9Spitzenleistung zahlt sich aus: das Programm

Spitzenleistung: der Triumph des Menschlichen

Der Pitch: Spitzenleistung – jetzt mehr denn je

Spitzenleistung zahlt sich aus: die Handlung

Organisationsprinzip I

Organisationsprinzip II

TEIL I: UMSETZUNG

1 Am Anfang steht die Umsetzung

TEIL II: SPITZENlEISTUNG

2 Spitzenleistung sind die nächsten fünf Minuten

3 Kultur – die notwendige Bedingung

4 Die Pioniere – kleine und mittlere Unternehmen

TEIL III: MITARBEITER

5 Und noch einmal: Mitarbeiter zuerst

6 Intensives Training

7 Tech-Tsunami, Job-Apokalypse und der neue moralische Imperativ

8 Sichere Arbeitsplätze in einer unsicheren Welt

TEIL IV: INNOVATION

9 Wer am experimentier- und fehlerfreudigsten ist, gewinnt

10 Wir sind, mit wem wir Zeit verbringen

TEIL V: MEHRWERT SCHAFFEN – EINE UMSATZ STEIGERNDE BESESSENHEIT

11 Leidenschaft für Design: das wichtigste Alleinstellungsmerkmal

12 Das unablässige Streben nach den Dingen, die gut funktioniert haben (und acht weitere Strategien, die Mehrwert schaffen)

TEIL VI: LEADERSHIP EXCELLENCE

13 Zuhören – die Grundlage exzellenter Führung

14 Leadership Excellence in den unteren Rängen – eine unterschätzte Ressource

15 Sechsundzwanzig Methoden, mit denen Sie Leadership Excellence erzielen – versprochen

EPILOG

DANKSAGUNGEN

 

 

 
Für
Susan Sargent, meine Inspiration, mein Anstoß,
meine Partnerin in allen Lebenslagen
Captain Richard E. Anderson, CEC, USN,
mein Vorbild und ganz besonderer Mentor
Gene Webb, Chef-Entfacher von intellektuellen Feuerwerken
Bob Waterman, meinen treuesten Begleiter im Streben nach Spitzenleistung
Harry Rhoads, meinen treuen Freund und Game Changer
Darl Kolb, Anstifter aus dem Land der Kiwis
Herb Kelleher, den einzig Wahren I
Richard Branson, den einzig Wahren II
Anita Roddick, die einzig Wahre III
Larry Janesky, den König der Keller
Jim Penman, der für andere unbeliebte Aufgaben erledigt
„Jungle“ Jim Bonaminio, der seinen Kunden die „beste öffentliche Toilette der USA“ bietet
Vernon Hill, Querdenker, WOW-Meister, Fan-Macher, Schaffer von Arbeitsplätzen
die einzigartige Esther Newberg
den einzigartigen Sonny Mehta

7Spitzenleistung: der Triumph des Menschlichen

Janet Dugan, eine Designerin, spezialisiert auf den Gesundheitsbereich, hat sich inspirieren lassen, als sie unlängst eine Magnetresonanztomografie (MRT) hat vornehmen lassen müssen. Während sie still dalag und wartete, fiel ihr ein kleiner Spiegel auf, der etwas unterhalb der Kopfstütze angebracht war. Er hing in einem solchen Winkel, dass sie durch die Röhre den Radiologieassistenten sehen und Augenkontakt mit ihm herstellen konnte.

„Eine so kleine Sache“, erzählt sie mir. „Und sie macht doch einen so großen Unterschied. Ich habe mich weniger allein gefühlt. Ich war genau in dem Moment, in dem ich Unterstützung brauchte, mit einer anderen Person in Kontakt. Und auch wenn ich keine Klaustrophobie habe, hat es mich doch etwas beruhigt, aus der Röhre herausschauen zu können – ein Sichtfeld zu haben, das tiefer war als nur 25 Zentimeter. Ich könnte dir nicht mehr sagen, welche Farbe der Boden hatte oder ob die Decke mit Gipsfaserplatten abgehängt oder ob das Gebäude von außen aus Fertigbauteilen zusammengesetzt war oder eine Glasfassade hatte. Das alles habe ich als Patient gar nicht wahrgenommen. Aber ich habe registriert, dass der Techniker freundlich war und dass sich die Arzthelferin große Mühe gegeben hat, mich zum Lachen zu bringen.“ „Versteh mich nicht falsch“, sagt Janet abschließend, „ich glaube fest daran, wie sehr Design zum Heilungsprozess beitragen kann – und daran, dass es Ereignisse beeinflussen und Leben verändern kann. Aber an diesem Tag, in dieser konkreten Erfahrung war es eben ein winziger Spiegel, ungefähr so groß wie ein Heftpflaster, der mir wirklich Trost gespendet hat.“

– Tim Leberecht: Business-Romantiker –
Von der Sehnsucht nach einem anderen Wirtschaftsleben

11Der Pitch: Spitzenleistung – jetzt mehr denn je

Als Auf der Suche nach Spitzenleistungen 1982 erschien, war die Stimmung in den USA miserabel. Eine Rezession wütete, die Arbeitslosigkeit betrug 10,8 Prozent – der höchste Stand seit der Großen Depression – und die mächtigen Keiretsu in Japan bedrohten zahlreiche US-amerikanische Branchen, von der Autoindustrie über die Banken bis hin zu Elektronikunternehmen und Stahlproduzenten.

MBA-Absolventen, ich war einer von ihnen, hatten es in die obersten Unternehmensetagen geschafft. Sie (wir!) neigten dazu, sich auf Abstraktes zu konzentrieren – Tabellen, Gewinnzahlen, Strategien. Japanische Unternehmenslenker legten dagegen Wert auf etwas anderes: ein unablässiges Streben nach kontinuierlichen Produktoptimierungen, ermöglicht durch das tägliche Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die leidenschaftslose Besessenheit der Amerikaner mit Zahlen, Zahlen und noch mehr Zahlen war die offene Flanke, die die Japaner brauchten, um uns zu blamieren. Die Automobilindustrie war dabei besonders verwundbar: Im Vergleich zu ihren Fahrzeugen waren unsere richtige Schrottkisten. (Das folgende Zitat des Honda-Gründers Soichiro Honda ist etwas übertrieben, bringt die Sache aber doch auf den Punkt: „Wenn der Kongress neue Emissionsstandards verabschiedet, stellen wir fünfzig neue Ingenieure ein und GM fünfzig neue Anwälte.“ Autsch!)

