Buchinfo

Wow! Kikis Mutter hat eine Werbekampagne für Schulmode an Land gezogen. Kiki ist außer sich vor Glück, denn das große Modeshooting wird in ihrer Schule stattfinden. Auf dem Laufsteg trifft sie einen alten Bekannten: Dave Divine, den coolen Popstar! Wenn Kikis Freund Benni da mal nicht eifersüchtig wird …

 

Eine Kiki-Geschichte

 

Freche Mädchen - freche Bücher!

www.frechemaedchen.de

Autorenvita

BMK

 

© Thienemann Verlag GmbH

 

Bianka Minte-König, als Tochter eines Buchhändlers in Berlin geboren, promovierte in Literaturwissenschaft und lehrte als Professorin für Literatur-, Theater- und Medienpädagogik. Mit ihren Jugendbüchern der Reihe »Freche Mädchen – freche Bücher!« hat sie sich in die Bestsellerlisten und die Herzen ihrer Leserinnen geschrieben. Ihre Bücher wurden in über 20 Sprachen übersetzt, in zahlreichen Hörbüchern vertont und für das Kino verfilmt, wo sie zusätzlich ein Millionenpublikum erreichten. Mehr Informationen über die Autorin auf ihrer Homepage unter www.biankaminte-koenig.de

HT

Unverhofft kommt oft

Und in den Typ war ich mal total verknallt!

Glaubt ja keiner, aber sogar geküsst habe ich ihn. Hach! Das war ’ne echt geile Zeit … äh … falsches Wort … ich meine tolle Zeit … super Zeit … spitzen Zeit, voll cremig eben … schwebeleicht … und total rosa und pink …

Ich lag mit geschlossenen Augen schmachtend auf dem Schlafsofa in meinem Zimmer und ließ mich von meiner Musikanlage zudröhnen, deren Sound durch den ganzen Raum waberte und mir regelrecht ans Herz griff.

Dave Divine! Sein neues Album. Ein Geniestreich!

Die Töne tropften von der Zimmerdecke und seine Stimme klang, als stünde er direkt neben mir und würde mir die Worte seiner Songs ins Ohr säuseln. Ja, als sänge er sie nur für mich. Was hatte der aber auch für eine sanfte dunkle Stimme bekommen. Die klang, als wären seine Stimmbänder mit Samt belegt. Blue Velvet! Heavens, mir wurde so was von heiß und ich fühlte, wie ich dahinschmolz … like ice in the sunshine … I’m melting away …

Vergessen war all der Frust, den ich seinetwegen erlebt hatte. In meinen Eingeweiden flatterte ein ganzer Schmetterlingsschwarm und bei jeder neuen Songzeile rieselte es mir wohlig den Rücken herunter.

I love … the smile in your eyes … and the smile on your lips and your walk and your hips …

Dave war sooooo cool und ich war mal die Managerin seines einzigen autorisierten Fanklubs gewesen! Das war echt erhaben!

Und ja, ich muss es noch einmal sagen und mir die Worte auf der Zunge zergehen lassen: Er … Dave Divine, der Göttliche … hat … mich … Kiki Siebert … geküsst! Hmmmmmm! Also falls jemand wissen möchte, wie Popstarküsse schmecken … nicht verzagen – Kiki fragen!

Jetzt mach aber mal halblang, knurrte mein innerer Coach, das ist gefühlte hundert Jahre her und ich denke, du bist nun mit Benni zusammen.

Ich seufzte. Musste meine bescheuerte innere Stimme mir denn mal wieder den Spaß vermiesen? Blöder Tugendwächter! Ich war wirklich gespannt, wann ich den mal wieder loswurde. Seit Beginn der Pubertät verfolgte er mich mit seinen ungebetenen Ratschlägen und nervte endlos! Wie jetzt auch schon wieder.

Ich denke, du bist mit Benni zusammen?! Tzzz!

Klar, ging ich mit Benni, aber das hatte ja wohl mit meinen Musikvorlieben nicht wirklich was zu tun.

Musikvorlieben? Das ist nicht vielleicht eine etwas beschönigende Umschreibung? Du hast nicht zufällig mal wieder eine deiner total romantischen Anwandlungen, die dir regelmäßig das Gehirn wegblasen und deine Hormone Amok laufen lassen?

»Und wenn!«, muffelte ich. »Frau wird ja wohl mal ein bisschen träumen dürfen.«

Ich seufzte grottentief, weil das natürlich nur im Geheimen ging, also das Träumen von Dave Divine. Denn nicht mal meine besten Freudinnen, die Pepper Dollies, könnten es verstehen, wenn ich wieder anfangen würde für ihn zu schwärmen.

Dann lass es doch einfach!, schaltete sich meine innere Stimme gleich wieder ein. Deine Freundinnen haben vollkommen recht und meinen es nur gut mit dir.

Aber er ist so cool und seine neue CD ist wirklich der Hammer!

