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Nr. 143

 

Die Himmelsfestung

 

von Hubert Haensel

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt

ALLUMEDDON, die Entscheidungsschlacht zwischen den Heeren des Lichts und der Finsternis, wurde abgebrochen. Der Lichtbote griff ein und verhinderte den Sieg der Dunkelmächte, indem er durch sein Erscheinen Vangor ins absolute Chaos stürzte und die Kräfte beider Seiten zersplitterte.

Viele starben bei den Katastrophen, die das Gesicht der Welt veränderten. Doch Mythor, der Sohn des Kometen, rettet sich hinüber in den Morgen einer neuen Zeit. Mythor hat einen Auftrag zu erfüllen. Denn bevor der Lichtbote Vangor verließ und zu anderen Welten weiterzog, forderte er den Sohn des Kometen auf, Ordnung in das herrschende Chaos zu bringen, Inseln des Lichts zu gründen und den Kampf gegen das Böse wieder aufzunehmen.

Aber als Mythor in der veränderten Welt erwacht, ist er ganz auf sich allein gestellt. Doch schlimmer: Er ist seiner Erinnerungen beraubt und hilfloser Gefangener einer Hexe.

Aus der Gefangenschaft befreit, erlebt Mythor an der Seite der jungen Kriegerin Ilfa eine neue, unbekannte Welt. Sein Weg führt durch den Hinterwald, dem die Vernichtung durch den Herrn des Chaos bevorsteht.

Um dies zu verhindern, stürmt Mythor mit seinen Gefährten DIE HIMMELSFESTUNG ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Mythor – Ein Mann, der seine verlorene Erinnerung zurückzugewinnen sucht.

Die Krause Tildi – Schirmherrin des Hinterwalds.

Fryll – Ein Schrat in Nöten.

Hogun – Der kalte Reiter hat es auf Mythor abgesehen.

Barborur – Ein Taetz.

Courmin – Anführer der Ausgestoßenen.

1.

 

Morgennebel lag wie ein dichter Schleier über dem Land und schluckte die Helligkeit des beginnenden Tages. Der Dunst barg düstere, knorrige Gestalten, Ungetümen gleich, die dem einsamen Wanderer auflauern.

Aus der Ferne erklangen seltsam verzerrte Geräusche, das dumpfe Trommeln von Pferdehufen, das Klirren von Waffen. Zögernd sank der Nebel in dichten Schwaden tiefer, die selbst der aufkommende Wind nicht zu zerstreuen vermochte. Von einer Anhöhe aus gesehen, wirkte die Senke wie ein wogender, dampfender See, aus dem nur die höchsten und am weitesten verzweigten Wipfel uralter Baumriesen herausragten. Wind und Wetter hatten ihre Spuren im dichten Geäst hinterlassen; üppig wuchernde Flechten zogen den Lebenssaft aus dem morsch werdenden Holz. Diese Bäume waren geduldige Wächter.

Aus dem Unterholz drang ein Rascheln und Raunen, ein Flüstern, Wispern, Schimpfen und Lachen. Ein dünnes Stimmchen übertönte alle anderen. Mal verstummte es, dann wieder erklang es doppelt so laut – jemand sang, doch die Melodie war schrill und abgehackt. Der Wind trug verwehende Bruchstücke des Liedes mit sich.

Ein vier Fuß großes Männchen blickte sich vorsichtig nach allen Seiten um. Der Nebel war so dick, dass weiter als fünfzehn Schritt entfernt stehende Bäume nur wie schwankende Schemen erschienen.

Unwillig schüttelte der Schrat seinen großen Kopf und strich das hanfartige, strähnig bis auf die Schultern fallende Haar zurück. Seine Gesichtshaut war borkig und rissig wie Rinde und wirkte, als hätte sie weiße Patina angesetzt. Die in schwere, faltige Tränensäcke eingebetteten ockerfarbenen Augen blinzelten listig, und die große Nase sowie der breite, grinsende Mund verliehen dem Schrat einen verschmitzten Ausdruck. In einen Lumpenmantel gekleidet, einen breitkrempigen, ausgefransten Schlapphut auf dem Kopf, huschte er weiter. Er stützte sich dabei auf einen Stock, der ihn an Länge um den wulstigen Knauf überragte. Sein Blick war überall, nichts schien ihm zu entgehen. »Kräuterlein, zeigt euch«, murmelte er vor sich hin. »Ein Liebestrunk wird den beiden guttun.« Sein spöttisches Kichern schien nicht enden zu wollen.

