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Laurelin Paige


FIXED 2


DUNKLE

GEHEIMNISSE

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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.


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2. Auflage 2019

© 2016 by Lago, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH,

Nymphenburger Straße 86

D-80636 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Copyright © 2013 by Laurelin Paige

Published in cooperation with the D4EO Literary Agency. www.d4eoliteraryagency.com

Die amerikanische Originalausgabe erschien 2013 bei Mandevilla Press unter dem Titel Found in You.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Übersetzung: Ramona Marten

Redaktion: Dr. Carina Heer

Umschlaggestaltung: Pamela Machleidt

Coverabbildung: Gennifer Albin und Tom Barnes

Satz: Andreas Schlangen, Neuss

Druck: CPI books GmbH, Leck

Printed in Germany

ISBN Print 978-3-95761-014-0

ISBN E-Book (PDF) 978-3-95762-033-0

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-95762-034-7 


Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter
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www.m-vg.de

Inhalt

Kapitel eins

Kapitel zwei

Kapitel drei

Kapitel vier

Kapitel fünf

Kapitel sechs

Kapitel sieben

Kapitel acht

Kapitel neun

Kapitel zehn

Kapitel elf

Kapitel zwölf

Kapitel dreizehn

Kapitel vierzehn

Kapitel fünfzehn

Kapitel sechzehn

Kapitel siebzehn

Kapitel achtzehn

Kapitel neunzehn

Kapitel zwanzig

Kapitel einundzwanzig

Danksagung

Über die Autorin

Kapitel eins

Ich blieb vor dem Eingang des vielgeschossigen Hauses in der Park Avenue stehen und starrte auf den Namen des Gebäudes, der in den Stein gemeißelt war: The Bowery. Jordan war schon wieder weggefahren, nachdem er mich hatte aussteigen lassen. Er hielt seine Aufgabe für erledigt, nachdem er mich dem Pförtner übergeben hatte, der mir bereits die Tür aufhielt, während ich noch gedankenverloren dastand und mich nicht rührte.

Das hier war tatsächlich wahr! Es war ein großer Schritt – ein riesiger Schritt – nach vorn und weiter hinein in Hudsons Leben, als irgendjemand ihn je zuvor getan hatte. Natürlich war ich aufgeregt. Ich liebte diesen Mann. Aber kannte ich ihn denn überhaupt? Konnte ich ihn wirklich lieben, wo ich doch so wenig über ihn wusste? Bis vor zwei Minuten hatte ich nicht mal gewusst, wo er wohnte, bis zu dem Augenblick, als sein Fahrer mich vor der Tür abgesetzt hatte. Was würde mich im Inneren des Gebäudes erwarten? Was lag hinter der Maske verborgen, die Hudson Pierce immer trug?

Es schien mir, als hätte ich den echten Hudson gesehen und als wäre ich der einzige Mensch auf der Welt, der ihn wirklich erkannt hatte, aber auch ich hatte erst an der Oberfläche gekratzt. Es gab noch immer so viel zu entdecken bei dem jungen Wirtschaftsmogul, der mein Herz erobert hatte. Ich musste immer noch so viel über ihn erfahren.

Ich wusste, dass Hudson seine Geheimnisse hatte. Zwar hatte er seine Psychospielchen und seine Vorliebe, Frauen zu manipulieren, schon aufgegeben, ehe er mich getroffen hatte – aber es bestand durchaus die Möglichkeit, dass diese früheren Gewohnheiten wiederkehrten. Genauso wie die Möglichkeit bestand, dass meine früheren Gewohnheiten wiederkehrten.

Und davor hatte ich am meisten Angst: dass ich in meine alten obsessiven Verhaltensweisen zurückfallen würde. Ich hatte mit meinem Stalking und meiner unbegründeten Eifersucht schon viele Beziehungen kaputt gemacht, aber ich wusste: Wenn ich diese hier auch zerstörte, dann wäre das mein Ende. Zum Glück hatte ich mich bis jetzt bei Hudson immer sicher gefühlt. Doch es würde sich erst erweisen müssen, ob dieser Zustand von Dauer wäre.

