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Nr. 149

 

Der Herr des Chaos

 

von Hubert Haensel

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt

Die Entscheidungsschlacht zwischen den Heeren des Lichts und der Finsternis wurde abgebrochen. Der Lichtbote griff ein und verhinderte den Sieg der Dunkelmächte, indem er durch sein Erscheinen Vangor ins absolute Chaos stürzte und die Kräfte beider Seiten zersplitterte.

Viele starben bei den Katastrophen, die das Gesicht der Welt veränderten. Doch Mythor, der Sohn des Kometen, rettet sich hinüber in den Morgen einer neuen Zeit. Mythor hat einen Auftrag zu erfüllen. Denn bevor der Lichtbote Vangor verließ und zu anderen Welten weiterzog, forderte er den Sohn des Kometen auf, Ordnung in das herrschende Chaos zu bringen, Inseln des Lichts zu gründen und den Kampf gegen das Böse wiederaufzunehmen.

Aber als Mythor in der veränderten Welt erwacht, ist er seiner Erinnerung beraubt. An der Seite der jungen Ilfa, die ihn aus der Gefangenschaft einer Hexe befreite, findet sich unser Held unversehens in einen Strudel gefahrvoller Abenteuer hineingezogen.

Im Bestreben, seine Erinnerung zurückzugewinnen, schlägt Mythor den Weg eines Lichtkämpfers ein. Er wagt sich sogar nach Thauburg, der Residenz des allerseits gefürchteten Kalaun.

Denn Kalaun ist DER HERR DES CHAOS ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Kalaun – Ein Aegyr, der zur Verkörperung des Chaos geworden ist.

Mythor – Der Lichtkämpfer in Gefangenschaft.

Torcay – Er führt Mythor nach Thauburg.

Ilfa – Sie sucht den Herrn des Chaos auf, um Mythor zu retten.

Fryll und Tylwyth – Zwei Schrate.

1.

 

Der Ruf des Morgenvogels weckte ihn. Eine Weile lag der Knabe noch mit geschlossenen Augen da und lauschte dem hellen Gesang, bevor er sich erhob und zum Fenster ging. Der Tag war noch jung; die ersten Strahlen der Sonne stiegen soeben jenseits des Waldes empor.

Schwarz toste die reißende Aegyser durch das enge Tal, um nur einen kurzen Fußmarsch entfernt in schäumenden Kaskaden über glattgeschliffene Felsen in die Tiefe zu stürzen. Sobald die Sonne in voller Größe über dem Wald stand, würde der Fluss zu einem gleißenden Lichtermeer werden.

Der Knabe stand lange regungslos am Fenster und genoss die kühle, reine Morgenluft. Er sah zu, wie die Dämmerung die Schatten der Nacht verdrängte und die Helligkeit des Tages schließlich Sieger blieb.

Aber er wusste auch, dass die Nacht wiederkommen würde. Er hatte gelernt, dass dieser stete Wechsel wie der wohl immerwährende Kampf zwischen Gut und Böse war.

Das Geräusch leiser, schlurfender Schritte schreckte ihn aus seinen Überlegungen auf. Das musste der alte Wang te Groove sein, der den steinigen Weg vom Ufer heraufkam, um seine prächtig gedeihenden Mondblumen zu gießen. Sie verliehen den Terrassen entlang der Böschung einen Hauch unvergänglicher Schönheit. Und hieß es nicht, dass diese Mondblumen Unsterblichkeit schenkten?

Der Knabe bewunderte den alten Aegyr, den schon der Vater seines Vaters gekannt hatte. Der weißhaarige Wang schleppte einen prall gefüllten Wassersack – ein Gewicht, das selbst jüngere in die Knie gezwungen hätte.

Als er das Wasser versprüht hatte und wieder zum Fluss zurückwollte, kam ein Mistträger die ausgetretenen, engen Stufen herauf. Er trug zwei Eimer auf der Schulter und schien helfen zu wollen.

