Wolfgang M. Heckl (Hg.)
Die Welt der Technik
in 100 Objekten
C.H.Beck
«Dieses Buch unternimmt eine Reise zurück in die Vergangenheit und am Schluss vorwärts in die Zukunft, um zu erzählen, wie die Menschen im letzten halben Jahrtausend die Welt mit Wissenschaft und Technik erst erforscht und dann verwandelt haben, wie aber auch sie selbst und die Gesellschaft durch technische Erfindungen geprägt wurden und werden. Es erzählt diese Geschichte anhand von Objekten, die aus dem Deutschen Museum stammen – die Bandbreite reicht von einem Zirkel aus dem 16. Jahrhundert, der sich zugleich als Kompass und Sonnenuhr verwenden lässt, über den Benz-Patent-Motorwagen Nr. 1 und den Segelapparat von Otto Lilienthal bis zu einer von philippinischen Frauen gefertigten Recyclingtasche.»
Prof. Dr. Wolfgang M. Heckl ist seit 2004 Generaldirektor des Deutschen Museums. Er hat an der TU München in Biophysik promoviert und an der LMU München in Nanowissenschaften bei Prof. Dr. Hänsch habilitiert. Er leitet den Oskar von Miller Lehrstuhl für Wissenschaftskommunikation an der TU München mit einem Labor für Experimentalphysik im Deutschen Museum und lehrt in diesem Rahmen Physik und Wissenschaftskommunikation.
Vorwort: Titanen der Technik und namenlose Erfinder
Einleitung: Der Makrokosmos im Mikrokosmos
Die Technosphäre
Sammlungen und Wissensordnungen im Technikmuseum
Jenseits der Objekte
Die Objektauswahl
Der Makrokosmos im Mikrokosmos
Preziosen der Frühen Neuzeit und die Verwandlung der surinamischen Insekten
1482: Poeticon Astronomicon
Inkunabelzeit
Der Drucker Erhard Ratdolt
Die erste gedruckte und bebilderte Himmelsbeschreibung
1561: Cembalo
Der Erbauer
Eine neue Art der Musik
Zeugnis einer hohen Kunst
Spuren der Zeit
1561/1586: Multifunktionszirkel
Gimmicks der Frühen Neuzeit
Die Augsburger Familienwerkstatt –
eine europäische Schnittstelle frischen Wissens
Multifunktionstools nicht nur für den Adel
1588: Astrolabium
Vermessung und Orientierung
Vom Instrument mit Geschichte zum Statussymbol
Ein Prunkstück für Kunstkammer und Museum
1652: Klappsonnenuhr
Orientierung in Zeit und Raum
Europa in die Tasche stecken
Die Nürnberger Kompassmacher:
Akkumuliertes Spezialwissen seit dem Mittelalter
1662: Magdeburger Halbkugeln mit Luftpumpe
Experimente mit Luftpumpen
Große Spektakel
Der Weg nach München
Das Vakuum bis in die Gegenwart
1670: Einfaches Mikroskop
Erste Einblicke in Mikrowelten
Alles Forschen beginnt mit Neugier
um 1700: Doppelbrennlinsenapparat
Tschirnhaus – Erfinder und Wissenschaftler
Das Sonnenlicht mit Spiegeln einfangen
1719: Verwandlung der
surinamischen Insekten
Eine ungewöhnliche Frau
Reisen in ferne Länder
Vermächtnis und Erinnerung
Ikonen der Aufklärung und der Geheimcode der Sterne
1764 [1856]: Spinning Jenny
Die Automatisierung des Spinnrads
Das Patent N° 962
Maschinensturm und Industrielle Revolution
Die Mule Jenny
Die Museums-Maschine
1780: Cembalo mit Hammerflügelregister und Notenschreibeinrichtung
John Joseph Merlin, ein rastloser Erfinder
Merlins Kombinations-Cembalo – zwei Instrumente in einem
Ein Instrument mit einer bewegten Geschichte
1788: Beschreibung der Entwürfe und des Baus der Brücken von Neuilly
Das Buch
Das Modell
Die vier Bauabschnitte
1792/1820: Rechenmaschinen
Rechenmaschinen vom Uhrmacher
Der Lehrer und sein Schüler – Hahn und Schuster
Handwerkliches Meisterwerk mit
faszinierender Mechanik
Rechnen durch Kurbeln
Der Weg ins Museum
1792: Reisebarometer
Reisetauglich? Von wegen!
Ein Reisebarometer erkennt man an seiner Skala
Mit dem Reisebarometer unterwegs
1797: Stangenpresse
Galgen oder Presse?
