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Nr. 156

 

Der Sturz des Falken

 

von Hubert Haensel

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt

Die Entscheidungsschlacht zwischen den Heeren des Lichts und der Finsternis wurde abgebrochen. Der Lichtbote griff ein und verhinderte den Sieg der Dunkelmächte, indem er Vangor ins absolute Chaos stürzte. Viele starben bei den Katastrophen, die das Gesicht der Welt veränderten. Doch Mythor rettet sich hinüber in den Morgen einer neuen Zeit. Er hat einen wichtigen Auftrag zu erfüllen. Er soll Inseln des Lichts im herrschenden Chaos gründen und den Kampf gegen das Böse wieder aufnehmen.

Als Mythor in der veränderten Welt zu sich kommt, ist er sich dieses Auftrags nicht bewusst, denn man hat ihn seiner Erinnerungen beraubt. Erst bei der Begegnung in der Drachengruft wird Mythor dieses klar, und schließlich sorgt das Duell mit Mythors anderem Ich dafür, dass unser Held in seiner Ganzheit ersteht.

Damit beginnt Mythor wieder in bekannter Manier zu handeln. Die Welt vor einer erneuten Invasion durch die Horden Xatans zu schützen ist sein erklärtes Ziel. Deswegen sucht unser Held auch die Verständigung mit den verschiedenen Clans des Drachenlands.

Nach Burg Quelstenn, dem Sitz des Einhornclans, will Mythor Greiffong, das Zentrum der Falker, aufsuchen. Doch Kaithos, der mit den Mächten des Dunkels paktierende Oberpriester des Drachenkults, bewirkt den STURZ DES FALKEN ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Mythor – Unser Held auf dem Weg durch Falkenland.

Sadagar, Mungol und Guchong – Einige von Mythors Begleitern.

Valcord von Greiffong – Oberhaupt des Falkenclans.

Corro und Pacol – Valcords Unterführer.

Kaithos – Der Kultpriester sät Zwietracht.

1.

 

Dutzende von Falken nisteten im Gemäuer der Burg. Zinnen und vorkragende Wehrgänge waren von ihren Ausscheidungen überzogen. Die scharfen Rufe der Vögel übertönten zumeist auch das Tosen der Meeresbrandung, die bei auffrischendem Nordwind zu vernehmen war.

Seit den Tagen von ALLUMEDDON lag Burg Greiffong nahe der Steilküste. Wo früher fruchtbare Äcker und Wälder sich bis zum Aegyr-Land erstreckt hatten, schäumte heute die Gischt mannshoher Wogen, die sich mit unerbittlicher Wucht gegen die Küste warfen, den Fels unterspülten und abtrugen. Abertausende von Seevögeln brüteten in den unzugänglichen Klippen; für die Falken von Greiffong waren sie ausreichende Beute. Über der einstigen Hauptstadt Sankand, zur Hälfte im Meer versunken, zur anderen in Schutt und Asche liegend, wehte nicht nur der Hauch des Todes – mitunter verdunkelten riesige Vogelschwärme den ohnehin verhangenen Himmel über den Ruinen.

Eine steife Brise brachte den Geruch von Salzwasser und Seetang mit sich; die Sonne hatte sich hinter düsteren Wolkenschleiern verborgen, und nur hin und wieder huschte ein flüchtiger Lichtfinger über die rissigen Mauern und den Burggraben. Kaum einer der wilden Falken schreckte vom Geräusch der rasselnden Ketten auf, als die Zugbrücke herabgelassen wurde.

Während die Brücke dröhnend aufschlug, wurde bereits das eiserne Fallgitter hochgezogen. Bunt gekleidete Schergen hasteten durch das Tor, postierten sich zu beiden Seiten und ließen Fanfaren erklingen. Dann kamen Reiter aus der Burg. Der erste von ihnen saß so steif auf seinem Pferd, als habe er nie das Reiten gelernt. Im Abstand von mehreren Mannslängen folgten ihm ein Mädchen und ein Jüngling, beide kaum älter als sechzehn Sommer, und hinter ihnen sechs Falker, wie die Mitglieder des Falkenclans genannt wurden. Zwei der Krieger führten Greifvögel mit sich. Die Tiere waren am Sattelknauf angebunden. Überwürfe schützten die Pferde vor den Krallen und Schnabelhieben der Tiere. Beiden Falken waren zudem Kappen über den Kopf und die Augen gestülpt, um sie ruhig zu halten.

