der zu jenen Männern gehörte, denen der junge König Heinrich nun sein Ohr lieh. Mit dieser Heirat mochte sich Guntram vielleicht die Rückgewinnung seiner einstigen Macht erhofft haben.

Kurz nach der Vermählung mit Ansild von Dernau im Herbst letzten Jahres hatte Guntram das Anwesen in der Salzgasse erworben, augenscheinlich mit der Absicht, sich auf Dauer in Worms niederzulassen.

Worms war eine Stadt, die dem König nahestand und in der Fürsten und hoher Klerus kein seltener Anblick waren. Hier, am Schauplatz bedeutender Hoftage, wurden Entscheidungen getroffen und Beschlüsse gefasst, die Auswirkungen weit über die Grenzen des Reichs hinaus hatten. Das mochte ein weiterer Grund für Guntrams Entschluss gewesen sein, sich hier anzusiedeln. Zumal er wohl auch noch die eine oder andere Hufe im weiteren Umkreis der Stadt sein Eigen nannte.

Wie Fortunatus bestätigte – und was ihm schon die Heilerin gesagt hatte -, führte offenbar Reimut, Guntrams älteste Tochter, den Haushalt ihres Vaters; und es schien so, als wünsche sie nicht, dass sich daran auf absehbare Zeit etwas änderte. Die Hoffnung auf eine Verbindung mit einer einflussreichen Familie hatte Guntram offenbar auf seine jüngere Tochter Ebertine gesetzt.

Was kein Wunder sei – so meinte Fortunatus -, galt die Ältere, Reimut, doch als eine, »mit der nicht gut Kirschen essen ist« und »die wie eine Glucke auf dem Münzbeutel zu hocken pflegt, wenn’s gilt, Almosen zu verteilen«, während die Jüngere, Ebertine, zum »wahren Augenschmaus« herangewachsen war. Sie sei wohl ein wenig herrisch gewesen, gab Fortunatus zu, aber liebreizend anzuschauen und vor allem auch nicht gar so knausrig wie ihre Schwester.

Man erzähle sich, der plötzliche Tod seiner geliebten Tochter habe den Vater schwer getroffen, berichtete Fortunatus weiter. Guntram sei außer sich vor Trauer, hieß es, und habe gar die Anhänger seiner Sippschaft aus der Umgebung zur Bestattung seiner Tochter nach Worms gerufen.

Auf Bandolfs Frage, ob Ebertine schon versprochen gewesen wäre, hatte Fortunatus den Kopf geschüttelt. Ihr Vater hatte sich offenbar noch für keinen der Anwärter auf Ebertines Hand entschieden.

»Jedermann hat doch gewusst, dass der Vater sich bei seinem Sonnenschein mit der Mitgift nicht hätt’ lumpen lassen. Na, und ansehnlich war das junge Ding ja noch dazu«, hatte Fortunatus ihm zugeraunt. »Da hat’s denn auch an Anwärtern nicht gemangelt.«

Auch ihr Vetter Folcmar schien um die Gunst seiner Base bemüht gewesen zu sein. Doch angesichts der Tatsache, dass sein älterer Bruder Gernot einem Gewerbe nachging, das unter seinem Stand war, war Folcmar als Gatte für die schöne Ebertine offenbar nicht in Frage gekommen.

Fortunatus hatte gehört, dass die Geschwister von Medenheim einem verarmten Zweig der Sippschaft entstammten. Ein Missstand, den der Älteste, Gernot, offenbar zu beheben trachtete, indem er sich als Kaufmann versuchte. Obwohl er damit sogar recht erfolgreich zu sein schien, hieß Guntram naturgemäß die Beschäftigung seines Neffen alles andere als gut. Dass ein Mitglied seiner Familie sich zu schnödem »Ums-Geld-Schachern« herabließ, schien auch zu regelmäßigen Auseinandersetzungen zwischen Guntram und seinem Neffen zu führen.

Offenkundig hielt Folcmar sich von den Geschäften seines Bruders fern und vertrieb sich die Zeit lieber mit seinen Kumpanen, mit Zechereien und Würfelspiel beim Fischerwirt und mit dummen Streichen. Fortunatus vermutete, dass dies der Grund dafür sei, weshalb man Guntram auf den Gassen weit häufiger in Folcmars Gesellschaft sah als in der seines Bruders.

