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Nr. 117

 

Duell der Erbfeinde

 

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

Das Jahr 3587: Hilflos stehen die Völker der Milchstraße einer übermächtigen Gefahr gegenüber. Verheerende Weltraumbeben bedrohen die Sonnensysteme der Galaxis und werden in absehbarer Zeit das Leben auf allen Welten zerstören.

 

Währenddessen erwacht der Hordenführer Amtranik aus einem Millionen Jahre währenden Schlaf. Einst war er Anführer der so genannten Kämpfer von Garbesch, die einen verheerenden Krieg in die Milchstraße trugen. Erst die Ritter der Tiefe konnten sie schlagen. Jetzt will er uralten Plan vollenden – er sieht in den Menschen die Feinde von einst, die er vernichten muss.

 

Es gibt nur einen, der Amtranik aufhalten kann: Es ist der Terraner Jen Salik, der jüngste Ritter der Tiefe. Es kommt zum Zweikampf zwischen dem Ritter und dem Hordenführer – ein Duell uralter Erbfeinde ...

1.

 

 

Urplötzlich waren sie da, als habe der Felsen sie ausgespien. Eine Horde wilder Gestalten stürmte auf die HARMOS zu.

Schon ihre großen kugelförmigen Augen an den Seiten der langen Schädel wirkten unglaublich fremd. Das kräftige Gebiss schien wie geschaffen, selbst Stahl zu zermalmen; die Kiefer erschienen wie die Backen einer übergroßen Beißzange.

Die optische Erfassung zeigte eines dieser Wesen in der Vergrößerung.

»Unbekannt!«, stellte der Navigator Bronquist fest. »Wir sind ihnen nie begegnet.«

Sie trugen Impulsstrahler und einfache Kampfanzüge.

Thurlow Veled rief das Außenkommando: »Alle Schleusenkammern mit Stoßtrupps besetzen! Nur Paralysatoren verwenden, falls den Gegnern der Einbruch in eine Schleuse gelingt. Die Aggressivität könnte auf einem Missverständnis beruhen.«

Ungefähr fünfzig Fremde hatten die HARMOS schon fast erreicht. Nach wie vor wurde das Kugelraumschiff von Fesselfeldern am Boden gehalten. Noch während Kommandant Veled seine Anweisung gab, brachten die Angreifer ihre Waffen in Anschlag und feuerten.

Auf diese Weise konnten sie dem Schiff nichts anhaben. Sie feuerten mehrere Salven ab, dann zogen sie sich langsam zurück.

 

Kurze Zeit später kamen die Fremden wieder, diesmal mithilfe von Flugaggregaten. Sie waren schnell.

»Narkosestrahler einsetzen!«, befahl Thurlow Veled.

Es gab keine erkennbare Wirkung.

»Ein Impulsgeschütz abfeuern, dicht über ihre Köpfe hinweg!«

Wo die tobende Glut einschlug, verflüssigte sich das Gestein. Magma rann über die Felsen, erstarrte aber schnell wieder.

Die Angreifer zogen sich zurück.

»Was wollen sie eigentlich von uns?«, fragte Veled verständnislos. »Es kann doch nicht ihre Absicht sein, mit ihren eigenen Waffen und mit unseren Reaktionen zu experimentieren.«

Yesevi Ath sammelte seine Streitmacht vor der Schleuse im unteren Teil der VAZIFAR.

»Die schweren Waffen der Feinde sind den unseren überlegen, Vorbeißer!«, murrte ein älterer Labori.

Ath knackte mit den Kiefern. »Wir Laboris haben gelernt, die blinde Wut abzulegen und mit Besonnenheit zu kämpfen, um hohe Verluste zu vermeiden. Aber es stimmt nicht, dass die Waffen unserer Feinde den unseren überlegen sind. Sie halten sich nur nicht an die Regeln des Experiments und setzen zu früh schwere Waffen ein. Die Antwort erteilen wir ihnen mit den Waffen der Verdammnis.«

Yesevi sah, dass Usilfe Eth ihn bewundernd anblickte. Eigentlich war er selbst irritiert über die tief greifende Verwandlung, die in den letzten Tagen mit ihm vorgegangen war. Aus dem Jäger und Vorbeißer war ein besonnener Heerführer geworden.

Das Ziel, das er erreichen musste, solange er sich mit seiner Streitmacht auf Arpa Chai befand, war ihm von der Positronik des Berges Hay Hayyat genannt worden. Er sollte an den Fremden in dem Kugelschiff lernen, wie er mit seinen Laboris gegen gut ausgerüstete und erfahrene Feinde bestehen konnte. Er musste vorbereitet sein, sobald es galt, mit der VAZIFAR, dem Flaggschiff des Hordenführers Amtranik, aufzubrechen und zu den neuen Horden von Garbesch zu stoßen. Gemeinsam würden sie Rache nehmen für die ihren Ahnen zugefügte Schmach.

Er winkte seinen Leuten und betrat als Erster die Schleuse. Die unteren Sektionen des riesigen Raumschiffs waren ihm mittlerweile einigermaßen vertraut.

»Womit kann ich dir dienen, Herr?«, fragte einer der Roboter.

»Mit den Waffen der Verdammnis.«

»Es gibt viele unterschiedliche Waffen der Verdammnis.«

»Wodurch unterscheiden sie sich?«

»In Aussehen, Handhabung und Wirkung.«

Yesevi Ath überlegte. Es erschien ihm wenig sinnvoll, gleich für den ersten Versuch die kompliziertesten Waffen zu wählen. Ohnehin sollten die Feinde nicht sofort vernichtet werden, sondern dazu dienen, die Horden auszubilden.

»Ich brauche Waffen, die von meinen Kämpfern leicht gehalten werden können und die den Feinden nicht zu großen Schaden zufügen.«

»Bitte folgt mir!«

Der Roboter führte Ath und seine Mitstreiter in einen Raum voller Metallgestelle. Vor einem Regal mit zylindrischen Geräten blieb er stehen.

»Das sind die Polymerkeimer. Sie verschießen Samenkörner einer genetisch manipulierten Pflanzenart. Die Körner haften an jedem Metallplastik, dessen charakteristische Molekularbewegung sie zum Keimen anregt. Faserwurzeln, die nicht dicker sind als mittlere Atome, dringen zwischen die Metallplastikmoleküle und saugen die Kohlenstoffatome der polymeren Plastikmoleküle auf, die mit dem verwendeten Metall eine Verbindung eingingen. Das Material zerfällt danach bei geringster Beanspruchung.«

»Ich will kein Getreide aussäen, sondern den Feinden Schrecken einjagen«, sagte Ath missmutig.

»Ich verstehe. Dir fehlen noch zahlreiche Grundlagen über die atomaren und molekularen Vorgänge der Materie. Bitte folge mir weiter.«

Der Roboter führte die Laboris zu einem Gestell, an dem kleine Plattformen aus silbrig schimmerndem Drahtgeflecht verankert waren.