Der Pförtner schaute mich besorgt an – sollte er weiterhin die Tür für diese verrückte, unentschlossene Frau offen halten?

Ich lächelte ihn beruhigend an. »Ich brauche noch einen Moment.«

Er nickte lächelnd zurück und machte die Tür wieder zu.

Ich holte tief Luft und schaute zum obersten Stockwerk hinauf, wo ich Hudsons Apartment vermutete – ich wusste nicht mal, welche Nummer seine Wohnung hatte. War er dort oben noch wach? Stand er am Fenster und hielt Ausschau nach mir? Konnte er mich hier unten sehen, wie ich zögerte?

Er hatte gesagt, er würde schon schlafen. Aber die Vorstellung, dass er mich möglicherweise zögern sah, gab mir den notwendigen Anstoß, endgültig hineinzugehen. Ich traute es Hudson glatt zu, dass er aufblieb und auf mich wartete, und ich wollte nicht, dass bei ihm der Verdacht aufkam, ich würde auch nur die geringsten Bedenken haben. Denn ich hatte keine Bedenken – nicht, was Hudson anging. Bedenken hatte ich ausschließlich, was mich selbst anging: Würde ich in der Lage sein, Teil eines Wir zu sein? Diese Bedenken waren hoffentlich überflüssig. Stattdessen musste ich all meine Hoffnung darauf setzen, endlich mal eine echte Beziehung zu einer anderen Person aufbauen zu können, ohne dass ich wieder in den Ängsten und den ungesunden Gewohnheiten meiner obsessiven Vergangenheit versank.

Der Pförtner lächelte wieder, als ich erneut auf ihn zutrat, und öffnete mir die Tür. Drinnen saß ein weiterer Mann an einem Überwachungstisch vor den Aufzügen.

»Ms Withers?«, fragte er, ehe ich auch nur meinen Namen nennen konnte.

Es hätte mich nicht überraschen sollen. Hudson hatte gesagt, er würde einen Schlüssel für mich hinterlegen, und es war halb vier Uhr morgens. Wer hätte ich wohl sonst sein sollen?

Ich nickte.

»Mr Pierce hat diesen Schlüssel für Sie hinterlegt. Beide Aufzüge zu Ihrer Linken führen zu seinem Penthouse. Stecken Sie den Schlüssel einfach in das Bedientableau.«

»Vielen Dank.«

Die Türen öffneten sich auf der Stelle, als ich den Knopf drückte, um den Aufzug herbeizurufen. Drinnen zitterte meine Hand, als ich den Schlüssel ins Tableau steckte, und ich war dankbar, dass der Sicherheitsmann mich nicht mehr sehen konnte. Die Fahrt zum Penthouse ging schnell, aber nicht schnell genug. Sobald ich meine Beklemmung überwunden hatte, hatte mich heftige Begierde gepackt. Ich wollte bei Hudson sein, in seinen Armen liegen, ich wollte mit ihm zusammen sein, und sogar die eine Minute, die es dauerte, in den obersten Stock zu gelangen, kam mir noch zu lange vor.

Die Türen des Aufzugs öffneten sich in einen kleinen Flur. Ich trat heraus, wandte mich in die einzige Richtung, in die es weiterging, und kam in eine Eingangshalle. Hier war es ruhig, aber ich konnte irgendwo in der Nähe eine Uhr ticken hören, weiter hinten brannten einige Lichter. Ich nahm an, dass es links zu den Schlafzimmern ging, denn zu meiner Rechten öffnete sich ein großes Wohnzimmer mit Fenstern, die vom Boden bis zur Decke reichten.

So sehr ich mich auch danach sehnte, Hudson zu sehen, wandte ich mich doch erst dem Wohnzimmer zu, denn der großartige Ausblick zog mich magisch an. Ehe ich bis zur Fensterfront gekommen war, ging eine Lampe an, und ich sah Hudson in einem Sessel sitzen.