Was ihre Schwester Kunigunde anbelangte, hielt Fortunatus sie für ein junges Ding, »durchaus passabel anzuschauen«, dennoch unversprochen, und wie es nun mal sei, würde es gewiss nicht leicht sein, einen tauglichen Gatten für sie zu finden, »alldieweil doch der Geruch der Kaufmannsbuden an ihr hängt«, solange sich ihr Bruder Gernot nicht wieder auf seinen Stand besann.

Alles in allem war Guntram von Hollerborn offenbar ein Edelmann wie viele andere auch, die in Stand und Reichtum hineingeboren worden waren, dachte der Burggraf, als er auf dem Rückweg zu seinem Haus in die Brotgasse einbog.

Von Feinden des Edelmanns wüsste er nichts, hatte der Bettler behauptet, doch bezogen sich seine Auskünfte auch nur auf die nähere Vergangenheit, die Guntram in Worms verbracht hatte.

Falls es einen dunklen Fleck auf Guntrams Wams gab, dann musste er vermutlich woanders als in Worms suchen, überlegte Bandolf.

Aber wie er es auch drehte und wendete, er konnte sich nicht vorstellen, was ein solcher Fleck mit dem Tod von Guntrams Tochter zu tun haben könnte. Wenn der Edelmann Feinde hatte, wäre er dann nicht selbst das Opfer gewesen? Allenfalls hätte man sich wohl noch an seinem Sohn gerächt, der just dem Gängelband entwachsen war.

Wahrscheinlicher war es da doch, dass er den Täter im Umfeld des Opfers finden würde, grübelte der Burggraf weiter. Vielleicht war es zu Eifersüchteleien unter Ebertines Verehrern gekommen? In dem Fall wäre das Opfer dann aber vermutlich einer jener jungen Schnösel gewesen, die dem jungen Weib und der Börse ihres Vaters zugeneigt gewesen waren.

Möglich war auch, dass Ebertine einen ihrer Verehrer abgewiesen hatte, der diese Kränkung an ihr gerächt hatte. Nur ... wie hätte es einem abgewiesenen Verehrer gelingen sollen, ihr ein Gift zu verabreichen? Wenn man sie vergiftet hatte, müsste das nicht in der Zeit geschehen sein, als sie ihr Lager gehütet hatte? Hätte man es einem abgewiesenen Verehrer denn gestattet, in Ebertines Kammer vorzudringen?

Und wie stand es mit Ebertines Anverwandten? Streitigkeiten zwischen Neffen und Onkel und Zank unter den Frauen, das gab es überall.

›Nicht zuletzt in meiner eigenen Halle‹, dachte der Burggraf und verzog das Gesicht. Dann seufzte er. Bevor er sich in fruchtlosen Spekulationen erging, wer der Täter gewesen sein könnte, wäre es gewiss hilfreich, herauszufinden, ob es überhaupt einen Täter gegeben hatte. Und wie, zum Teufel, sollte er das anstellen?

Alles in allem schien Ebertine zwar ein liebreizendes, jedoch kein liebenswertes junges Weib gewesen zu sein, und fest stand, dass jemand ihr Übles gewünscht hatte. Das bewies wohl hinreichend der Katzenschwanz. Aber hatte ihr auch jemand nach dem Leben getrachtet und dem Wunsch die Tat folgen lassen?

Mit der Zeit hatte der Burggraf gelernt, dem Urteil der Heilerin zu vertrauen, besonders da sie ein Gespür für derlei Dinge zu besitzen schien. Doch dieses Mal fürchtete er, dass sie sich geirrt hatte und nur ihr dringlicher Wunsch, es möge so sein, Vater ihres Verdachts gewesen war.

Noch entmutigender als Fortunatus’ Auskünfte über Guntram und seine Sippschaft fand der Burggraf das, was ihm der Bettler über die Heilerin ins Ohr geraunt hatte.

»Gottlose Drude« war offenkundig noch das Geringste, das man ihr in der Stadt nachsagte. Von Unzucht war die Rede und von Hurerei, von blasphemischem Lästern, von Kindsmord und Wahrsagerei. Engelmacherin nannte man sie nicht mehr nur hinter vorgehaltener Hand. Mit Gotteszeichen würde sie Schindluder treiben, hörte man munkeln, und beim Mischen der Salben und Tränke den Höllenfürsten anrufen.