Der Knabe am Fenster konnte nicht verstehen, was sie miteinander redeten, doch er erkannte, dass der Greis den anderen zurückwies. Der Mistträger indes ließ sich nicht vertreiben, womöglich um ebenfalls der Unsterblichkeit der Mondblumen teilhaftig zu werden.

Wang te Groove packte zu und wollte den Diener die Stufen hinunterstoßen, doch der war flink und krallte sich in seinem Gewand fest. Zeternd schlug der Aegyr um sich.

Beide gerieten an den Rand der Terrasse, die schmal und hoch war. Der Nebel hatte die geschliffenen Steine glitschig werden lassen. Als Wang den Mistträger trat, glitt dieser aus und stürzte hinunter, wo er regungslos liegenblieb.

Der greise Aegyr schien selbst erschrocken über sein Tun. Ängstlich blickte er um sich.

Blitzschnell zog der Knabe sich vom Fenster zurück, um nicht entdeckt zu werden. Sein Vater hatte ihn gelehrt, gütig zu sein, nachgiebig und hilfsbereit. Aber nun hatte er gesehen, wie ein Aegyr die Hand gegen einen Diener erhob, um zu töten.

Übelkeit stieg in ihm hoch. Er fror plötzlich, und sein Herz pochte wild in der Brust. Trotzdem beugte er sich wieder vor, weil er sehen wollte, was geschah.

Wang te Groove war die Stufen hinabgeeilt. Der Mistträger lag reglos da, die Beine ausgebreitet und die Arme wie schützend über den Kopf erhoben.

Der Knabe konnte Wangs Gesicht deutlich erkennen. Der Greis schwitzte. Die Furcht davor, entdeckt zu werden, spiegelte sich in seinen Augen. Ohne länger zu zögern, nahm er den Toten bei den Füßen und zerrte ihn an den Hang hinunter bis ans Ufer des reißenden Flusses. Dann holte er die Eimer, legte sie neben den Diener und verschwand zwischen den Bäumen.

Der Knabe stand wie versteinert. Unfähig, wirklich zu begreifen, starrte er hinab auf die Terrassen. Er hatte einen Diener sterben sehen – durch die Hand eines Aegyr. Und dieser Aegyr hatte sich wie ein Dieb heimlich davongeschlichen.

Wie konnte jemand dem Guten das Wort reden und zugleich solch eine Tat begehen?

Irgendetwas zerbrach in diesem Moment in ihm. Er schloss das Fenster und ließ sich auf seine Schlafstatt fallen.

Eine flüsternde Stimme redete ihm ein, dass vieles anders war, als er es bislang geglaubt hatte. Nicht die Liebe besaß Bestand in dieser Welt – sie war lediglich von kurzer Dauer. Einzig die Finsternis schien mächtig genug, alles zu überdauern.

Trotz seiner Jugend kam er zu der Erkenntnis, dass es besser war, über das Geschehene zu schweigen.

Die Sonne war inzwischen zwei Handbreit höher gestiegen; ihre Strahlen tasteten durch den Raum und ließen den Staub flimmern, als von draußen her Geschrei laut wurde.

»Ein Toter liegt am Fluss!«, vernahm der Knabe.

Eine andere Stimme rief: »Er ist ausgeglitten und zu Tode gestürzt.«

Unter Hunderten hätte er diese Stimme erkannt. Sie gehörte dem greisen Aegyr.

Noch ehe das Tagesgestirn sich dem Ende seines Laufs zuneigte, war das Totenfloß gezimmert. Inmitten hoch aufgeschichteten dürren Reisigs wurde der Leichnam aufgebahrt. Seine Eimer lagen neben ihm und auch das Rundholz, das er zum Tragen benutzt hatte.

Vom Fenster aus sah der Knabe die auflodernden Flammen, als das Floß dem reißenden Strom übergeben wurde, und das Herz krampfte sich ihm zusammen.

 

*

 

Schweißgebadet schreckte Mythor hoch und wollte aufspringen, doch die Ketten, mit denen seine Handgelenke an den Baum gefesselt waren, schnitten schmerzhaft in sein Fleisch. Ächzend ließ er sich wieder auf die Seite sinken und blinzelte in die Dunkelheit.