Vor Überraschung blieb mir der Mund offen stehen, während ich den gut aussehenden Mann anstarrte, der nichts als Boxershorts trug. Der Anblick seines muskulösen Oberkörpers ließ mein Herz schneller schlagen, ehe ich in seine grauen Augen schaute, die halb hinter braunen Haarsträhnen verborgen lagen. Ich hatte ihn noch nie in Boxershorts gesehen – und da hatte ich echt was verpasst! Wieder fiel mir auf, wie wenig ich doch von ihm wusste, aber diesmal machte mir dieser Gedanke keine Angst – im Gegenteil, er erregte mich. Wie viel gab es an diesem Mann noch zu entdecken! Und ich war bereit, mich mitten ins Abenteuer zu stürzen.

Obwohl ich so aufgeregt war, war mir auch unbehaglich zumute. Das hier war völliges Neuland, und ich wusste nicht, wie ich mich verhalten sollte. Vermutlich ging es Hudson genauso.

Mir der einen Hand umklammerte ich meine Handtasche, mit der anderen nestelte ich zerstreut am blauen Stoff meines Kleides herum. Es war kurz, mit ausgestelltem Rock, und ganz klar businesslike, aber an der Grenze zu sexy, genau die Art von Outfit, wie ich es in der Sky Launch immer trug, dem Nachtklub, wo ich Assistant Manager war. Der Nachtklub, der Hudson gehörte und in dem ich ihn kennengelernt hatte.

Mir schoss die Erinnerung an unsere erste Begegnung durch den Kopf: Ich hatte ihn am Ende der Bar sitzen sehen, und mir war die Luft weggeblieben. Im gleichen Moment hatte ich schon gewusst, dass ich besser davonrennen sollte. Aber ich hatte es nicht getan, und jetzt hätte ich nicht dankbarer darüber sein können.

Bei seinem Anblick stockte mir der Atem, genauso wie damals. Mit zaghaftem Lächeln wagte ich es, die Stille zu durchbrechen: »Du bist ja noch wach.«

»Ich dachte, es wäre am besten, auf dich zu warten, damit du dich auch zurechtfindest, wenn du kommst.«

»Aber du solltest doch eigentlich schlafen.« Als Vorsitzender von Pierce Industries, einem milliardenschweren Unternehmen, waren seine Arbeitszeiten völlig anders als meine im Klub. Mitten in der Nacht herzukommen, wo er doch immer schon um sechs Uhr aufstand – was hatte ich mir eigentlich gedacht? Wie sollten unsere beiden unterschiedlichen Lebensweisen je miteinander vereinbar sein?

Nein, so würde ich nicht denken. Das war ein Vorwand, unter dem ich mir selbst das Glück verweigerte. Und Hudson und ich hatten beide endlich mal etwas Glück im Leben verdient!

Das Objekt meiner Begierde stand auf, kam zu mir und ergriff meine Hand, die die Handtasche hielt. »Ich habe schon geschlafen, und jetzt bin ich wach.« Bei seiner einfachen Berührung legte sich meine innere Unruhe, und den letzten Rest Aufregung ignorierte ich einfach, obwohl mir das Herz hämmerte. Das war Hudsons Wirkung auf mich – er überwältigte und verblüffte mich auf seine eigene wunderbare Weise.

Er nahm mir die Handtasche ab, löste sich von mir und legte sie auf den Beistelltisch.

Ohne den Körperkontakt zu ihm wurde ich wieder nervös und fing an, irgendwelches banales Zeug zu quasseln. »Ich bin noch nie in einem Penthouse gewesen. Wenn man das Loft mal außen vor lässt.« Das Loft über seinem Büro, der Ort, wo er mich bis zur Besinnungslosigkeit gefickt hatte. Zum Glück verbarg das dunkle Wohnzimmer, dass ich rot wurde. »Es ist schön hier, H.«

»Du hast doch bisher kaum was gesehen.« Er zuckte nicht zusammen, als er den absurden Spitznamen hörte, den ich ihm gegeben hatte. Vielleicht gewöhnte er sich allmählich daran.