Auf Bandolfs Frage, wer, zum Henker, denn einen solchen Mumpitz glaubte, hatte Fortunatus nur vielsagend die Brauen gehoben. Es wäre wohl die Tuchweberwitwe gewesen, die zuerst gegen die Heilerin gehetzt hätte. Irgendwann hätte sich das Geschwätz dann gelegt, und eine ganze Weile sei es ruhig um die Drude gewesen. Doch dann wären die Stimmen wieder lauter geworden. Und auch um einiges deutlicher.

Am Ende hatte Fortunatus seinen Bericht mit der Bemerkung gekrönt: »Irgendwas hat sie sich gewiss zuschulden kommen lassen, sonst würden die Leut’ ja nicht so reden.«

Es war kalt geworden. Die dunklen Wolken hatten die Stadt erreicht, und die Sonne war dahinter verschwunden. Als Bandolf sein Heim betrat, sah er eine große graue Katze auf der niedrigen Mauer sitzen, die den Kräutergarten seiner Gattin vom übrigen Hof abgrenzte. Die Possierlichkeit, mit der die Domkatze ihre Pfote benetzte und sich damit die Ohren rieb, entlockte Bandolf ein Lächeln.

Derzeit war Penelope kein gern gesehener Gast in seinem Haus. Zum einen behauptete Filiberta, Penelope habe sie erschreckt und trüge die Schuld an ihrem unseligen Sturz. Zum anderen hielt seine Gattin Matthäa die Anwesenheit einer Katze in der Schlafkammer für unpassend und schädlich für die kleine Lavinia. Bandolf, der beobachtet hatte, mit welcher Geschwindigkeit und Begeisterung seine Tochter auf Penelope zuzukrabbeln pflegte, sie an den Ohren zog und ihre winzigen Hände in ihrem Fell vergrub, dachte im Stillen, es sei wahrscheinlicher, dass die Anwesenheit seiner Tochter schädlich für die Katze war. Penelope pflegte sich mit angelegten Ohren aus dem Staub zu machen, wenn Lavinia am Gängelband auf dem Boden der Halle umherkrabbelte, doch hin und wieder ließ sie sich auch herbei, die groben Zärtlichkeiten der Kleinen einen Augenblick zu dulden.

Als der Burggraf sich mit einem tiefen Seufzen neben Penelope auf die Mauer sinken ließ, unterbrach sie ihre Tätigkeit und rieb schnurrend den Kopf an seinem Knie. Abwesend strich er über ihren Rücken.

»Es sieht übel aus für Garsende«, teilte er ihr mit.

Wenn nicht rasch etwas geschah, das den Leuten das Maul stopfte, würde die Heilerin nächstens vor dem Sendgericht stehen. Das war so sicher wie das Amen bei der Messe.

»Verdammnis!«, knurrte er halblaut. So viele Leumundszeugen würden sich nirgendwo auftreiben lassen, die Garsende brauchte, um bei solchen Anschuldigungen mit heiler Haut davonzukommen.

Garsende hatte sich an ihn um Hilfe gewandt, und er stand tief genug in ihrer Schuld, um sein Bestes zu geben. Doch die bittere Wahrheit war, dass er nicht die geringste Ahnung hatte, wie er ihr helfen konnte.

Fortunatus hatte Garsendes Befürchtung bestätigt. Die Neuigkeit, dass die Tochter eines Edelmanns in der Obhut der Heilerin gestorben war, hatte sich rascher in Worms verbreitet als der Wind und Öl in die Flammen gegossen.

Könnte der Burggraf jemand anderen für Ebertines Tod an den Pranger stellen, würde das die Gemüter zweifellos beruhigen. Doch da es bislang nicht einmal einen Hinweis darauf gab, dass das junge Weib keines natürlichen Todes gestorben war, war die Aussicht auf einen solchen Erfolg mehr als gering.

Der Burggraf seufzte. »Da bleibt nichts anderes übrig, als blind in diesem Trauerhaus herumzustochern und zu beten, dass sich etwas findet.« Gedankenverloren spielte er mit Penelopes Ohren, die sich hingebungsvoll an ihn schmiegte.

