Tomos Forrest

 

 

Aus dem Billy-Jenkins-Tagebuch

 

Das Gold der Blauen Quelle 

 

 

aus dem Amerikanischen Westen

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

 

 

Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv 

Cover: © by Steve Mayer nach Motiven, 2022

Nach den Aufzeichnungen von Glenn Stirling

 

Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang

 

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

 

Alle Rechte vorbehalten

Inhaltsverzeichnis

Impressum 

Das Buch 

1. Kapitel 

2. Kapitel 

3. Kapitel 

4. Kapitel 

5. Kapitel 

6. Kapitel 

7. Kapitel 

8. Kapitel 

9. Kapitel 

Weitere Billy-Jenkins-Bände 

 

Das Buch

 

 

Als der große Goldrausch in Kalifornien begann, wurde auch der Ort Richgulch von zahlreichen Goldgräbern am Fuße des Mount Shasta gegründet. Gold gab es reichlich, aber von einem Tag auf den anderen war dieser Reichtum versiegt und die meisten Goldgräber zogen weiter. Doch dann kam das Gerücht auf, dass sich hoch oben, in Schnee und Eis auf dem Mount Shasta, eine Goldmine befände. Aber der Weg dort hinauf war lebensgefährlich und viele zahlten dafür einen hohen Preis. Billy Jenkins, der die Gegend kannte, kam gerade zurück nach Richgulch, als man eine Gruppe vermisste und die verzweifelten Angehörigen eine hohe Prämie demjenigen zahlen wollten, der die Männer aus dem unwegsamen Gebiet zurückführen konnte.

Billy Jenkins sieht zunächst darin keinen Reiz, bis er auf die schöne Cassandra, genannt Cassy, trifft …

 

 

***

 

 

Aus alten Aufzeichnungen des berühmten Westmanns, die sich im Nachlass fanden, entstand nun der vorliegende und die folgenden Bände. Verleger Arthur Dietsch, der immer gern den Artisten und Westmann Billy Jenkins unterstützte, hatte sich den Karton mit diesen Aufzeichnungen aufgehoben, aber nie verwertet. Als wir jetzt darauf stießen, bat mich der Bärenklau-Verleger, daraus Romane um Billy Jenkins zu machen. Diese Episode spielt vor dem Erwerb der Herz-Ass-Ranch von Billy und seinen Freunden.

Lassen wir die Helden von einst wieder reiten!

 

 

 

1. Kapitel

 

Kalifornien – ho!

 

Die Zeit des Goldrausches war zwar weitestgehend in Kalifornien vorbei, aber noch immer zog es Goldsucher in die kalifornischen Berge. Die Gegend um den Mount Shasta gehörte dabei zu den gefährlichsten Gebieten aufgrund des unberechenbaren Wetters.

Ich war wieder zurück in das elende Städtchen gekommen, weil ich von dem Gold erfahren hatte. Nicht, dass ich nun nach meinen verschiedenen Tätigkeiten auch noch Goldwäscher werden wollte, dass ganz gewiss nicht. Aber ich war neugierig geworden, denn man erzählte sich eine tolle Geschichte in Richgulch. Der von den Gründen einst gewählte Name erwies sich als durchaus zutreffend. Aber dann stellte es sich heraus, dass es keine tiefliegenden Vorkommen gab. Was man hier in dieser Schlucht fand, lag praktisch unter einer dünnen Sandschicht und war schnell herausgewaschen. Und das bedeutete: So schnell der Goldrausch auch hier ausgebrochen war, so schnell war er auch wieder vorbei. Aber die Füchse waren noch da, ließen sich von den Scharen der Goldsucher nicht beeindrucken. Diesen Umstand wollte ich nutzten. Ich hatte vor, in der kalten Jahreszeit, wenn die Felle am besten waren, auf die Fuchsjagd zu gehen, die Felle selbst zuzubereiten und dann für gutes Geld verkaufen.

Doch dann wurde angeblich neues Gold gefunden, weiter oben in den Bergen, bei einer geheimnisvollen Quelle, die von Dampf umgeben sein sollte und deshalb in den Gesprächen nur die blaue Quelle genannt wurde. Die Männer, die ins Hochgebirge gezogen waren, schienen aber dort oben von der übrigen Welt abgeschnitten zu sein. Keine Nachricht kam von ihnen in das kleine Städtchen, als ich dort eintraf und gerade ein neuer Trupp aufbrach.