Ein schmaler, vielfach gewundener Bach durchzog den Wald. Das Wasser war kristallklar und ließ am Grund die glatt geschliffenen weißen Kiesel erkennen, zwischen denen sich Fische und fingerlange Krebse tummelten. Dort, wo der Schrat das Ufer erreichte, plätscherte das Wasser einen Abhang hinunter und staute sich zu einem ausgedehnten Weiher. Der Kleine kam gern hierher, wuchsen doch in der näheren Umgebung unzählige Heilpflanzen.

»Hallo«, sagte er zu dem Bach, in dessen Wasser er sich verzerrt spiegelte. »Fryll ist wieder da, alter Freund.« Fische schwammen neugierig heran – es passte ihm nicht, wie sie ihn anglotzten, und er stampfte unwillig auf. Blitzschnell stoben sie auseinander.

Das lederne Beutelchen, das Fryll über der Schulter trug, war erst halb mit Kräutern gefüllt. Farne wucherten rund um das Gewässer, manche bis zu sieben Fuß hoch. Ein kunstvoll gewebtes, vom Tau glitzerndes Netz schwebte zwischen den Halmen. Der Schrat bemerkte es erst, als die klebrigen Fäden sein Gesicht berührten. Mit einem zornigen Ausruf wischte er sich die Überreste aus dem Gesicht. Die Spinne, so groß wie seine Faust, floh vor ihm. »Lass dich bloß nicht mehr blicken«, krächzte Fryll.

Endlich fand er, wonach er suchte: Zarte, blau blühende Pflänzchen, die er vorsichtig lockerte und mitsamt den Wurzeln aus der Erde zog. Erst nachdem er sie ausgiebig gesäubert hatte, verschwanden sie in seinem Beutel. Der Gedanke daran, welche Wirkung das Gebräu zeigen würde, ließ ihn erneut kichern. Doch schlagartig verstummte er und starrte auf seine Füße, als könne er nicht glauben, was er sah.

»O nein«, kam es zögernd über seine rissigen Lippen. »Warum ausgerechnet mir?«

Er stand auf dottergelben Blüten. Diese Blume war überaus selten und öffnete sich lediglich für wenige Stunden. Wer die Taubwurz auch nur berührte, hieß es, dem würde Unheil widerfahren.

»Böses, weiche von mir!«, stieß der Schrat hervor und hielt seinen Zauberstock mit überkreuzten Fingern von sich gestreckt.

Der jäh auffrischende Wind wirbelte die Nebelschwaden durcheinander. Fryll fröstelte und zog seinen Mantel enger zusammen. Das aus nächster Nähe erklingende Wiehern eines Pferdes erschreckte ihn. Gleich darauf war Hufgetrappel zu vernehmen.

Ihm stand der Sinn nicht nach einer Begegnung mit Mangokriegern. Kurz entschlossen warf er sich herum und hastete zurück, so schnell ihn seine kurzen Beine trugen.

Das Unheil fängt bereits an!, schoss es ihm durch den Kopf.

Schatten tauchten zwischen den Bäumen auf. Sie verhielten, schienen zu ihm herüberzustarren. Dabei konnten sie ihn schwerlich schon entdeckt haben.

Die Reiter kamen langsam näher. Bleich stieg der Atem aus den dampfenden Nüstern ihrer Tiere auf. Es wurde merklich kälter.

Fryll duckte sich tief zwischen die Pflanzen. Eine fette, behaarte Spinne lief über seinen Handrücken – er wurde den Verdacht nicht los, dass es dieselbe war, deren Netz er zerstört hatte. Sie begann, an seinem Arm emporzuklettern und sponn dabei einen klebrigen Faden. Fryll vollführte eine unwillige Bewegung, plötzlich gab der Boden unter ihm nach. Er war zu überrascht, um noch festen Halt zu finden. Auf etliche Schritt Länge brach die überhängende Uferböschung ab und klatschte ins aufschäumende Wasser.