In Auf der Suche nach Spitzenleistungen zeigten wir, dass sich einige US-Unternehmen tatsächlich auf die richtigen Dinge konzentrierten: Mitarbeiter fördern, die Produktqualität konsequent verbessern, inspirierende Designs entwickeln und mehr auf die Ingenieure hören als auf die Kollegen aus dem Rechnungswesen. Das Ergebnis: Diese Unternehmen punkteten bei ihren Kunden. Wir alle, so argumentierten mein Co-Autor Bob Waterman und ich, könnten von diesen US-amerikanischen Beispielen für Spitzenleistung lernen.

Ich betrachte dieses Buch, Spitzenleistung zahlt sich aus, das zu ähnlich beunruhigenden Zeiten erscheint, wenn Sie so wollen als eine Art Fortsetzung von Auf der Suche nach Spitzenleistungen (mehr dazu gleich).

Die Konjunktur ist derzeit in überraschend gutem Zustand – verglichen mit dem tiefen Loch, in dem wir uns vor zehn Jahren befanden. Allerdings mit großen Ausnahmen, allem voran die zunehmende Einkommensungleichheit sowie eine riesige – und unruhige – Klasse an Unterbeschäftigten. Es droht jedoch eine noch größere Gefahr, eine Gefahr, die seit Längerem kontinuierlich wächst und deren Jahrhundertfolgen uns in den nächsten fünf bis fünfzehn oder zwanzig Jahren kräftig erschüttern werden.

12Es ist nicht die Globalisierung.

Es ist nicht die Migration.

Es ist die Technologie.

Der Entrepreneur und Risikokapitalgeber Marc Andreessen, eine Ikone des Silicon Valley, sagt: „Software frisst die Welt auf.“ Und laut einer alarmierenden Studie der Oxford University ist in den nächsten zwei Jahrzenten fast die Hälfte aller Büroarbeitsplätze in den USA entweder durch Automatisierung oder künstliche Intelligenz (KI) gefährdet. Die ersten dreißig Jahre moderner Automatisierung haben Fabriken Roboter und Massenentlassungen beschert und einfache Büro­tätigkeiten wurden durch Software ersetzt. Daniel Huttenlocher, Dean der Cornell Tech, formuliert es folgendermaßen: „Ziel der industriellen Revolution war die Erweiterung und der Ersatz physischer Arbeitskraft, Ziel der digitalen Revolution ist die Erweiterung und der Ersatz geistiger Arbeitskraft.“

Mittlerweile sind von der Automatisierung jedoch nicht nur repetitive Tätigkeiten betroffen, egal ob körperliche oder Büroarbeit. Smarte Maschinen lernen „on the job“ (Deep Learning) und erkennen auf Basis riesiger Datenbestände Muster und Zusammenhänge, die uns Menschen verborgen bleiben. KI-gestützte Geräte erkennen Tumore auf CT-Scans besser als Pathologinnen und Radiologen. Geoffrey Hinton, Pionier auf dem Gebiet des maschinellen Lernens, drückt es folgendermaßen aus: „Wenn Sie Radiologe sind, ergeht es Ihnen wie der Cartoon-Figur Wile E. Coyote: Sie schweben bereits über dem Abgrund und haben nur noch nicht nach unten geschaut.“ Hinton ging sogar so weit, medizinischen Fakultäten zu empfehlen, ab sofort gar keine Radiologen mehr auszubilden. Auch der Großteil des Aktien- und Anleihehandels erfolgt mittlerweile KI-gesteuert. Vasant Dhar, Professor an der New York University und Entwickler von Trading-Software für Hedgefonds, meint dazu: „Letztlich müssen wir uns fragen, welche Aufgaben für uns Menschen bleiben, die Maschinen nicht genauso gut oder besser erledigen können.“

Können wir dieser voraussichtlichen Job-Apokalypse etwas entgegensetzen? Ich negiere die bevorstehenden Umwälzungen keinesfalls; ich bin jedoch optimistisch. Und dieser Optimismus bringt mich dazu, von „Spitzenleistung II“ zu sprechen, bei der es darum geht, sich auf die menschlichen Fähigkeiten zu konzentrieren, die – richtig eingesetzt – sehr wahrscheinlich nicht der künstlichen Intelligenz zum Opfer fallen werden. Zum Beispiel engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Kunden durch persönlichen Service zum Lächeln bringen und so bleibende Erinnerungen schaffen. Oder die Design-Spitzenleistungen eines Steve Jobs, die die Apple-Produkte hervorgebracht haben, die Hunderte Millionen Kunden begeistern und in Staunen versetzen. Sie sind eher auf monatelange ruhige Aufenthalte in japanischen Gärten zurückzuführen als auf besondere Programmierkenntnisse.

Um ehrlich zu sein, führe ich Zeit meines beruflichen Lebens eine Liebesaffäre mit Spitzenleistungen. Ich bin der Überzeugung – der festen Überzeugung –, dass Spitzenleistung mehr ist als nur ein unternehmerisches Organisationsprinzip, das sich auf eine Reihe von Erfolgsrezepten reduzieren lässt. Spitzenleistung kann sich 13äußern in der Art, wie wir leben – beruflich und privat – und wie wir einander unterstützen – besonders in schwierigen Zeiten. Spitzenleistungen sind die scheinbar kleinen Taten, bei denen wir rufen: „Wir engagieren uns!“ und die den Menschen, mit denen wir interagieren, in Erinnerung bleiben – unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, unseren Kommunen, unseren Lieferanten, unseren Kunden.

Ich möchte Ihnen ein Beispiel geben, das mir nahegeht und sich in meiner unmittelbaren Nähe ereignet hat: Vor nicht allzu langer Zeit haben meine Frau und ich am Rand unseres Grundstücks im Süden von Massachusetts fünfzig Bäume pflanzen lassen. Sie ist die Chefgärtnerin, ich wurde zum Chefbewässerer ernannt. Das bedeutete, dass ich jeden Tag eine Stunde lang einen etwa 180 Meter langen, schweren Schlauch hin- und herschleppen musste. Der Arbeiter, der uns mit dem Rasen und den Gärten meiner Frau half, musste diesen sperrigen Schlauch jedes Mal aus dem Weg räumen, wenn er den Rasen mähen wollte. Dabei ging er wohlüberlegt vor und rollte den Schlauch mit der größten Sorgfalt auf, sodass dieser, als ich ihn wieder zur Bewässerung der Bäume herausholte, keinerlei Knicke aufwies und einen gleichmäßigen Wasserstrahl erzeugte. Dadurch ging mir die Arbeit deutlich leichter von der Hand. Das war ein kleiner, aber entscheidender Akt von Spitzenleistung. Nun kann man das Aufrollen eines Schlauchs schnell als unwichtig abtun im Vergleich zu der Präzision, die man braucht, um einen Computer zu entwickeln oder ein globales Unternehmen zu führen. Das ist jedoch zu kurz gedacht. Seit ich erwachsen bin, beschäftige ich mich mit Spitzenleistungen und staune regelmäßig über die unzähligen Formen, in denen sie sich manifestieren. Und es ist genau dieses scheinbar unwichtige Beispiel von Aufmerksamkeit und Sorgfalt, das mir in Erinnerung bleiben wird – nicht nur wenn ich unsere Bäume bewässere, sondern auch wenn ich Unternehmenslenkern rund um den Globus erkläre, wie sie Organisationen schaffen, die die Dinge anders machen, die schöne und bleibende Erinnerungen in den Köpfen und Herzen ihrer Kunden schaffen.