Senefelders Stangenpresse im Deutschen Museum
Lithografie reloaded
um 1800: Kempelen’scher Sprechapparat
Geschichte einer Passion
Originale Kempelen’sche Sprechapparate
Replik
1806: Repetitionstheodolit
Optimierung …
… und Ergänzung des Bestehenden
Neugestaltung statt stetiger Veränderung
1814: Prismenspektralapparat
Farbfehler und achromatische Objektive
Der Prismenspektralapparat
Die Entdeckung der dunklen Linien im Sonnenspektrum
Der Einzug der Maschinen und ein Schutzpocken-Impfungs-Zeugniß
1817: Wassersäulenmaschine
Die Soleleitung von Reichenhall nach Traunstein, 1619
Georg von Reichenbach
Erweiterung der Soleleitung nach Rosenheim, 1810
Wassersäulenmaschinen zur Solehebung
Die Soleleitung von Berchtesgaden nach Reichenhall, 1817
Der Weg ins Museum
1820: Langsiebpapiermaschine
Von Robert zu Donkin
1820: Lithografie
Ballonfahrt der Madame Reichard
Pionierin der Luftfahrt mit Feingefühl
1829: Refraktor für die Sternwarte Berlin
Fraunhofer’sche Präzision
Bahnbrechende Fernrohrtechnik
Der Lohn der Entdeckung
1833: Fahrkunst
Die älteste Methode
Die Lösung eines Problems: die kraftsparende Fahrkunst
1835: Balancier-Betriebsdampfmaschine
Eine Dampfmaschine muss her
Die Maschine zieht ein
Die Maschine kommt an ihre Grenzen
1839: Schiebekastenkamera Le Daguerreotype
Die Partnerschaft zwischen Niépce und Daguerre
Die Fotochemie
Die Kamera
Erste Daguerreotypien in München
1842: Optischer Gehaltmesser
Vom Brauhandwerk zur Wissenschaft
Steinheil-Refraktometer im Deutschen Museum
1845: Metallisches Aluminium
Vom Alaun zum Aluminium
Ein neues Metall
Vom Schmuckmetall zum Massenprodukt
Mobilitätsmetall
Vom Kriegsmetall zum Allerweltsmetall
1848: Zylinderflöte
Eine «neue Art von Flöten»
Zustimmung und Ablehnung
1855: Schutzpocken-Impfungs-Zeugniß
Hochrisiko-Impfung mit echten Pocken
Kuhpocken statt menschlicher Pocken
Impfpflicht
Surveillance and Containment
Die Elektrifizierung der Welt und die Mona Lisa der Automobilgeschichte
1863: Telefon
Das Pferd frisst keinen Gurkensalat
Das Ohr stand Pate – ein bionisches System
Die Würfelform
Der Siegeszug
1866: Dynamomaschine
Auf den Magneten kommt es an
Wer hat’s erfunden?
Die zwei Innovationen in der Dynamomaschine
Bedeutung der Dynamomaschine
1867: Atmosphärischer Gasmotor
… nicht patentierbar
Das Problem des Zündzeitpunkts
Partnerschaft mit Eugen Langen
Ottos neuer Motor
1875: Schreibmaschine Sholes & Glidden
Schneller als der Stift
Tüftler und Produzenten
Die Erfindung von QWERTZ
Ein neues Rollenbild entsteht
1876: Zementprüfapparat
Die Anfänge der Zementprüfung
Zugversuche für Zementmörtel?
1879: Differentialbogenlampe
Ein wichtiger Meilenstein: die Differentialbogenlampe
Die Erfindung der Glühlampe
1879: Elektrische Lokomotive
Eine elektrische Lok sorgt für Aufsehen
Von der Ausstellung in den Grubenbetrieb
1880: Ewer Maria HF 31
Fischfang in Not
Steigerung der Fangerträge
Umzug nach München
1881: Brutschrank
Gut isoliert und wohltemperiert
Bakterien in Reinkultur: der Tuberkuloseerreger
Höchste Sicherheitsstufe
1882: Modelle zur Reliefperspektive
Die Modelle – in drei Akten
Faszination Reliefperspektive
1882 [1905]: Organette Ariston
Das Instrument
Ein neuer Wirtschaftszweig
Eine Fülle von Musik
1885: Benz-Patent-Motorwagen
Gut Ding braucht Weil
Die Technik
Vom Technikpionier zum Automobilbauer
Der Patentwagen als Werbeträger und Museumsstück
1889: Dampfturbine mit Generator
Von der Dampfmaschine zur Dampfturbine
Der Erfinder Charles Parsons
Aller Anfang ist schwer
Die Dampfturbine als Schiffsantrieb
1890: Luftreifen-Fahrrad Victoria Fire Fly
Aus Ärger Luft machen
Der Luftreifen – eine «erfolgreiche Rückerfindung»
Erfolg auf Luft gebaut
1890: Präzisionspendeluhr
Uhren für die Welt
Präziser als ein Wimpernschlag
1890 [1964]: Zeilensetz- und Gießmaschine
Linotype
Ottmar Mergenthaler – ein genialer Mechaniker
Was eine Linotype so alles kann
Die Linotype 6c S Quick des Deutschen Museums
1891: Generator zur Drehstromübertragung
Gleichstrom versus Wechselstrom
Die Internationale Elektrotechnische Ausstellung in Frankfurt am Main
Die erste Drehstromübertragung zwischen Lauffen und Frankfurt
Der durchleuchtete Mensch und der Siegeszug der neuen Verkehrsmittel
1892: Interferometer
Der lange Schatten eines berühmten Vaters
Wissenschaftliche Präzision und militärische Anwendung
1892: Vakuumspektrograph
Vom Ingenieur zum Naturforscher
Rezeption und Interpretation von Schumanns Arbeit
1893: The Great Barrier Reef of Australia
Ein Leben für die Meeresforschung
Umweltschutz gegen Ende des 19. Jahrhunderts
1893: Dieselmotor DM 250/400
Eine Idee wird geboren
Auch heute noch der «Rationellste»
1894: Motorrad Hildebrand & Wolfmüller
Große Ambitionen und ein frühes Ende
Die Lösung grundsätzlicher Probleme erfolgte erst später
1894: Normal-Segelapparat
Die Flugfrage
Segelapparate aus der Maschinenfabrik Otto Lilienthal
Das Original im Deutschen Museum
1895: Aufnahme der Hand von Anna Bertha Röntgen
Der «durchleuchtete Mensch»
Freund und Förderer des Deutschen Museums
1895: Cinématographe
Von der Laterna magica zur Filmprojektion
Der vielseitige «Cinématographe»
Erfolgsgeschichte
1898 [1907]: Apparatur zur Messung
der Radioaktivität
Eigenartige Strahlen
Neue chemische Elemente
1900: Fadenmodell zur Darstellung eines einschaligen Hyperboloids
Ein filigranes, wandelbares Objekt
Tradition der mathematischen Modelle
1900: Teerfarbstoffe
Die Farben der Wissenschaft
Ein Rätsel und ein Streit: Das Benzol-Sechseck
Ein Riesenerfolg: Die aufkommende Farbstoffindustrie in Deutschland
1902 [1913]: Fünfmast-Vollschiff Preussen
Konkurrenz durch die Dampfschifffahrt
Die Strandung
Das Modell der «Preussen»
1905 [1922]: Schüttelrutsche
Schrittmacher der Mechanisierung unter Tage
Welche Veränderungen brachte die Schüttelrutsche?