Der Schrat hatte genug damit zu tun, seinen Stock festzuhalten. Nicht nur, dass der Schreck ihm in sämtliche Glieder fuhr, das kühle Nass schlug hoch über ihm zusammen und drang in Mund, Nase und Ohren ein. Er schluckte, bekam keine Luft mehr, begann hilflos, mit Armen und Beinen um sich zu schlagen. Spuckend und prustend kam er wieder an die Oberfläche, fand jedoch keinen Grund unter den Füßen. Sein Schlapphut wurde davongespült, ehe er ihn festhalten konnte. Hufschlag übertönte das laute Gurgeln des versinkenden Erdreichs. Die Silhouetten der Mangoreiter schienen sich aus dem Nebel heraus zu verdichten.

Abermals versank Fryll. Die Furcht schnürte ihm die Kehle zu, sein Herz begann wild und heftig zu schlagen. Erst allmählich gewann das klare Denken wieder die Oberhand. Mit hastigen, unbeholfenen Schwimmstößen strebte er der Mitte des Teiches zu. Die Lumpen seines Mantels hatten sich mittlerweile so vollgesaugt, dass sie schwer wie Blei an ihm hingen, und seinen Zauberstock wollte er schon gar nicht loslassen. Trotzdem gelang es ihm irgendwie, das verfilzte Dickicht der Seerosen zu erreichen, an denen er sich festklammerte. Als er auftauchte, legte sich ein großes Blatt über seinen Kopf, und ein gutes Dutzend aufgeschreckter Wasserläufer suchte in seiner borkigen Haut nach neuen Verstecken.

Fryll verhielt sich völlig ruhig. Die Mangoreiter hatten jetzt das Ufer erreicht und starrten ins Wasser. Wenn sie sich unterhielten, taten sie das flüsternd, denn der Schrat lauschte vergeblich. Es waren drei Krieger, die absaßen und ihre Pferde tränkten. Achtlos trampelten sie auf den wunderbarsten Kräutern herum. In ohnmächtigem Zorn ballte Fryll die Fäuste. Wenn er gekonnt hätte, wie er wollte, wäre er jedem einzelnen von ihnen an die Kehle gegangen, aber schließlich war er nur ein kleiner Schrat, dem es nicht zustand, sich gegen den Herrn des Chaos aufzulehnen.

Die Nässe war ihm unangenehm. Nicht genug damit, dass allmählich seine Haut aufweichte, vom Ufer her wehte ein schneidender Wind. Fryll erschrak über sein eigenes jämmerliches Spiegelbild, das sich ihm auf der Wasseroberfläche offenbarte. Er triefte förmlich, wirr und verfilzt hing ihm das Haar ins Gesicht, und er durfte sich nicht bewegen, wollte er die Mangoreiter nicht auf sich aufmerksam machen.

Die Taubwurz brachte ihm Unglück. Er verwünschte den Umstand, dass er an diesem Morgen überhaupt seine warme Erdhöhle verlassen hatte. Schließlich hätte er von Anfang an wissen müssen, dass Hoguns Krieger unterwegs waren, um nach Mythor zu suchen.

Endlich brachen die Reiter wieder auf. Fryll fror jämmerlich, und ihm stockte fast der Atem, als er seinen Hut entdeckte, der keine zwei Schritt vom Ufer entfernt schwamm. Die Mangoreiter kamen genau daran vorbei. Wenn sie nicht blind waren, mussten sie aufmerksam werden. Aber zum Glück ritten sie weiter.

Dem Schrat fiel ein Stein vom Herzen. Kaum waren die Krieger im Wald verschwunden, strebte er dem Ufer zu und kletterte prustend und spuckend an Land.

Sämtliche Pflanzen waren zertrampelt. Hoffentlich wuchsen sie in dem festgestampften Boden überhaupt jemals wieder. Fryll stieß eine Reihe derber Verwünschungen aus, die er in Gegenwart der Mangoreiter nicht einmal zu denken gewagt hätte.