Wie zahlt sich Spitzenleistung nun aus? Kurz gesagt: Unternehmen, die sich in allem, was sie tun – nach innen und nach außen –, zu Spitzenleistung verpflichten, werden wahrscheinlich zu den Überlebenden gehören. Sie bieten die besseren und lebendigeren Arbeitsplätze. Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind motiviert, sie entwickeln sich weiter und bereiten sich auf die Zukunft vor. Ihre Kunden sind zufriedener und berichten anderen von der Exzellenz des Unternehmens. In ihren Kommunen sind sie willkommene Nachbarn und für ihre Lieferanten verlässliche Partner. Das drückt sich unmittelbar in Gewinn und Wachstum aus. Und es drückt sich – trotz KI und Robotik – in langfristigen und wahrscheinlich auch neu entstehenden Arbeitsplätzen aus.

Um zu verstehen, wie sich Spitzenleistung auszahlt, lassen wir die Gartenschläuche hinter uns und beschäftigen uns mit Hundekeksen und einer globalen Revolution im Privatkundenbankgeschäft. Oder genauer gesagt mit Vernon Hill, Gründer der Commerce Bank in den USA und der Metro Bank in Großbritannien. Ausgelöst durch den Einzug von Software in die Büros und Bankschalter und dann in unsere Hosentaschen besteht das Geschäftsmodell von Privatkundenbanken 14seit Jahren darin, Filialen zu schließen und Kunden dazu zu bewegen, zunächst Geldautomaten und jetzt ihr Smartphone zu nutzen und so viele Bankgeschäfte wie möglich online zu erledigen. Der Querdenker Hill dagegen gründete die Commerce Bank mit dem Gedanken: „Wir wollen sie in den Filialen, wo wir, statt seelenlose ’Transaktionen‘ zu tätigen, aus unpersönlichen Kontonummern vollwertige Familienmitglieder machen.“ Sein Plan war es, großartige, farbenfrohe, pulsierende „Stores“ (so werden die Filialen bei Commerce/Metro genannt) zu entwickeln, gute Gehälter zu zahlen, die Angestellten intensiv zu schulen und die Stores mit begeisterten Mitarbeitern zu füllen, die erstklassigen Service bieten und aus Kunden „Fans“ machen – ein Lieblingswort von Hill.

Sehr lange Öffnungszeiten sind ein charakteristisches Merkmal des Commerce/Metro-Kundenerlebnisses. Die Filialen sind sieben Tage die Woche geöffnet – etwas, das es bis dahin nicht gab (und freitags bis Mitternacht!). Die komplexesten Transaktionen werden im Nu erledigt. Kein Problem ist zu kompliziert für die Schaltermitarbeiter, die gelernt haben, niemals „Nein“ zu sagen. (Als die Computer einmal nicht funktionierten, ging eine Mitarbeiterin sogar so weit, das Flugticket eines Kunden mit ihrer eigenen Kreditkarte zu bezahlen, damit der Kunde das Ticket auch wirklich zu dem aktuell stark rabattierten und zeitlich begrenzten Flugpreis erwerben konnte. Ihr Einfallsreichtum brachte ihr das Lob des Managements ein und natürlich die Überraschung und Begeisterung des Kunden.)

Damit nicht genug: Die Bank wirbt auch damit, dass sie „hundefreundlich“ ist. Ihr allgegenwärtiges Maskottchen Duffy („Sir Duffield“ in Großbritannien) taucht in jeder Werbeaktion auf. Wenn Sie einmal in einer Filiale waren, wie ich in London, verlassen Sie diese wahrscheinlich ausgestattet mit einem knallroten Hundenapf, auf dem das Logo der Bank prangt, einer Kotschaufel (ebenfalls mit Logo) und natürlich mit Hundekeksen. Laut einem Geschäftsbericht von vor einigen Jahren belief sich die Gesamtzahl der Hundekeks-Giveaways auf zwei Millionen.

2007 verkaufte Hill die Commerce Bank für 8,6 Milliarden US-Dollar an die TD Bank – ein aufrüttelnder Beweis dafür, wie wirksam sein nonkonformer Ansatz der Fan-Gewinnung war. Danach trat er etwas kürzer, allerdings nicht lange. Er wollte seine „WOW-Bank“-Philosophie, die er in seinem Buch Fans Not Customers beschreibt, auch jenseits des Atlantiks verbreiten. Die innovative Metro Bank wurde die erste neue große Privatbank in Großbritannien seit 150 Jahren. Hill veranstaltete seine Version der Greatest Show on Earth (Bezeichnung für das US-amerikanische Zirkusunternehmen Ringling Bros. and Barnum & Bailey Circus, das bis 2017 existierte – Anm. d. Übers.), überzeugte die Briten (zu den Filial-/Store-Eröffnungen kamen Tausende) und sie machten bei dem Spektakel mit. Schon nach kurzer Zeit zählte Metro über eine Million Konten. Übrigens: Die Briten begeisterten sich für die „Hundefreundlichkeit“ der Bank sogar noch mehr als ihre US-amerikanischen Kollegen.

Kurz gesagt: Was mit Hill und seinen Geschäftspartnern Einzug in das biedere, träge Bankengeschäft hielt, war mutige, freche, bunte, spaßige, energetische Spitzenleistung. 15Dabei stellten sie den Menschen in den Mittelpunkt und erzeugten so erinnerungswürdige, emotionsgeladene Erlebnisse, die Millionen von treuen Fans generierten. Aber nicht nur die Kunden haben profitiert. Hill und seine Managementkollegen haben erst bei Commerce und dann bei Metro mehr als 17.000 gute neue Jobs geschaffen, während herkömmliche Banken – getrieben von einem technologiegeprägten „Effizienz first“-Denken – Filialen geschlossen, Gebäude geräumt und Zehntausende Arbeitsplätze gestrichen haben.