1906: Unterseeboot U1
Die List neuer Techniken – eine Waffe des Schwachen?
Hybridantrieb für Unter- und Überwasserfahrt
Dauerhaft wie Krupp-Stahl
1907: Protos Wettfahrtwagen New York–Paris
Solide, praktisch, robust
New York–Paris: ein Wettbewerb, der zur Legende wurde
Improvisation ist alles
Eine große Werbetour für den Automobilismus
Elektronentanz und ein Staubkorn mit Bedeutung
1909: Nobelurkunde und Nobelmedaille von Ferdinand Braun
Guglielmo Marconi und Ferdinand Braun
Nobelurkunde und -medaille
1909: Präparat 606
Magische Kugeln
Ehrlich färbt am längsten
Von der Serumtherapie zur Chemotherapie
Präparat 606
1909: Wright Model A
Erste flugtechnische Arbeiten
Der «Flyer»
Wright Model A
1913: Röhrensender
Kommunikationshunger
Die Schwingungen bändigen
«Telephonspielereien», die Zweite
1917: Barkhausen-Kurz-Röhre
Eine Weltreise bis ins Deutsche Museum
Wertvolle Erinnerung – technischer Meilenstein
Vom zweiten Leben der Dinge
1919 [1927]: Verkehrsflugzeug Junkers F 13
Eine «fliegende Limousine»
Ein Produkt schafft sich Märkte
Auf dem Weg zur «Tante Ju»
Von Deutschland nach Afghanistan und zurück
1922: Segelflugzeug HAWA H 1 Vampyr
Der Stammvater aller Hochleistungssegelflugzeuge
Weltrekorde auf den Rhön-Wettbewerben
Der Weg ins Museum
1922: Aufnahme des Spektrumseines Spiralnebels
Das Rätsel der kosmischen Nebel
Die Milchstraße ist nicht allein!
Wachsende Entfernungen, expandierender Weltraum
Vom Mount-Wilson-Observatorium ins Deutsche Museum
1922: Versuchsapparatur zur Synthese
von Ammoniak
Brot und Bomben
Reif für die Museumsinsel
Die Funktionsweise der Apparatur
1922: Rumpler Tropfenwagen
Ein Flugzeug für die Straße
Zu viele Neuerungen!
Ein Auto aus einer anderen Welt
Die Zukunft von gestern im Museum von heute
Aufbruch ins atomare Zeitalter und die neuen Rechenmaschinen
1923: PlanetariumsprojektorZeiss Modell I
Die Vorgeschichte
Die Idee
Sonne, Mond und Planeten
Bewegungen am Nachthimmel
Didaktik verfehlt, Simulation geglückt
1925: Begehbares Diorama Firstenbau
Die Inszenierung «Firstenbau»
Die Entstehungsgeschichte
1928: Ackerschlepper Fordson Model F
Henry Ford und seine Experimente mit dem Traktor
Traktoren für Großbritannien
Beginn der Massenproduktion
1930: Trautonium
Neuartige elektrische Musikinstrumente
Ein Instrument der Zukunft?
1931: Fernseh-Versuchsanordnung
Die tollkühnen Männer und ihre flimmernden Kisten
Das Labor des Barons
Auf der Höhe der Zeit
1938: Gezeitenrechenmaschine
Im Auftrag der Kriegsmarine
Ebbe und Flut
Harmonisch analysiert
Heinrich Rauschelbachs gigantische Umsetzung
1938 [1952]: Kernspaltungstisch von Hahn,
Meitner und Straßmann
Die Entdeckung der Kernspaltung
Ein Exponat für das Deutsche Museum
1939: Turbinenluftstrahltriebwerk HeS 3B
Vom Kolbenmotor zum Strahltriebwerk
Zukunftsversion eines Flugzeugantriebes
Nach dem Zweiten Weltkrieg
1941/1950: Programmgesteuerte Rechenmaschinen Z 3 und Z 4
Vom Versuchsmodell V 3 …
… zum einsatzfähigen Rechner Z 4
Der Nachbau und der Ruhm des Erfinders
Das Museum und der Platz des Originals in der Geschichte
1941: Rotor-Chiffriermaschine Enigma M4
Der Erfinder der Enigma
Mit jedem Buchstaben ändert sich der Strompfad
Die Umkehrwalze: geniale Einrichtung oder Einfallstor?
1945: Raketenwaffe Aggregat 4 (V2)
Anfänge der militärischen Raketenforschung in Deutschland
Die Heeresversuchsanstalt Peenemünde und das KZ Mittelbau-Dora
Wernher von Braun und die «V2» im Deutschen Museum
Alltagshelfer im Wirtschaftswunder und Bilder aus der Nanowelt
1952: Küchenmaschine Bosch HM/KA1/220 B
Gerührt und geschnitten im Handumdrehen
Alles neu – und manches noch beim Alten
Immer mehr, immer schneller, immer besser?