Ich drehte den Sound noch stärker auf, die Boxen vibrierten und die Beats flashten die Bedenken meines inneren Coaches einfach weg. Was würde ich darum geben, Dave noch einmal zu begegnen …

Das schminke dir mal gleich ab, der ist inzwischen doch viel zu berühmt, um sich mit kleinen Schulmädchen abzugeben. Und eure letzte Begegnung in Berlin war ja wohl sowieso völlig daneben.

OMG! Die hatte ich ja völlig verdrängt. War ja auch megapeinlich, wie ich mich ihm da an den Hals geworfen hatte, nur um Timo klarzumachen, dass ich mit ihm ganz gewiss nichts anfangen würde. Drastisch aber effektiv, schließlich hat Timo sich danach spontan für Sophia entschieden.

Nun gut, oder auch nicht. Rühmlich war die Sache für mich dennoch nicht und Dave war ganz bestimmt noch immer total sauer. Es hatte ja leider einen megapeinlichen Artikel in der Berliner Klatschpresse gegeben, wo man mich schon als seine neue Flamme geoutet hatte.

Ich musste grinsen. Na ja, das Übelste wäre das damals nicht gewesen … da hatte ich nämlich echt schlimmere Kandidaten am Po kleben! Die Berliner Jungs waren schon ganz schön rollig!

Aber na ja, das waren die in der Pubertät ja eigentlich alle – arme, hormongesteuerte Triebwesen, denen der Verstand in die Hose und das Herz in den ständig knutschbereiten Mund gerutscht war. Also, da hatte der Schöpfer irgendwie nicht seinen besten Tag, als er diese Kerls erschaffen hat.

Die Idee ist perfekt, es haperte nur bei der Ausführung auf dem Umweg über die Evolution, gab mein innerer Coach weiter ungefragt seinen Senf dazu.

Oh Mann, hör auf!, blockte ich weitschweifige Erklärungsversuche gleich ab. Jungs sind einfach eine Fehlkonstruktion, egal, wer daran letztlich schuld ist!

Ich stand auf und suchte in meiner Sammlung mit Erinnerungsstücken aus Berlin nach dem Zeitungsausschnitt. Da war er ja: Dave und ich im Café am Savignyplatz, wie wir nach dem Kuss ertappt auseinanderfahren und ich mit einer falschen Armbewegung Milchkännchen, Zuckerdose und Kaffeetasse vom Tisch fege. Kicher!

Kiki ist eben immer für eine Katastrophe gut. Oha, das wird Dave mir wohl kaum verziehen haben, denn immerhin landete einiges davon auf seiner Edeljeans. Mist aber auch!

 

Aktuelle News! Dave wird mir das Missgeschick verzeihen müssen, denn – ich könnte vor Aufregung glatt einen Parcourslauf durch die City machen und dabei über das Löwendenkmal jumpen – ich werde ihn nämlich wiedersehen … live und in echt … und das kam so:

Daves neues Album und das Video dazu wurden so gehypt, dass ich blind und taub hätte sein müssen, um davon nicht auch berührt zu werden. Und zwar so was von tief bis in mein Herz. Auweia, ich dachte, da wäre nur noch Platz für Benni und dann schlich sich da plötzlich so ein Popstar wieder rein.

Aber es ging ja nicht nur mir so, auch Lea und Greetje, meine Freundinnen von den Pepper Dollies, standen wieder voll auf Dave. Wie sollte man sich denn aber auch gegen dieses wohlige romantische Gefühl wehren, das bei jedem Ton, den er sang, in einem aufsteigt? Ich konnte doch nicht einfach mein Herz und meine Seele dichtmachen und so tun, als würde ich ihn nicht kennen! Und verdammt … ich kannte ihn nicht nur … ich hatte ihn auch schon geküsst!!!

Und trotzdem, es wäre alles normal weitergegangen in meinem Leben, wenn sich nicht das Schicksal mal wieder ungebeten eingemischt hätte.

Okay, das wusste man ja, dass das Schicksal ein launisches Ding ist und macht, was es will. Aber dass wir zufällig beide mal das Gleiche wollten, das Schicksal und ich, war natürlich ein ausgesprochener Glücksfall. Und dafür konnte ich nichts und darum natürlich auch nicht Nein sagen.

Man kann immer Nein sagen, wenn man will.

Hm, wollte ich aber nicht … nö … warum auch? Wann warf einem das Schicksal schon mal einen Popstar vor die Füße … äh … nicht direkt, also nur so bildlich gesprochen … war ja eher ich, die Dave bei unserer ersten Begegnung vor die Füße geschliddert war. In der Werbeagentur von meiner Mam … Da hatte ich auch noch ein paar Zierpflanzenkübel umgekickt und sah mit einer Schlingpflanze im Haar aus wie dem Dschungelcamp entsprungen. Ich grinste innerlich, denn es war der Beginn einer wunderbaren Freundschaft und meines Fanklubs für Dave Divine.

Gut, also das Schicksal hatte es mal wieder so bestimmt, was mich zunächst auch maßlos freute, aber das kennt man ja, es ist nicht alles Glück, was sich im ersten Moment so anfühlt … doch dazu später mehr.