Das Mantra der Commerce/Metro Bank

„Führt Ihr Weg zum Erfolg über Kostensenkungen? Oder führt Ihr Weg zum Erfolg über Investitionen?“

„Investieren Sie stark in Ihre Mitarbeiter. Investieren Sie stark in Ihre Standorte.“

„Kostensenkung ist eine Todesspirale. Wir setzen voll und ganz auf Umsatzwachstum.“

Hill und seine Geschäftspartner haben gezeigt: Langfristige Spitzenleistung ist möglich im Jahr 2018 und sie ist möglich in einer Arena, in der sich die Herde – besessen von Technologie der Technologie wegen – in die entgegengesetzte Richtung bewegt. Wie Sie allerdings im Verlauf dieses Buches feststellen werden, beinhaltet diese ermutigende Geschichte auch eine implizite Warnung: Spitzenleistungen zu erzielen ist verdammt harte Arbeit und der Weg dorthin ist unerbittlich. Spitzenleistungen à la Commerce und Metro Bank kann man nicht einfach an Programmierer delegieren und sie ist definitiv nichts für schwache Nerven. Die Kultur der Bank aufrechtzuerhalten ist ein minutiöses, schrittweises, nicht endendes Unterfangen.

In diesem Buch geht es um harte Arbeit, unerbittliches Weiterkommen und das Pflegen einer Kultur der Exzellenz. Es ist jedoch kein Ratgeber, wie Sie sich inmitten all der „Disruptionen“, die mittlerweile allgegenwärtig sind und es voraussichtlich auch bleiben werden, „verteidigen“. Es geht gerade nicht um Verteidigung, um Defensive. Es geht um Angriff, darum, in die Offensive zu gehen – und genau jetzt überall Spitzenleistungen zu erzielen – Kunden mit Hundenäpfen, Hundekeksen, einer Nein-ist-keine-Option-Einstellung zu begeistern, ein Team von Optimisten einzustellen, Mitarbeiter durch Weiterbildungsmaßnahmen für eine unsichere Zukunft fit zu machen und eine Atmosphäre zu etablieren, in der sie den Kunden einen Service bieten, der begeistert – sieben Tage die Woche und freitags bis Mitternacht.

Die Tatsache, dass Computer uns die Arbeit wegnehmen, betrifft alle Branchen weltweit. Die Technologien sind bereits da. Nur das Zeitfenster ist noch offen: Fünf Jahre? Zehn Jahre? Fünfzehn? Wie lange wird es dauern, bis die neuen Technologien den Arbeitsmarkt ausgenommen haben? Und kämpfen wir letztlich auf verlorenem Posten?

16Meine Antwort ist ein eindeutiges Nein. Ich komme zu dem Schluss, dass wir der Verrücktheit Herr werden und von ihr profitieren können. Und, ja, die Lösung lautet Spitzenleistung. Spitzenleistung, die sich darin zeigt, wie Mitarbeiter dem nächsten Arbeitstag entgegensehen, Spitzenleistung, die ein emotionales Band zwischen Unternehmen und ihren Kunden und Kommunen webt – wie es Algorithmen in absehbarer Zukunft nicht können und – wie ich meine – auch nicht werden. Um es noch einmal zu betonen: Spitzenleistungen sind von Menschen gemacht – sie sind eine Geisteshaltung, keine Aufgabe, die man den Computern überlassen kann.

SPITZENLEISTUNG ist ein perfekt aufgerollter Schlauch (mit Sorgfalt aufgerollt!), mit dem mir mein Bewässerungsunterfangen an der Böschung schnell von der Hand geht oder zumindest wesentlich leichter fiel.

SPITZENLEISTUNG sind zwei Millionen Hundekekse und Tausende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, für die „Nein“ keine Option ist und die ihre Kunden bei jeder einzelnen Transaktion begeistern.

SPITZENLEISTUNG ist für Steve Jobs ein Design, das so gut ist, dass „man es ablecken möchte“, und eine Design-Achtsamkeit, die sich gleichermaßen in den sorgfältig gestalteten Produktverpackungen äußert wie in der zugrunde liegenden Software.

Schlauch, Hundekekse, Design zum Ablecken: Das ist SPITZENLEISTUNG im Jahr 2018.

Es ist harte Arbeit.

Aber es ist hervorragend machbar.

Und unendlich erfüllend – persönlich wie beruflich.

Es ist die Grundlage für wirtschaftliche Neubelebung auf lokaler wie nationaler Ebene.

Und es gilt genauso – wenn nicht noch mehr – für die vielen Millionen Menschen, die sich zu zweit um ihren Rasen und ihren Garten kümmern, wie für diejenigen, die in den Großkonzernen arbeiten, von denen wir in der Presse lesen.

Ach so, und – vertrauen Sie mir – es geht um jede Menge Spaß: wenn Sie Ihre Kunden lächeln sehen, erleben, wie sich Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterentwickeln und die Gesellschaft Ihnen Anerkennung zollt.

Spitzenleistung ist Profitabilität.

Spitzenleistung ist Sicherheit.

Spitzenleistung ist ein Kick.

Glauben Sie daran.

17Spitzenleistung zahlt sich aus: die Handlung

Spitzenleistung: immer.

Wenn keine Spitzenleistung, was dann?

Wenn nicht jetzt Spitzenleistung, wann dann?

Spitzenleistung!

Diese Geschichte besteht aus fünfzehn Teilen.

Jeder davon steht für sich.

Jeder ist ein integraler und integrativer Bestandteil eines größeren Ganzen, das da heißt: SPITZENLEISTUNG.

Zum Warum: Spitzenleistung in allem, was wir in dieser verrückten Zeit aus den unterschiedlichsten Gründen tun, ist die – ich möchte fast sagen – einzige Strategie, um mit großer Wahrscheinlichkeit persönlich und geschäftlich erfolgreich zu sein.

Ich wiederhole:

In dieser Geschichte über Spitzenleistung geht es nicht um Verteidigung und Überleben.

In dieser Geschichte geht es um Offensive und Erfolg!