»Mit den Blendern kannst du Ortungssysteme für gewisse Zeit ausschalten. Auch ist es möglich, gegnerische Systeme mit irreführenden Informationen zu verwirren.«

»Damit ließe sich eher etwas anfangen«, sagte Yesevi Ath. »Unter den Waffen der Verdammnis hatte ich mir allerdings mehr vorgestellt.«

»Auf dem unteren Deck lagern nur die leichtesten Ausführungen. Weiter oben findest du Waffen, die einen Planeten zerschmettern können. Ich nehme nicht an, Herr, dass du Arpa Chai vernichten willst.«

»Falls es auf Arpa Chai von Feinden wimmelt, schon«, gab Ath grimmig zurück. »Aber derzeit sind solche Waffen sicher nicht nötig. Gib mir eine Waffe der Verdammnis, die stärker wirkt als die Blender!«

Er winkte einige seiner Leute herbei und befahl ihnen, je einen Blender an sich zu nehmen. Danach folgte er wieder dem Roboter.

In einem Regal lagen zierlich wirkende Waffen.

»Lukis Hammer, Herr. Der Strahlenprojektor sendet fünfdimensionale Schockwellen aus. Auf geringe Entfernung verwirren sie den Geist intelligenter Lebewesen und führen zu Halluzinationen und zu zeitweiligem Gedächtnisverlust.«

Yesevi Ath knackte mit dem Zangengebiss. »Das ist vorerst genau das Richtige.«

»Lukis Hammer wirkt nur etwa zwei Stunden lang.«

»Das genügt. Wenn die Feinde danach wieder denken können, wird sie das Blut erschrecken, das vergossen wurde.«

 

»Da kommen sie wieder«, sagte Zarge Bronquist, mehr verärgert als besorgt. »Was unternehmen wir dagegen?«

»Nichts«, antwortete der Kommandant lapidar. »Es widerstrebt mir, tödliche Waffen einzusetzen, solange sie uns nicht ernsthaft bedrohen. Wenn sie nicht mehr Schaden anrichten als bisher, ignorieren wir sie. Mich interessiert weit mehr, wo die Fesselfeldprojektoren stehen, die unser Schiff festhalten.«

Etwa dreißig der Fremden näherten sich. Sie schoben klobige Geräte auf Antigravplattformen vor sich her, hielten aber auch kleine Gegenstände in den Händen.

Veled schaltete eine Verbindung zur Ortungszentrale. Er wandte sich an Dom Hamigk, den Ersten Ortungsingenieur. »Sie werden sicher nicht ewig behaupten, dass die Fesselfeldprojektoren unauffindbar sind.«

»Bestimmt können wir sie aufspüren«, erwiderte Hamigk trocken. »Nur nicht mit der Ortung. Dieser verdammte Berg ist so perfekt abgeschirmt, dass wir mit den Sensoren noch nicht einmal einen Meter tief eindringen, wenn das Tor geöffnet wird. Wir müssten schon einen Erkundungstrupp hineinschicken.«

Veled seufzte, dann nickte er. »Ich werde eine Hundertschaft Kampfroboter in Marsch setzen. Auf Maschinen ist Verlass.«

So ganz richtig war diese Behauptung nicht. Schlagartig fielen die Ortungen und die optischen Systeme aus, bevor die Roboter das Schiff verlassen konnten.

»Störung durch äußere Einflüsse!«, meldete die Hauptpositronik.

Veled schaltete eine neue Interkomverbindung. »Kommandant an Stoßtrupps! Ausschleusen und den Gegner beobachten! Bei bedrohlichen Aktivitäten können die Impulsstrahler zur Abwehr eingesetzt werden. Aber kein eigener Angriff! Ich wiederhole: Wir verhalten uns abwartend, nur Verteidigung!«

»Der Gegner wartet in respektvoller Entfernung«, meldete einer der Trupps. »Die Fremden hantieren zwar mit diesen Spielzeugdingern, aber wir spüren keine Wirkung. Es ist ziemlich heiß hier draußen. Und die Verpflegung hat nicht gereicht. Wir sollten ein Bad nehmen, aber die Rosen duften so blau ...«

»Was soll das Geschwätz?« Veled fasste sich demonstrativ an den Kopf. »Was ist los, Mann?«

Statt einer Antwort erklang nur ein Schluchzen. Jemand kicherte. Im Hintergrund ertönten undefinierbare Geräusche.

»Eine neue Waffe!« Der Navigator sprang auf. »Wir müssen unseren Leuten helfen! Offensichtlich sind sie völlig verwirrt.«

»Das wären wir dann ebenso schnell.« Der Kommandant wandte sich an den Robot-Ingenieur Kroman Barek. »Schicken Sie die Hundertschaft Kampfroboter hinaus! Sie sollen unsere Stoßtrupps bergen.«

»Die Ortungen arbeiten nicht!«, wandte Thanai ein.

»Stimmt«, erwiderte Veled. »Änderung! Die ersten fünfzig Roboter verlassen das Schiff und versuchen, meinen Befehl auszuführen. Die zweite Hälfte des Trupps beobachtet aus den offenen Schleusen heraus. Sollte der Vorhut die Orientierung verloren gehen, sind sofort alle Plattformen des Gegners zu zerstören!«

Barek bestätigte knapp.

Längst bereute der Kommandant seinen Alleingang. Ohne Rückendeckung hatte er versucht, das Phänomen zu ergründen, das die Massetaster der HARMOS beeinflusste. Während der Erkundung mit der Space-Jet war der zweite Planet der roten Sonne noch harmlos erschienen, also hatte er den Anflug gewagt.

Nun saß er mit seinem Schiff fest, und es sah ganz so aus, als wollten die Fremden immer wirksamere Waffen an der HARMOS testen.

Trotzdem zögerte Thurlow Veled. Ein Notruf über Hyperfunk wäre dem Eingeständnis gleichgekommen, dass er Schiff und Besatzung leichtfertig in eine ausweglose Lage gebracht hätte. Und noch hielt er die Lage nicht für ausweglos.

Minuten später wankte Kroman Barek in die Zentrale. Sein Versuch, Haltung anzunehmen, misslang.

»Es sind barbarische Wilde!«, stieß der Robot-Ingenieur hervor. »Vierzehn Männer der Stoßtrupps konnten nur noch tot geborgen werden. Die Angreifer haben ihre Schutzschirme durch Nahbeschuss überlastet und dann ...« Barek verstummte bebend.

Unvermittelt wurden die Holoschirme wieder hell. Sie zeigten das leere Felsplateau.

»Feuerschlag aus allen Geschützen auf das Tor in der Felswand!«, ordnete der Kommandant an.

Die gesamte Wand verschwand hinter einem Vorhang aus sonnenheller Glut. Als das Toben erlosch, waren mehrere Dutzend Meter Gestein weggebrannt oder aufgelöst. In der Wand gähnten mehrere Öffnungen.

»Wir senden einen Notruf an unseren Verband!«, entschied Thurlow Veled endlich. »Und wir greifen an, um die Fesselfeldprojektoren zu zerstören. Zwei Hundertschaften Kampfroboter und fünfzig der erfahrensten Raumlandesoldaten. Ich übernehme persönlich das Kommando.«

 

Der Raum glich einer abgeflachten Kuppel. Seine Wand bestand aus einem in zahllose Achtecke unterteilten schwarzen Material, und in der Mitte stand ein großer und klobiger Behälter aus dunkelgrünem, glasartig wirkendem Material.

Ein Ende des Behälters hatte eine fünfzig Zentimeter hohe und zwei Meter breite Fläche, die nicht glatt war wie die übrige Oberfläche, sondern in kleine Rechtecke und schwarze Punkte unterteilt.

Das alles hatte in völliger Dunkelheit gelegen – seit rund 1,2 Millionen Jahren. Jetzt leuchtete in jedem Achteck des Raumes ein weißer Lichtpunkt auf. Schwach zirpende Geräusche erklangen.