»Aber allein das, was ich sehen kann …« Mein Blick wanderte durch das teure Wohnzimmer, und mir fielen die kunstvollen architektonischen Details und der einfache Einrichtungsstil auf. »Es ist un­glaub­lich.«

»Freut mich, dass es dir gefällt.«

»Es ist ganz anders, als ich es mir vorgestellt habe. Nicht so wie das Loft. Ich dachte, so ungefähr würde es auch hier aussehen.« Das Loft war ganz in Schwarz und Leder gehalten, männlich und stark. Dieser Ort hier war hell und luftig – das konnte ich sogar im schwachen Licht der Lampen und im Mondschein sehen.

»Alayna.«

Als seine Lippen meinen Namen berührten, jagte mir ein wohliger Schauer über den Rücken. Wie schaffte er es bloß immer wieder, mich mit einem einzigen Wort so anzuturnen? In mir alles auf den Kopf zu stellen?

»Auch die Möbel sind ganz anders.« Weil ich so nervös war, musste ich einfach weiterreden. Ich fürchtete die Verbindung, die augenblicklich zwischen uns entstehen würde, sobald ich zu reden aufhörte. Ich trat auf das weiße Sofa zu und ließ die Hand über die teuere Polsterung gleiten. »Aber Celia hat doch auch hier alles eingerichtet, oder?«

Seine Stimme klang angestrengt. »Ja, das hat sie.«

Celia Werner, seine Freundin aus Kindertagen und seine Ex-Verlobte. Na ja, in Wirklichkeit nicht, aber doch so gut wie. Warum hatte ich sie bloß erwähnt? Wollte ich alles gleich wieder kaputt machen? Celia war in unserer Beziehung immer wieder ein Grund für Spannungen gewesen, seit Hudson mich engagiert hatte, um seiner Mutter vorzuspielen, dass wir beide ein Paar waren. Sophia Pierce hielt es für unmöglich, dass ihr Sohn fähig war, wirklich zu lieben. Sie glaubte, Celia, die Tochter ihrer guten Freunde, der Werners, wäre die perfekte Partnerin für Hudson. Selbst wenn er nichts für sie empfinden konnte, so würde Celia doch immerhin dafür sorgen, dass Hudson nicht aus der Reihe tanzte, und ihn davor bewahren, sich mit seinen speziellen Neigungen Ärger einzuhandeln.

Doch es stellte sich heraus, dass Hudson sehr wohl in der Lage war, tiefer zu empfinden – während unserer Scharade hatte er sich in mich verliebt.

Doch noch immer hatten Hudson und Celia eine innige Bezieh­ung zueinander, die mich eifersüchtig machte. Um das Thema zu wechseln, ging ich zur Fensterfront hinüber. »Das ist ja eine Wahnsinns­aus­sicht …«

»Alayna.«

Ich drückte mein Gesicht gegen die Scheibe und schaute auf die Welt dort unten hinab. »Einfach gigantisch.«

Hudson stellte sich hinter mich, und ich spürte, wie seine Wärme auf meinen Rücken ausstrahlte, obwohl er mich nicht berührte. »Alayna, sieh mich an.«

Langsam drehte ich mich um.

Er fasste mein Kinn und zwang mich, ihm in die Augen zu schauen. »Du bist nervös. Das musst du nicht sein. Ich will dich hier haben.«

Diese Worte waren genau das, was ich gebraucht hatte, und sie ließen meine letzten Sorgen verrauchen, wie eine Decke ein Feuer erstickt. »Sicher?« Ich war zwar beruhigt, aber ich wollte noch mehr hören. »Du hast noch nie eine Frau hierher mitgenommen, oder? Ist das nicht merkwürdig?«

Er strich mir mit dem Daumen über die Wange, und meine Haut erwachte unter seiner Liebkosung. »Es ist anders, weil ich noch keine Frau hierher mitgenommen habe, aber merkwürdig ist es nicht. Und ja, ich bin völlig sicher, dass ich dich hier haben will.«

Ich erbebte angesichts der Bestätigung, dass ich tatsächlich die erste Frau war, der er erlaubt hatte, hierherzukommen, die erste Frau, die er in seiner eigenen Wohnung lieben würde. »Ich auch. Ich meine, ich bin sicher, dass ich hier sein will.« Ich zerschmolz förmlich unter seinem Blick und hätte mich auf ewig darin verlieren können – und das jagte mir einen ordentlichen Schrecken ein.