1955: Zerstäuber für das Schädlingsbekämpfungsmittel DDT
Ein vermeintlich ideales Insektizid
Der Einsatz gegen Insekten – und ein Nobelpreis
Ein langwieriger Prozess: die Interpretation der beobachteten Schäden
Proteste und Verbot
1957: S-Dübel
Der Dübel bekommt seine Farbe und wird patentiert
Kleiner Dübel, große Folgen
1957: Segelflugzeug fs 24 Phönix
Ein neues Material erfordert neue Bauweisen
Der Urahn schneller Segelflugzeuge – und des Airbus A350 XWB
1961: Verhütungsmittel Anovlar
Die «Väter» der Antibabypille
Die Pille und ihre Folgen
1964: Laser
Universalwerkzeug der Wissenschaft
Mehr Werkstatt als Labor
Der Weg ins Deutsche Museum
1965: Apparatur zur Messung der kosmischen Hintergrundstrahlung
Vom unerklärlichen Rauschen zur Entdeckung
der kosmischen Hintergrundstrahlung
Die Messapparatur
Wichtigste Informationsquelle für Kosmologen
1969: Modularer Synthesizer Moog IIIp
Vom Experiment zum Meilenstein
Berühmte User
Eberhard Schoener – Wanderer zwischen den Welten
1971: Europa-Rakete
Europäische Hoffnungen, ein technisches Desaster und die Folgen
Politische Verwicklungen und technische Entwicklungen
Stufe für Stufe ins Museum
1974: Sonnensonde Helios
Gemeinsame Erforschung der Sonne
Helios – ein authentisches Objekt?
1981: Rastertunnelmikroskop
«Spitzen-Mikroskopie»
Heureka-Moment in der Mikroskopiegeschichte
Das unsichtbare Kleine im Deutschen Museum
Fragen der Menschheit
1988 [1991]: Roboter HelpMate
Von der Leinwand in die Fabrik
Von der Fabrik ins Krankenhaus
Vom Krankenhaus in unser Wohnzimmer?
Umhängetasche aus Safttüten
und andere Objekte
mit Zukunft
1991: Raumanzug SOKOL-KV-2
Warum brauchen Raumfahrer einen Druckanzug?
Hightech-Textilien für den Flug ins Weltall
Auf Umwegen ins Museum
Wie konserviert man einen Raumanzug?
1998: DNA-Sequenzierer ABI Prism 3700
Das technische Innenleben des DNA-Sequenzierers
Aktuelle und zukünftige Anwendungsmöglichkeiten
2000: Versuchsfahrzeug für autonome Mobilität
Prometheus – ein Programm für sicheren und effizienten Verkehr
VaMoRs und VaMP – Prototypen einer revolutionären Entwicklung
Vom Wettkampf zur Alltagstauglichkeit
2000: Frequenzkamm-Generator
Ein Uhrwerk aus Licht
Gepulste Präzision
Synchronisation und Exoplaneten
2002: Mainboard Regatta 4 des Supercomputers IBM p690
Simulation als virtuelles Experiment
Schnappschüsse des Universums
Zusammenarbeit von Menschen und Computern
2004: Hydrosol-Reaktor
Erzeugung von Wasserstoff
Wasserstoff aus Sonnenwärme
Wieso Wasserstoff?
2007: Supraleitende Hohlspiegel
Photonen in der Falle
Blue Skies Research
2013: Umhängetasche aus Safttüten
Kunststoffe: sehr vielfältig und sehr langlebig
Aus Müll entsteht Mode
Das etwas andere Meisterwerk
2014: Gezeitenturbine SCHOTTEL SIT
Wie alles begann
Das erste Gezeitenkraftwerk
Die Nutzung der Gezeitenströmung
2018: Flugauto Pop.Up Next
Das Auto der Zukunft
Objekte mit Zukunft
2018: Robotersystem Panda
Maschine mit Tastsinn
Fühlen statt sehen
Für eine leichtere Zukunft
2020: Bioprinter BIO X 3D
Der Bio-3D-Drucker und die Forschung
Science und Fiction
2021: Fallturm
Forschen in Schwerelosigkeit – Versuche auf der Erde
Experimente im freien Fall
2021: COVID-19-Impfstoff
Ein Impfstoff «Made in Germany»
Von der Idee zum Produkt – Projekt Lightspeed
Der unbeachtete Bote
Die Idee wird geboren
Eine Idee umsetzbar machen
Gefahren? Weniger als sonst!