»Was, zum Teufel, hat das Weib nur angestellt, das die Leute derart gegen sie aufgebracht hat?«, fragte er die Katze und fügte rasch hinzu: »Nicht, dass ich auch nur ein Wort davon glauben würde.«

Aber Fortunatus hatte recht. Irgendetwas musste sie getan haben, dass sich die Gemüter so erhitzten.

Bandolf schüttelte den Kopf. Die Heilerin mochte mehr Vernunft haben als manch anderes Weib, das er kannte, doch sie besaß auch eine spitze Zunge, die hin und wieder mit ihr durchging. Und wenn sie nun ...

Ein Gedanke schoss ihm durch den Kopf. Bandolf runzelte die Stirn. Seine Hand stockte. Die Katze hob den Kopf und schien ihn mit ihren bernsteingelben Augen vorwurfsvoll anzustarren. Dann sprang sie plötzlich von der Mauer und schoss wie der Blitz davon.

Zum Henker, wieso war ihm das nicht gleich eingefallen? Womöglich konnte er doch etwas für die Heilerin tun. Und wenn er recht hatte, dann ließe sich das auch heraus ...

Ein Räuspern unterbrach seine Gedanken, und Bandolf sah unwillig auf.

Vor ihm stand sein Hausmeier Werno, mit einem langen Gesicht, das die Miene eines zutiefst gekränkten Mannes zeigte.

»’s ist wegen der Knechte Eures Gastes, Herr«, berichtete er nach einem neuerlichen Räuspern. »Die nämlich wollen das Lager nicht haben, das ich ihnen zugewiesen habe. Behaupten, sie wären Bess’res gewöhnt, als im Stall zu schlafen, alldieweil’s da wie im Schweinekoben stinken würd’. Und ihrem edlen Herrn wär’s auch ganz gewiss nicht lieb, dass man seine Knechte so herabwürdigt. Die Unsrigen wiederum wollen ihre Lager in der Scheune nicht räumen. Und darum wollt’ ich fragen, Herr, was ich jetzt ...«

Die finster zusammengezogenen Brauen des Burggrafen mochten ihm nicht recht geheuer sein. Er räusperte sich ein drittes Mal. »’s ist nämlich so, Herr, dass Herwald just dazwischen musste, weil einer der fremden Knechte uns’rem Jacob an die Gurgel ging, nur weil er gesagt hat, die Onsheimer Knechte könnten doch froh sein, dass sie überhaupt ein Dach überm Kopf kriegten, alldieweil der Platz ohnehin schon reichlich knapp wär’ und noch knapper würd’, wenn erst der Herr vom Diemerstein eintreffen tät’ und mit ihm seine Knechte kämen.«

»Wenn ich auch nur noch ein einziges unzufriedenes Wort darüber höre, bringe ich sie allesamt in der Schlafkammer ihrer Herrschaft unter! Wollen doch mal hören, ob das ihrem edlen Herrn dann mehr behagt«, schnappte der Burggraf erzürnt. »Jetzt lass mich mit den Knechten zufrieden und bring mir meinen Nichtsnutz von Schreiber aus der Halle. Ich habe einen Auftrag für ihn.«

»Endlich ist sie eingeschlafen«, flüsterte die Burggräfin und strich ihrer Tochter eine flaumige dunkle Strähne aus der Stirn.

»Das glaube ich erst, wenn sie in der Wiege liegt und immer noch still ist«, brummte ihr Gatte verhalten.

Seit Sonnenuntergang hatte Matthäa das augenscheinlich schlafende Kind schon ein halbes Dutzend Mal in die Wiege gelegt. Und jedes Mal hatte die Kleine mit anhaltendem Wehgeschrei dagegen protestiert. Inzwischen hatte Bandolf die Glockenschläge zur Komplet gezählt und war nahe daran, sich andernorts eine Bleibe für die Nacht zu suchen.

Mit scheelem Blick beobachtete er, wie Matthäa seine Tochter behutsam in die Wiege legte und dann darübergebeugt verharrte.

Unwillkürlich hielt er den Atem an.

Augenblicke verstrichen, während in der Schlafkammer nur noch der Regen zu hören war, der seit geraumer Zeit gegen den Fensterverschlag prasselte.

Schließlich seufzte sein Weib erleichtert auf. »Sie schläft«, hauchte sie.