Ich suchte nach einer Möglichkeit, mich zu beruhigen, und sei es auch nur für einen winzigen Moment, also warf ich einen Blick in Richtung des Zimmers, das sich ans Wohnzimmer anschloss. »Wo geht es denn da drüben hin? Ist das das Esszimmer?«

»Morgen früh mache ich mit dir eine Wohnungsführung.« Er umschloss mein Gesicht jetzt mit beiden Händen und sah mir wieder fest in die Augen.

»Morgen früh eine Wohnungsführung«, wiederholte ich. Ich war hin und weg – ich hatte mich völlig an ihn verloren. »Aber nicht jetzt.«

»Nein, nicht jetzt. Jetzt möchte ich dich in meinem Zuhause willkommen heißen.« Sein Mund begegnete meinem und nahm mich mit in schwindelerregende Höhen, die die Aussicht hinter mir ganz schön alt aussehen ließen. Seine Lippen saugten an meinen, und dann glitt seine Zunge mit köstlichem Streicheln in meinen Mund. Ich verlor das Gleichgewicht, musste ihm rasch die Arme um den Hals legen, um mich an ihm wie eine Ertrinkende festzuhalten.

Hudson nahm eine Hand von meinem Gesicht, legte sie mir um die Taille und zog mich an sich, sodass ich seine Erektion durch den dünnen Stoff seiner Boxershorts hindurch an meinem Schenkel spüren konnte. Seine andere Hand griff mir ins Haar und verkrallte sich darin. Ich presste meine Brüste fest gegen ihn, ich musste ihn mit jedem Teil meines Körpers spüren.

Ein Stöhnen stieg in Hudsons Kehle auf, vibrierte hinter unserem Kuss und entfachte meine Begierde noch mehr. Ich verlagerte das Gewicht und versuchte, noch näher an ihn heranzukommen, mein Bein gierte danach, sich um ihn zu schlingen.

Seine Lippen noch immer auf meinen, sagte er: »Es gibt da allerdings ein Zimmer, das ich dir gern noch heute Nacht zeigen würde.«

»Ich hoffe doch sehr, dass es das Schlafzimmer ist.«

»Genau das.« Mit einem Schwung hob er mich hoch und trug mich in die Richtung, aus der ich gekommen war. Er trug mich einfach so davon, und das war auch die Wirkung, die er insgesamt auf mich ausübte: Bei ihm war ich ein Zweig in einem tosenden Fluss, der Richtung Meer drängte. Hudson war die Strömung, die mich überallhin zog, wo er mich haben wollte. Ich war ihm ausgeliefert.

Er hatte mir versprochen, dass er mit mir keine manipulativen Spielchen treiben wollte, dass er nie versuchen würde, mich zu beherrschen. Aber das war ein Versprechen, das er nicht halten konnte. Er riss mich mit sich, ob er wollte oder nicht. Und für mich war das völlig in Ordnung so.

Er trug mich durch die Eingangshalle und küsste mich dabei, bis wir an deren anderem Ende in den Raum abbogen, der das Schlafzimmer sein musste. Ich hatte meine ganze Aufmerksamkeit auf Hudson gerichtet und bekam nur mit, dass er mich auf ein großes Bett legte, auf dessen einen Seite hellgraues zerwühltes Bettzeug lag, und zwar auf der linken Seite. Seiner Seite. Dass ich an einem so intimen Ort war, dort, wo Hudson schlief, wo er heute Nacht schon geschlafen hatte, ließ die Lust und die Begierde in mir noch weiter steigen. Ich wollte Hudson auf mir und in mir. Stattdessen stand er da und starrte mich aus verschleierten Augen an.

Er würde sich Zeit lassen, und es hätte keinen Zweck, sein Tempo zu kritisieren. Es gab auch keinerlei Grund zur Kritik. Obwohl er ein dominanter Liebhaber war, konzentrierte er sich immer auf meine Bedürfnisse und kümmerte sich stets auf bestmögliche Art und Weise um mich. Er kannte mich ganz genau, er wusste, wie er auf meinem Körper spielen musste, sodass ich mich fühlte, als hätte ich keine Knochen mehr im Leib, er wusste, wie er mich erregen und lieben musste, selbst wenn ich selbst keine Ahnung hatte.