Eines der Rechtecke erhellte sich. Auf seiner weiß strahlenden Fläche erschien ein dunkelgrünes Symbol.

Entlang der Innenwand leuchteten weitere Lichtpunkte auf. Bald waren sie so zahlreich, dass die Kuppel einem von Milliarden Sternen erfüllten Weltraum glich.

Auf der Oberfläche des Behälters wurden nacheinander alle Rechtecke aktiv. Jede dieser Flächen zeigte ein anderes Symbol.

Nach etwa einer halben Stunde glitt die Oberfläche des Behälters lautlos zur Seite.

An einem Ende erschien ein Kopf. Ein lang gestreckter, von dunkelgrauer Haut bedeckter Schädel mit zwei großen, schwarzen, kugelförmigen Augen und Kiefern, die an die Backen einer Zange erinnerten.

Dem Kopf folgte der Oberkörper, bis das Lebewesen aufrecht saß. Eine Weile verharrte es so und musterte seine Umgebung, dann richtete es sich zu seiner vollen Größe von gut zweieinhalb Metern auf und stieg aus dem Behälter. Es war nackt, über seinem Fleisch spannte sich die gleiche dunkelgraue und rissig wirkende Haut wie über dem Schädel.

Das Wesen wandte sich dem Ende des Behälters mit den weißen Flächen und den Symbolen darin zu. Nachdem es die Symbole eingehend gemustert hatte, huschten seine Finger über die schwarzen Punkte. Einige der Zeichen reihten sich wie geschriebene Wörter aneinander.

Das Wesen las, danach tippte es auf mehrere der in den Achteckflächen leuchtenden Lichtpunkte.

Ein zirka drei mal zwei Meter großes Wandsegment glitt zur Seite. Dahinter wurde eine hellgrün beleuchtete Kammer sichtbar. Ein Raumanzug hing dort, er war auf die Körpermaße des Wesens zugeschnitten. Daneben hingen Ausrüstungsgegenstände und Energiewaffen.

Das Wesen zog die Untermontur an, streifte sich den Raumanzug über, schnallte einen Aggregatepack auf den Rücken und überprüfte alle Funktionen. Schließlich hängte es sich die Trageriemen mit den Waffen um.

Die Öffnung einer Schleusenkammer entstand.

Das Wesen betrat die Schleuse und gleich danach einen Korridor. Energiefelder entstanden ringsum.

»Hier spricht die Kommandopositronik!«, erklang eine Stimme. »Ich muss prüfen, wer die Geheimsektion der VAZIFAR verlassen will.«

»Das weiß ich«, erwiderte das Wesen. »Ich selbst habe dich entsprechend programmiert. Überprüfe die Identität meiner physischen und psychischen Merkmale mit den entsprechenden Speicherdaten!«

Sehr schnell meldete sich die Stimme wieder. »Du bist Amtranik, Führer der Horden von Garbesch. Meine Kommandofunktion wird gelöscht. Ich unterstelle mich deinem Kommando.«

Die Energiefelder verblassten.

Amtranik streckte den rechten Arm aus. »Öffne den Ausgang!«

Am gegenüberliegenden Ende des Korridors glitten die Hälften eines Panzerschotts auseinander. Dahinter lag die Hauptzentrale der VAZIFAR.

Amtranik ging mit schnellen, federnden Schritten durch das Schott. Vor mehr als einer Million Jahren hatte er die Zentrale verlassen, um im Tiefschlaf auf die Ankunft der neuen Horden von Garbesch zu warten. Seinerzeit hatte Armadan von Harpoons Eingreifen die Eroberung dieser Galaxis verhindert.

 

Der Waffeneinsatz hatte den Korridor extrem aufgeheizt. Erst vor wenigen Augenblicken waren die letzten Entladungen verstummt. Die Roboter hatten sich offenbar durchgesetzt.

»Der Widerstand des Gegners ist gebrochen«, hörte Thurlow Veled gleich darauf die Stimme von Bareks Stellvertreter. »Von der ersten Hundertschaft existieren nur noch einunddreißig Roboter. Falls der Gegner Reserven für einen zweiten Gegenangriff hat und einsetzt, müssen wir uns zurückziehen.«

»Wir haben neunundsechzig Kampfroboter verloren?«, fasste der Kommandant nach. »Wieso? Die Roboter sollten einer vielfachen Übermacht organischer Gegner gewachsen sein.«

»Nicht ihrer überlegenen Bewaffnung. Außerdem scheinen diese Wesen keine Furcht zu kennen.«

Veled presste die Lippen zusammen. Die Lage sah nicht gut aus. Der erbitterte Widerstand der Gegner verhinderte die weitere Suche nach den Fesselfeldprojektoren.

»Schicken Sie von der zweiten Hundertschaft dreißig Roboter als Verstärkung nach vorn, Moynar!«, ordnete Veled an. »Wir gehen weiter!«

 

Sie durchquerten eine riesige Maschinenhalle, als der Kommandant jäh einen fürchterlichen Druck auf der Schädeldecke verspürte. Thurlow Veled taumelte, griff nach seiner Waffe – und vergaß es im nächsten Moment. Grinsend nickte er dem Robotspezialisten Moynar Kull zu, der seinen Raumanzug öffnete, als befände er sich bereits wieder an Bord. Andere Mitglieder des Einsatztrupps warfen ihre Waffen achtlos beiseite.

Urplötzlich waren die Angreifer da, zweieinhalb Meter große, langschädlige Gestalten in schweren Raumanzügen. Ihre bellenden Schreie zeugten von ungestümer Wildheit.

Ohne die schnelle Reaktion der Roboter in der Nachhut wären die Frauen und Männer der HARMOS verloren gewesen. Als Thurlow Veleds Verstand wieder einsetzte, blickte er sich verwundert um. Seine Leute kauerten auf dem Boden, und auch sie fingen erst wieder an, folgerichtig zu denken. Ringsum standen die Kampfroboter – und einige tote Fremde lagen da.

Veled ließ abzählen. Seine düstere Ahnung erfüllte sich. Drei Frauen und fünf Männer fehlten, und sie waren nirgends in der Maschinenhalle zu finden.

»Die Fremden müssen sie verschleppt haben«, sagte Nidda Kafir, eine Gäa-Geborene.

»Wir werden nach ihnen suchen. Moynar, wo befindet sich die Vorhut?«

»In einem Sektor mit Lagerhallen. Der direkte Weg zurück ist den Robotern versperrt. Sie versuchen, auf Umwegen zu uns zu stoßen.«

»Wir gehen ihnen entgegen«, entschied Veled.

 

Die Holos zeigten Amtranik, was von den Erkundungssonden an optischen Eindrücken übermittelt wurde. Elf Sonden waren inzwischen von den Gegnern entdeckt und zerstört worden, aber es blieben genug übrig.

Amtranik war zufrieden mit dem Mut und der wilden Kampfeslust der Laboris.

Die Eindringlinge waren in zwei Gruppen geteilt worden. Eine bestand nur aus Robotern, die andere Gruppe auch aus organischen Wesen. Dabei handelte es sich um eine Lebensform, die sich schon vor Amtraniks zeitlosem Schlaf in unzähligen Variationen auf nahezu einem Zehntel aller bekannten Planeten entwickelt hatte.