Als sie mich sah, trat ich gerade, ein wenig verschlafen, auf die Straße des kleinen Ortes, in dem nicht mehr viele Menschen lebten. Ich hatte einen anstrengenden Ritt hinter mir und mich am gestrigen Abend mit einigen Leuten unterhalten. Sie sah mich aus ihren großen blauen Augen zornig an. »Es sind Feiglinge!«, schrie sie mit überschnappender Stimme. »Diese Männer sind imstande, zuzusehen, wie mein Bruder oben im Gebirge zugrunde geht. Die denken nur an das Gold!«

Diese keifende Stimme passte zu einem alten Marktweib, aber nicht zu einem achtzehnjährigen, hübschen jungen Mädchen.

Ich bemühte mich, nicht so schroff zu sein, als ich ihr antwortete: »Die Männer riskieren ihr Leben. Bis jetzt wissen wir nicht einmal, ob nur ein einziger von ihnen wiederkommt.«

Sie starrte mich ungläubig an. Da sie viel kleiner war als ich, musste sie zu mir emporsehen. Vielleicht war das der Grund dafür, dass sie mich in ihren Zorn mit einbezog. Nervös strich sie mit ihren schlanken Händen über die langen blonden Zöpfe, die ihr bis über die Brust reichten. Am Ende der Zöpfe hatte sie rote Schleifen eingeflochten, was sehr anmutig wirkte. Ihr hellblau kariertes Kleid leuchtete in der Sonne. Alles an Penelope war adrett und sauber. Aber in ihrem Gesicht stand der flammende Zorn geschrieben, und er konzentrierte sich jetzt offenbar nur auf mich.

»Sie sind genau wie die anderen, Jenkins. Warum sind Sie nicht mitgegangen?«

»Weil ich mich nicht in Geschäfte einmische, die andere Leute betreffen.«

Sie lachte wütend. »Das wollen Sie mir doch nicht weismachen. Sie hatten mit Gil Streit. Das ist alles.«

Ich nickte. »Ich hatte Streit mit ihm. Das ist richtig. Ich wollte ihm klarmachen, dass es Wahnsinn ist, allein hinaufzusteigen. Er ist ein Reiter aus den Ebenen, ein Texaner. Vom Hochgebirge kennt er nichts. Und das hier ist Hochgebirge!«

»Aber Sie kennen es!«

Ich nickte. »Ja, ich kenne es. Ich war schon früher hier und bin über die Berge gezogen. Und deshalb habe ich ihm auch abgeraten.«

»Abgeraten! Wenn ich das schon höre!« Sie machte eine wilde Handbewegung, als wollte sie etwas zerschlagen. »Er wollte das Gold! Alle sind verrückt auf das Gold. Sie etwa nicht?«

Ich schüttelte den Kopf. »Nein, ich nicht«, entgegnete ich. Und ich war wirklich nicht scharf auf dieses angebliche Gold, das es oben an der »Blauen Quelle« geben sollte. Diese Blaue Quelle suchten viele Männer schon seit zwei Jahren; genaugenommen von dem Augenblick an, als der ehemalige Sergeant Patrick O‘Connor blutüberströmt hier unten in Richgulch angekommen war und mit letzter Kraft von einer Goldader berichtet hatte. Seine Taschen waren ebenfalls voller Gold gewesen. Nuggets, keine Brocken aus einer Ader. Er musste sie aus einem Bach gewaschen haben. Die Männer glaubten, dass er sie oben in der mysteriösen Blauen Quelle gefunden haben musste. Und seitdem riskierten schon den zweiten Sommer Dutzende von Männern ihr Leben. Aber bis jetzt waren sie alle wieder zurückgekommen, weil sie auf halbem Wege umkehren mussten. Selbst im Hochsommer kam es da oben zu blitzartigem Wetterwechsel, zu Schneestürmen, zu Temperaturstürzen, zu Orkanböen, zu Lawinen. Der erste Teil des Weges war ganz einfach. Der führte bis zu Bearman’s Cavern, einer Höhle, wo man im Notfall unterschlüpfen konnte. Bis dorthin war ich auch schon gewesen. Bis dahin waren die meisten auch nur gekommen, oder wenig weiter.