Seine Hand glitt langsam an meinem Bein hinunter bis zum Knöchel, und er zog mir die Riemchensandale so schmerzhaft langsam aus, dass ich mich wand. Das Ganze wiederholte er mit dem anderen Schuh, dann kniete er sich aufs Bett, beugte sich über mich und küsste mich kurz. Ich streckte die Arme nach ihm aus und wollte ihn an mich ziehen, aber er machte sich los.

»Das letzte Mal haben wir es ganz schnell gemacht. Diesmal muss ich dich unbedingt voll auskosten.« Das letzte Mal war rasch und angespannt gewesen, eine Atempause mitten in einem Streit, auf der neuen Couch im Büro des Managers in der Sky Launch. Auch da war von meiner Seite her kein Wunsch offen geblieben. Aber voll ausgekostet zu werden – das klang natürlich verdammt großartig.

Er zog eine Spur feuchter Küsse meinen Körper hinunter bis zum Saum meines Kleides. Mit einem fiesen Glitzern in den Augen schob er es mir über die Taille und küsste mich mitten aufs Zentrum meines Begehrens.

Ein Stöhnen kam mir über die Lippen, und er lachte leise. Seine Finger glitten unter das Gummi meines Höschens, er zog es mir aus und warf es zur Seite, dann legte er mein Bein über seine Schulter, und gleich darauf war sein Mund wieder auf mir und leckte und saugte gierig am Nervenbündel zwischen meinen Schenkeln.

Ich war schon halb wahnsinnig vor Lust, als er mit zwei Fingern in mich glitt, mich erforschte, sie drehte und mich mit Leichtigkeit zum Kommen brachte. Ich erschauderte und erzitterte, während er an mir hinaufglitt, meinen Mund in Besitz nahm und mich mit großer Begierde küsste.

Die sanften Geräusche, die er dabei von sich gab, mein Geschmack auf seiner Zunge, sein Schwanz, den ich an meinem Schenkel zucken spürte – es dauerte keine halbe Minute, ehe die Lust bei mir zurückgekehrt und ich bereit für einen weiteren Ausflug auf den Gipfel der Ekstase war. Ich war begierig, ihn zu berühren, und meine Hand fand seinen Schwanz und rieb ihn durch die Shorts hindurch.

Er ließ stöhnend von meinem Mund ab, und ich gab ihm einen kleinen Stoß, sodass er sich auf die Seite rollte, während ich ihn weiterstreichelte. »Boxershorts also. Trägst du die oft?«

»Im Bett.«

»Das gefällt mir. Ich hab dich noch nie damit gesehen.« Meine Hand glitt durch den Eingriff, und ich staunte wieder einmal, wie weich sein mächtiger Schaft sich in meiner Hand anfühlte und welche Hitze seine Haut abstrahlte.

»Wenn ich mit dir im Bett bin …«, seine Stimme brach, als ich mit der Hand über seine Spitze fuhr, »… hab ich nie etwas an.«

»Soso. Das gefällt mir sogar noch besser.« Jetzt war ich an der Reihe, mit der Hand den Bund seiner Boxershorts zu ergreifen und sie ihm über die muskulösen Beine zu ziehen, ganz gefesselt vom grandiosen Anblick seiner Erektion.

Sobald seine Hose auf dem Boden gelandet war, zog er mich wieder an sich. »Mir gefällt es auch, wenn du gar nichts anhast.« Seine Finger zogen mir erneut das Kleid nach oben. »Und jetzt musst du unbedingt nichts anhaben.«

»Da möchte ich dir nicht widersprechen.« Ich setzte mich auf und half ihm, mir das Kleid über den Kopf zu ziehen. Er warf es beiseite, und im nächsten Augenblick hakten seine Hände bereits hinter mir den BH auf und befreiten meine Brüste. Dann streckte er sich auf mir aus, sein heißer Penis war einen Moment an meinem Eingang, nur eine Sekunde lang, ehe er sich in mich senkte, in mich eindrang, mich dehnte und mich so ausfüllte, wie nur er es konnte.