 

Erst mal war es unglaublich, mega-hyper-krass, was mir passierte.

Ich lag noch voll zugedröhnt von Daves herzergreifender Mucke in meinem Zimmer, als meine Mutter eintrat. Ganz offensichtlich hatte ich ihr Klopfen total überhört, denn ohne anzuklopfen kam sie nie rein. Nicht mehr, seitdem sie mich einmal beim Knutschen überrascht hatte. Das war uns beiden gleichermaßen peinlich gewesen, sodass wir von da an das Klopfen vereinbart hatten. Und das klappte seitdem auch prima. Nur nicht, wenn ich Bohnen in den Ohren hatte, wie grade jetzt.

Oh, verdammt, ich hatte auch noch gar keinen Tee gekocht! Das war bei uns auch so eine Gewohnheit wie das Anklopfen. Wann immer ich zu Hause war, kochte ich meiner Mam sofort einen Tee, wenn sie aus der Werbeagentur kam und wir hockten uns bei mir oder im Wohnzimmer zusammen, um ein bisschen unter uns Frauen zu ratschen.

Ich fuhr hektisch hoch. »Oh, Mam«, rief ich aus, »du bist ja schon da? Soll ich uns einen Tee machen?«

Sie schüttelte den Kopf. »Steht schon im Wohnzimmer. Ich habe die Musik gehört und mir schon gedacht, dass du ein bisschen ins Träumen geraten bist.« Sie lächelte vielsagend, als sie hinzufügte: »Ist das nicht das neue Album von Dave?«

Hach, wie vertraut sie einfach nur Dave sagte, ohne Nachnamen …

Ich nickte. »Ja, es ist sehr gut, findest Du nicht auch?«

Mam lächelte. »Ich habe mir heute im Büro das aktuelle Musikvideo von ihm angesehen, es ist sehr gut … wirklich.«

Ich wurde hellhörig. Warum in Gottes Namen sah sich meine Mutter Videos von Dave an? Hatte die nichts anderes in ihrer Werbeagentur zu tun?

Uups, das sollte mir jetzt eigentlich nicht rausrutschen. Sie lachte, während wir ins Wohnzimmer rüberwechselten.

»Nein, ausnahmsweise hatte ich nichts anderes zu tun und außerdem war es ja auch dienstlich.«

»Dienstlich?« Nun erstaunte sie mich aber noch mehr. »Warum guckst du dienstlich Videos von Dave?«

Sie führte gerade die Teetasse zum Mund und schwieg darum. Ihre Augen glitzerten, als sie über den Rand der Teetasse zu mir herüberschaute.

»Nun sag schon«, forderte ich ungeduldig.

Sie schlürfte seelenruhig den Tee. Wie gemein war das denn, mich so hinzuhalten?

»MAM!«

Sie grinste. »Ein neues Projekt …«, sagte sie dann langsam und gedehnt.

»Mit Dave Divine?!« Ich kreischte auf. OMG, das wäre ja so was von genial! Ich sprang erregt auf und hampelte vor meiner Mutter herum, so geflasht hatte es mich.

»Du machst wirklich ein neues Projekt mit Dave? Ehrlich?«

Meine Mam lachte nun lauter. »Ja, Kiki, ganz ehrlich. Er hat auch schon zugesagt.«

Wie wunderbar! Wie unglaublich wunderbar, dachte ich und hätte vor Freude durch das ganze Haus tanzen können. Ging natürlich nicht und so beschränkte ich mich darauf, meine Mutter weiter mit meinen Fragen nach Einzelheiten zu löchern. Und dann raffte ich es endlich: Mam hatte eine neue Werbekampagne und darin würde Dave mitwirken.

»Und nicht nur Dave«, sagte sie. »Ich habe gedacht, dass wir vielleicht wieder ein paar Szenen an deiner Schule drehen könnten, das war damals so eine wunderbare Zusammenarbeit. Atmosphärisch auf den Videos auch absolut lebendig und überzeugend. Habe mir vorhin davon ebenfalls noch mal was angesehen.«

Ich bekam regelrechtes Herzflattern. »Du, du meinst, ich … äh … wir von meiner Schule … könnten wieder mitwirken?«

Mam grinste geradezu schelmisch. »Na ja, warum nicht? Wenn eure Schulleitung zustimmt. Und das wird sie ganz sicher tun, denn es spült ja wieder ein paar zusätzliche Euros in eure Schulkasse, mit denen ihr dann irgendein tolles Projekt finanzieren könnt.«

»Vielleicht endlich mal einen leistungsstarken Rechner und ein aktuelles Schnittprogramm für die Film-AG und den neuen Photoshop für die Kunstleute …«, fielen mir sofort ein paar coole Möglichkeiten ein.

Hach, das musste einfach klappen. Ich brannte nun förmlich darauf, Benni und den Pepper Dollies diese aufregende Nachricht zu erzählen, und kaum hatte Mam ihren Tee ausgetrunken, stürzte ich schon zum Handy.