›Hoffentlich‹, dachte Bandolf, gähnte und ließ sich tiefer in die Felle gleiten. Mit halbgeschlossenen Lidern sah er zu, wie seine Gattin die Zöpfe löste, die sie über ihren Ohren zu Schnecken aufgerollt hatte. Sie schüttelte den Kopf. Eine Pracht rotblonder Locken floss über ihren Rücken.

»Filiberta hat mir erzählt, dass Garsende hier gewesen ist und mit Euch gesprochen hat. Was wollte sie denn von Euch?«, fragte sie, während sie die Schlaufen ihres Gewandes aufnestelte.

Für einen kurzen Moment erwog er, seinem Weib von den Schwierigkeiten der Heilerin zu erzählen, entschied sich dann jedoch anders. Jeder andere Zeitpunkt würde wahrlich besser sein als jetzt, da sie ihr Gewand abstreifte und ihr nackter Leib seine Begehrlichkeit weckte.

»Nichts im Besonderen«, schwindelte er. »Sie hat sich nur nach dem Befinden des Kükens erkundigt.«

»Lavinia! Sie heißt Lavinia«, raunte Matthäa ungehalten. »Ihr musstet Eurer Tochter doch unbedingt diesen heidnischen Namen geben. Dann nennt sie nun auch so!«

Bandolf unterdrückte ein Seufzen. Noch immer hatte Matthäa ihm nicht verziehen, dass er seine Tochter weder Notburga nach seiner Mutter noch Katharina nach der ihren hatte nennen wollen. Als er ihr mitgeteilt hatte, er würde das Kind auf den Namen Lavinia taufen lassen, war sie entsetzt gewesen und hatte ihm zwei Wochen lang die kalte Schulter gezeigt, obwohl er ihr versichert hatte, dass an dem Namen nichts auszusetzen wäre. Lavinia sei eine Königstochter gewesen, die mit Äneas vermählt worden war, einem großen Helden.

»Zweifellos ein großer heidnischer Held«, hatte sie kühl erwidert und spitz gefragt, ob er gedächte, seine Tochter dereinst mit einem Heiden zu vermählen.

Erst zwei Tage vor seiner Abreise nach Sachsen hatte Matthäa nachgegeben. »Wenn Euer Herz daran hängt, dann nennt sie denn meinethalben Lavinia. Doch ich bitte Euch, lasst mich dafür die Paten wählen.«

Erleichtert hatte Bandolf zugestimmt. Dass sein Weib dann ausgerechnet Grimbald vom Diemerstein zum Paten benennen würde, auf den Gedanken wäre er in hundert Jahren nicht verfallen. »Was, zum Henker, denkt Ihr, wird so ein Eigenbrötler wie mein Onkel mit einem Mädchen anfangen? Glaubt mir, der alte Kauz wird rundweg ablehnen«, hatte Bandolf prophezeit.

Zu seiner grenzenlosen Überraschung hatte der alte Kauz jedoch zugestimmt.

Matthäas Haar kitzelte auf Bandolfs Brust, als sie nahe an ihn heranrückte, und ihr Lächeln ließ jeden anderen Gedanken verblassen. »Löscht das Licht«, raunte er.

Kaum hatte er in der Dunkelheit die Lippen seines Weibs gefunden, ertönte ein leiser Jammerlaut, dem ein Lidschlag später das wohlbekannte Wehgeschrei folgte.

»Verdammnis!«, fluchte Bandolf laut, als Matthäa sich ihm seufzend entzog.

Kapitel 5

Worms, 3. November im Jahre des Herrn 1067

Es war ein kalter Morgen. Der Regen hatte ein wenig nachgelassen, doch das einheitliche dunkle Grau, das den Himmel bedeckte, ließ nicht vermuten, dass er in absehbarer Zeit aufhören würde.

Während Bandolf einem kleinen, stämmigen Drechslermeister folgte, der offenbar einen Ertrunkenen aus der Pfrimm gefischt hatte, fragte er sich übellaunig, warum, zum Henker, stets dann eine Leiche gefunden werden musste, wenn er sich just zu einer Mahlzeit an die Tafel gesetzt hatte.

Ohnehin, so fand er, hatte dieser Tag denkbar schlecht begonnen.