Er drehte sich auf die Seite und drehte mich mit sich, und ich schlang ein Bein um ihn und drängte ihn damit noch tiefer in mich hinein. Er hatte gesagt, er wolle mich auskosten, aber entweder hatte er es sich anders überlegt oder er konnte sich nicht zurückhalten, denn er zeigte seine Lust mit raschen Stößen. Bei jedem Stoß traf er meine empfindlichste Stelle, was mich zum Wahnsinn brachte und mich zum nächsten Höhepunkt jagte, der tief in meinem Inneren begann, dann meinen ganzen Körper ergriff und sich bis hinab zu den Zehen ausbreitete.

Hudson machte weiter und wurde immer schneller, bis er den Höhe­punkt seiner Befriedigung erreichte. Dann brach er über mir zusammen, noch immer in mir, nahm mich in die Arme und ließ Küsse auf mein Gesicht regnen – eine ungewöhnlich zärtliche Geste von dem beherrschten Mann, den ich zu lieben gelernt hatte. Ich freute mich, wie zärtlich das war.

»Hab ich dir schon gesagt, wie froh ich bin, dass du hier bist?«, fragte er und küsste mich zwischen den einzelnen Worten.

Das zu hören, bedeutete mir alles. Ich begriff, dass es Hudsons Art war, Ich liebe dich zu sagen. Er hatte es noch nicht geschafft, das klar und deutlich auszusprechen – dieses Gefühl war für ihn noch zu neu, und ich erwartete es auch gar nicht. Aber heute Nachmittag hatte ich ihm gesagt, ich wisse, dass er in mich verliebt sei, und er hatte nicht widersprochen. Er war auch nicht ausgeflippt, als ich gesagt hatte, ich sei in ihn verliebt.

Doch ich machte mir keine Illusionen und glaubte nicht, dass ab jetzt alles nur noch eitel Sonnenschein sein würde. Es waren alles winzige Schritte. Dass er überhaupt sagte, was er empfand, war schon ein großer Schritt. Dass dabei auch noch zur Sprache kam, wie er mir gegenüber empfand, waren für mich gleich zwei Schritte.

Ich fuhr ihm mit der Hand durchs Haar, während er meinen Hals küsste. »Das hast du schon gesagt. Und wenn du es nicht gesagt hättest, hätte ich es mir auch fast denken können.« Ich hob spielerisch die Augenbrauen, damit er verstand, dass ich mich auf das bezog, was sich soeben zwischen uns abgespielt hatte. »Aber du kannst es mir gern so oft sagen, wie du willst.« Und auf so viele Arten, wie du willst, fügte ich im Stillen hinzu.

Er schwebte über mir und leckte sich tiefer, hin zu meinen Brüsten. Offenbar bewegten wir uns schon auf Runde zwei zu. »Ich bin froh, dass du hier bist, mein Schatz.« Er zog mit den Zähnen leicht an meiner Brustwarze, dann beruhigte er den Schmerz mit einem kreisenden ­Lecken seiner Zunge.

Ich holte tief Luft und genoss die Mischung aus Lust und Schmerz, während er meiner anderen Brust die gleiche Behandlung zukommen ließ. Sein Kosename für mich, Schatz, ging mir durch den Kopf, während er meine Haut leckte. So nannte er mich seit unserer ersten sexuellen Begegnung, vor beinahe zwei Wochen. War das wirklich erst zwei Wochen her? Und hatte ich ihn wirklich erst eine Woche davor im Klub gesehen, als ich noch nicht gewusst hatte, dass er der Hudson Pierce war? Es schien schon eine halbe Ewigkeit her zu sein. Die liebevolle Bezeichnung, die er für mich hatte, war vom ersten Augenblick an, in dem er sie aussprach, für mich bedeutungsvoll gewesen. Allerdings waren wir uns damals gerade erst begegnet … vielleicht hatte sie doch nicht so viel Bedeutung, wie ich ihr zumaß.