Anhang
Bibliographie
EINLEITUNG
OBJEKTE
1482 – Poeticon Astronomicon
1561 – Cembalo
1561 – Multifunktionszirkel
1588 – Astrolabium
1652 – Klappsonnenuhr
1662 – Magedeburger Halbkugeln mit Luftpumpe
1670 – Einfaches Mikroskop
1700 – Doppelbrennlinsenapparat
1719 – Verwandlung der surinamischen Insekten
1764 – Spinning Jenny
1780 – Cembalo mit Hammerflügelregister und Notenschreibeinrichtung
1788 – Beschreibung der Entwürfe und des Baus der Brücken von Neuilly
1792 – Rechenmaschinen
1792 – Reisebarometer
1797 – Stangenpresse
1800 – Kempelen’scher Sprechapparat
1806 – Repetitionstheodolit
1814 – Prismenspektralapparat
1817 – Wassersäulenmaschine
1820 – Langsiebpapiermaschine
1820 – Lithografie Ballonfahrt der Madame Reichard
1829 – Refraktor für die Sternwarte Berlin
1833 – Fahrkunst
1835 – Balancier-Betriebsdampfmaschine
1839 – Schiebekastenkamera Le Daguerreotype
1842 – Optischer Gehaltmesser
1845 – Metallisches Aluminium
1848 – Zylinderflöte
1855 – Schutzpocken-Impfungs-Zeugniß
1863 – Telefon
1866 – Dynamomaschine
1867 – Atmosphärischer Gasmotor
1875 – Schreibmaschine Sholes & Glidden
1876 – Zementprüfapparat
1879 – Differentialbogenlampe
1879 – Elektrische Lokomotive
1880 – Ewer Maria HF 31
1881 – Brutschrank
1882 – Modelle zur Reliefperspektive
1882 – Organette Ariston
1885 – Benz-Patent-Motorwagen
1889 – Dampfturbine mit Generator
1890 – Luftreifen-Fahrrad Victoria Fire Fly
1890 – Präzisionspendeluhr
1890 – Zeilensetz- und Gießmaschine Linotype
1891 – Generator zur Drehstromübertragung
1892 – Interferometer
1892 – Vakuumspektrograph
1893 – The Great Barrier Reef of Australia
1893 – Dieselmotor DM 250/400
1894 – Motorrad Hildebrand & Wolfmüller
1894 – Normal-Segelapparat
1895 – Aufnahme der Hand von Anna Bertha Röntgen
1895 – Cinématographe
1898 – Apparatur zur Messung der Radioaktivität
1900 – Fadenmodell zur Darstellung eines einschaligen Hyperboloids
1900 – Teerfarbstoffe
1902 – Fünfmast-Vollschiff Preussen
1905 – Schüttelrutsche
1906 – Unterseeboot U1
1907 – Protos Wettfahrtwagen
1909 – Nobelurkunde und Nobelmedaille von Ferdinand Braun
1909 – Präparat 606
1909 – Wright Model A
1913 – Röhrensender
1917 – Barkhausen-Kurz-Röhre
1919 – Verkehrsflugzeug Junkers F13
1922 – Segelflugzeug HAWA H 1 Vampyr
1922 – Aufnahme des Spektrums eines Spiralnebels
1922 – Versuchsapparatur zur Synthese von Ammoniak
1922 – Rumpler Tropfenwagen
1923 – Erster Planetariumsprojektor Zeiss Modell I
1925 – Begehbares Diorama Firstenbau
1928 – Ackerschlepper Fordson Model F
1930 – Trautonium
1931 – Fernseh-Versuchsanordnung
1938 – Gezeitenrechenmaschine
1938 – Kernspaltungstisch von Hahn, Meitner und Straßmann
1939 – Turbinenluftstrahltriebwerk HeS 3B
1941 – Programmgesteuerte Rechenmaschinen Z 3 und Z 4
1941 – Rotor-Chiffriermaschine Enigma M4
1945 – Raketenwaffe Aggregat 4 (V2)
1952 – Küchenmaschine Bosch HM/KA1/220 B
1955 – Zerstäuber für das Schädlingsbekämpfungsmittel DDT
1957 – S-Dübel
1957 – Segelflugzeug fs 24 Phönix
1961 – Verhütungsmittel Anovlar
1964 – Laser
1965 – Apparatur zur Messung der kosmischen Hintergrundstrahlung
1969 – Modularer Synthesizer Moog IIIp
1971 – Europa-Rakete
1974 – Sonnensonde Helios
1981 – Rastertunnelmikroskop
1988 – Roboter HelpMate
1991 – Raumanzug SOKOL-KV-2
1998 – DNA-Sequenzierer ABI Prism 3700
2000 – Versuchsfahrzeug für autonome Mobilität
2000 – Frequenzkamm-Generator
2002 – Mainboard Regatta 4 des Supercomputers IBM p690
2004 – Hydrosol-Reaktor
2007 – Supraleitende Hohlspiegel
2013 – Umhängetasche aus Safttüten
2014 – Gezeitenturbine SCHOTTEL SIT
2018 – Flugauto Pop.Up Next
2018 – Robotersystem Panda
2020 – Bioprinter BIO X 3D
2021 – Fallturm
2021 – COVID-19-Impfstoff
Bildnachweis
Personenregister
Wolfgang M. Heckl
Vorwort
Dieses Buch unternimmt eine Reise zurück in die Vergangenheit, die uns bis heute prägt, und vorwärts in die Zukunft, um zu berichten, wie die Menschen im letzten halben Jahrtausend die Welt mit Technik erst erforscht und dann verwandelt haben, wie aber auch sie selbst und die Gesellschaft durch technische Erfindungen geprägt wurden. Es erzählt diese Geschichte anhand von Objekten, die aus dem Deutschen Museum stammen, das zu den größten, bedeutendsten und meistbesuchten Wissenschafts- und Technikmuseen der Welt gehört.
Jedes Objekt erzählt seine Geschichte auf mehreren Ebenen: was zu seiner Erfindung führte; für welche Zeit es geschaffen wurde; wie es die Beziehung des Menschen zur Wirklichkeit und nicht zuletzt diese Wirklichkeit selbst verändert hat; wie sein Lebenslauf aussah und schließlich auch, auf welchen Wegen es ins Deutsche Museum fand. Auf diese Weise entstehen anschauliche, facettenreiche Porträts, in denen sich sowohl die Entwicklungslinien von Naturwissenschaft und Technik als auch die großen Zusammenhänge der Weltgeschichte spiegeln.