Diese Lebensform konnte sich nur unter besonders günstigen Umweltbedingungen entwickeln. Aber gerade weil sie so empfindlich war, schufen viele ihrer Arten hoch entwickelte Zivilisationen, die einen Grad an Luxus und Bequemlichkeit boten, wie härtere Spezies ihn niemals entwickelten.

Für die Horden von Garbesch war die Anhäufung solcher Zivilisationen Grund genug für ihre Invasion gewesen.

Amtraniks Augen funkelten vor Vergnügen. Anscheinend gab es immer noch zahllose reiche Zivilisationen. Aber diesmal würde wahrscheinlich kein Ritter der Tiefe mehr da sein, um sie zu beschützen.

Natürlich würde für die Garbeschianer nach dem Sieg eine Zeit der Verweichlichung kommen, während der sie ihre Beute genossen. Aber gerade diese Verweichlichung schuf die Voraussetzung für die nächste Expansionsphase, weil sich der Reichtum der eroberten Welten schnell erschöpfte. Der neue Mangel würde die Horden zwingen, gegeneinander Krieg zu führen und dabei die alte Härte zurückzugewinnen. Schließlich würden sie sich zusammenschließen und die Eroberung der nächsten Galaxis planen.

Amtranik wurde an eigene Versäumnisse erinnert, als er bemerkte, wie unvorsichtig die Laboris den nächsten Angriff vorbereiteten. Sie bemerkten nicht, dass eine Robotergruppe, die dem Hinterhalt entkommen war, hinter ihnen näher kam.

Die Weichen zeigten sich erstaunlich tapfer. Dennoch wären sie ohne das Eingreifen ihrer Kampfmaschinen verloren gewesen. Die Laboris hingegen kämpften zwischen den Fronten, bis etliche von ihnen tot waren.

Unerwartet entdeckte Amtranik auf einem der Schirme eine weitere Gruppe von Laboris. Sie hatten sich in einer Trainingslandschaft des Hay Hayyat verborgen und Späher nach allen Seiten ausgeschickt.

Der Hordenführer stellte anerkennend fest, dass diese Gruppe straff geführt wurde. Vor allem musste sie durch ihre Späher von dem Kampf und der Niederlage ihrer Artgenossen unterrichtet gewesen sein. Das bedeutete, sie hätten eingreifen und die Verluste der anderen Gruppe verhindern können, wenn ihr Anführer es gewollt hätte.

Er hatte zweifellos nicht gewollt. Wenig später erkannte Amtranik auch den Grund dafür. Die Überlebenden der aufgeriebenen Gruppe flohen in Richtung der Trainingslandschaft – und die Weichen folgten ihnen, ohne zu zögern. Sie hatten eben einen Sieg errungen und befanden sich offenbar in einer Art Siegestaumel.

Der Anführer der zweiten Gruppe musste das vorhergesehen haben, denn er und seine Leute verbargen sich hinter den besten Deckungsmöglichkeiten. Sie gaben sich nicht einmal ihren flüchtenden Artgenossen zu erkennen.

Amtraniks Achtung vor diesem Anführer stieg. Der Mann musste wie alle Laboris als Wilder aufgewachsen sein und hatte vor dem Betreten der Station im Hay Hayyat weder moderne Waffen noch idealisierte Kampftaktik gekannt. Dennoch hatte er sich erstaunlich schnell auf die krasse Veränderung der Verhältnisse eingestellt.

Die versteckte Gruppe ließ die Roboter durchziehen. Erst als sich auch die Weichen in der großen Halle befanden, verließen die Laboris ihre Erdlöcher in den Hügeln der Kunstlandschaft und brachten leichte Energiegeschütze in Stellung. Mit ihnen zerstörten sie einige der feindlichen Maschinen.

Alles war taktische Präzisionsarbeit. Die Weichen wären vernichtet worden, wenn ihr Anführer die Situation nicht schnell genug erkannt und den Rückzug befohlen hätte. Die Vorhut der Kampfroboter wurde dabei bewusst geopfert, um einen Teil der Laboris in Gefechten zu binden.

Amtraniks Achtung vor dem Anführer dieser Laboris stieg, weil er keine wilde Verfolgungsjagd befahl. Stattdessen verließen seine Leute die Halle durch Seitenschotten und eilten über Nebentunnels an den Weichen vorbei, um ihnen den Rückweg zu ihrem Schiff abzuschneiden.

Thurlow Veled hatte sehr schnell erkannt, dass die Falle in der unübersichtlichen Kunstlandschaft das Werk eines Taktikers war. Er hatte der Robotvorhut befohlen, sich im Gelände einzuigeln und einen Teil der Fremden durch Gegenangriffe zu binden. Ihm war klar, dass er diese Roboter opferte, aber das Leben seiner Leute war ihm wichtiger.

Die Nachhut bestand aus Menschen und Robotern und sollte sich rasch zurückziehen. Sie hatten etwa die Hälfte des Weges hinter sich, als die Fremden aus Nebenstollen angriffen.

Schon bisher war es unmöglich gewesen, die HARMOS über Funk zu erreichen. Thurlow Veled schickte jetzt fünf Kampfroboter zum Schiff. Sie sollten eine starke, von Robotern und Shifts unterstützte Truppe zur Unterstützung anfordern.

Die Fremden schienen den Abflug der Roboter bemerkt zu haben und den richtigen Schluss daraus zu ziehen. Jedenfalls griffen sie mit aller Härte an.

Gemeinsam mit fünf Freiwilligen und zwanzig Kampfrobotern besetzte Veled einen Lagerraum. Seine kleine Gruppe hinderte das Gros der Angreifer erfolgreich daran, die übrigen Besatzungsmitglieder zu verfolgen. Allerdings verschanzten sich die Fremden ebenfalls und zerstörten durch gezielten Beschuss einen Kampfroboter nach dem anderen.

Schließlich stürmten sie heran.

Nur Veled und Nidda Kafir waren noch kampffähig, aber sie hatten keine Chance gegen die Übermacht. Einer der Angreifer schlug den Kommandanten einfach nieder.

 

Amtranik hatte registriert, dass drei der zum Kugelschiff zurückgeschickten Roboter von einer Patrouille der Laboris abgeschossen worden waren. Inzwischen konnte der Hordenführer den Anführer der Weichen gut genug beurteilen, um zu erkennen, was diese Aktion bezweckte.

Amtranik wurde klar, dass er eingreifen musste. Keinesfalls wollte er den fähigen Anführer der Laboris verlieren, denn er hatte ihn bereits als seinen Stellvertreter ausgewählt.

Er stellte über Funk eine Robotergruppe aus der Station zusammen, ließ sie mit Materieverdichtern, Psychoblockern und Kriechladungsstrahlern ausrüsten und schickte sie den Laboris nach, die das Widerstandsnest der Weichen einnehmen wollten. Insgeheim bewunderte Amtranik auch den Anführer der Weichen, den seine taktischen Fähigkeiten durchaus zu einem Horden-Unterführer qualifiziert hätten, wäre er ein Garbeschianer gewesen.

Amtranik bedauerte, dass dieser fähige Mann sterben würde – und dann musste er den Anführer der Laboris bewundern, der im letzten Moment das Leben ausgerechnet dieses Gegners schonte. Der Hordenführer nahm sich vor, möglichst bald mit dem Anführer der Weichen zu sprechen – nicht zuletzt deshalb, weil er Informationen über die Vorgänge in der Galaxis brauchte. Er musste seine nächsten Schritte auf verlässlichen Daten aufbauen können.