 

Die Erste, die ich erwischte, war meine Lieblingsfreundin Franzi. Ausnahmsweise hing sie mal nicht mit Raffi ab. Warum sie immer noch an dem kleinen Spacken klebte, war mir zwar ein Rätsel, aber wo die Liebe hinfällt … Da kann man nichts machen. Auch wenn die beiden sich alle paar Wochen einmal trennten, sie schienen wirklich füreinander geschaffen, sonst würden sie ja wohl kaum immer wieder zusammenkommen.

Ich hatte mich mit diesem Zustand inzwischen abgefunden, denn ich gönnte es Franzi wirklich von Herzen. Diese Liebe hatte sie sehr viel selbstbewusster und auch sehr viel sanfter zu ihren Mitmenschen werden lassen. Aber das sind wohl ganz allgemein die positiven Auswirkungen des Verliebtseins.

Bei mir war es ja nicht anders. Seit ich mit Benni zusammen war, sah ich das ganze Leben so viel positiver und hatte fast schon das Gefühl, dass sich auch mein Katastrophenpegel gesenkt hatte. Jedenfalls machten meine Mitschüler einen weniger großen Bogen um mich und die Lehrer schlugen nicht in jeder Stunde vor Entsetzen die Hände über dem Kopf zusammen, sondern allenfalls in jeder zweiten. Was ja schon mal ein Anfang auf dem Weg zu einem normalen Leben war.

Wann ist die Pubertät eigentlich vorbei? Merkt man das beizeiten?

Ich denke schon, ein geringerer Durchschuss an Peinlichkeiten, Chaos und Katastrophen ist jedenfalls ein gutes Indiz dafür, meinte mein innerer Coach süffisant.

»Freu dich nicht zu früh«, sagte ich grinsend, »denn wenn ich aus der Pubertät raus bin, bist du überflüssig und aus meinem Leben endlich verschwunden.«

Er schwieg nachdenklich.

 

Also Benni und das Verliebtsein. Im Grunde perfekt, totale Harmonie, wenn … ja … wenn da nicht auch noch diese andere Seite der Liebe wäre … und die führte zumindest bei mir dazu, dass mein Leben ganz gehörig aus den Fugen und entsetzlich in Unordnung geriet. Jedenfalls bei meinem ersten Freund Meik war das so. Ein total wirres Gefühl, das mich von einer Katastrophe in die nächste stolpern ließ. Wenn ich irgendwo auftauchte, klappten die Leute die Bürgersteige hoch und verbarrikadierten sich in ihren Häusern. Na ja, das ist jetzt etwas übertrieben, aber ein bisschen war ich schon der Schrecken der Schule und jeder Party.

Ich musste bei dem Gedanken schmunzeln, denn inzwischen war das vorbei. Ja, echt, war es, denn nicht nur bei Franzi, auch bei mir entfaltete die Liebe ihre segensreichen Eigenschaften, machte mich geduldig, sanftmütig, liebenswert … und irgendwie auch ein bisschen intelligent … sozial war ich ja sowieso schon immer. Aber nun dachte ich, in der festen Gewissheit von meinem Schatz Benni geliebt zu werden, auch mal an andere Menschen … und an Tiere, die Liebe brauchten. Ja, das sag ich jetzt nicht, um zu schleimen … das hatte sich alles einfach so ergeben … Seit ich mit Benni zusammen war, machten wir gemeinsam wirklich total coole Dinge … wie die Filme für den Tierschutz … und … den Videofilmwettbewerb … und … hach, einfach alles, was wir zusammen taten und erlebten, war megagenial! Und trotzdem … wie konnte mich das neue Album von Dave so verwirren? Das, das ging ja gar nicht!

Ich fühlte Bennis Freundschaftsband an meinem Handgelenk und schaute ein wenig schuldbewusst auf den silbernen Anhänger, auf dem sein Name eingraviert war. Ich drückte einen Kuss drauf. Wie war das romantisch gewesen, als ich Heiligabend sein Päckchen auswickelte und er mir genau das gleiche Armband geschenkt hatte wie ich ihm. Das war wahre Seelenverwandtschaft. Ich trug es seitdem ständig und war total glücklich.

Okay, ich riss mich zusammen. Jetzt musste ich schließlich erst mal Franzi von Mams genialer neuer Kampagne erzählen.

Franzi gab aber natürlich zunächst wieder die Spaßbremse. Diese ständige Skepsis war einer ihrer eher nervenden Charakterzüge, an denen auch ihre Liebe zu Raffi leider nichts geändert hatte. Und an ihrer schrecklichen Neugier auch nicht. Ständig hielt sie die Ohren gespitzt, um auch ja jedes Gerücht mitzukriegen und sofort weiterzuverbreiten. Insofern reichte es meist, wenn ich ihr was erzählte, denn sie tratschte es in Windeseile an alle anderen Pepper Dollies, die halbe Schule und den Rest der Welt weiter. Aber sonst war sie wie gesagt okay und meine beste Freundin.