Die Fanfarenklänge verstummten, kaum dass der Trupp die Zugbrücke verließ und nach Südwesten einschwenkte. Die Straße war nur an den tief eingegrabenen Furchen zu erkennen, wie schwer beladene Ochsenkarren sie im Lauf der Zeit hinterlassen.

Wortlos übernahmen zwei der Falker die Führung. Ihre Mienen wirkten verhärtet.

»Warum seid ihr ungehalten?«, fragte der alte, kahlköpfige Mann, der nach wie vor hoch aufgerichtet im Sattel saß. »Glaubt ihr wirklich, es wäre von Wichtigkeit, ob wir unser Ziel morgen oder erst in zwei Tagen erreichen?«

Einer der beiden vor ihm wandte sich um. Er musterte den Alten, dessen Blick starr geradeaus gerichtet war und dessen Lider sich nie bewegten. »Du bist blind«, stellte er fest. »Wie kannst du wissen, was in uns vorgeht?«

Der Seher ließ ein spöttisches Lachen vernehmen. »Einen Menschen zu unterschätzen, Koradu, ist mitunter ein tödlicher Fehler.«

»Woher kennst du meinen Namen?«, fuhr der Krieger überrascht auf.

Der alte Mann lächelte wissend. »Vergiss nicht, dass ich, Jothar, ein Seher des Orakels von Tanur bin. Frage Junker Bertram danach, und er wird dir bestätigen, dass es Dinge zwischen uns und dem Reich der Toten gibt, die kein anderer versteht.«

»Das ist wahr«, rief der hinter ihm reitende Junge und nickte heftig.

Nach Stunden veränderte sich die Landschaft. Während zur Linken dorniges Gestrüpp das Bild bestimmte, ragten rechter Hand schroffe Felstürme auf. Um sie herum waren Erdreich und Steine wallförmig angehäuft; Risse und tiefe Spalten ließen den Boden trügerisch erscheinen.

»Dieses Land ist seit ALLUMEDDON nicht zur Ruhe gekommen«, murmelte Jothar.

»Die Felsen wachsen schon lange nicht mehr«, widersprach Koradu. »Sie ...«

Der Seher winkte heftig ab. Er legte den Kopf schräg und schien zu lauschen.

Helge, einer der höhergestellten Krieger, die Kampffalken besaßen, schloss zu ihm auf. Das Tier schlug unruhig mit den Schwingen und hackte mit dem Schnabel auf den goldverzierten Sattelknauf ein. »Torr ist selten so unruhig«, sagte der Mann.

»Er spürt die Nähe der wilden Drachen«, erklärte Jothar.

Unwillkürlich griff Helge nach dem schweren Bogen, der am Sattel hing. Dann erst suchte er den Horizont ab. »Kaithos wird nicht so verrückt sein, uns anzugreifen«, meinte er schließlich. »Er weiß, dass Valcord einem Bündnis dann niemals zustimmen würde.«

Die Straße führte durch einen engen Hohlweg. Wasser rann an dem rauen, brüchigen Schiefergestein herab und verwandelte den Untergrund stellenweise in schlammigen Morast.

Jothar lauschte den Geräuschen. »Sage mir, was du siehst, Junker Bertram«, forderte er den Jüngling auf.

»Flechten wuchern an den Felsen. Das Wasser, das aus dem Gestein hervorquillt, schimmert schwarz und ist dickflüssig wie Sirup.«

»Es ist das Blut von Vangor«, seufzte der alte Mann. »ALLUMEDDON hat Wunden geschlagen, die noch lange nicht verheilt sind. Aber nenne mir nicht Dinge, die ich selbst erkennen kann.«

»Da sind Spuren«, stellte Bertram zögernd fest. »Sie beginnen aus dem Nichts heraus und enden ebenso abrupt.« Weit beugte er sich über den Hals seines Pferdes, um mehr erkennen zu können. Als das Tier plötzlich scheute, stürzte er in den dunklen Schlamm.