Vorerst war jedoch keine Zeit dafür. Diesmal setzten die Weichen Flugpanzer mit starker Feuerkraft, neue Kampfroboter und zweihundert Raumfahrer ein. Dieser Streitmacht waren die Laboris nicht gewachsen, ihre Vorposten wurden überrollt.

Amtranik trieb die mittlerweile aus der VAZIFAR ausgeschleusten eigenen Roboter zur Eile. Es sah so aus, als könnten die Weichen die VAZIFAR direkt bedrohen.

So kam es schließlich auch. Doch da trafen die eigenen Kampfmaschinen ein – und ihre Waffen der Verdammnis traten in Aktion ...

 

Bilir Thanai leitete den Angriff von einem Kommandopanzer aus. Sie beging nicht den Fehler, sich selbst in die vordere Linie zu stellen, soweit von einer zusammenhängenden Linie überhaupt zu sprechen war.

Unaufhörlich ließ sie die Fremden anfunken und zu einem Waffenstillstand mit Verhandlungen auffordern, doch sie erhielt keine Antwort. Diese Wesen schienen auf den Kampf versessen zu sein.

Die Stellvertretende Kommandantin befahl ihren Truppführern und den Piloten der Flugpanzer, eigenmächtige Verfolgungsjagden zu unterlassen. Alle Gruppen sollten ungefähr auf gleicher Höhe bleiben, um einander jederzeit unterstützen zu können.

Die Streitmacht der HARMOS rückte in geschlossener Phalanx vor. Als einige der vordersten Shifts fast zeitgleich liegen blieben, wusste Bilir Thanai, dass ihre Ahnung sie nicht getrogen hatte. Die Ortungen der betroffenen Flugpanzer hatten kurz zuvor das Auftauchen feindlicher Roboter gemeldet. Deshalb befahl Bilir, das Feuer auf diese Roboter zu konzentrieren, wo immer sie erschienen. Anscheinend waren sie die Träger einer neuen Waffe.

Doch leider blieb es nicht dabei. Immer mehr eigene Roboter fielen aus, ohne dass sie von einem Strahlschuss getroffen worden wären. Wenig später stürmten einige Raumfahrer aus dem Schutz ihrer Begleitroboter und fielen über die Stellungen der Fremden her. Ihre Energiewaffen benutzten sie allerdings wie Schlagstöcke – und sie stießen dabei ein tierisches Gebrüll aus, das Bilir Thanai entsetzte.

Einer dieser Männer wurde von seinen Kollegen zurückgehalten. Ein Medoroboter stellte den nahezu völligen Ausfall seiner Großhirntätigkeit fest. Offenbar verfügten die Fremden über eine Waffe, die Gehirnfunktionen blockierte.

Dagegen konnte niemand bestehen. Bilir Thanai befahl den Rückzug zum Schiff.

Unablässig feuernd zogen sich die Flugpanzer, Kampfroboter und Raumfahrer zurück. Kurz darauf stellten die Gegner die Verfolgung ein.

Bilir Thanai verstand diesen Umschwung nicht, doch sie war erleichtert darüber.

2.

 

 

Amtranik kam mit seinem gepanzerten Kampfgleiter in der verwüsteten Stellung an, als die Laboris sich soeben sammelten, um dem fliehenden Feind zu folgen.

»Halt!«, rief er hallend, und die Innenbeleuchtung des Kampfgleiters hüllte ihn in eine strahlende Lichtfülle. »Garbeschianer, hört auf mein Kommando! Ich bin Amtranik, der Führer der Horden von Garbesch, die einst gegen die Orbiter Armadan von Harpoons kämpften. Bald schon werde ich euch zu den Sternen führen, damit wir in den Kampf der neuen Horden eingreifen und ihn für uns entscheiden können.«

Die Haltung der Laboris ließ deutlich erkennen, dass sie nicht gewillt waren, den mit großen Verlusten bezahlten Sieg zu verschenken. Der Unbekannte musste sie schon davon überzeugen, dass er wirklich der legendäre Hordenführer Amtranik war.

Einer der Männer kam langsam auf den Kampfgleiter zu. Er war größer als die anderen Laboris, erreichte aber dennoch nicht Amtraniks Statur.

»Ich bin Yesevi Ath, der Vorbeißer aller Laboris von Arpa Chai und von der Positronik des Hay Hayyat auserwählt, Amtraniks Vermächtnis zu erfüllen. Wir alle verehren den berühmten Hordenführer und werden uns seiner Befehlsgewalt unterstellen, wenn er zurückkehrt. Aber woher sollen wir wissen, dass du wirklich Amtranik bist?«

Über das in seinen Schädel implantierte Kommandogerät erteilte Amtranik seinen Robotern einen Befehl. Siebzehn metallische Nachbildungen von Laboris schwebten auf energetischen Prallfeldern heran und bildeten einen Kreis um den Kampfgleiter und Yesevi Ath.

»Ihr habt gesehen, dass meine Roboter mit den Waffen der Verdammnis den Feind in die Flucht schlugen, der im Begriff war, euch zu vernichten!«, rief Amtranik. »Mir stehen alle Machtmittel der VAZIFAR zur Verfügung. Ob ihr mir glaubt, dass ich Amtranik bin, ist unerheblich, als Garbeschianer müsst ihr dem Mächtigeren gehorchen.«

»So hielten wir es auf Arpa Chai, und so hielten es unsere Ahnen«, erwiderte Ath. »Wir unterstellen uns deinem Befehl.«

»Die Positroniken des Hay Hayyat und meines Flaggschiffs werden euch bestätigen, dass ich Amtranik bin. Ich will die Feinde nicht verfolgen lassen, weil wir sie noch brauchen, um unsere Waffen und unsere kämpferischen Fähigkeiten an ihnen zu erproben. Ihr habt Mut und Können bewiesen, und euer Anführer Yesevi Ath wird einmal mein Stellvertreter werden, aber noch fehlt euch vieles von dem, was ihr für den Entscheidungskampf benötigt.« Der Hordenführer deutete mit einer Hand in die Höhe. »Wir werden zu den Sternen fliegen, um die Feinde der Horden von Garbesch zu vernichten und ihre Welten in Besitz zu nehmen. Jeder von euch wird Macht erwerben, die Besten werden über fremde Welten herrschen.«

Was Amtranik sagte, wühlte die Instinkte der Garbeschianer auf. Als ihr Jubel verklungen war, fuhr er fort: »Wenn euer Gefangener noch lebt, bringt ihn zu mir!«

 

Der Gefangene wirkte gegen seine Bewacher klein und verletzlich, doch er hatte bewiesen, dass er sich mit Strategie und Taktik auskannte, und nur darauf kam es an.

Als zwei Laboris mit dem Gefangenen vor dem Kampfgleiter ankamen, stellte Amtranik fest, dass sein psychischer Widerstand ungebrochen war. Der Hordenführer benutzte seinen Translator, aber es bedurfte einiger Zeit, bis die Basis für eine sinnvolle Übersetzung geschaffen war.

»Wer bist du?«, fragte Amtranik endlich.