»Dave ist so toll«, schwärmte ich dennoch gerade und seufzte, weil mich voll die alten Gefühle für ihn überkamen. »Und er hat echt Karriere gemacht.«

»Du verklärst ihn«, meinte Franzi unbeeindruckt.

»Nein, tue ich nicht. Es ist die Wahrheit. Sein neues Album ist einfach sensationell. Du wirst sehen, er steht in null Komma nichts an der Spitze der Charts.«

»Und dass du ihn Dave, den Göttlichen, genannt hast? Was ist das gewesen?«

»Äh … Überschwang … äh … ja. Ein bisschen Begeisterung wird ja wohl erlaubt sein, wenn man grade erfahren hat, dass so ein Superstar an unserer Schule ein Fotoshooting machen und einen Videoclip drehen wird. Außerdem ist es ja nur die Übersetzung seines Künstlernamens: Dave Divine …«

Gut, das war jetzt etwas viel Gelaber, aber aus irgendeinem Grund wollte ich nicht, dass Franzi glaubte, ich würde immer noch für Dave schwärmen … Ich tat es zwar … aber mit Rücksicht auf Benni war es wohl besser, wenn das geheim blieb. In mein Herz eingeschlossen und das Schlüsselchen weggeschossen … Hm, klang kitschig.

Ist es auch! Mein Coach musste sich aber auch ständig einmischen. Grauenhaft kitschige Gefühle und Gedanken, die du da hast.

Franzi sah das wohl ähnlich, denn sie ließ nicht locker: »Gib doch zu, dass du immer noch für Dave schwärmst.«

»Äh … nein … echt nicht … ich mag einfach nur seine Musik, die … äh … ist eben, äh … hinreißend …«

»Ich sag doch, der Typ reißt dich hin!«

»Nein!«, brauste ich auf. »Ich hab ja wohl von seiner Musik gesprochen. Nur davon!«

»Okay, dann bleib dabei und lass dich zu nichts anderem verleiten …«

»Wozu zum Beispiel?«

»Du weißt schon … nachher bereust du es und ich kann dich wieder therapieren.«

Hm, ich schwieg, denn sie hatte ja recht. Nie hatte ich so oft auf Franzis Psychoanalytikercouch gelegen wie damals, als ich in Dave verknallt war. Wie gut, dass Beziehungsberatung ihr liebstes Hobby war, denn ohne sie wäre ich noch viel tiefer in dem tosenden Strudel meiner verwirrten Gefühle versunken.

Na ja, Schnee von gestern. The past belongs to the past, wie schon der weise Konfuzius gesagt hat … oder nein, eher ein anderer Weiser aus dem Abend- oder Morgenland. Vielleicht sogar Franzi?

Englisch war eins ihrer Lieblingsfächer. Von daher könnte es passen. Sie sagte grade noch was anderes Weises: »Du musst sehen, dass du nicht wieder in so ein Gefühlschaos gerätst, Kiki, denk an den Stress, den du hattest.«

»Aber es war auch geil«, musste ich zugeben. »In Dave verliebt zu sein, war der … der Wahnsinn … meine Gefühle fuhren wirklich Achterbahn, mein Herz schlug dreimal so schnell wie sonst und ich … ich … hab mich so total lebendig gefühlt … so … so … tatendurstig. Ich hätte ständig die ganze Welt umarmen und sie zugleich aus den Angeln heben können …«

Franzi unterbrach meinen Redeschwall. »Jetzt kau mir kein Ohr ab«, meinte sie.

Aber ich ließ mich nicht stoppen. »Dave Divine, der hat mich aus dem Alltagstrott herausgeholt und in eine wundervolle andere Welt entführt …«

»Klar, kopfüber ins Abenteuer und dann in Tränen ersaufen, wenn alles zu Ende ist … Das wird doch diesmal nicht anders. Da gehe ich jede Wette drauf ein.«

»Nun übertreib nicht«, maulte ich. »Wo bin ich denn in Tränen ersoffen?«

»Na, wenn du dich daran nicht mehr erinnerst, ich schon, hast ja oft genug auf meiner Couch gelegen und geflennt wie ein Schlosshund …«

»Nicht eher Schoßhund?«

»Quatsch – Schlosshund, es heißt heulen wie ein Schlosshund …«

Ich musste lachen. »Ja, stimmt … Aber im Ernst, Franzi, wer ist denn hier theatralisch? Du machst da völlig unnötig ein Drama draus. Ich rede doch lediglich von einem klitzekleinen Videodreh und ein paar Fotoshoots an unserer Schule und einem ganz harmlosen Wiedersehen …«

»Ja, ja«, sagte Franzi und klang provozierend. »Das kenne ich. Ein paar Fotoshoots, eine kleine Promotion-Modeschau, ein Presseinterview, eine TV-Talkshow … nix Großes, alles ganz klein, klitzeklein, Zwergen-TV …«