Noch eine persönliche Anmerkung: Das Buch beschäftigt sich vor allem mit den turbulenten Zeiten um das Jahr 2018 herum. Ich habe allerdings mehr als fünfzig Jahre gebraucht, es zu schreiben. Alles begann 1966 mit meinem ersten Managementjob und einem Chef – ein echter Glückfall –, der sich mit nichts weniger als Spitzenleistung zufrieden gab.

Die Geschichte geht folgendermaßen:

Sie quälen sich durch eine hundertseitige PowerPoint-Präsentation. In den ersten 95 Folien geht es um Marktanalyse, die Stärken Ihrer Wettbewerber und Zahlen, Zahlen, Zahlen (d. h. Abstraktes, Abstraktes, Abstraktes). Das Finale – wenn es überhaupt so weit kommt – besteht aus fünf eilig präsentierten, vollgepackten Folien mit „To-dos“. Ich aber möchte, dass die „To-dos“ – und die Prozesse und Menschen, die darin involviert sind – die letzten fünfzig Seiten der Präsentation füllen. (Noch besser wäre eine zwanzigseitige Präsentation, in der es auf den letzten zehn (oder mehr) Seiten um „Wer macht was wie?“ geht.) An dieser Stelle möchte ich Omar Bradley zitieren, Kommandeur der US-Truppen im Zweiten Weltkrieg, der bei der Landung in der Normandie sagte: „Amateure reden über Strategie. Profis reden über Logistik.“ Glauben Sie mir: In diesem Buch werde ich über Logistik sprechen und die Umsetzung steht genau da, wo sie hingehört: am Anfang. Die Umsetzung kommt zuallererst, nicht unter „ferner liefen“. In Teil I und Kapitel 1 geht es nur darum.

18Im zweiten Teil des Buches geht es dann natürlich um Spitzenleistung. Kapitel 2, in dem wir Spitzenleistung das erste Mal unter die Lupe nehmen, besteht aus vierzehn Beispielen von Exzellenz. Los geht es mit der absichtlich hochtrabenden Vorstellung, dass „Spitzenleistung im Management ein großartiger menschlicher Erfolg“ ist. Das bedeutet konkret, unsere Mitmenschen so zu organisieren und zu motivieren, dass sie Außergewöhnliches leisten – in einer Fußballmannschaft, bei einem Sinfoniekonzert, auf einer Intensivstation, in der Schulungsabteilung eines Unternehmens. Das ist die höchste aller Künste. Effektiv organisiert haben sich bereits unsere Vorfahren auf ihrem Weg zum Homo sapiens. Ich möchte Ihnen zeigen, dass das organisatorische Streben nach einem Service der Spitzenklasse eine riesige, Erfüllung versprechende Chance ist. Eine zweite Momentaufnahme, die ich in diesem Teil erwähnen möchte, ist folgende – wie auch die Kapitelüberschrift bereits verrät: „Spitzenleistung sind die nächsten fünf Minuten“. Spitzenleistung wird häufig verstanden als ein hehres Ziel, das Erklimmen eines olympischen Berges, der Höhepunkt eines Zehnjahresplans. Dem ist jedoch nicht so. Ich werde lautstark argumentieren, dass Spitzenleistung die nächste Zufallsbegegnung mit dem Vorgesetzten auf dem Flur ist, der nächste Anruf, die nächste zehnzeilige E-Mail oder der nächste Chat-Zweizeiler. Spitzenleistung bedeutet, von Moment zu Moment zu leben. Oder man lässt es besser gleich. Bei Spitzenleistung gibt es kein Morgen; es gibt nur genau jetzt.

Spitzenleistung lässt sich nur durch eines erreichen: eine Kultur der Exzellenz. Genau darum geht es in Kapitel 3. Ed Schein, der langjährige Organisationseffizienz-Guru des MIT, sagte einmal den berühmten Satz: „Kultur isst Strategie zum Frühstück.“ Kultur ist schlicht und einfach das Fundament für jegliche Erscheinungsform von Spitzenleistung, wie oben im Zusammenhang mit Kapitel 2 beschrieben. Daraus folgt erstens: Die Entwicklung und Aufrechterhaltung einer Kultur ist oberste Priorität der Geschäftsleitung. Und zweitens: Diese Kultur zu pflegen ist ein Fulltime-Job.

In Kapitel 4 widmen wir uns einem Thema, das in diesen Zeiten besonders aktuell ist: kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Um mit den Kräften fertigzuwerden, die gerade auf uns einwirken, braucht es Energie, Begeisterung, Fantasie, Kunstfertigkeit – und eine Quelle neuer Jobs. Fakt ist: Diese positiven Attribute schreibt man großen Unternehmen eher selten zu und ich werde diese beunruhigende Behauptung mit überzeugenden Daten untermauern. Kleinere Unternehmen sind zweifelsohne die Jobmotoren (sie sind weltweit für 80 Prozent der neu entstehenden Arbeitsplätze verantwortlich) und die führenden Innovatoren. In diesem Kapitel möchte ich ganz besonders unterstreichen, dass unternehmerische Exzellenz gerade nicht die exklusive Domäne der Silicon-Valley-Größen ist. Als Beispiel führe ich Basement Systems Inc. an, ein aufstrebendes Unternehmen aus Connecticut, das die Keller von Wohnhäusern trockenlegt und so zusätzlichen Wohn- oder Schlafraum schafft. Die Firma generiert damit 100 Millionen US-Dollar Umsatz. Ein weiteres Beispiel ist ein Parkhaus – ja, ein Parkhaus – in 1111 Lincoln Road, Miami, das sich zu einem kulturellen Hotspot für die unterschiedlichsten 19Dinge entwickelt hat – von Yogakursen bis zu großen Unterhaltungsevents. Sie sehen: Spitzenleistung hier, dort und überall.

In Teil III geht es um „den Menschenkram“. In den knapp dreitausend Präsentationen, die ich im Laufe der letzten vierzig Jahre gehalten habe, musste ich mir buchstäblich immer wieder die Seele aus dem Leib schreien, um darauf hinzuweisen: „Mitarbeiter zuerst!“ Warum ist das nicht so selbstverständlich wie die Luft zum Atmen? Ich weiß es nicht, also thematisiere ich es hier wieder einmal.