»Ich bin ein friedliebender Terraner und heiße Thurlow Veled«, antwortete der Gefangene heftig. »Aber du führst deine Leute in einen Kampf, für den es keine logische Notwendigkeit gibt.«

»Für uns schon. Die Horden von Garbesch sind hervorragend für den Kampf im Weltraum ausgebildet und ...«

Thurlow Veled lachte. Amtranik registrierte verblüfft diese ihm rätselhafte Reaktion. Sie schien Heiterkeit auszudrücken. Doch kein Weicher hatte jemals Heiterkeit empfunden, wenn die Horden von Garbesch erwähnt wurden, sondern Furcht und Entsetzen.

»Hast du vergessen, wie die Horden von Garbesch in diese Galaxis einfielen und wie sie mit den Waffen der Verdammnis die Raumflotten ihrer Feinde zerschlugen?«

Veled lachte nicht mehr. Er schien verblüfft zu sein.

»Wir haben niemanden angegriffen«, erklärte er.

»Ich spreche von den Horden von Garbesch«, betonte Amtranik.

»Ich auch«, erwiderte der Gefangene. »Wir gehören zu den Horden von Garbesch. Das glauben jedenfalls die Orbiter.«

»Die Orbiter scheinen nicht zu wissen, dass niemals Weiche zu den Horden von Garbesch gehörten«, sagte Amtranik mehr zu sich selbst als zu dem Gefangenen. »Das ist die Bestätigung dafür, dass es keinen Ritter der Tiefe mehr gibt und dass den Orbitern eine Führung fehlt. Die neuen Horden werden kurzen Prozess mit ihnen machen.«

Er wandte sich wieder an den Gefangenen.

»Wie sieht die militärische Lage in dieser Galaxis aus, Thurlow Veled? Gibt es noch viele Raumsektoren, in denen den Garbeschianern Widerstand geleistet wird?«

»Ich verstehe nicht, was du meinst. Die Garbeschianer existieren nur in der Einbildung der Orbiter. Haltet ihr uns etwa ebenfalls für Garbeschianer und habt deshalb angegriffen?«

Amtranik war verwirrt. Sein Gegenüber schien nichts von der Invasion der Horden zu wissen. Möglicherweise lebte sein Volk auf einem Planeten weit abseits der Flugrouten anderer Zivilisationen.

»Wir halten euch keineswegs für Garbeschianer«, sagte er. »Aber es ist erstaunlich, dass dein Volk nichts vom Einfall der neuen Horden erfahren hat. Ihr müsst isoliert von anderen Zivilisationen leben.«

»Irrtum!« Der Gefangene schien erregt zu sein. »Wir stehen in ständigem Kontakt mit allen raumfahrenden Völkern der Milchstraße Galaxis. Mein Schiff gehört zu einem Großverband aus Raumschiffen mehrerer Zivilisationen. Wenn es eine Invasion der Garbeschianer gegeben hätte, dann wüssten wir es. Diese Invasion existiert lediglich in der Einbildung der Orbiter. Deshalb sind wir unterwegs. Wir wollen die uralte Anlage Armadan von Harpoons finden und den Orbitern das Missverständnis endlich klarmachen. Alles ist nur ein Missverständnis, ausgelöst durch eine Fehlreaktion der Anlage auf die Weltraumbeben.«

Amtranik hatte das Gefühl, mitten in einem Atombrand zu stehen. Was der Gefangene gesagt hatte, war deutlich genug gewesen.

Die Invasion der neuen Horden von Garbesch hatte überhaupt nicht stattgefunden. Weltraumbeben waren von der Anlage des Ritters der Tiefe als Signal der Rückkehr der Garbeschianer fehlgedeutet worden.

Folglich hatten sich die Sensoren des Hay Hayyat ebenfalls täuschen lassen. Die Laboris waren völlig grundlos zum Hay Hayyat gerufen worden – und auch Amtranik war grundlos geweckt worden. Nun würde es weder Raumschlachten noch grandiose Siege und Eroberungen geben.

»Zu welchem Volk gehört ihr eigentlich?«, fragte der Gefangene.

Amtranik antwortete nicht darauf. Er war sich über den Grund dafür selbst nicht im Klaren. Früher hätte er nicht gezögert, einem Fremden, der sich in seiner Gewalt befand, die Wahrheit zu sagen. Aber früher wäre es auch selbstverständlich gewesen, jeden Gefangenen zu töten. Er fragte sich, ob das heute nicht mehr zutraf oder ob sein langer Schlaf daran schuld war, dass er nicht so kompromisslos handelte.

Die Frage hallte in ihm nach – und rief eine neue Reaktion hervor. Wenn das Volk Veleds mit Garbeschianern verwechselt wurde, dann bewies das doch, dass die neuen Orbiter keine Information über das Aussehen der Garbeschianer hatten. Dass sie weder die Laboris kannten noch die anderen Völker der Horden.

Stattdessen hielten sie Wesen wie Veled für Garbeschianer. Wenn sie ihm selbst und seiner kleinen Horde begegneten, würden sie keinen Verdacht schöpfen.

Amtranik musste über das Groteske der Situation lachen und über die Aussichten, die sich daraus ergaben.

»Ich verstehe nicht, was du daran lustig findest«, sagte der Gefangene. »Warum antwortest du nicht? Wer seid ihr?«

Amtranik hörte auf zu lachen. »Wir sind die Herren der Milchstraße«, erklärte er. »Yesevi Ath, lass den Gefangenen einsperren und gut verpflegen!«

 

Admiralin Almira Nukor blickte ungeduldig auf den Hyperkom der ADMIRAL KENOS. Die kleinen Holos zeigten die Gesichter von Terranern, Akonen, Arkoniden, Topsidern und Blues. Es waren die Kommandanten jener Schiffe, die zur Suchflotte gehörten, die im galaktischen Zentrumssektor nach der geheimnisvollen Anlage Armadan von Harpoons suchte.

»Ausgeschlossen, dass Thurlow Veled sich so lange Zeit lässt, sich über Hyperkom zu melden. Ich kenne ihn als pflichtbewussten Raumfahrer.«

Bryker Lomas, der Kommandant des Superschlachtschiffs ADMIRAL KENOS, das Almira Nukor als Führungsschiff diente, zuckte die Achseln. »Vielleicht ist die HARMOS in einen Energiesturm geraten.«

Nukor wölbte die Brauen, dann blickte sie zu drei Bildausschnitten. Sie zeigten einen vollbärtigen Springer, das Echsengesicht eines Topsiders und den Tellerkopf eines Blues.

»Ich rufe die YRZYN YZOR, die MULROMA und die VIILZUP. Ihre Schiffe befinden sich am nächsten an der erwarteten Position der HARMOS. Können Sie einen Energiesturm anmessen?«

»Alles völlig normal«, antwortete der Springer Efftzar, Kommandant der MULROMA. »Unsere Ortung hätte jeden Energiesturm im Umkreis von hundert Lichtjahren registriert.«

»Wir haben ebenfalls keine Anzeige«, erklärte der Topsider Giwisch, Kommandant der VIILZUP.

»Bei der weißen Kreatur der Wahrheit, auch in unserem Sektor ist es so ruhig wie selten in Zentrumsnähe«, sagte der Blue Lüy Piötah, Kommandant der YRZYN YZOR.

»Danke!« Almira Nukor wandte sich wieder an den Kommandanten. »Die Hyperkomverbindung zur HARMOS wird nicht gestört – es sei denn, das Schiff befindet sich weitab von der errechneten Position.«

»Kommandant Veled würde nicht grundlos von einem vorbestimmten Kurs abweichen«, erklärte Lomas.