Nachdem sein Küken die halbe Nacht gebrüllt hatte, war seine Leidenschaft ungestillt geblieben, und als der Hahn in der Früh krähte, hätte er jeden Eid darauf geschworen, dass er gerade erst die Augen zugemacht hatte.

Im Gegensatz zu ihm erschien sein Vetter frisch und munter in der Halle und erzürnte Bandolf noch vor dem ersten Bissen mit einer langatmigen Beschreibung der überaus wohlwollenden Begrüßung, die ihm der Bischof von Worms am gestrigen Tag offenbar hatte zuteilwerden lassen. Als hätte das noch nicht genügt, Bandolf den Morgen zu verdrießen, erschien kurz darauf sein Torhüter mit der Nachricht in der Halle, draußen an der Pforte stünde der Wachobere vom Andreastor, der den Burggrafen dringlich zu sprechen wünsche.

»Was der Drechslermeister Gottlieb ist, Herr, so hat der eine Leich’ am Andreastor gemeldet«, erklärte der Wächter. »Er hätt’ den Mann aus der Pfrimm gezogen, sagt er. Es wär’ einer, den er noch nie gesehen hätt’.« Er räusperte sich und fügte hinzu: »Meister Gottlieb wartet am Tor, um Euch hinzuführen, falls Ihr Euch die Leiche anschauen wollt. Ich wär’ ja selber mit den Bütteln hin und hätt’ den Toten geborgen, aber alldieweil Meister Gottlieb sagt, es könnt’ wohl ein hoher Herr sein, so wie er gekleidet wär’, dacht’ ich, es wär’ wohl besser, wenn ich es Euch melde.«

Nach einem kurzen, trübseligen Blick auf die Schüssel Haferbrei, die noch kaum angerührt vor ihm stand, hatte der Burggraf Rosalind um seinen Mantel geschickt.

»Wie weit ist es noch?«, erkundigte sich Notger bei Meister Gottlieb, der auf seinen kurzen Beinen vorausmarschierte, seit sie die Stadt verlassen hatten.

Hinter dem Andreastor hatte der Drechsler zunächst den Weg nach Hochheim eingeschlagen, war jedoch bald nach links abgebogen, auf einen Pfad, der an der Pfrimm entlang zum westlich von Worms gelegenen Dorf Paternisheim führte. Rechts des Weges erstreckten sich abgeerntete Weizen- und Roggenfelder; zu ihrer Linken säumte die mit Weiden, Eschen und dichtem Gestrüpp bewachsene Böschung, die zum Flussufer abfiel, den Pfad.

»Nicht mehr weit, Herr«, versicherte Meister Gottlieb und wies unbestimmt nach vorne. »Da hinten, hinter der nächsten Biegung, da ist die Stelle, wo ich den Mann aus dem Wasser gezogen habe.«

»Mir will scheinen, als wäre der Mann recht weit von der Stadt entfernt ertrunken«, bemerkte Notger mit deutlichem Verdruss in der Stimme.

Bandolf warf seinem Vetter einen spöttischen Blick zu.

Notger hatte den mit Fuchspelz verbrämten Umhang dicht um sich geschlungen und die Kapuze so tief in die Stirn gezogen, dass man darunter nur die nasse, rote Spitze seiner langen Nase sehen konnte.

Als Schöffe erachte er es als seine Pflicht, einen derartigen Fund selbst in Augenschein zu nehmen, hatte er behauptet und darauf bestanden, den Burggrafen zu begleiten. Für einen Augenblick war Bandolf versucht gewesen, ihm zu sagen, er solle seine perfide Neugierde anderswo befriedigen, hielt es dann aber doch nicht für der Mühe wert. Eine Leiche, die man aus dem Fluss zog, bot für gewöhnlich keinen erquicklichen Anblick. Womöglich genügte Notger diese Ansicht, damit er künftig seine Nase nicht mehr in Bandolfs Angelegenheiten steckte.

Wie es schien, hatte aber nun schon der Marsch im Regen, durch schlammige Pfützen, glitschige Grasbüschel und über tückische Steine und Wurzeln, den Pflichteifer seines Vetters erheblich gedämpft.

»Da der Mann doch offenkundig außerhalb der Stadt zu Tode gekommen ist, sollten sich da nicht die Leute des Landgrafen um den Ertrunkenen kümmern?«, hakte Notger nach, als Bandolf keine Antwort gab.