»Oh Mann, du nervst! Ich wollte doch nur sagen, dass es keine große Sache ist, jedenfalls nicht für die Agentur meiner Mutter. Die macht so was ständig, und deswegen kann ich doch Dave auch ganz normal wiedersehen und ihn … äh … trotzdem noch ein bisschen gut finden. Was ist dabei?«

»Im Prinzip nichts«, blieb Franzi jedoch skeptisch, »solange du dein Herz im Griff behältst. Benni ist so ein toller Typ …«

»Franzi, du spinnst!«, brach es nun ärgerlich aus mir heraus. »Das hat doch nun wirklich nichts miteinander zu tun! Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich Benni für Dave aufs Spiel setzen würde.«

»Freut mich zu hören, dann hoffe ich mal für eure Beziehung, dass du stark genug bist und nicht umgehend wieder auf meine psychologische Beratung angewiesen bist. Aber man hat ja schon Pferde kotzen sehen.«

Püh!

»Pferde können nicht kotzen, da hast du wohl in Bio nicht aufgepasst und ich muss gar nicht stark sein … weil es nämlich unsere Liebe ist … die von Benni und mir … die ist stark, so was von unzerreißbar … die hält ewig!«

 

Am nächsten Morgen in der Schule wussten natürlich bereits alle Pepper Dollies Bescheid und rotteten sich vor der Klasse zusammen, um mich noch vor dem Unterricht abzupassen und direkt von mir neueste Informationen abzusaugen.

Besonders Lea und Greetje fanden Dave früher ebenfalls total toll und hatten es sehr bedauert, dass ich irgendwann den Fanklub nicht mehr weiterbetrieben hatte.

»Und es stimmt wirkelig?«, fragte Greetje mit hochroten Wangen und in ihrem süßen holländischen Akzent.

»Ja, wirkelig«, bejahte ich grinsend. Die fuhr ja ganz offensichtlich immer noch voll auf Dave ab.

»Und was ist das für eine Kampagne?«, wollte Mona wissen.

Oh, dazu konnte ich eigentlich relativ wenig sagen. »Na, Fotoshooting halt und Videodreh …«

»Gut, aber warum? Was ist der Sinn der Sache?«

Meine Güte, musste sie mich so löchern? »Na, Promotion halt …«

»Nur so für Dave? Glaubt deine Mutter wirklich, dass die Schulleitung das gestattet?«

»Oh Mann, ich weiß es nicht. Sie hat gesagt, der Direx hätte schon fast zugestimmt … Sie wird ja wohl wissen, was sie tut … und der Direx auch.«

Ehe wir uns noch richtig verzanken konnten, erschien unser Klassen- und Deutschlehrer Sägebrecht und forderte uns auf, die Tür frei zu machen.

»Ich würde jetzt gerne meinen Dienstpflichten nachkommen, wenn die Damen ihre Plätze einnehmen könnten, wäre es mir wenigstens schon mal möglich, die Klasse zu betreten.« Er wandte sich an mich. »Na, Kristina, wie wäre es mit der Hausaufgabe?«

Na, super! Immer wieder musste er mich rauspicken. Das war doch nach wie vor reine Schikane. Die anderen Pepper Dollies hatten schließlich genauso die Tür blockiert.

Aber er kannte keine Gnade, also holte ich mein Deutschheft raus und las meine Zusammenfassung eines Kapitels aus unserem Lektüreheft vor.

Herr Sägebrecht war nicht wirklich begeistert, denn seit Simon mit Greetje befreundet war, fehlte er mir als Nachhilfelehrer und ich musste mir selber einen bei der Deutschhausaufgabe abbrechen. Das merkte man dem Ergebnis leider auch an.

»Seltsam, Kristina«, meinte Sägebrecht dann auch deutlich unzufrieden. »In letzter Zeit lassen deine Leistungen wieder deutlich nach. Dabei warst du doch schon mal ganz gut im Tritt.«

Er runzelte demonstrativ nachdenklich die Stirn.

»Ich weiß wirklich nicht, ob dir die neuerliche Ablenkung durch dieses Fotoshooting an unserer Schule guttut?«

Ich merkte, wie ich bis in die Haarwurzeln errötete, denn sofort wollte natürlich die halbe Klasse wissen, was es mit Sägebrechts Bemerkung auf sich hatte. Die Schleimschnecken Gracia, Daphne und Gloria steckten sofort die Köpfe zusammen und Fabian blubberte frech in die Klasse: »Was denn für ein Fotoshooting und was hat Kiki damit zu tun?«

Mir wurde noch heißer und in meinen Handflächen sammelte sich der Schweiß. Das hatte der Sägebrecht doch wieder mal mit Absicht gemacht, nur um mich vorzuführen. Sicher passte es ihm überhaupt nicht, dass die Werbeagentur meiner Mutter den Alltagstrott unserer Schule durcheinanderbrachte. Der hatte gerne seine Ordnung und von einem Popstar wie Dave Divine hielt er ganz bestimmt überhaupt nichts.