Das Deutsche Museum ist reich an Superlativen. Es gibt hier eine Vielfalt an Themen, Herangehensweisen und Ausstellungsstücken zu besichtigen wie in kaum einem anderen Museum dieser Welt. Die versammelten Meisterwerke bringen uns zum Staunen – etwa 25.000 Exponate sind in den Ausstellungen auf der Museumsinsel und in den vier Zweigstellen zu sehen. Und doch ist dies nur rund ein Fünftel der insgesamt mehr als 120.000 Objekte, die zur Sammlung des Deutschen Museums gehören und zu denen noch die Bestände der Bibliotheken und des Archivs hinzuzurechnen sind.
Der Fundus aus Sammlung, Bibliothek und Archiv ist ein kulturhistorisch herausragender Schatz der Technik- und Wissenschaftsgeschichte. In 54 Fachabteilungen werden historisch bedeutende Objekte gesammelt – von Schiffen über Automobile bis zu Quantenprozessoren und der Atomphysik –, und in allen Bereichen gibt es Bemerkenswertes aufzufinden. Man darf skeptisch sein, ob 100 Objekte ausreichen, all dies abzubilden – und wer genau nachzählt, wird auch feststellen, dass die Zahl 100 im Titel dieses Buches mehr symbolisch zu verstehen ist und die exakte Zahl der vorgestellten Objekte etwas darüber liegt. Ähnlich wie die interessanteste Ausstellung nur dann besucherfreundlich ist, wenn ihr Spannungsbogen zu überblicken ist, dient auch hier die Begrenzung dazu, einen Rahmen abzustecken.
Wie aber wählt man aus Tausenden von Objekten gut 100 aus? Selbst wenn man sich nur auf die «Meisterwerke» beschränkt, wird es schwierig; zu breit ist das Haus aufgestellt und zu viele Stücke gibt es, die dieses Kriterium erfüllen. Die Redaktion dieses Buches hat daher einen anderen Weg gewählt und sich zum Ziel gesetzt, eine Auswahl zusammenzustellen, die mit den Objekten aus dem Deutschen Museum zugleich auch die Welt der Technik der letzten fünfhundert Jahre repräsentiert.
Damit ist dieses Buch kein Inventar der Meisterwerke des Deutschen Museums. Natürlich erfährt man etwas über die Höhepunkte der Sammlung wie den Benz-Patent-Motorwagen Nr. 1 oder den Lilienthalgleiter, die allen sofort in den Sinn kommen, wenn sie ans Deutsche Museum denken. Aber das Buch möchte den Blick auch in die Breite lenken: Die größten und prächtigsten Stücke des Hauses werden vorgestellt, aber auch kleine, unscheinbare; millionenfach hergestellte Massenartikel ebenso wie unbezahlbare Prototypen oder kurios anmutende technische Spielereien. Chronologisch geordnet geht es von den ältesten Exponaten des Hauses bis zu noch nicht inventarisierten Zukunftstechnologien. Die präsentierten Objekte erzählen von der Entdeckung des Neptuns, von der Elektrifizierung der Welt, der Fortpflanzung der Flöhe, von magischen Kugeln in der Medizin, Samstagsnachmittagsideen oder dem Nachleuchten des Urknalls. Die Exponate stammen von Titanen der Wissenschaft ebenso wie von vergessenen und namenlosen Erfindern. Manche – vielleicht der Ewer Maria HF oder die «Tante Ju» – werden Ihnen wie alte Bekannte vorkommen. Manche stehen als Leitobjekte exemplarisch für ganze Bereiche der Entwicklung, andere werfen Schlaglichter auf nur einzelne, fast vergessene Ereignisse.
Die Objekte sind so vielfältig wie die Welt der Technik und wie das Deutsche Museum selbst. Die einschlägigen Felder der Technik, von der Produktionstechnik über die Verkehrs- und Bautechnik bis hin zu den verschiedenen Energie- und Informationstechniken, sind genauso umfassend vertreten wie die unterschiedlichen Phasen der Technikentstehung von der Erfindung bis zum Massenprodukt. Gleichzeitig erhalten Sie auch einen vollständigen Einblick in die Welt des Deutschen Museums – in seine Zweigstellen, in die Bibliothek, in das Archiv, in die Depots, in Schätze, die nur im Rahmen besonderer Führungen zu besichtigen sind. Besonders freut mich, dass nicht zuletzt die Autorinnen und Autoren der Beiträge die Bandbreite des Hauses wie der Technik aufzeigen. Dies sind natürlich die Kuratorinnen und Kuratoren, die die Fachbereiche und Sammlungen verantworten, aber auch Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausstellungsdienst und aus den Werkstätten, Mitarbeiter im Forschungsinstitut, in der Bibliothek und im Archiv, Restauratoren, Volontäre oder der Generaldirektor des Hauses.
In der Zusammenschau aller Objekte und Themen kann und will das Buch weder Geschichtsbücher noch Speziallektüre ersetzen – und erst recht nicht den Besuch des Museums! Vor allem anderen möchte es Lust machen auf die Auseinandersetzung mit der Technik – einem gewichtigen Teil der Menschheitsgeschichte. Ich hoffe, dieses Buch bereitet Ihnen beim Lesen Freude und verschafft Ihnen den einen oder anderen Aha-Moment, wenn Sie auch bei weithin bekannten Meisterwerken noch etwas Neues erfahren. Seien Sie neugierig, lassen Sie sich ein auf eine Reise in Bekanntes und Unbekanntes, und freuen Sie sich auf die Faszination von Wissenschaft und Technik!
Das Buch ist das Ergebnis einer zeitintensiven fünfjährigen Zusammenarbeit. Immer wieder wurden Objekte verworfen, neue aufgenommen – und bis zuletzt wieder gestrichen. Danken möchte ich an dieser Stelle dem Redaktionsbeirat, der die Auswahl der Objekte inhaltlich begleitete: Anja Bayer, Dirk Bühler, Sabine Gerber, Rolf Gutmann, Ulf Hashagen, Kathrin Mönch.