»Helft ihm auf!«, befahl Helge den anderen.

Mit der Innenseite des verschmutzten Wamses säuberte Junker Bertram sein Gesicht. »Das Zeug riecht wie Schwefel und faule Eier«, schimpfte er. »Am nächsten Wasserlauf ...« Ein dumpfes Dröhnen aus der Höhe ließ ihn aufsehen. Während seine Augen sich in jähem Erschrecken weiteten, versetzte einer der Krieger ihm einen heftigen Tritt ins Gesäß, dass er gegen die Felsen taumelte.

»Runter von den Pferden!«, brüllte Helge. Schon schlugen vor und hinter ihnen die ersten mannsgroßen Schieferplatten auf; Splitter schwirrten wie Geschosse umher.

Helge kam gerade noch dazu, den Jagdfalken loszubinden, bevor die Hufe seines auskeilenden Pferdes ihn trafen. Vorübergehend wurde ihm schwarz vor Augen. Staub beschränkte die Sicht auf wenige Schritte. Dennoch konnte der Krieger erkennen, dass zwei der Pferde von schweren Geröllplatten zerschmettert wurden. Unmittelbar neben ihm kauerte Junker Bertram, eng an die Steilwand gepresst. Und von irgendwoher erklangen die schrillen Angstschreie der Jungfer Sirit.

Ein Schatten strich lautlos durch die Schlucht. Helge tastete nach seinen Waffen. Als der Schatten zurückkam, warf er die erste Klaue, eine den Vogelkrallen nachempfundene Waffe. Die stählernen Widerhaken durchbohrten eine lederhäutige Schwinge.

Mehrere Drachen stießen aus der Höhe herab. Sie behinderten sich gegenseitig. Blitzschnell hintereinander schleuderte Helge drei weitere Wurfklauen nach der hellen Bauchseite eines der angreifenden Tiere. Fauchend bäumte der Drache sich auf, riss erneut lockeres Geröll aus den Wänden.

»Wir müssen zu den anderen hinüber«, stieß der Krieger hervor und zerrte Bertram hinter sich her. »Gemeinsam können wir uns vielleicht behaupten.« Soweit er erkennen konnte, war lediglich einer seiner Krieger der Gerölllawine zum Opfer gefallen.

»Glaubst du, es sind Kaithos' Drachen?«

»Woher sollten sie sonst gekommen sein?«

In einer knapp zwei Schritt in die Felswand hineinreichenden Höhlung fanden sie fürs erste Schutz. Helge atmete erleichtert auf, als er Jothar gewahrte, immerhin war er Clanführer Valcord für die Sicherheit des Sehers verantwortlich.

»Wir sitzen jetzt in der Falle«, stellte Koradu fest. »Aber warum greifen wir nicht an? Die Schlucht ist eng genug, um uns entscheidende Vorteile zu sichern.«

»Und wohin willst du?« Helges Unentschlossenheit war deutlich spürbar. »Sobald wir den Hohlweg verlassen, fallen sie in Scharen über uns her.«

Als gäbe es nichts, was ihn aus der Ruhe bringen könnte, hob Koradu seinen Bogen, legte einen Pfeil auf die Sehne und schoss. Ein heiseres Krächzen bewies, dass er getroffen hatte.

»Das hilft uns nicht weiter«, schimpfte Helge. »Wie lange wird es dauern, bis deine Pfeile aufgebraucht sind?« Er wandte sich dem alten Mann zu. »Du kennst die Zukunft, Seher?«

Jothar fuhr sich mit der Zunge über die blutleeren Lippen.

»Das Jetzt kennt viele Wege«, murmelte der Alte. »Weil das Schicksal uns jedoch nur auf einen einzigen davon führt, darf ich dir nicht sagen, was ich zu wissen glaube. Doch kann der mutige Falke an Kraft dem Drachen überlegen sein?«

Ein flüchtiges Grinsen huschte über Helges Züge. In einer Tasche seines Gürtels steckte ein fingerlanges hölzernes Pfeifchen. Der Ton, den er damit hervorbrachte, war schrill und schmerzte den Ohren.