Nun sagte er auch noch: »Brüll nicht in die Klasse, Fabian. Aber vielleicht sollten wir wirklich mal Kristina fragen. Die Werbeagentur ihrer Mutter hat uns das ja mal wieder eingebrockt. Da kann sie doch sicherlich etwas dazu sagen. Nicht wahr, Kristina?«

Konnte ich natürlich nicht, weil ich selber noch gar nicht wusste, worum es genau ging. Wie blöd.

»Äh … ja«, stammelte ich also los, »ich … äh … bin da auch nicht so orientiert, äh … das ist ja noch etwas geheim und meine Mutter, äh … ihre Agentur … wird das ja alles mit der Schulleitung klären, dann … äh …. werden es ja alle erfahren … also, wenn es dann spruchreif ist … ähm … ja …«

Gut, souverän geht anders.

Das fand wohl Sägebrecht auch, denn er bedankte sich kurz angebunden und forderte Fabian auf, nun seine Hausaufgabe vorzulesen.

»Puh«, wisperte ich Franzi zu, als ich mich setzte. »Woher weiß der denn das schon wieder?«

Franzi zuckte die Achseln und Sägebrecht, der sehr lange und feine Ohren hatte, antwortete für sie.

»Wir pflegen solche Dinge auf Lehrerkonferenzen zu besprechen, Kristina. Du glaubst doch nicht, dass einfach jemand herkommen und in unserer Schule Filme und Fotos machen kann. Da haben wir Lehrer schließlich auch noch ein Wörtchen mitzureden … auch wenn unser Herr Direktor da eine … nun … sagen wir mal, sehr liberale Einstellung hat, dürfen der Unterricht und das Image unserer Schule natürlich nicht darunter leiden.«

»Das Image?«, stammelte ich verwirrt. »Wo leidet denn das Image der Schule, wenn ein so toller Popstar wie Dave Divine hier ein Shooting macht?«

Uups, da hätte ich mir mal lieber die Zunge abgebissen, als das auszuplaudern, denn die Schleimschnecken gingen ja so was von ab, dass Sägebrecht wohl zum ersten Mal, seit er an unserer Schule war, Gracia und Daphne einen Tadel androhen musste. Ganz offensichtlich standen die auch total auf Dave. Sägebrecht eher weniger.

»Genau das ist der Grund, warum ich nicht dafür gestimmt habe«, sagte er kühl. »Unsere Schule ist ein humanistisches Gymnasium, an dem traditionelle Werte vermittelt werden, um aus euch wertvolle Menschen zu machen, die in unserer Gesellschaft einmal wichtige Positionen einnehmen werden. Popstars sind also wirklich keine Vorbilder für euch und passen ganz und gar nicht zu unserem Bildungsauftrag.« OMG!

Es klingelte, er packte seine Unterrichtsmaterialien zusammen und verließ mit einem Kopfschütteln die Klasse, dabei murmelte er: »Aber auf mich hört ja keiner, alles Kulturbanausen … Popstar! Tzzz!«

 

In der großen Pause traf ich Benni, meinen Schatz.

Wie sah der wieder süß aus mit seinem kräftigen dunklen Haar, den tollen braunen Augen und seinen dezent lässigen Klamotten. So richtig zum Anbeißen … äh … Abküssen. Wenigstens der reagierte positiv auf Mams Kampagne, nicht so wie Meik früher, sofort ablehnend.

Ein Stein fiel mir vom Herzen, denn das hätte ich nicht auch noch verkraftet, wenn der mich jetzt ebenfalls angezickt hätte. Aber nachdem wir uns ganz lieb geküsst und uns einen O-Saft gezogen hatten, sagte er total nett und interessiert: »Stimmt das Gerücht, dass die Agentur deiner Mutter eine Kampagne an unserer Schule shooten will?«

Ich nickte und meinte zunächst ein bisschen verlegen: »Äh, ja, stimmt. Scheint ja wie ein Lauffeuer durch die Schule zu gehen.«

Benni grinste. »Ich hab’s aus dem Schulsprecherteam, wir sind dazu vom Direx befragt worden.«

»Ach so.«

»Ist ja eine spannende Sache. Da kann ich mir bestimmt bei den Profis einiges abgucken, wenn die hier einen offiziellen Videoclip für Dave drehen.«

Ich schluckte, weil ich es kaum fassen konnte, wie selbstverständlich er das alles nahm. Dave schien ihn kein bisschen zu stören.

»Ja, ganz sicher«, stimmte ich also sofort zu. »Da können wir alle beide noch viel lernen für unseren Tierschutzfilm … und so …«

Benni grinste und zog seinen O-Saft schlürfend durch den Strohhalm hoch. »Und so?«

Ich kicherte. »Na ja, rein filmtechnisch, für spätere Projekte von uns.«

Er warf die leere Packung in den Papierkorb und zog mich in seine Arme. Das war so lieb, hier vor all den anderen Leuten, das hatte Meik nie getan und das machte mich immer wieder so total glücklich, weil es zeigte, dass Benni sich ganz offen und vor allen Mitschülern zu mir und unserer Liebe bekannte.