Ein herzliches Dankeschön geht außerdem an das Fotoatelier des Deutschen Museums mit Hans-Joachim Becker (Leitung), Hubert Czech, Christian Illing, Reinhard Krause, Susanne Weiß und Konrad Rainer, die sich für das Gros der Bilder in diesem Band verantwortlich zeigen, sowie an das Textbüro des Deutschen Museums unter Leitung von Kathrin Mönch mit Claudia Hellmann, Andrea Lucas und Cornelia Schubert, die sich der Organisation und dem internen Lektorat der einzelnen Beiträge gewidmet haben und ohne die das Projekt nicht durchführbar gewesen wäre.
Nicht zuletzt danke ich dem Verlag C.H.Beck für sein Engagement und die äußerst angenehme Zusammenarbeit, insbesondere Dorothee Bauer für das gelungene Layout sowie, allen voran, Stefan Bollmann für sein scharfsinniges und sorgfältiges Lektorat und seinen Einsatz bei der Entstehung des Buchs.
WOLFGANG M. HECKL
Einleitung
Um die Wende zum dritten Jahrtausend trat Paul Crutzen, Atmosphärenchemiker, Entdecker des Ozonlochs und Nobelpreisträger, eine Debatte los, deren große Dynamik und gewaltige Resonanz in Wissenschaft und Öffentlichkeit ihn selbst überraschte. Verzweifelt über den rasant voranschreitenden Klimawandel und die Untätigkeit der Menschheit, ihm wirksam zu begegnen, plädierte er dafür, eine neue erdgeschichtliche Epoche in die geologische Zeitskala aufzunehmen. Das Holozän als gegenwärtiger Zeitabschnitt sollte durch eine neue, nach dem Menschen (griechisch anthropos) benannte Epoche abgelöst werden. Crutzen schlug vor, das Anthropozän um die Mitte des 18. Jahrhunderts starten zu lassen, als die Menschheit in der Industriellen Revolution mit Hilfe neuer Techniken wie der Dampfmaschine begann, die Erde tiefgreifend zu verändern und sich zu einem geologischen Akteur zu entwickeln. Mittlerweile geht die Mehrheit der Experten allerdings davon aus, den Beginn des Anthropozäns auf die sogenannte «Große Beschleunigung» der menschlichen Eingriffe in die Erde um die Mitte des 20. Jahrhunderts zu datieren.
Als das Deutsche Museum in Zusammenarbeit mit dem ebenfalls in München beheimateten Rachel Carson Center für Umwelt und Gesellschaft 2014 unter dem Titel Willkommen im Anthropozän. Unsere Verantwortung für die Erde die weltweit erste große Ausstellung zu diesem Thema eröffnete, war der Begriff in der breiten Öffentlichkeit noch wenig bekannt. Die Wissenschaft arbeitete zwar bereits intensiv daran, die ebenso faszinierende wie erschreckende These der technisch gestützten Transformation der Erde durch den Menschen aus ganz unterschiedlichen Perspektiven auf ihre wissenschaftliche Evidenz hin zu überprüfen. Weit über die unmittelbar betroffenen Disziplinen wie Geologie, Erdsystemforschung oder Biologie hinaus setzten sich zahlreiche Forscher und Forscherinnen, vor allem auch in den Geisteswissenschaften, kritisch mit der These des Menschen als geologisches Subjekt und ihren vielfältigen Implikationen für das Verständnis der Verbindung von Natur, Technik und Kultur auseinander. Auch die Medien beteiligten sich lebhaft an der Debatte und nahmen begierig die neuen Erkenntnisse der Fachwissenschaft auf.
Das wissenschaftliche und mediale Dauerfeuer zeigt mittlerweile Wirkung. Heute ist der Begriff in vieler Munde. Politikerinnen wie Angela Merkel geht er ebenso leicht von den Lippen wie Besuchern des Theaters des Anthropozäns, der Oper Anthropozän oder des Spielfilms Die Epoche des Menschen. In Zeiten, in denen der Klimawandel und das Massenaussterben der Arten Wahlen entscheiden können, ist er für die einen zur begrifflichen Verkörperung drohender Umweltkatastrophen geworden und für die anderen zur Hoffnung auf eine Bewältigung künftiger Großkrisen durch einen vernünftigeren Umgang mit den Ressourcen der Erde.
Beide Wahrnehmungsformen des Anthropozäns, die natur- und die geisteswissenschaftliche, richten den Fokus nicht zuletzt auf die Rolle der Technik – als Ursache der Umweltprobleme, mit denen wir uns heute konfrontiert sehen, oder als Lösung dieser Probleme. Bereits Crutzen hatte in technischen Innovationen eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Entwicklung des Menschen zum Umgestalter der Erde gesehen. Viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen sind ihm in dieser Anschauung gefolgt. Diesem gedanklichen Zusammenhang verdankt sich auch der mit der Anthropozändebatte verknüpfte Komplementärbegriff des «Technozäns».