Eine sich allmählich verflüchtigende Reifschicht lag über diesem Teil des Unterholzes. Der Schrat machte einige Kniebeugen, um seine Gelenke geschmeidig zu halten. Den Mantel musste er mehrmals auswinden.

Dann machte er sich daran, seinen Hut aufzufischen. Bäuchlings auf dem Boden liegend, versuchte er, mit dem Stock wenigstens die breite Krempe zu erreichen. Er musste sich so weit nach vorne schieben, dass er erneut Gefahr lief, ins Wasser zu stürzen.

Ein Schatten fiel auf ihn, ohne dass er auch nur das leiseste Geräusch wahrgenommen hätte.

»Du schaffst es nicht allein, Fryll?«

Der Schrat erstarrte mitten in der Bewegung. Diese Stimme, dumpf und hohl, kannte er; sie rief ein seltsames Unbehagen in ihm hervor.

»Hast du mir nichts zu sagen?«

Zögernd richtete Fryll sich auf, fieberhaft nach einem Ausweg suchend. Er wusste genau, warum Hogun gekommen war.

»Nein«, stieß er zitternd hervor. »Ich glaube nicht.«

Der Reiter lachte dröhnend. Er war völlig in Schwarz gehüllt; der Umhang verdeckte sogar seine Beine. Auch sein Gesicht blieb hinter Tüchern verborgen. Aus den schmalen Augenschlitzen blitzte es vernichtend. Fryll spürte die Kälte, die von Hogun ausging.

»Hast du dein Versprechen vergessen, Mythor an die Hexe Eroice auszuliefern?«

Vergeblich hielt der Schrat nach einem Fluchtweg Ausschau. Hinter ihm war das Wasser, er wusste genau, dass er dort nicht weit kommen würde. Nur wenn er vor Hogun den Wald erreichen konnte, befand er sich vorerst in Sicherheit. Allerdings hatte er den Gedanken noch nicht zu Ende gebracht, als zwischen den Bäumen die drei Reiter auftauchten.

»Du hast dein Wort gebrochen, obwohl du mit Mythor zusammen warst.« Hoguns Stimme klang gefährlich leise.

Fryll sank sichtlich in sich zusammen. »Ich konnte nicht«, jammerte er. »Mythor ist stärker als ich, er hätte mich getötet, wenn ich versucht hätte, ihn zu hintergehen.«

»Erbärmlicher Wicht.« Hogun beugte sich über die bebende Flanke seines nachtschwarzen Rappen. Der Schrat streckte ihm abwehrend den Zauberstab entgegen, der sich im selben Moment in eine tückisch zischende Schlange verwandelte. Das Pferd scheute, wollte sich aufbäumen und ausbrechen, aber Hogun hielt es mit eisernem Griff am Zügel zurück, während seine Linke die Schlange unmittelbar unterhalb des Kopfes packte. Das sich windende Reptil erstarrte, und der Reiter ließ es achtlos fallen.

Fryll warf sich herum, doch er kam nicht weit. Hogun zog ihn mit unbarmherzigem Griff zu sich aufs Pferd. Der Schrat meinte, dass eisige Krallen in sein Fleisch stachen. Sie raubten ihm den Atem und ließen seinen Herzschlag stocken. Verzweifelt versuchte er, freizukommen, aber der Mangoreiter drückte nur um so fester zu. Fryll verspürte Todesangst.

»Nein«, wollte er schreien, es wurde nur ein gequältes Röcheln daraus. Sein Körper begann zu prickeln, als erstarre das Blut in den Adern. Erst färbten die Hände sich blau, dann die Arme. Fryll würgte krampfhaft. »Ich ...« Es fiel ihm schwer, die eisigen Lippen zu bewegen. »Ich ... tue alles ...«

Hogun lockerte den Griff ein wenig.

»Du hast mir einmal dein Versprechen gegeben und mich betrogen.«

»Ich schwöre«, ächzte Fryll. »Diesmal ... schwöre ich. Den Schratenschwur, dass ich ... Mythor ausliefern werde.«

»Beweise es!«

Fryll zitterte erbärmlich. »Wie kann ich, wenn du mich nicht freigibst?«

Augenblicke später saß er im Moos und versuchte mühsam, auf die Beine zu kommen.