Oh ja, und zwar so was von deutlich. Puh, sein Kuss beim letzten Ton der Schulklingel hatte mir aber ganz schön den Atem genommen! Da war es ja klar, dass ich ziemlich keuchte, als ich grade noch vor Logel, unserem Mathelehrer, in die Klasse flutschte.

Das blieb natürlich nicht ohne Kommentar von ihm. »Kristina, du solltest mal etwas für deine Kondition tun oder einfach schon beim ersten Klingeln den Pausenhof verlassen.«

Ich nickte ergeben, denn das ging mir jetzt echt am verlängerten Rückgrat vorbei. Schließlich schmeckte ich noch Bennis Kuss auf den Lippen und nichts machte mich so friedfertig wie seine Liebe.

»Ja«, sagte ich also locker. »Werde ich beherzigen.«

*G*

Ein Star tritt auf … und Kiki ins Fettnäpfchen!

Wir saßen am Frühstückstisch, Mam, mein Bruder, der Scherzkeks, immer noch so genannt, weil er einem entweder auf den Keks ging oder Witze machte, und meine Wenigkeit.

Mein Vater befand sich schon auf dem Weg in die Landeshauptstadt, denn er war bei der letzten Wahl als Abgeordneter in den Landtag gewählt worden.

Bestimmt hauptsächlich deswegen, weil ich mit Meik seine Wahlkampfplakate geklebt hatte. Eine Aktion, die mich fast Bennis Liebe gekostet hätte. Der dachte nämlich, als er uns dabei sah, dass ich wieder mit Meik zusammen wäre. Na ja, war ja gut gegangen, und dass mein Vater nun wieder einen Job in der Politik hatte und regelmäßig außer Haus war, erleichterte das Familienleben sehr.

Mam schien darüber auch froh zu sein. Jedenfalls war sie morgens viel relaxter. So konnte ich sie also auch ruhig ein bisschen zu der Kampagne ausquetschen.

»Die haben mich in der Schule gefragt, worum es bei der ganzen Sache eigentlich geht. Verrätst du mir das Label?«

Mam grinste. »Das wird dir nichts sagen. Ist ein ganz neuer Anbieter.«

»Echt? Wie cool!«

»Ja, finde ich auch«, sagte Mam. »War wirklich mal nötig, dass jemand ein bisschen frischen Wind in das Geschäft mit Schuluniformen bringt.«

»SCHULUNIFORMEN!!!!«, stießen der Keks und ich gleichzeitig hervor.

»Das hast du jetzt aber nicht wirklich gesagt? Du machst Witze?!«, fragte ich dann nach einer Schrecksekunde ungläubig.

Mam sah uns verwundert an. Sie schien gar nichts zu kapieren. Entsprechend verunsichert war ihre Reaktion.

»Nein, natürlich mache ich keine Witze … habt ihr … irgendwelche Probleme mit Schuluniformen?«

Und ob wir die hatten! Ich erinnerte mich noch gut an die Zeit, als unsere ehemalige Rektorin Frau Biedermann, die Cousine von unserem Deutschlehrer Sägebrecht, damit gedroht hatte, die an unserer Schule einzuführen. Der Keks und ich hatten sofort eine Widerstandszelle gegründet und es konnte doch wohl nicht sein, dass ausgerechnet unsere Mutter nun mit so was ankam! Mir drehte sich der Magen um und das Frühstücksei rutschte wieder die Kehle hoch. Bäh!

»Das ist nicht dein Ernst«, stieß ich den Brechreiz unterdrückend hervor. »Du machst mich nicht an der ganzen Schule unmöglich?!«

»Mich bitte auch nicht«, ergänzte der Keks. »Meine Homies grillen mich, wenn wir deinetwegen so ’n Scheißzeug anziehen müssen.«

Unsere Reaktion schien meine Mutter verletzt zu haben. Sie rührte fahrig in der Kaffeetasse herum und schwieg. Irgendwie starrte sie dabei ins Nichts. Beängstigend.

»Äh, Mam? Äh, bist du noch bei uns?«, fragte ich vorsichtig. »He, hallo?«

Sie seufzte reichlich resignativ, legte den Löffel auf die Untertasse und nahm einen langen Schluck.

»Ich verstehe eure Reaktion wirklich nicht«, sagte sie dann sichtlich um Ruhe bemüht. »Zum einen muss die Agentur natürlich solche großen Aufträge annehmen, nach denen sich jeder in unserer Branche die Finger lecken würde, und zum anderen ist die Mode dieses Labels wirklich ganz großartig und wird euch begeistern, wenn ihr sie seht.«

»Kann gar nicht sein«, blieb der Keks bei seiner ablehnenden Haltung.

Wie er da so trotzig die Arme vor der Brust verschränkt hockte, ganz fleischgewordene Bockigkeit, zwang er Mam ein Lächeln in die Augenwinkel.