»Du hast recht, Jothar«, sagte Helge dann. »Ein Falke besitzt nicht die Kraft, wohl aber die Ausdauer und Geschicklichkeit, um den Echsen zu entkommen. Ich habe Torr gerufen – er wird Valcord zu uns führen.«

Keiner der Drachen maß weniger als vier Mannslängen. Ruckartig schleppten sie sich über den morastigen Boden vorwärts, den kräftigen, langen Hals hochgereckt und die Fangzähne entblößt. Sie kamen von beiden Seiten.

Geblendet brach das erste der Tiere zusammen, als Koradu zwei Pfeile verschoss. Die anderen schoben sich über den zuckenden Körper weiter heran. Dumpf krachten die Schwerter der Krieger auf die verhornten Schädel. Die Drachen erwiesen sich plötzlich als überraschend wendig; ihre Krallen zerfurchten den Boden, und ihre kurzen Schwänze peitschten Schlamm und Steine auf.

Im letzten Moment entging Helge einem zuschnappenden, geifernden Maul. Mit einem blitzschnellen Satz schwang er sich auf den Rücken des Tieres und stieß mit der letzten ihm verbliebenen Klaue zu. Der Drache begann zu toben, doch Helge klammerte sich mit einer Hand an dessen doppeltem Schädelkamm fest. Erst als die Bestie unter ihm zusammenbrach, fühlte er die Schwäche in seinen Gliedern.

Ein heiserer »Kwitt-Kwitt«-Ruf ließ ihn aufsehen. Sein Jagdfalke stürzte mit angelegten Schwingen fast lotrecht auf ihn herab. Helge riss die behandschuhte Linke hoch, in die der Falke seine Krallen schlug. Torr war ein stolzes Tier mit klugen, schwarzen Augen.

Überrascht blickte der Krieger um sich, als der Angriff der Drachen unvermittelt ins Stocken kam. Torr reagierte unruhig. Seine Nackenfedern sträubten sich.

»Zathorea kommt!«, flüsterte der blinde Seher.

Ein schwarzer Drache mit blutroten Zeichnungen senkte sich in die Schlucht herab. Der Reiter in seinem Nacken war unschwer als Priester zu erkennen.

Fluchend schleuderte Koradu seinen leeren Köcher von sich. Als würden die Drachen seine Absicht erkennen, einen der verschossenen Pfeile wieder an sich zu bringen, versperrten sie ihm den Weg.

Der Priester lachte auf. »Warum willst du mich töten? Sieh her, ich bin unbewaffnet.«

»Indem du deine Drachen auf uns hetzt, brichst du die Vereinbarung zwischen Valcord und dir«, sagte Helge.

»Tue ich das?« Kaithos zwang den schwarzen Drachen zur Landung. »Niemand ist da, der diesen Verrat beweisen könnte.«

Helge schnellte sich nach vorne. Aber noch ehe er seine Wurfklaue schleudern konnte, riss Kaithos die Arme hoch. Zwei handflächengroße, gezackte Sterne schwirrten auf den Krieger zu und bohrten sich in seine Brust. Ohne einen Laut von sich zu geben, brach er wie vom Blitz gefällt zusammen.

Auch die anderen Falker waren zu langsam.

»Nehmt sie euch«, rief Kaithos den Drachen zu. »Ich will nur den Seher und seine beiden Begleiter.« Achtlos stapfte er an Helges reglosem Körper vorbei. Er bemerkte nicht, dass Torr sich auf der Brust des Kriegers niedergelassen hatte und mit wütenden Schnabelhieben dessen Wams zerfetzte.

 

*

 

»Einer wird kommen, der das Einhorn zähmen, mit dem Wolf jagen und mit dem Falken fliegen wird.«

Valcord von Greiffong hatte eine besondere Betonung in seine Worte gelegt, und er lauschte dem verhallenden Klang, als hafte ihm etwas Magisches an. Von den Zinnen der Burg aus konnte er bei klarem Wetter das Meer sehen und, wenn die Sonne günstig stand, auch die Ruinen von Sankand.