Vielleicht wäre es möglich, mit einiger Sicherheit diese Blaue Quelle zu suchen, wenn man planmäßig vorginge. Das erforderte eine Organisation, eine Zusammenarbeit von mehreren Leuten. Aber hier in Richgulch, dieser primitiven Siedlung oben im Gebirge, wollte niemand mit dem anderen arbeiten. Hier war jeder des anderen Feind. Und wenn sich welche zusammentaten, dann konnte man höchstens von einer vorübergehenden Interessengemeinschaft sprechen. Früher oder später wurden daraus Feindschaften.

Auch Franklin Stuart, der Vater von Cassy - wie man Cassandra hier nannte - und von Gil weilte hier in der Siedlung. Ihm gab ich die Schuld, dass sein Sohn allein aufgestiegen war.

»Sie müssen Ihren Vater anschreien, Cassy, nicht mich. Er hätte ihren Bruder zurückhalten können. Ich bin nicht der Vormund Ihres Bruders. Er ist erwachsen; er muss selbst wissen, was er tut.«

»Nun schön«, erwiderte sie heftig und stampfte wütend mit dem Fuß auf. »Er hat einen Fehler gemacht, ich gebe es ja zu. Aber Sie, Mister Jenkins, sind älter als er, erfahrener. Nun könnten Sie ihm helfen. Niemand kennt das Gebirge so gut wie Sie.«

»Das ist nicht richtig. Zumindest einer kennt es besser. Das ist Old Joe. Er ist hier zu Hause.«

»Er ist mitgegangen«, sagte sie und warf den Kopf in den Nacken, dass ihre Zöpfe über ihre Schultern flogen. »Er ist nicht hiergeblieben wie Sie! Sie sind auch ein Feigling!«

Ich lächelte hart. Wenn sie ein Mann gewesen wäre, hätte diese Bemerkung üble Folgen für sie gehabt. Aber für mich war sie ein kleines Mädchen. Was wusste sie von einem Mann hier in der Wildnis? Wie konnte sie beurteilen, wer ein Feigling ist und wer nicht?

»Ich glaube nicht, dass Sie ein Recht haben, so etwas zu sagen«, erwiderte ich ruhig. Und dann sagte ich eine Spur lauter: »Vielleicht tut es Ihnen noch einmal verdammt leid, so etwas gesagt zu haben. Außerdem bin ich ja auch erst gestern eingetroffen, als die anderen bereits überfällig waren. Sollten Sie nicht am Tag meiner Ankunft zurücksein? Und was bitte, sollte ich tun? Ihnen nachlaufen und sie warnen?«

Sie wurde flammrot, schien sich tatsächlich einen Augenblick lang zu schämen, aber dann bekam der Trotz die Oberhand. Aus weit aufgerissenen Augen schaute sie mich an und sagte mit schriller Stimme: »Das müssten Sie mir schon beweisen, Mr Jenkins!«

Ich schnippte meinen Hut ins Genick, wandte mich um und ließ sie einfach stehen. Mehr hatte sie auch nicht verdient.

Ich war noch keine zehn Schritt weit gegangen, als ich Aquilin sah.

Mit Aquilin war ich hier heraufgekommen. Unterwegs hatten wir uns zufällig getroffen. Früher, vor Jahren, waren wir einmal zusammen für einen texanischen Rancher geritten. Aquilin war Mexikaner. Er sah gut aus, hatte einen buschigen Schnauzbart, pechschwarzes lockeres Haar, dichte dunkle Augenbrauen und ein kühnes Gesicht. Er war ein Typ, auf den die Frauen flogen, und er wusste auch durchaus mit ihnen umzugehen.

Als er mich sah, strahlte er, und seine schneeweißen Zähne blitzten in der Vormittagssonne.

Als wir uns dann aber gegenüberstanden, wurde er wieder ernst. Er machte eine Handbewegung in Richtung auf die schneebedeckten Berge und ganz besonders auf den Mount Shasta, den höchsten von ihnen, dessen Gipfel spitz in den Himmel ragte.