»Ich will Taten sehen«, grollte der Mangoreiter. »Wenn nicht, ergeht es dir schlecht. Du weißt, wo Mythor sich aufhält?«

»Er ist mit der Krause Tildi zusammen. Irgendwo im Hinterwald.«

»Bringe ihn zu mir. Egal wie, aber bringe ihn mir.« Hinter den Augenschlitzen des vermummten Kriegers funkelte es tückisch. »Und noch etwas: Die Bewohner des westlichen Hinterwalds haben zehn Tage Zeit, ihr Gebiet zu verlassen. Wenn nicht, wird das Verderben über euch alle hereinbrechen.«

»Unmöglich«, stieß Fryll hervor. »Weshalb sollen wir unsere Heimat aufgeben?«

»Weil ich es so befehle.« Hogun trat seinem Rappen in die Flanken, dass dieser wiehernd auf der Hinterhand hochstieg. Fryll, der sich soeben aufrichtete, musste hastig zurückweichen, wollte er nicht von den Vorderhufen erschlagen werden. Zu spät entsann er sich, dass hinter ihm nur Wasser war. Mit den Armen rudernd, klatschte er rücklings in den See und versank.

Als er wieder auftauchte, waren die kalten Reiter verschwunden. Der Nebel hatte sich inzwischen gänzlich aufgelöst. Fryll war fast zu schwach, um ans Ufer zu klettern. Lange Zeit saß er nur da und sog gierig die frische, würzige Luft in seine stechenden Lungen. Schließlich, als er sich wieder besser fühlte, fischte er seinen Hut aus dem See und setzte ihn auf. Ein Schwall Wasser rann über sein Gesicht, und ein kleiner, zappelnder Fisch fiel genau vor seine Füße. Fryll warf das Tier ins nasse Element zurück.

In einer Anwallung von Zorn ballte er die Fäuste und sprang wütend mehrmals hintereinander mit beiden Füßen hoch.

»Ich hasse dich, Hogun«, fauchte er aufgebracht. »Dich und dein elendes Gesindel.«

 

*

 

Einen ganzen Tag lang waren Mythor und seine Begleiter unterwegs gewesen, bis sie mitten im tiefsten Forst plötzlich vor einer dunkel gähnenden Höhle standen. Weit ausladende Bäume sowie dichtes Buschwerk verdeckten den Eingang fast völlig.

»Wartet hier«, bestimmte die Krause Tildi. »Ich will sehen, ob Barborur zu Hause ist.«

»Wer ist Barborur?«, fragte Ilfa, aber die Krause hörte sie schon nicht mehr. Mythor zuckte mit den Schultern, und Roar stieß ein unverständliches Grunzen aus.

Aus der Höhle erklang dumpfes Brummen. Ein bärenhaftes Geschöpf mit lederartigem Gesicht und honigfarbenem Fell kam ihnen entgegen. Auf die Hinterbeine aufgerichtet, tappte es schwerfällig heran, betrachtete erst das Wurzelweib und dann Tildis Begleiter.

»Keine Angst«, sagte die Krause, obwohl jeder der drei an ihrer Seite es mit mehreren solcher Gegner aufgenommen hätte. »Barborur ist ein Freund und tut niemandem etwas zuleide.«

Der Bär legte seine Tatzen auf Tildis Schultern, dass es aussah, als wolle er sie zerquetschen. Knurrend den Rachen öffnend, entblößte er scharfe Reißzähne. Wenn er jetzt zupackte, war es um das Wurzelweib geschehen.

Mythor riss sein Schwert hoch, um ihr beizustehen. Barborur bemerkte die Bewegung hinter seinem Rücken und fuhr ruckartig herum.

»Nicht, Mythor«, rief Tildi. »Der Taetz wollte mich nur begrüßen.«

»Wollte ich«, bestätigte Barborur dumpf und zur Überraschung aller. »Die Krause war lange nicht mehr hier.« Er betrachtete Roar und Ilfa aus seinen großen runden Augen und wandte sich dann brummend um.