Los geht es mit Kapitel 5 „Und noch einmal: Mitarbeiter zuerst“. Soweit ich weiß, war „Mitarbeiter zuerst“ schon immer die Top-Priorität auf der Business-Excellence-Scorecard. Heute ist sie sogar die Top-Top-Priorität – und zwar mit Abstand. Die Schlagzeilen werden derzeit dominiert von Erzählungen, wie fortschrittliche KI und Roboter (millionenfach) Arbeitsplätze vernichten. In den Kapitelüberschriften dieses Buches geht es dagegen um das Streben nach Spitzenleistungen mit Fantasie und Schwung und mit dynamischen, wachstumsversessenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

(Hinweis: KI ist Realität, keine Frage, aber ihre primäre Aufgabe ist es, Menschen dabei zu unterstützen, erstklassige Kundenerlebnisse zu schaffen; nicht, sie zu ersetzen.)

In meinem Buch (und das ist mein Buch) ist die Botschaft „Mitarbeiter zuerst“ noch drängender, als sie es in unserem ersten Exzellenz-Titel 1982 war. Damals wie heute verstehe ich nicht, warum Geschäftsleute das so selten verstehen. Da ergeht es mir ähnlich wie dem Intendanten einer Philharmonie, eines Balletts oder eines Theaters, einem Sporttrainer oder einem Laborleiter. Wenn eine Footballmannschaft, auch wenn sie sich mittlerweile Big-Data-Analysen bedient, offensichtlich die Summe ihrer Spieler und deren Teamstärke ist, warum gilt das nicht genauso für den Lebensmittelmittelladen bei mir um die Ecke in Westport, Massachusetts? In diesem Fall tut es das sogar. Die Einstellung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort macht einfach Freude.

Die New England Patriots.

Der Lebensmittelladen um die Ecke in Westport, Massachusetts.

Es ist beides dasselbe.

Mitarbeiter zuerst.

Kapitel 6 beschäftigt sich mit dem Thema Weiterbildung. Es würde auch gut in das vorherige Kapitel passen, ich wollte jedoch einen Punkt besonders hervorheben – und verwende dafür ein starkes Wort: Wahnsinn. Sie möchten, dass der Kunde in Genuss von Spitzenleistung kommt, begeistert ist, ein Fan wird und ein Fan bleibt? Dann brauchen Sie Mitarbeiter, ein Team, das sich voll reinhängt und auf Wachstum gepolt ist. In seinem Buch The Dream Manager, in dem es um einen Hausarbeitsdienst geht, argumentiert Matthew Kelly: Unternehmen, die möchten, dass ihre Mitarbeiter mit Herz und Verstand bei der Sache sind, müssen selbst Herz und Verstand einsetzen, um ihre Leute dabei zu unterstützen, ihre Ziele zu 20erreichen – und Mitarbeiter zu entwickeln, die nicht nur die Kunden von heute begeistern, sondern auch in der Lage sind, in einer immer verrückter werdenden Welt mitzuhalten.

Kapitel 7, das nächste in diesem Teil über Mitarbeiter, beschäftigt sich mit den neuen Technologien. Es trägt die Überschrift „Tech-Tsunami, Bürojob-Apokalypse und der neue moralische Imperativ“ und beschreibt den apokalyptischen Umbruch, der uns sehr wahrscheinlich bevorsteht. Gleichzeitig schreibe ich hier ein neues Gesetz fest. Oder vielmehr schreibt Richard Branson sein Gesetz fest: „Unternehmen müssen ihren Mitarbeitern ein bereicherndes, erfüllendes Leben ermöglichen …, sonst können sie es gleich lassen.“ Dann schreibe ich mein Gesetz fest, das ich „Unternehmensauftrag heute“ nenne und das da lautet: Ihre oberste moralische Pflicht als Unternehmensverantwortlicher ist es, die Fähigkeiten jedes einzelnen Mitarbeiters (der Ihnen vorübergehend oder quasi-permanent unterstellt ist) bestmöglich und unter Berücksichtigung seiner zukünftigen „revolutionären“ Bedürfnisse zu fördern. Der Bonus: Dies ist auch die wichtigste Strategie zur Gewinnmaximierung! Kurz gesagt: Der Gedanke eines moralischen Imperativs moderner Unternehmen bildet die Grundlage dieses Buches.

In Kapitel 8 „Arbeitsplatzsicherheit in einer unsicheren Welt“ wenden wir uns dem Auftrag – oder besser: der Chance – des Einzelnen zu. 1999 veröffentlichte ich ein Buch mit dem Titel The Brand You 50. Fifty Ways to Transform Yourself from an “Employee” into a Brand That Shouts Distinction, Commitment, and Passion! Das war damals eine gute Idee, wie ich fand; heute ist es ein Auftrag. Es unterstreicht zudem meinen „Defensive vs. Offensive“-Gedanken von vorhin. Ich betrachte Brand You nicht als eine Verteidigung gegen KI, sondern vielmehr als Offensivstrategie für Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen, spannende Leben zu schaffen, die das Potenzial der neuen Technologien voll ausschöpfen.

Weiter geht es in Teil IV „Innovation“ mit Kapitel 9 „Wer am experimentier- und fehlerfreudigsten ist, gewinnt“. Zum Thema Innovation gibt es viel zu sagen, was ich in den vergangenen Jahren auch getan habe. In diesem Abschnitt möchte ich mich jedoch auf zwei Grundideen beschränken: Die erste ist WAMAG: „Wer am meisten ausprobiert, gewinnt“. Ich spreche mich seit Langem lautstark dagegen aus, übermäßig viel Zeit mit der Planung zu vergeuden. Die erste der „acht Grundtugenden“, die wir in Auf der Suche nach Spitzenleistungen vorstellen, ist das „Primat des Handelns“. 3M, das in jenem Buch von 1982 mein Lieblingsunternehmen war – und fast vierzig Jahre später ein Superstar ist –, war damals ein einziger Spielplatz, ein riesiger playground. In diesem Kapitel stelle ich unter anderem ein Buch vor, das den passenden Titel Serious Play trägt (z. B. „Sie können kein ernsthafter Innovator sein, wenn Sie und solange Sie nicht bereit, willens und fähig sind, ernsthaft zu spielen.“).

Ernsthaft spielen. Keine großen Planungsabteilungen. So gut wie keine Bürokratie. Mit einem schwungvollen Satz hineinspringen und sehen, was passiert. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in jeder Ecke und in jedem Winkel des Unternehmens, 21die eine Sache kurz diskutieren, in Nullkommanichts einen mittelmäßigen Prototyp entwickeln und dann weiter daran herumbasteln und damit spielen. Fehler (WAHUSSG, „Wer am häufigsten und schnellsten scheitert, gewinnt“) werden regelmäßig zelebriert (nicht „toleriert“) – als unverzichtbare Schritte auf dem Weg nach vorn. Ein führender CEO-Innovator sagte einmal, sein Erfolg beruhe auf einem Motto aus drei Wörtern: „Fail. Forward. Fast.