»Glaubst du«, fragte er mich auf mexikanisch-spanisch, »dass sie ihn gefunden haben? Letzte Nacht scheint da oben Neuschnee gefallen zu sein. Und sieh nur hin, im Augenblick strahlend blauer Himmel, Sonnenschein, aber ein Wolkenkranz um den Gipfel.«

Ich folgte seiner Blickrichtung. Dort oben, dieser Mount Shasta, der Schicksalsberg. Ein einziger Mann soll ihn bislang überhaupt bezwungen haben, dessen Name nur respektvoll genannt wird: Elias D. Pierce. Und irgendwo ein Stück unterhalb vom Gipfel war die Blaue Quelle. In einer der Schluchten da musste sie liegen. Gletscher, Schneefelder, Steilwände versperrten den Weg hinauf. Angesichts der Gletscherspalten waren viele jener Männer wieder umgekehrt, die von dem Gedanken an das Gold besessen gewesen waren. Ernüchtert kehrten sie zurück. Aber schon wieder warteten hier in Richgulch an die fünfzig Menschen nur darauf, hinaufzusteigen, es zu versuchen, diesen sagenhaften Schatz zu finden. Im Augenblick allerdings waren acht unterwegs; acht, die nach Gil Stuart suchten. Viele der Männer, die zu diesem Suchtrupp gehörten, kannte ich von einem früheren Aufenthalt in Richgulch. Old Joe führte sie. Ich wusste, dass er nicht an Gold glaubte, und es interessierte ihn auch nicht. Er war wegen der Prämie von tausend Dollar unterwegs, die Gils Vater, Franklin Stuart, ausgesetzt hatte. Tausend Dollar für denjenigen, der ihm seinen Sohn zurückbrachte.

Aquilin sah mich an. »Du glaubst nicht daran, dass sie ihn noch finden, nicht wahr? Aber da ist doch das Licht.«

Ich nickte. Ich wusste, wovon er sprach. Ich hatte bei meiner Ankunft gehört, dass alle vor fünf und vor vier Tagen noch einen Lichtschein gesehen hatten. Er befand sich etwa hundert Meter oberhalb von Bearman’s Cavern, der Höhle also, bis wohin die meisten von uns schon vorgedrungen waren. Was ich davon bei meiner Ankunft sah, war für mich nicht einfach ein Feuer. Da oben gab es nichts zum Verbrennen. Da waren nur nackte Felsen und Schnee, viel Schnee. Viele Nächte lang sollte dieses Feuer schon gebrannt haben. Aber es gab Leute, die behaupteten, Anfang vergangener Nacht wäre ebenfalls Lichtschein dort zu sehen gewesen, bevor sich alles bewölkt und damit die Sicht unmöglich gemacht hatte.

»Hör mal, Billy, ich denke, du solltest es machen, nur des Mädchens wegen.«

»Cassy?«

Er schüttelte den Kopf. »Sie ist ja noch ein Kind. Nein, Jamie, seine Freundin. Die Freundschaft war nicht mehr viel wert. Ich glaube, er wollte ihr imponieren, und deshalb ist er hinauf.«

»Unsinn«, sagte ich. »Sein Vater hat ihn verrückt gemacht mit seiner Idee, hörte ich gestern heraus.«

Aquilin schüttelte den Kopf. »Das stimmt nicht«, widersprach er. »Franklin ist zornig, dass der Junge einfach weg ist.«

»Der Junge, der Junge«, erwiderte ich. »Er ist kein Kind mehr, Aquilin. Er ist schließlich vierundzwanzig. Der muss wissen, was er tut.«

»Manche wissen es mit dreißig nicht, einige noch nicht einmal mit vierzig«, behauptete Aquilin und lachte. Aber es sah nicht sehr fröhlich aus, wie er das tat. Und sein Gesicht wurde sofort wieder ernst. »Jamie ist ein fantastisches Mädchen.«

Ich zuckte die Schultern. »Fantastisch?« Ich sah ihn zweifelnd an. »So fantastisch, dass er ihretwegen in die Berge steigt und sein Leben riskiert, nur um ihr etwas zu beweisen? Wenn sie wirklich so fantastisch wäre, hätte sie das verhindert«

»Ich weiß nicht, ob er ihr so viel bedeutet, Billy. Aber sie fühlt sich ihm verpflichtet. Sie ist mit ihm hier heraufgekommen.«

»Sie ist mitgekommen, weil sie goldgierig ist, goldgieriger als die Männer alle hier. Ich bin hier, um Old Joes Silberfüchse zu jagen. Dafür zahlen sie ein Vermögen.«

Aquilin spie verächtlich aus. »Ein Vermögen ist gut. Dafür musst du eine Menge tun. Du sitzt den ganzen Winter über hier, kriechst im Schnee herum, könntest dir tausendmal den Hals brechen, wenn du dem Fuchs auf der Spur bist. Und hast du ihn endlich geschossen, musst du das Fell aufspannen, musst es trocknen, musst viele Dinge tun, um dann ein paar Dollar zu bekommen.«