Das Feuer, an dem Torcay einen Vogel gebraten hatte, war längst erloschen. Nur fahle Glut schimmerte noch unter der weißen Asche hervor.

Mythor lauschte den Geräuschen des nächtlichen Waldes. Als er sich zögernd aufrichtete und seine Ketten erneut gegeneinanderklirrten, schreckte Torcay auf. Der Fährtensucher wälzte sich blitzschnell herum und riss sein Kurzschwert unter der Decke hervor.

»Es ist nichts«, sagte Mythor leise. »Ich bin nur durch meine eigenen Träume aufgeschreckt.«

Torcay murmelte etwas Unverständliches vor sich hin und rollte sich wieder am Feuer zusammen. Sein Gefangener schob sich rückwärts an den Baum und versuchte, eine halbwegs sitzende Haltung einzunehmen.

Mythor fluchte leise vor sich hin. Er hatte sich selbst in diese Lage gebracht und musste sich damit abfinden, wenn seine Gefangennahme durch Torcay glaubhaft erscheinen sollte.

Er hatte schlecht geträumt. Stück für Stück dieses Traumes fügte sich in seinen Gedanken zu einem halbwegs klaren Bild zusammen.

Er selbst? Wer war dieser Knabe von höchstens zehn Lenzen?

Mythor wusste nichts über sich und seine Vergangenheit. Er hoffte, von Kalaun, dem Herrn des Chaos, endlich seine Erinnerung zurückzuerhalten. Deshalb spielte er den Gefangenen.

Aber musste er nicht befürchten, erneut enttäuscht zu werden? Wie schon so oft vorher?

»Torcay!«, rief er zögernd. »He, Torcay! Wäre es möglich, dass ich ein Aegyr bin?«

»Du?«, murmelte der Fährtensucher schlaftrunken. »Wie kommst du ausgerechnet darauf?«

»Ich weiß nicht ...«

»Dann lass mich in Ruhe. Wir haben einen gefährlichen Weg vor uns.«

»Und wenn ich es geträumt habe?«

»Was ...?«, ächzte Torcay.

»Dass ich ein Aegyr bin. Ich habe mich als Knaben gesehen.«

»Blödsinn!«

Das klang schroff und abweisend. Mythor fühlte eine unendliche Leere. Im einen Moment glaubte er sich stark genug, es mit jedem aufzunehmen, im nächsten war er drauf und dran, sich in sein Schicksal zu ergeben. Ihn quälte eine Ahnung, dass er die Vergangenheit am besten begraben sein ließ.

Aus weiter Ferne erklangen Hufgetrappel und das Wiehern eines Pferdes. Wahrscheinlich waren Mangoreiter unterwegs.

Nach einer Weile verloren sich die Geräusche. Bald darauf war Mythor wieder eingeschlafen.

 

*

 

Etliche Monde waren vergangen, und der Herbst brachte reiche Ernte. Schwermütig blickte der Knabe den großen Vogelschwärmen nach, die sich sammelten, um in ferne Länder zu ziehen.

Nicht nur die Abende wurden kürzer, auch die Nebel stiegen wieder vom Fluss auf. Der Knabe fand kaum noch Ruhe. Immer häufiger vernahm er jene innere Stimme, die ihm seine eigene Vergänglichkeit vor Augen führte.

Eines Morgens schreckte er durch das Geräusch von Schritten auf. Das Fenster stand offen. Angestrengt starrte er hinaus.

Die Schritte erklangen vom Rand jener Terrasse, auf der der Mistträger sein Leben verloren hatte. Aus dem Nebel heraus verdichteten sich die Umrisse eines Mannes. Zwei Eimer trug er über der Schulter.

Der Knabe wagte kaum zu atmen. Seine Finger verkrallten sich in den Fugen des Mauersimses. Er achtete nicht darauf, dass die rauen Steine ihm die Haut abschürften.

Endlich konnte er das Gesicht des Fremden erkennen.

Es war der Mistträger.