Der Haken an dem Ganzen: Das zunehmende Tempo der Veränderung erfordert eine lebhafte, anpackende Kultur des WAMAG/WAHUSSG, wie ich später noch genauer erläutern werde. Auch wenn sie durch das Silicon Valley bekannt wurde, erfordert der Aufbau einer solchen Kultur des Ackerns und Rackerns in den meisten Unternehmen ein Schwimmen gegen den Strom und viel Puste.

Kapitel 10 „Wir sind, mit wem wir Zeit verbringen“ widmet sich der zweiten Grundidee in diesem Teil über Innovation. Zusammengefasst könnte man sagen: Sonderbare Zeiten erfordern es, dass wir uns (wie besessen!) mit sonderbaren Gestalten umgeben, die unseren Standpunkt regelmäßig hinterfragen und die sonderbarsten Dinge von sich geben. Ganz nach dem Motto: Zu viel vom selben schadet im Jahr 2018. Wenn Ihnen all die Menschen, die Ihnen auf dem Büroflur begegnen, bekannt vorkommen oder wenn drei Viertel Ihres Teams denselben Hintergrund haben wie Sie – was der Regelfall ist –, haben Sie ein echtes Problem. Wir werden auch sehen, wie sich der Kampf gegen ein Zu-viel-vom-Selben von der Mitarbeiterebene auf das Topmanagement ausdehnt: Wenig Diversität unter den Board-Mitgliedern = SEHR häufig = lebensbedrohlich.

Kommen wir zu Teil V. Im Zeitalter KI-gestützter, reibungsloser Lieferketten und KI-gestützter, seelenloser Transaktionen sind Effizienz und Kostenminimierung de facto der Anfang und das Ende der leidigen Geschichte. Aber erinnern wir uns einen Moment an den Grundsatz der Metro Bank: „Kostensenkung ist eine Todesspirale. Wir setzen voll und ganz auf Umsatzwachstum.“ In diesem Sinne widmet sich Teil V „Mehrwert schaffen – eine umsatzsteigernde Besessenheit“ neun Möglichkeiten für Umsatzwachstum.

In Kapitel 11 „Leidenschaft für Design: Das wichtigste Alleinstellungsmerkmal“ stelle ich ansprechendes Design als wichtigsten Aspekt der Mehrwertgenerierung dar. Das Besondere an der Geschichte: Bei Design geht es um erstklassige Funktionalität und um ansprechende Ästhetik. Exzellentes Design bedeutet aber noch viel mehr. Es geht um den Aufbau einer langfristigen emotionalen Verbindung. Starbucks-Gründer Howard Schultz will, dass wir eine „Romanze“ mit seinen Coffeeshops haben – und bei mir funktioniert es, warum auch immer: unterwegs in Saudi-Arabien ebenso wie zu Hause in Boston. Ideen wie die von Schultz liegen diesem Kapitel zugrunde. Das Wichtigste dabei: Diese Ideen gelten für die Tankstelle im Ort, die sechsköpfige Einkaufsabteilung oder die siebenundzwanzigjährige Soloselbstständige, die ihr Glück in der „Gig Economy“ versucht, und Starbucks gleichermaßen!

22Mit den anderen acht Wertschöpfungsquellen beschäftige ich mich in Kapitel 12. Dabei betone ich immer wieder die Bedeutung zusätzlicher Serviceleistungen. Rolls Royce verdient mittlerweile mehr Geld mit Zusatzdienstleistungen als mit der Produktion von Flugzeugmotoren. Bei UPS geht es heute mehr um das Management von Logistiksystemen als um die Paketzustellung. Auch die wilde Entschlossenheit, mit der Unternehmen die sozialen Medien nutzen, spielt in diesem Kapitel eine zentrale Rolle. Ich stelle Ihnen unter anderem den CEO eines Finanzdienstleisters vor, der lieber eine Twitter-Unterhaltung mit einem einzigen Kunden führen würde, als Millionen Dollar für eine Werbeanzeige beim Super Bowl auszugeben. Und wenn wir schon bei den neuen Technologien sind, gehe ich auch auf die revolutionäre Bedeutung von Big Data und dem Internet der Dinge (IdD) ein.

Wir sehen uns zwei überraschend vernachlässigte, aber finanzstarke Märkte an: Zunächst Frauen. Frauen sind die Premium-Kunden überhaupt – sie kaufen, na ja, alles. Auch im Jahr 2018 haben das die meisten Unternehmen noch nicht erkannt. Eine todsichere Möglichkeit, das Potenzial dieses Markts auszuschöpfen, ist, ein Führungsteam einzusetzen, das diesen Markt widerspiegelt (d. h. ein Topmanagement und ein Board, in denen Frauen die Mehrheit stellen). Die andere riesige Marktnische sind Senioren. Ihre Kaufkraft ist gewaltig und sie übersteigt die der jüngeren Kohorten bei Weitem. Absurderweise sind es jedoch die Jüngeren, auf die sich die meisten Marketingaktivitäten konzentrieren.

Im letzten Teil unternehmen wir eine Reise zu Spitzenleistung in der Führung. Ich verwende hier den Ausdruck „einige Dinge“. Mit dieser sonderbaren und scheinbar leichtfüßig daherkommenden Formulierung möchte ich unterstreichen, dass ich keinen großen Plan und kein Geheimrezept für betriebliche oder individuelle Veränderungen habe. Ich mache tatsächlich einen großen Bogen um Begriffe wie „Vision“, „Authentizität“, „Disruption“ und „Transformation“. Mein Ziel ist vielmehr taktisch und praktisch: Ich stelle Ihnen zigfach erprobte Ideen vor, wie Sie Ihren Führungserfolg hier und jetzt steigern und sich hier und jetzt auf Ihrem Weg zu Leadership Excellence inspirieren lassen. (Wir erinnern uns: Spitzenleistung sind die nächsten fünf Minuten.)

Maßnahmen, die funktionieren.

Maßnahmen, mit denen Sie noch heute Nachmittag beginnen können.

Maßnahmen, die Sie – zusammengenommen und immer wieder angewandt – viele Schritte auf Ihrem Weg zur Leadership Excellence voranbringen.