»Ich weiß aber, was ich verdiene. Das Gold da oben, das gibt es nicht. Ich glaube nicht daran.«

»Ich weiß, dass du nicht daran glaubst. Du hast es schon oft genug gesagt«, entgegnete er. »Und Old Joe denkt auch nicht daran. Aber irgendetwas muss dran sein. Woher sollte denn Sergeant Jackman die Nuggets gehabt haben? Es gibt genug Augenzeugen, die bestätigen können, was sich alle hier erzählen.«

»Ich bezweifle es nicht. Aber dort oben ist kein Gold. Jedenfalls halte ich es nicht für möglich.«

»Menschenskind, Billy, hast du nie Gold gesucht?«

Ich lachte. »O ja, Aquilin, oft genug. Es ist nie etwas herausgekommen dabei, außer einem Schatz von Erfahrungen. Man lernt die Menschen kennen. Sie werden zu Tieren, zu Bestien, wenn sie Gold finden, vor allen Dingen, wenn es sich um größere Mengen Gold handelt. Sie verlieren den Verstand. Ich habe inzwischen den Standpunkt der Indianer schätzen gelernt. Für die ist Gold nichts als ein gelbes, unwichtiges Metall. Schließlich nennen Sie den Mount Shasta ja nur den Weißen Berg und nicht den goldenen.«

»Hör auf mit den Rothäuten! Die verstehen nichts davon.«

Es hat ihn auch schon gepackt, dachte ich. Er ist ebenso weit wie alle anderen. Natürlich. Und dafür ist er auch hergekommen. Sollte dort oben wirklich Gold sein, interessierte es mich schon. Das abzuleugnen, wäre eine Lüge gewesen. Aber ich zweifelte einfach daran, dass es da oben wirklich Gold gab, und ich kannte auch die Gefahren um das Gold. Ich hatte es deutlich genug ausgedrückt. Die Menschen wurden wirklich verrückt, wenn sie es mit Gold zu tun hatten. Jeder war der Todfeind seines Nachbarn. In einer solchen Atmosphäre mochte ich nicht leben. Ich hatte das schon so oft erlebt, und wenn man das durchstehen wollte, musste man gerissen sein, gerissener als alle anderen.

»Du solltest mit Jamie reden«, sagte Aquilin. »Ich wette, sie bietet auch noch mal tausend Dollar, wenn wir nach ihm suchen. Da ist nur ein Haken …« Er lächelte. »Sie will mitkommen.«

Ich war mit meinen Gedanken woanders gewesen, begriff aber jetzt, was er meinte. Jamie will mitkommen, wenn wir dort hinaufsteigen? Ich blickte zum mittlerweile völlig von Wolken verhangenen Gipfel des Mount Shasta. »Dort hinauf mit einer Frau?« Ich sah ihn fassungslos an. »Ist sie verrückt genug gewesen, das zu verlangen? Weiß sie, was uns dort erwartet?«

Er zuckte die Schultern. »Sie weiß, was sie will, und ich glaube, sie ist härter als viele Männer hier. Natürlich geht es ihr nicht um Gil, oder vielleicht erst in zweiter Linie. Sie will das Gold! Sie will reich sein!«

Ich beschloss, mich nicht weiter mit diesem Thema zu befassen. Sollen sie alle machen, was sie wollen. »Ich gehe jetzt zu Tio Diego. Kommst du mit?«

Er nickte. »Was soll man sonst anfangen? Auf alle Fälle kommen sie heute zurück oder nie.«

Acht Mann waren aufgebrochen. Acht Männer, die sicherlich überwiegend nach dem Gold und nicht nach Gil suchten. Sie hätten eigentlich schon gestern zurück sein müssen. Aber bis jetzt hatte noch niemand einen Zipfel von ihnen gesehen, auch keine Signale. Es waren aber Signale verabredet gewesen. Doch darauf hatten wir vergeblich gewartet.

Ich musste unwillkürlich noch einmal hinaufsehen zum Berg, zu diesem drohenden, zackigen Etwas, das sich jetzt umwölkt hatte und dessen Gipfel man gar nicht sehen konnte. Aber rundherum war Sonne. Sie wurde von den Gletschern und dem Schnee oben reflektiert. Ein herrliches Bild; schön, wenn man das von hier aus in sicherer Entfernung ansehen konnte.