Zu Tode erschrocken ahnte er, dass der Geist des Ermordeten kam, um sich am alten Wang zu rächen.

Langsam schritt der Mistträger die glitschigen Stufen hinab, an deren Ende te Grooves Haus sich an die Felsen duckte.

Nichts hielt den Knaben zurück. Er musste dem Geist folgen, ob er wollte oder nicht.

Beklemmend legte der Nebel sich auf seine Brust. Trotzdem hastete er den Weg hinab, so schnell er konnte. Er fühlte, dass das Böse ihn lauernd umgab.

Einmal, als der Mistträger sich kurz umwandte, verbarg der Knabe sich im Schatten eines mannshohen Strauches. Zu seiner Überraschung ging der Geist an Wangs Haus vorbei, ohne auch nur einen Moment lang zu zögern.

War es doch nicht der Ermordete?

Der Knabe schob alle Zweifel von sich. Des Mistträgers leicht hinkender Gang war unverkennbar.

Zwanzig Schritt weiter stand das Haus der Familie Lirrh. So nahe am Fluss wohnten die Aegyr, die es noch nicht zu großem Ansehen gebracht hatten.

Der Geist öffnete das eisenbeschlagene Tor und betrat den nicht sehr großen Hof. Augenblicke später war er spurlos verschwunden.

Aus dem Haus erklangen schrille, kurzatmige Schreie. Nie zuvor hatte der Knabe eine Frau so schreien hören. Eine dumpfe Männerstimme redete beruhigend auf sie ein.

Egal was geschehen war, er musste es wissen. Blindlings hastete er los und stieß beinahe mit dem schwarzhäutigen Diener zusammen, der das Haus verließ. Im ersten Moment schrie er entsetzt auf, weil er glaubte, dem Geist gegenüberzustehen, doch die Stimme, die auf ihn einredete, war menschlich.

»Du kannst nicht hinein.«

»Warum nicht? Was ist geschehen? Hat er ...?« Entsetzliche Vorstellungen schnürten dem Knaben die Kehle zu.

Das Kreischen der Frau ging durch Mark und Bein. Als würde ein Dämon aus ihr ausfahren!, durchzuckte es ihn.

»Komm!«, sagte der Diener und zog ihn sanft mit sich. »Unsere Frau sieht ihrer Niederkunft entgegen. Es ist fast schon zu spät, um eine Heilkundige zu holen.«

»Aber ... der Mann, der Mistträger ...« Vor Erregung brachte er kaum noch ein Wort heraus.

Der Diener verzog das Gesicht. »Ein Mistträger ist das letzte, was die Frau jetzt braucht.«

»Er ist eben ins Haus ... mit zwei Eimern. Ich habe ihn hineingehen sehen.«

»Du redest wirr. Verschwinde endlich. Da ist niemand außer der Frau und ihrer Magd.«

Nur ein leises, verhaltenes Wimmern war noch zu vernehmen. Augenblicke später wurde die Tür aufgerissen: »Du brauchst die Heilkundige nicht mehr zu rufen, Jorell, die Frau hat eben einen Sohn zur Welt gebracht.«

Der Knabe verstand, dass der Geist nicht gekommen war, sich zu rächen, sondern um wiedergeboren zu werden. Nur wunderte er sich darüber, womit der Mistträger es verdient hatte, als Aegyr geboren zu werden.

 

*

 

Sieben Sommer zogen ins Land. Der Knabe wurde zum Jüngling, der sich immer öfter gegen das Altüberlieferte auflehnte, und der Sohn der Familie Lirrh entwuchs allmählich dem Kindesalter. Nadham war sein Name, das bedeutete Geistervogel.

Nadham war anders als andere Aegyr in seinem Alter. Er sonderte sich ab und weilte mitunter tagelang bei seinen Tieren. Er liebte die schneeweißen Tauben, die er unter dem Dach seines Elternhauses hielt.

Auch Wang lebte noch. Der Jüngling vermochte nicht zu sagen, ob der Greis älter geworden war. Wang schien tatsächlich die Unsterblichkeit zu besitzen.