»Wenn er einen Grund dafür gehabt hätte, was hätte er dann getan?«

»Er hätte uns verständigt. Es sei denn, er hätte keine Gelegenheit dazu bekommen.«

»Weil etwas oder jemand ihn daran hindert? Möglicherweise befindet sich die HARMOS in Gefahr. Ich schlage vor, dass alle Schiffe der GAVÖK und der LFT, die vom angenommenen Gebiet nicht weiter als vierhundert Lichtjahre entfernt sind, eine systematische Suche einleiten. Sind Sie einverstanden, Mertlan?«

Auf einem der Monitoren erschien das für Akonen typische schmale Gesicht mit der hohen Stirn. »Es ist die einzige Maßnahme, die der Situation gerecht wird, Almira«, antwortete Mertlan von Kmosz. Er führte bei diesem Einsatz den gemischten Schiffsverband der Galaktischen Völkerwürde-Koalition und war mit Almira Nukor seit Langem so eng befreundet, dass sich beide mit ihren Vornamen anredeten. »Ich stelle eine Liste der infrage kommenden Schiffe meines Verbands auf und übertrage sie Ihnen.«

»Danke, Mertlan. Ich denke, dass die Suchaktion in spätestens dreißig Minuten anlaufen kann.«

 

»Wann greifen wir an?«, fragte Yesevi Ath ungeduldig.

»Sobald wir eine Besatzung für die VAZIFAR haben, die mit dem Schiff und seinen Waffen umgehen kann«, erwiderte Amtranik.

Die beiden Garbeschianer befanden sich in der Kommandozentrale der VAZIFAR. Amtranik hatte den Vorbeißer mitgenommen, um ihn schon in einige Abläufe einzuführen.

»Wir lernen schnell«, versicherte Yesevi Ath.

»Es ist eine Sache, mit Energiewaffen am Boden zu kämpfen, aber eine ganz andere, die komplizierten Systeme eines Großraumschiffs zu verstehen«, entgegnete Amtranik.

Ath dachte nach. »Wie groß sind unsere Aussichten, mit einem einzigen Schiff die Zivilisationen dieser Galaxis zu unterwerfen?«

»Wenn wir allein bleiben, schaffen wir das nie. Deshalb müssen wir aus einem Schiff viele Schiffe machen.«

»Du meinst, wir sollen uns Verbündete suchen?«

»Kein Volk würde sich mit uns gegen alle anderen verbünden«, sagte Amtranik. »Die Aussagen des Gefangenen lassen erkennen, dass alle großen Zivilisationen dieser Galaxis miteinander kooperieren. Das ist sehr wahrscheinlich die Folge einer langjährigen kriegerischen Auseinandersetzung mit einem überlegenen Gegner. Nur ein solches Ereignis bringt unterschiedliche Zivilisationen zu miteinander abgestimmtem Handeln. Niemand würde aus einem solchen Verbund ausbrechen.«

»Woher nehmen wir dann weitere Schiffe und ihre Besatzungen?«

»Wir holen sie uns von dort, wo die Waffen gegen die Horden von Garbesch geschmiedet werden«, sagte Amtranik. »Während der Kämpfe, die vor rund 1,2 Millionen Jahren mit der Niederlage der Horden endeten, gelang es mir mithilfe ›umgedrehter‹ Orbiter, alles über die Anlage Armadan von Harpoons zu erfahren. Sie ist auf vierundzwanzig Planeten dreier Sonnen verteilt.

Wer dort die Programmierungen verändern kann, der ist in der Lage, das Aussehen sowie die Beschaffenheit der produzierten Orbiter zu bestimmen. Wenn es mir gelingt, die Orbiter davon zu überzeugen, dass ich ein Vertrauter Armadan von Harpoons bin, sodass sie mir bedingungslos vertrauen, kann ich mit dir als Muster die Schaltanlagen so manipulieren, dass die noch vorhandenen neutralen Urzellen mit dem genetischen Kode eines Garbeschianers programmiert werden. Die milliardenfach erzeugten Hordenkämpfer werden Millionen von Raumschiffen bemannen.«

»Millionen von Raumschiffen?«, rief Ath beinahe fassungslos.

»Suche die besten deiner Mitstreiter aus, Yesevi!«, befahl Amtranik. »Lasst euch von einem der Schiffsroboter ins Schulungszentrum der VAZIFAR führen. Ich werde ebenfalls dorthin kommen, damit wir rasch die Ausbildung beginnen können.«

 

»Zwei Leute von der Nachhut haben gesehen, wie der Kommandant von den Fremden fortgeschleppt wurde«, sagte Bilir Thanai. »Er scheint bewusstlos gewesen zu sein, hatte aber wohl nur eine Platzwunde an der Stirn.«

»Was denken Sie, was die Fremden mit ihm vorhaben?«, fragte Bronquist, der Navigator.

»Was wissen wir schon über die Fremden, außer, dass sie mit unglaublicher Wildheit angreifen?«

»Es sind Wilde, wie wir sie auch in der Umgebung des Berges entdeckt haben«, wandte der Erste Kybernetiker ein.

Die Stellvertretende Kommandantin horchte auf. »Davon weiß ich bisher nichts, Mamud.«

»Es war noch keine Zeit, das zu erläutern. Wir entdeckten die Eingeborenen, nachdem die Stoßtrupps aufgebrochen waren. Mit etwas Phantasie könnte man annehmen, dass diese Wilden in dem Berg bewaffnet und ausgebildet werden.«

»Wer sollte das tun – und warum?«

Zarge Bronquist hob abwägend die Hände. »Stationäre oder mobile Roboter, die den Auftrag haben, Söldner zu beschaffen und Eindringlinge vernichten zu lassen.«

»Das wäre die Erklärung für einige Ungereimtheiten im Verhalten dieser Wesen.« Thanai nickte bedächtig. »Ihre ersten Angriffe dienten der Orientierung. Danach wurden sie mit besseren Waffen ausgerüstet. Als das nicht genügte, griffen die Roboter ein.«

Sie warf einen Blick auf die Hologalerie. Momentan schien sich wenig zu tun, doch sicher sein konnte sie dessen nicht.

»Die Roboter nutzen schwere Waffen. Schon die Implosionsstrahler, die Materie verdichten und kollabieren lassen, machen unseren Shifts schwer zu schaffen. Was sie gegen unsere Kampfroboter eingesetzt haben, weiß ich nicht. Jedenfalls sind die TARAS nahezu ausgefallen. Wenigstens besteht keine Gefahr mehr für unsere Leute, die plötzlich durchgedreht haben: Die Wirkung dieser Waffe scheint allmählich nachzulassen.«

Sie blickte in die Runde.

»Wenn ich einen weiteren Stoßtrupp losschicken wollte, um Veled zu suchen, würde ich die Betreffenden dem größten Risiko aussetzen.«

»Ich kenne die Risiken«, erklärte Mamud Vevenary. »Trotzdem: Ein einzelner Mann hat wohl noch die besten Chancen. Vielleicht käme ich an einen der gegnerischen Roboter heran.«

»Was wäre damit gewonnen?«, fragte Moynar Kull. »Der Roboter würde Sie entweder töten oder gefangen nehmen.«

»Die Fremden haben unseren Kommandanten«, entgegnete Mamud Vevenary. »Und da unsere Gegner nicht die Wilden an sich, sondern Roboter sind ...«

»Ich gebe mein Einverständnis zu einem solchen Selbstmordunternehmen nicht«, unterbrach Thanai. »Wir müssen abwarten, bis Unterstützung eintrifft.«

»Wir sind zu weit vom Kurs abgewichen«, wandte Vevenary ein. »Und die Phänomene, die uns angelockt haben, sind mittlerweile erloschen. Hier findet uns niemand.«

»Unsere Waffen funktionieren«, erwiderte Thanai. »Das gilt wohl auch für unsere Transformkanonen.«

Sie wandte sich an den Feuerleitingenieur. »Satin, programmieren Sie die obere Transformkanone für eine Salve! Ziel: fünf Lichtsekunden von diesem Planeten entfernt. Feuern Sie alle zwei Minuten ein Geschoss ab, solange uns das möglich ist!«

Satin Norod bestätigte.