»Falls der Mann sich zu Lebzeiten in Worms aufgehalten hat, ist er meine Angelegenheit, falls nicht, kann der Landgraf ihn haben.«

»Aber der Drechsler hat doch gesagt, dass er den Mann nicht kennt«, widersprach Notger. »Das macht es unwahrscheinlich, dass es sich um einen Hiesigen handelt.« Laut, um den Regen zu übertönen, rief er: »Du sagtest doch, dass du den Toten nicht erkannt hast, Drechsler?«

»Hab’ ich nicht, Herr. Jedenfalls nicht auf den ersten Blick«, rief Meister Gottlieb über die Schulter zurück. »Genauer nachschauen wollt’ ich aber auch nicht. Mir hat gereicht, wie er so tot und steif dagelegen hat.«

»Da habt Ihr es! Ein Unbekannter«, sagte Notger, augenscheinlich befriedigt.

»Worms ist kein Dorf«, brummte der Burggraf.

»Ich für mein Teil bin der Ansicht, dass Ihr Euch umsonst ...«

»Zum Henker noch eins, Vetter«, unterbrach Bandolf ihn gereizt. »Es steht Euch jederzeit frei umzukehren, wenn Euch der Weg zu lang ist.«

Notger schnaubte. Ohne abzuwarten, ob ihm dazu noch eine Antwort einfallen würde, beschleunigte Bandolf seinen Schritt.

Im Stillen hatte er sich schon selbst für seine Gedankenlosigkeit verflucht, dass er sich bei diesem Wetter selbst auf den Weg gemacht hatte. Im Grunde hätte es genügt, wenn er die beiden Büttel mit der Trage geschickt hätte. Den Leichnam bequem im trockenen Beinhaus in Augenschein zu nehmen wäre früh genug gewesen. Es war nicht das erste und gewiss auch nicht das letzte Mal, dass jemand in der Pfrimm ertrunken war. Häufig waren es denn auch junge Burschen, die übers Maß gezecht hatten und solchen Unfug anstellten, wie zu nächtlicher Stunde in den Fluss zu pinkeln oder ähnliche Narreteien am Flussufer zu treiben.

Der Burggraf seufzte.

»Was hattest du eigentlich in aller Herrgottsfrühe am Ufer der Pfrimm herumzukrauchen?«, wollte er wissen, als er zu Meister Gottlieb aufgeschlossen hatte.

Für einen Augenblick schien der Drechsler nachzudenken. Dann sagte er: »Ja, das kam so, Herr: Gestern bekam ich vom Propst von Sankt Martin den Auftrag, für den Altar der Stiftskirche einen Kerzenständer anzufertigen. Bis zu Sankt Martin muss er fertig sein, und er soll genau zu dem Ständer passen, der schon beim Altar steht. Aber wie’s nun mal so ist, habe ich just kein passendes Stück Eschenholz vorrätig, welches geeignet wäre. Und alldieweil’s eben Esche sein muss und weil es ja auch eilt, habe ich mich heut’ in aller Früh schon auf den Weg gemacht und bin durchs Tor, kaum dass der Hahn gekräht hat. Die Pfrimm ist immer gut für ein ordentliches Stück Esche, deshalb bin ich hergekommen.«

»Und das musstest du ausgerechnet an einem Regentag tun, wenn das Holz nass ist?«

»Ich hätt’ ja gern drauf verzichtet, Herr, das könnt Ihr mir glauben. Aber bis Sankt Martin ist’s ja nicht mehr lange hin. Und außerdem war’s die letzten Tage trocken. Da ist jetzt nur die Rinde nass, die ich ohnehin abschälen muss.«

Bandolf nickte. »Wie hast du den Mann entdeckt?«, fragte er nach einer Weile.

»Beinahe gar nicht, Herr«, meinte Meister Gottlieb. »Ich hab’ nämlich zuerst hier am Wegrand nach meinem Holz Ausschau gehalten, hab’ aber nichts Passendes gefunden. Da erst hab’ ich gedacht, ich könnte den Rückweg direkt am Ufer entlanggehen, um mich dort umzusehen, und bin die Böschung runtergeklettert. Und wie ich da so herumschaue, seh’ ich plötzlich etwas Dunkles, das im