Weiter noch reicht die faszinierende Idee der «Technosphäre». Auch sie entstand zunächst aus einem kulturkritischen Zusammenhang, als im Kontext der sich ab den 1960er-Jahren formierenden Umweltbewegung und der planetarischen Grenzen des Wachstums – so der Titel des berühmten Berichts des Club of Rome zur Zukunft der Weltwirtschaft aus dem Jahr 1972 – massive Zweifel am technikfixierten Fortschrittsdenken der Nachkriegszeit aufkamen. Mit der Technosphäre markierte die aufkeimende Umwelt- und Erdsystemforschung die menschlichen Eingriffe in die globalen Stoffkreisläufe und den Austausch von Energie und Materie. Konsequent zu Ende gedacht wird daraus die These, dass die Technik eine eigene Sphäre bildet, die den in der Natur vorkommenden Räumen der Atmosphäre, Hydrosphäre, Lithosphäre, Kryosphäre und der Biosphäre gegenübertritt. Sie ist, wie Peter Haff, Mitglied der Anthropocene Working Group, argumentiert, zunächst vom Menschen geprägt worden, mittlerweile aber seiner Kontrolle entglitten, und entwickelt sich nach ihr eigenen Gesetzlichkeiten. Dies ist einerseits eine sehr weitgehende These, die dem allgemeinen Verständnis von Technik als Produkt menschlichen Handelns zuwiderläuft; sie ist andererseits eine produktive Provokation, die spannende neue Perspektiven auf die wahrhaft planetarischen Dimensionen eröffnet, welche die Technik in der Gegenwart hat und künftig haben wird. So hat sich eine Gruppe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern jüngst der Aufgabe angenommen, die Größenordnungen der Technosphäre zu bestimmen, und diese sind gewaltig. Sie schätzen die Masse der Technosphäre auf fast 30 Billionen Tonnen und damit auf das 100.000-Fache des Gesamtgewichts aller existierenden Menschen. Rein rechnerisch ist jeder Quadratmeter der Erde (einschließlich der Meere) von 50 kg Technik bedeckt. Die Gruppe geht zudem von etwa 130 Mio. Arten technischer Objekte aus, womit die Diversität der Technosphäre diejenige der Biosphäre mit rund 90 Mio. Spezies übertreffen würde.
Der Begriff der Technosphäre schärft den Blick für die Allgegenwart von Technik in unserer modernen Welt und den langen Prozess der Herausbildung einer Kultur der Technik. Die Erde wird von pflanzlichen, tierischen und menschlichen Spezies bevölkert, denen im Laufe der Menschheitsentwicklung und insbesondere seit dem Anthropozän eine rasant wachsende Menge von technischen Spezies gegenübertreten. Es gehört zur menschlichen Kultur, all diese Spezies zu sammeln, zu erforschen und zu bewahren, um das in ihnen enthaltene Wissen und das Wissen über sie für die Gegenwart und für künftige Generationen zu sichern. Und genau das ist die Aufgabe von Museen.
In diesem Sinne dokumentieren die Sammlungen des Deutschen Museums Entstehung, Wachstum und Diversität der Technosphäre in exemplarischen Spezies – «Meisterwerke» nannten sie die Gründer des Museums, und dieser Begriff hat sich bis heute im Namen «Deutsches Museum von Meisterwerken der Naturwissenschaften und Technik» erhalten. Würde das Museum heute gegründet werden, könnte eine von vielen möglichen Namensgebungen «Deutsches Museum von Spezies der Technosphäre» lauten.
Das moderne Wissenschafts- und Technikmuseum ist eine Schöpfung des frühen 20. Jahrhunderts. Das 1903 von Oskar von Miller gegründete Deutsche Museum wirkte dabei für mehrere Jahrzehnte als strahlendes Vorbild, das weltweit vielfach nachgeahmt wurde. Im weiteren Verlauf des 20. Jahrhunderts, dem durch zwei Weltkriege und den Kalten Krieg geprägten «Zeitalter der Extreme» (Eric Hobsbawm), musste sich das Deutsche Museum mehrfach neu erfinden und kreativ seine Führungsposition in der rasant wachsenden Museumslandschaft konsolidieren. Basis und Rückgrat seiner Entwicklung waren – und sind – dabei die Sammlungen.
Die Wende zum 20. Jahrhundert war für die Museen generell eine Modernisierungs- und Reformphase. Unter dem Druck der breiten Bewegung zur Popularisierung naturwissenschaftlich-technischen Wissens wurden innovative Konzepte des Ausstellens realisiert und neue Strategien der Wissensvermittlung erprobt. In dieser Phase entstanden im Deutschen Museum – und darüber hinaus – neben den klassischen Sammlungen historischer Originale Objektgruppen, die speziell für das Museum hergestellt wurden. Sie verfolgten die doppelte Zielsetzung, Fachwissen über die aktuellen Entwicklungen in Naturwissenschaft und Technik zu vermitteln und dieses Wissen in historische Zusammenhänge einzuordnen. In den Ausstellungen standen Originale neben Modellen und Nachbildungen, Rekonstruktionen neben Demonstrationen und aufwendig gestalteten Dioramen, Texte neben Bildern und Grafiken.
Im Deutschen Museum erfunden wurde das Konzept der technischen Entwicklungsreihe. Ganz der zeitgenössischen Fortschrittsidee verpflichtet, erzählten die Museumsausstellungen lineare Fortschrittsgeschichten, in denen sich die Technik nach einer ihr eigenen Logik aus sich selbst heraus entwickelte. Ein gutes Beispiel für eine solche Fortschrittsgeschichte ist etwa der Entwurf des Ausstellungsbereiches «Schreibmaschinen» aus dem Jahr 1906. Hier sollte die Entwicklung der maschinellen Schreibtechnik vom ersten Modell der Firma Remington aus dem Jahr 1877 bis zum damals neuesten Modell des Unternehmens abgebildet werden. In enger Abstimmung mit den fachlichen Experten des Deutschen Patentamts wurden «erstklassige» von «zweitklassigen» Maschinen unterschieden, und anschließend gingen die Verantwortlichen des Museums daran, die ausgewählten Objekte einzuwerben.