Der Clanführer straffte sich, seine Finger verkrallten sich im Mauerwerk. Er zählte erst 40 Sommer, wirkte aber älter. Mittelgroß und von schlanker Gestalt, erschien er nicht sonderlich imposant, aber er war zäh. Seine Haut war von Wind und Wetter gegerbt. Mitunter lag ein Zug von Grausamkeit um seinen schmalen Mund, doch wer Valcord wirklich kannte, wusste, dass sich darin eher eine unbeugsame Härte gegen sich selbst ausdrückte.

»Weshalb schweigst du noch immer, Pacol?«, herrschte er den neben ihm stehenden Krieger an. »Willst du das Geschehen einfach hinnehmen?« Unwillig fuhr er sich mit der Hand durch sein dunkles Haar, das ihm weit in die Stirn fiel. Seine linke Augenhöhle war leer, seit vor etlichen Jahren ein Greifvogel im falschen Moment zugeschlagen hatte. Quer über die rechte Wange verlief eine Narbe bis zum Mundwinkel.

Ruckartig wandte Valcord sich von der Mauerbrüstung ab. Hoch über dem Turm zogen zwei Falken ihre Kreise.

»Mythor hat angeblich das Gläserne Schwert aus dem Drachen Cormelangh gezogen«, meinte Pacol, sein ergebenster Unterführer.

»Der Seher des Orakels sagte es«, nickte Valcord.

»Aber wer ist er, woher kommt er? Er muss ein Fremder sein.«

Wie alle anderen Clanführer achtete auch Valcord das Orakel. Wenn Mythor einen dauerhaften Frieden brachte, würde er ihm nichts in den Weg legen.

Pacol deutete zur Nordflanke der Burg, an der sich der Tempel des Drachenkults erhob. Vor zwei Tagen war ein Schwarm von nahezu tausend wilden Drachen erschienen und hatte sich im Gebiet von Greiffong niedergelassen. Der Hohepriester Kaithos hatte im Tempel des Drachenkults an der Nordflanke der Burg Quartier genommen. Obwohl ein erstes Zusammentreffen mehr oder weniger freundschaftlich verlaufen war, waren Valcord der Hohepriester und seine Drachen ein Dorn im Auge. Die geflügelten Echsen verhielten sich keineswegs zurückhaltend, und dass sie sich ein Vergnügen daraus machten, den Jagdfalken nachzustellen, war noch das Harmloseste, was den Bewohnern der Burg zu Ohren kam. Über kurz oder lang mussten die Drachen sich zur wahren Landplage entwickeln. Leider verstand Kaithos es bislang ausgezeichnet, seine wahren Absichten hinter einer Barriere zuvorkommender Gelassenheit zu verbergen. Valcord fühlte ein wachsendes Unbehagen, als er auf die Tempelanlagen hinabblickte. Magische Feuer brannten zwischen den marmornen Standbildern, die im zuckenden Widerschein der Flammen zu gespenstischem Leben zu erwachen schienen.

»Was immer Kaithos will«, stieß der Herr von Burg Greiffong zähneknirschend hervor, »ich kann ihn nicht daran hindern und offen gegen den Kult vorgehen.«

Pacol nickte schwer. Er wusste, was in Valcord vorging, der ohne Frau war und demzufolge auch ohne Söhne. Durch Turniere und vielfältige Mutproben hatte der Falker ihn, Pacol, als seinen Erben und Nachfolger bestimmt, und es wäre an der Zeit gewesen, dass er sich dieser Ehre als würdig erwies und sich am Gläsernen Schwert versuchte. Aber nun hatte ein Sklave das vollbracht, was selbst den Edelsten der Clans bislang versagt geblieben war.

Ein dunkler Punkt am Horizont erregte Pacols Aufmerksamkeit. Schon nach wenigen Augenblicken erkannte er die Umrisse mehrerer Drachen, die offensichtlich auf ein weit kleineres Tier Jagd machten und sich dabei der Burg näherten.