Die Neugierde siegte, obwohl ich schon wieder unter ihm erzitterte. »Weshalb nennst du mich eigentlich so?«

Er antwortete, ohne den Blick von meinen Brüsten zu heben. »Weil du mein Schatz bist.«

»Du hast mich schon Schatz genannt, bevor du das überhaupt wissen konntest.«

»Falsch.« Er stützte den Ellbogen auf und legte den Kopf in die Hand. »Das wusste ich schon, als ich dich zum ersten Mal gesehen habe.«

Für einen kurzen Moment dachte ich, er meinte unsere Begegnung in der Bar – die erste Nacht, in der ich ihn gesehen hatte. Doch dann fiel mir ein, dass er mich etwa zwei Wochen zuvor schon gesehen hatte, als ich kurz vor meinem MBA-Abschluss in Wirtschaftswissenschaften stand. Er hatte im Publikum gegessen, als ich auf der Fachkonferenz der Hochschulabsolventen sprach. Das hatte ich aber erst später herausgefunden, und er hatte mir kaum etwas darüber erzählt.

Ich stützte mich auf die Ellenbogen, richtete meinen Oberkörper auf und wartete gespannt, dass er weitersprach.

»Du hast beim Vortrag an der Stern auf der Bühne gestanden«, sagte er, und seine Hand streichelte mir über die weiche Kurve zwischen Taille und Hüfte. »Als du mit deinem Vortrag angefangen hast, warst du nervös. Du hast ein paar Minuten gebraucht, um richtig reinzukommen, aber sobald du deinen Rhythmus gefunden hattest, warst du großartig. Du hattest bloß keine Ahnung, dass du großartig warst. Und ganz offensichtlich war dir gar nicht bewusst, dass der ganze Saal voller Leute war, die dich auf der Stelle engagiert hätten, wenn du sie nur angesprochen hättest. Zum Glück hast du das nicht getan. Denn ich habe diesen Leuten zugeschaut, wie sie dir zugeschaut haben, und ich habe es sofort gewusst. Ich wusste, dass die anderen auch erkannten, wie klug du bist. Sie haben begriffen, dass du einen Sinn fürs Geschäft hast. Aber keiner von ihnen hat das seltene Juwel erkannt, das da vor ihnen stand. Ein kostbarer Schatz.«

Mir standen die Tränen in den Augen. Niemand hatte mich je so gesehen, niemand hatte auch nur hingeschaut. Weder meine Eltern, ehe sie gestorben waren, noch mein Bruder Brian noch irgendein Mann, mit dem ich zusammen gewesen oder von dem ich regelrecht besessen gewesen war. Nicht ein einziger.

»Ich liebe dich, Hudson.« Es war heraus, ehe ich darüber nachdenken konnte; ehe ich mir Sorgen machen konnte, dass er ausflippen würde, so wie er es beim ersten Mal getan hatte, als ich meine Gefühle für ihn zur Sprache gebracht hatte. Ich wäre nicht in der Lage gewesen, meine Worte zurückzuhalten, selbst wenn ich es gewollt hätte – sie lagen jetzt immer dicht unter der Oberfläche, allzeit bereit, mir jeden Moment über die Lippen zu drängen. Wenn wir wollten, dass unsere Beziehung funktionierte, dann würden wir uns beide daran gewöhnen müssen.

Ich schaute Hudson ununterbrochen in die Augen, während er meine Erklärung in sich aufnahm.

Dann warf er sich wie der Blitz auf meinen Körper. Er stützte mir mit einer Hand den Nacken und liebkoste meine Nase mit seiner. »Das kannst du mir gern so oft sagen, wie du willst«, sagte er, indem er meine Worte von eben benutzte.

»Das habe ich auch vor.« Aber das murmelte ich nur noch undeutlich, denn ich verlor mich schon an seinen Mund, seine Lippen übermannten meine, und wir drückten unsere Gefühle füreinander mit unseren Zungen und Händen und Körpern aus – und auf viele weitere Arten, bei denen man nicht zu sprechen braucht.