 

»Im Umkreis von vierhundert Lichtjahren sollte sich die HARMOS befinden«, schimpfte Lüy Piötah. »Aber vierhundert Lichtjahre sind zu viel.«

»Es ist aussichtslos, das Schiff finden zu wollen«, bestätigte Jagal Üüryp-Güy, sein Stellvertreter.

Die YRZYN YZOR befand sich gemeinsam mit dem Springerschiff und den Topsidern in dem ihnen zugewiesenen Suchgebiet. Seit achtundzwanzig Stunden Standardzeit bewegten sich die drei Raumschiffe in gleichbleibender Distanz zueinander mit kurzen Linearmanövern durch das von Sonnen und glühenden Gaswolken wimmelnde Gebiet, orteten, funkten und warteten vergeblich auf eine Reaktion.

»Ich werde die schwarze Kreatur der Weisheit anrufen«, erklärte Piötah unvermittelt. »Vielleicht kann sie meinen Geist erleuchten.«

Er verließ die Zentrale und begab sich in seine Kabine, zwängte sich in das »Denkgestell« und verharrte in verrenkter Position mit dem Kopf nach unten. Wer die Blues nicht kannte, hätte das für Aberglauben oder Schlimmeres gehalten. Tatsächlich diente diese Haltung der Stärkung ihrer geistigen Konzentration.

Erst nach rund fünf Stunden kehrte Piötah in die Zentrale zurück. Sein Stellvertreter redete gerade mit Giwisch, dem Kommandanten des Topsiderschiffs.

»Nein, ich verstehe Ihre Einwände nicht«, erregte sich Üüryp-Güy. »Wenn ein Blue die schwarze Kreatur der Weisheit anruft, ist ein längerer Aufenthalt im Normalraum durchaus gerechtfertigt.«

»Wir müssen die nächste Linearetappe durchführen«, drängte der Topsider. »Andernfalls gibt es eine nicht gerechtfertigte Verzögerung. Springerkommandant Efftzar hat bereits mit Nachdruck erklärt, er werde in fünf Minuten weiterfliegen.«

»Bei allen grünen Sandkreaturen!«, mischte sich Piötah ein. »Nie ist eine Suche mit rein technischen Mitteln erfolgreicher gewesen als eine mit den Mitteln des Geistes!«

»Na gut, endlich sind Sie wieder da!«, rief Giwisch erleichtert. »Können wir in die nächste Linearetappe eintreten?«

»Ihr Topsider denkt ebenso stur materialistisch wie Springer und Terraner«, erklärte Lüy Piötah verärgert. »Sie fragen nicht einmal danach, welche Erleuchtung mir eingegeben wurde.«

»Und?«, fragte der Topsider ironisch.

»Mir ist klar geworden, dass unsere bisherige Suche ein Nüifzüyrüöh war.«

»Ein was ...?« Giwischs Schuppenhaut färbte sich gelblich.

»Eine Suche im Ozean weitab von allen Inseln«, erläuterte der Blue. »Falls die HARMOS in einen Hinterhalt geraten ist, dann bestimmt nicht im freien Raum. Die Besatzung muss etwas geortet haben und ist hingeflogen – das entspricht der terranischen Mentalität. Aber wohin hätten sie fliegen sollen? Bestimmt nicht zu einem anderen Raumschiff, sondern weit eher zu einem Planeten.«

»Ich verstehe nicht«, mischte sich der Springer Efftzar ins Gespräch, der sich zugeschaltet hatte.

»Ein Raumschiff der Orbiter, das von der HARMOS geortet worden wäre, hätte sich wegen seiner höheren Beschleunigungswerte einfach zurückgezogen«, erklärte Piötah. »Hat die HARMOS jedoch Aktivitäten auf einem Planeten geortet, wäre es den Orbitern dort nicht möglich gewesen, einfach zu verschwinden. Sie müssten gegen die HARMOS vorgehen, um ihre Anwesenheit weiterhin zu verbergen.«

Efftzar lachte dröhnend.

»Klang das logisch oder nicht?«, fragte Piötah.

»Selbstverständlich tut es das«, grollte der Springer. »Ich wäre sogar von selbst darauf gekommen, dass wir jeden Planeten in der Nähe der vorgeschriebenen Route der HARMOS untersuchen müssen.«

»Wir sollten Emotionen aus dem Spiel lassen«, beschwichtigte Giwisch. »Es klingt durchaus logisch, was Kollege Piötah gesagt hat. Wir können nur nicht alle Planeten absuchen, die es entlang der normalen Route der HARMOS gibt.«

»Das würde einige Jahre dauern«, bestätigte Efftzar. »Haben Sie schon einen Vorschlag, Tellerkopf?«

»Hundert Lichtstunden Distanz«, antwortete der Blue würdevoll.

»Das ist zu viel.«

»Das sehe ich anders«, widersprach der Topsider. »Nur etwa vier Prozent aller Sonnen im Zentrumssektor besitzen Planeten. Wenn wir eine geradlinige Flugroute der HARMOS annehmen und alle Planeten bis zu hundert Lichtstunden Distanz absuchen, werden es schätzungsweise dreihundert.«

»Zu viel!«, monierte Efftzar.

»Wir werden nicht dreihundert Planeten untersuchen müssen«, erklärte Piötah. »Fangen wir bei den Welten an, die zwischen hundert und achtzig Lichtstunden entfernt sind, dann haben wir ungefähr zwanzig zu untersuchen – und die schwarze Kreatur der Weisheit hat mir offenbart, dass einer von ihnen der gesuchte Planet sein muss.«

Efftzar lachte brüllend, dann erwiderte er zornig: »Wenn das nicht zutrifft, dann werde ich Ihrer schwarzen Kreatur den Hals umdrehen, Tellerkopf!«

 

Yesevi Ath musterte staunend die unterschiedlich geformten Roboter, von denen es seit kurzer Zeit in der VAZIFAR wimmelte. Diese Maschinen krochen über Wände und Decken und schienen sie nicht nur zu polieren, sondern auch die darin eingebetteten Installationen zu prüfen. Andere Roboter nahmen aufwendige Reparaturen vor, und die nächsten transportierten für Laboris undefinierbare Geräte.

»Wir wissen viel zu wenig über Raumschiffe«, sagte Yesevi Ath zu seiner Gefährtin. Angesichts der hektischen Betriebsamkeit an Bord, von der er kaum etwas verstand, bezweifelte er mittlerweile, dass es ihm und seinen Leuten überhaupt möglich sein würde, so sicher mit einem Raumschiff umzugehen, wie das die Ahnen getan hatten.

»Amtranik weiß, was er uns zutrauen darf«, erwiderte Usilfe Eth.