Kapitel 13, das erste der drei Kapitel zum Thema Führung, ist überschrieben mit „Zuhören – die Grundlage exzellenter Führung“. Ich habe lange überlegt, das Thema Zuhören gleich in Kapitel 1 zu behandeln – und wäre damit dem Beispiel von Richard Branson gefolgt, der das gesamte erste Drittel, über hundert Seiten, seines jüngsten Buches zum Thema Leadership – The Virgin Way – Wie ich das Thema Führung sehe – dem Zuhören widmet. Stattdessen habe ich mich dafür entschieden, Zuhören zum ersten Punkt dieses Leadership-Teils zu machen; zweifelsohne hat das Thema ein eigenes Kapitel verdient. Im Verlauf von Teil VI werde ich zeigen, 23warum sich das gesamte Unternehmen zu „hoch konzentriertem Zuhören“ – wie es ein Führungsexperte nennt – verpflichten sollte und warum hoch konzentriertes Zuhören der wichtigste Grundwert eines Unternehmens sein könnte.

Das zweite Thema, das ich in diesem Abschnitt über Leadership herausstellen möchte, in Kapitel 14, ist die anhaltende Bedeutung der Frontline-Manager eines Unternehmens. Unteroffiziere leiten die Armee. Obermaate leiten die Marine. Das Militär hat das verdammt gut erkannt und setzt es um. Entsprechend sind für mich die Führungskräfte der ersten Ebene das allerwichtigste Gut eines Unternehmens. Die meisten Firmen handeln jedoch nicht danach. In diesem Kapitel hoffe ich, eine Lanze für diese Haltung zu brechen, damit sich das ändert.

In Kapitel 15, dem Hauptkapitel zum Thema Führung, stelle ich Ihnen etwa sechsundzwanzig Maßnahmen vor – von der (erstaunlichen) Wirkung eines „Danke schön“ und „Es tut mit leid“ bis zur Analyse der vielen kognitiven Verzerrungen, die unsere Urteilskraft erheblich vernebeln (und einigen Vorschlägen, wie sich diese Verzerrungen reduzieren lassen). Mein Ziel ist es, dass Sie einige dieser taktischen Tipps selbst ausprobieren. Und zwar sofort. Noch einmal: Immer wieder angewandt helfen Ihnen diese „Häppchen“, auf Ihrem Weg zur Spitzenleistung schneller voranzukommen.

Der Epilog dieses Buches trägt die Überschrift „Heute handeln“. Hier möchte ich Sie schlicht und einfach zu extremem Handeln in extremen Zeiten ermutigen. Denn nur mit Sprüngen und Sätzen, mit beherztem Spielen und dem unerbittlichen Streben nach Spitzenleistung und „Wows“ gelingt Ihnen die Offensive (nicht Defensive), um die Herausforderungen unsere Zeit zu meistern.

Das ist es also: fünfzehn Kapitel, fünfzehn Ideen. Jede Einzelne ein notwendiger Zwischenstopp auf dem Weg zu Spitzenleistung, um in diesen chaotischen Zeiten zu überleben und Erfolg zu haben.

Viel Erfolg!

25Organisationsprinzip I

Auf den Schultern von Riesen

Vor drei Jahren habe ich mich darangemacht, alles zusammenzutragen – meine Gedanken aus den letzten mehr als fünf Jahrzehnten dazu, wie die Menschen in Unternehmen mit Spitzenleistungen erfolgreich sind. Dieses Vorhaben mündete in einem monströsen Gebilde, einer siebzehn Kapitel langen, 4.094 Folien starken PowerPoint-Präsentation mit einhunderttausend Anmerkungen. Ich nannte es „DAS WERK“ (Sie finden es unter http://excellencenow.com/). Was Sie im Folgenden lesen werden, ist im Großen und Ganzen das Ergebnis dieses Siebzehn-Kapitel-Blockbusters. Um genauer zu sein: Bevor ich mit diesem Buch begann, bin ich den gesamten Foliensatz durchgegangen und habe etwa dreihundert Zitate von den Prominentesten der Prominenten herausgesucht, die ich besonders inspirierend fand. Diese Juwelen sind mein Rohmaterial. Der Grund dafür ist einfach und deckt sich mit einer Haltung, die ich seit Langem vertrete: Ich habe mir zwar Tausende von Unternehmen angesehen und die ständigen Höhen und Tiefen meines eigenen kleinen Geschäfts erlebt; ich habe jedoch nie ein Fortune-500-Unternehmen geleitet und nie ein „Einhorn“ hervorgebracht. Insofern stand ich praktisch bei allem, was ich getan habe, indirekt auf den Schultern von Riesen. Was also, wenn Tom Peters Ihnen rät, Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wie Ihre besten Kunden zu behandeln? Vergessen Sie meine Meinung. Ich hoffe, Sie hören stattdessen auf die Meinung von Größen wie dem Gründer und CEO von Southwest Airlines, Herb Kelleher, und dem unvergleichlichen Richard Branson, wenn sie Ihnen das sagen. Offen gesagt ist dieses Buch mehr ihr Buch als mein Buch und ich bin dankbar für das, was diese und andere nonkonforme Vertreter von Spitzenleistung mir von Kopf bis Fuß eingehämmert haben – und was sie – mit meiner Hilfe – vielleicht auch Ihnen einhämmern werden.

27Organisationsprinzip II

Auf Ihren Schultern

Als ich mein erstes Buch schrieb, arbeitete ich als Berater bei McKinsey & Co. Ich ging zunächst davon aus, dass meine wichtigsten Leser unsere derzeitigen oder zukünftigen Großkunden sein würden. Doch die Dankesbriefe, die ich erhielt und die mich am meisten berührten, stammten von Grundschullehrern, Polizeichefs und -Lieutenants, Brandmeistern und Abteilungsleitern großer Firmen. Sie haben mir die Augen geöffnet. Insofern richtet sich mein jüngstes Buch in erster Linie an die Leiterin einer sechsköpfigen Weiterbildungsabteilung in einem milliardenschweren Konzern, den Eigentümer einer Baufirma mit vier Angestellten in meinem Heimatort Dartmouth in Massachusetts oder Menschen wie der oben erwähnte Polizei-Lieutenant. Ehrlich gesagt ist es die Art und Weise, wie sie (Sie!) sich für die Weiterbildung ihrer (Ihrer!) Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einsetzen und aus ihren (Ihren!) Kunden oder Kommunen Fans machen, die vor Ort und auf nationaler Ebene eine lebhafte Wirtschaft schaffen. Ich hoffe wirklich, dass die folgenden Seiten Sie dazu ermuntern, Ihre Leidenschaft und Ihr Engagement für Spitzenleistung zu erneuern. Denn: Es war noch nie so wichtig wie heute.