cover
Valerie le Fiery, Frank Böhm

Happy Halloween

Süßes Saures Schnuckeltypen


Sämtliche Personen und Handlungen in diesem Buch sind frei erfunden, Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen sind somit rein zufällig und nicht beabsichtigt.


BookRix GmbH & Co. KG
81669 München

Finch

„Autsch! Mist verdammter! Meine Güte … ächz, wie komm ich denn hier endlich raus aus diesem …? Ah … Geschafft!“

 

Oh, entschuldigen Sie vielmals. Jetzt haben Sie mich doch tatsächlich beim Fluchen erwischt. Immerhin hat man es ja auch nicht einfach als abkommandiertes Halloweengespenst. Das gesamte Jahr über muss ich in diesem komischen Kasten verbringen, nur in dieser einen Nacht im Oktober darf ich mein Unwesen treiben. Jetzt fragen Sie sich sicherlich, wie es dazu gekommen ist, dass ich nicht – wie andere Geister – zwischen zwölf und ein Uhr auf Erschreckensjagd gehe. Das erzähle ich Ihnen jedoch nicht, denn Sie würden es erstens sowieso nicht verstehen und zweitens würde all das den Rahmen sprengen. Schließlich habe ich ja nur heute Nacht Ausgang.

 

Wieso bin ich nur ständig so unhöflich? Sie kennen mich nicht, ich quatsche Sie mit meinen Problemen voll und dabei habe ich mich noch nicht einmal vorgestellt. Also … haben Sie was zum Schreiben? Nicht? Okay … dann merken Sie sich einfach so meinen Namen.

 

Fingelius Andrius Karlottus Krostowskus von Schwabeldingen! Ja, so heiße ich tatsächlich, meine Freunde nennen mich jedoch einfach nur Finch. Das dürfen Sie ebenfalls gerne machen.

 

Leider muss ich nun gehen – ich soll in der Halloweennacht ja ein paar Leute erschrecken, obwohl ich dazu überhaupt keine Lust habe. Aber wissen Sie was? Halten Sie sich doch einfach an mir fest und wir fliegen zusammen ein wenig durch das Dorf.

 

Es ist jedes Jahr derselbe Ausblick. Geschminkte Kinder laufen durch die Straßen und klingeln bei den ohnehin schon genervten Leuten an der Tür, um sich etwas Süßes abzuholen. Dabei ist es doch so schlecht für die Zähne, aber mir glaubt ja keiner. Süßes oder Saures … was für ein Quatsch! Bei uns in der Geisterszene wird noch richtig Halloween gefeiert. Mein Onkel möchte mich da aber nicht sehen – er mag mich nicht, weil ich nicht so gern erschrecke. Och dann soll er sich doch …

 

Haben Sie eigentlich Höhenangst? Und wenn schon, ich stürze nicht ab, das verspreche ich. Nun möchte ich jedoch einmal schauen, was die Leute in ihren Wohnungen so treiben. Okay – da sitzt eine ältere Frau und strickt. Die lasse ich in Ruhe. Und hier? Was haben wir dort? Ein schlafender Mann vor dem Fernseher. Wenn er nichts Besseres vorhat.

 

Au weia … oh mein Gott, da will ich jetzt besser nicht … nun gucken Sie mal. Uiuiuiuiui … die sind aber süß. Zwei Typen knutschend auf dem Bett. Das habe ich lange schon nicht mehr gesehen. Wenn ich ehrlich bin – noch nie. Kommen die aus dem Süden? Ich frage ja nur, weil die so braun gebrannt sind. Wenn ich an mir herunterschaue, sehe ich nichts anderes als Weiß. Okay, gewonnen! Ich bin ein Gespenst.

 

Nun ziehen die sich auch noch aus. Zwei knackige Körper, die sich eng aneinanderschmiegen, das ist doch schön anzuschauen. Oder was sagen Sie dazu? Wenn ich ein Mensch wäre, dann würde es mir ein wenig die Schamesröte ins Gesicht treiben. Herrlich, wie die zwei sich berühren. Diese Zärtlichkeiten und Intimitäten machen echt Lust auf mehr. Man kann sehen, wie erregt sie sind, und wenn ich recht lausche, dann höre ich sogar das eine oder andere Stöhnen. Die beiden prächtigen Kerle sind mittlerweile völlig nackt und scheinen ganz genau zu wissen, was sie wollen. Doch was macht der eine denn da? Der steckt sich etwas auf sein bestes Stück, das aussieht wie ich – nur kleiner – und nun versenkt er diese Kombination in seinem Partner. Am liebsten wäre ich jetzt der kleine Geist, der sich das Innere dieses gut gebauten Mannes anschauen darf. Außerdem würde ich auch mal ganz gern auf dessen Mitte sitzen.

 

Nun geht es aber wirklich ab. Sportlich will ich das mal nennen. Ich bin nach zwanzig Liegestützen völlig außer Puste und er geht auf und nieder, als wäre er Herkules, und kommt dabei nur leicht ins Schwitzen. Vielleicht sollte ich einmal bei ihm den Puls messen. Oder lieber doch nicht? Nein, ich entscheide mich dagegen.

 

Jetzt wird es interessant. Der junge Mann hat sich von seinem Partner wieder gelöst. Schwer atmend liegen beide nebeneinander und halten sich im Arm. Hoppla, da wird selbst mir heiß. Also, nicht dass sie denken, dass … na gut, ich geb’s ja zu. Auch ich habe Gefühle und das eben hat mich nicht gerade kaltgelassen. Wenn ich es mir so recht überlege, dann könnten wir doch auch …

 

Halt! Stehenbleiben! So war das gar nicht gemeint. Ich wollte Sie auf keinen Fall erschrecken. Nun warten Sie doch! Bitte …

 

Ständig mache ich alles falsch. Oder etwa nicht? Immerhin bin ich ein Gespenst.