Wieder erklang der verlockende Gesang des Morgenvogels, und wieder stiegen Nebelschwaden vom nahen Fluss auf. Der Jüngling stand am Fenster, als Wang te Groove den schmalen Weg zu den Terrassen emporstieg. Vor Jahren schon waren hölzerne Geländer angebracht worden, um ein neues Unglück zu vermeiden.

Nadham saß im oberen Stock seines Hauses und lauschte dem Gurren der Tauben, als plötzlich eine von ihnen aufflatterte und sich nahe dem alten Wang auf dem Geländer niederließ. Nadham rief vergeblich nach ihr, deshalb fürchtete er wohl, sie könnte ihm davonfliegen. Als er sich in seiner Verzweiflung nicht mehr anders zu helfen wusste, hob er eine Handvoll Steine auf und begann, nach dem Tier zu werfen.

Aus Versehen traf er den greisen Wang. Der erschrak, glitt aus, und der noch immer halb gefüllte Wassersack auf seiner Schulter zerrte ihn über das Geländer in die Tiefe. Nicht ein Laut war zu vernehmen, als der Alte aufschlug und mit ausgestreckten Beinen liegenblieb. Der Inhalt des Wassersacks entleerte sich über ihn. Das Wasser, das er vom Ufer der Aegyser geholt hatte, schimmerte rot wie Blut.

Für eine Weile war nur das Gurren der Tauben zu hören. Ohne einen Laut von sich zu geben, verschwand Nadham von dem Platz an dem er gesessen hatte.

Als die Sonne höher stieg und die Nebel sich auflösten, kamen viele, um den Alten zu suchen. Sie fanden den Leichnam und sprachen: »Er hat den Halt verloren und sich zu Tode gestürzt.« Und sie übergaben ihn dem Feuer auf den Wogen der Aegyser.

Der Jüngling Kalaun indes fühlte sich von den edlen Menschen abgestoßen, die sich mit schönen Dingen umgaben und nach höchsten Werten strebten – und das alltägliche Geschehen ignorierten. Sie wollten die Schatten nicht sehen, die bedrohlich über ihnen schwebten.

 

*

 

Als Mythor erwachte, dämmerte der Morgen. Diesmal wusste er, dass er geträumt hatte. Er konnte sich sofort an Einzelheiten erinnern, vor allem der Name des Jünglings hatte sich in seinen Gedanken festgebrannt ...

Ihm war unbehaglich zumute. Irritiert schüttelte er den Kopf.

»Was ist?« Torcay verstreute die erkaltete Asche mit den Füßen. Er war bereit zum Aufbruch.

»Ich habe geträumt«, sagte Mythor. »Von Kalaun.«

Der Fährtensucher zuckte mit den Schultern.

»Warum nicht«, meinte er. »Wir werden Kastell Thauburg in wenigen Tagen erreicht haben.« Mit raschen Griffen löste er die Kette von Mythors linkem Handgelenk, zog sie um den Baum herum und befestigte sie wieder. Sie ließ gerade genügend Bewegungsfreiheit, dass der Gefangene dennoch nicht fliehen konnte.

»Du meinst, Kalauns Nähe macht mir zu schaffen?«

»Was sonst? Komm jetzt, vor uns liegt ein langer Marsch.«

Der Wald wurde dichter, je weiter sie kamen. Gelegentlich brach Helligkeit durch das verfilzte Laubdach und zeichnete verwaschene Flecke auf den moosbewachsenen Boden. Der Fährtensucher zwängte sich lieber durch dornenreiches Unterholz, als diesen Stellen zu nahe zu kommen. Sie bargen Schwarze Magie, behauptete er.

Mit der Zeit veränderte der Wald sein Aussehen. Düsternis prägte das Bild. Unwirkliche Stille herrschte in diesem Abschnitt des Waldes. Die Bäume verloren ihr Laub, sogar die Nadeln färbten sich braun. Viele von ihnen wirkten wie erstarrte Riesen, und ihre dicken Stämme erinnerten an versteinerte Gesichter.