Russell Targ

PSI

Russell Targ

PSI

Die Welt ist anders,
als sie zu sein scheint

Mit einem Vorwort von Stephan A. Schwartz


Aus dem Englischen von
Astrid Ogbeiwi

The Reality of ESP

Theosophical Publishing House, Wheaton, Illinois

© 2012 Russell Targ

Deutsche Ausgabe:

1. eBook Auflage 2020

© Crotona Verlag GmbH & Co.KG

Kammer 11

83123 Amerang

www.crotona.de

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Funk, Fernsehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger jeder Art und auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

Übersetzung aus dem Amerikanischen: Astrid Ogbeiwi

Umschlaggestaltung: Annette Wagner unter Verwendung von © Orla 65729104 – shutterstock.com

ISBN 978-3-86191-163-0

INHALT

Vorwort

Geleitwort

Danksagungen

Einführung

1Ingo Swann

2NASA und CIA für Unterstützung der ASW-Forschungen am SRI gewonnen

3Pat Price

4Hella Hammid: Die Life-Fotografin, die unser zuverlässigstes Medium wurde

5Das NASA-Programm für einen ASW-Lernautomaten und Gehirnwellenkommunikation aus der Ferne

6Die Einführung von ASW bei der Army

7Eine Frage der Zeit: Vorhersage der Marktentwicklung beim Dezember-Silber und andere präkognitive Angelegenheiten

8Mentale Beeinflussung und Heilung aus der Ferne

9Etwas überlebt den Tod des Körpers: Die Indizien

10Wie funktioniert das?

11Remote Viewing erlernen

12Nacktes Gewahrsein

Epilog

Glossar

Bibliographie

Für Ingo Swann
und für alle, die unsere Fähigkeit
unbegrenzten Bewusstseins
wertschätzen.

Wenn die Pforten der Wahrnehmung geläutert würden, würde
jedes Ding dem Menschen erscheinen, wie es ist, unendlich.

Denn der Mensch hat sich selbst eingeschlossen,
bis er alle Dinge nur mehr durch
schmale Ritzen seiner Höhle sieht.

William Blake

Aus „Die Hochzeit von Himmel und Hölle“
in Zwischen Feuer und Feuer, dtv 2000, S. 229

Skeptizismus ist nicht unwiderleglich,
sondern offenbar unsinnig, wenn er bezweifeln will,
wo nicht gefragt werden kann.

Ludwig Wittgenstein

Tractatus logico-philosophicus 6.51

(Kursivierung von Targ.)

VORWORT

Eine Frage der Beweise

In einem Buch, das behauptet, es lege Beweise vor, lohnt es sich, der Frage nachzugehen, was ein Beweis denn genau ist. Russell Targs Version einer Definition, die er im Geleitwort zu diesem Buch vorlegt, lautet folgendermaßen.

Wissenschaftler definieren Beweis normalerweise als überwältigendes Indiz, das so stark ist, dass es logisch oder probabilistisch unvernünftig wäre, das dadurch gestützte Argument zu verwerfen. Ein Beweis liefert Wissen oder die Bestätigung dafür, dass eine Schlussfolgerung zutrifft – so etwa, dass Aspirin Herzinfarkte verhindert. In diesem Fall waren die Indizien sogar so stark, dass die amerikanischen Bundes-Gesundheitsbehörden den Abbruch der Experimente anordneten, damit die unbehandelte Kontrollgruppe nicht wegstürbe.

      Was ich hier vorlege, sind keine mathematischen Beweise, sondern vielmehr veröffentlichte Indizien, die bei Experimenten des Stanford Research Institute (SRI) und anderer Labors überall in den Vereinigten Staaten, gewonnen wurden. Auf der Grundlage dieser Jahrzehnte umspannenden Daten wäre es meiner Meinung nach logisch und empirisch inkohärent, die Existenz einer gewissen Fähigkeit des Menschen zum direkten Gewahrsein oder unmittelbaren Erleben ferner Ereignisse, die sich der normalen Wahrnehmung versperren, abzustreiten – solcher Erfahrungen also, die im Allgemeinen als ASW (außersinnliche Wahrnehmung) bezeichnet werden. Ich sage dies unter voller Anerkennung der Tatsache, dass alles wissenschaftliche Wissen vorläufig und nie gegen eine spätere Revidierung gefeit ist …

Werden die überwältigenden Indizien, die Targ fordert, in diesem Buch tatsächlich vorgelegt? Sie werden es lesen und zu einer eigenen Entscheidung kommen, doch halten Sie sich dabei die weiter unten folgende Beurteilung vor Augen, die sich allein schon auf die Arbeit zum Remote Viewing bezieht, über das Targ zusammen mit seinen Physiker-Kollegen Harold Puthoff und Edwin May geforscht hat:

Im Jahr 1995 beauftragte der US-Kongress die American Institutes for Research (AIR) – einen nicht kommerziell arbeitenden Think Tank, in dem man sich seit Langem mit dem Leistungsvermögen des Menschen befasste und über beste Verbindungen zur Regierungsebene verfügte – die Echtheit des Remote Viewing in zuvor staatlich finanzierten Forschungen zu überprüfen.

Zu dieser Beurteilung beriefen die AIR die landesweit anerkannte Statistik-Professorin Jessica Utts von der University of California in Davis und den bekannten Skeptiker Ray Hyman, Professor für Psychologie an der University of Oregon und Mitglied des Committee for the Scientific Investigation of Claims of the Paranormal (Ausschuss für die wissenschaftliche Überprüfung von Behauptungen des Paranormalen), das heute die Bezeichnung Committee for Skeptical Inquiry (Ausschuss für skeptische Nachfragen) trägt. Beide hatten bereits zu diesem Thema veröffentlicht und waren anerkannte Fachleute für die fraglichen Themen. Utts hatte die Frage, die der Kongress stellte, bereits 1991 in einem Aufsatz in der Zeitschrift Statistical Science angesprochen.

Die AIR baten Hyman und Utts jeweils zu einem feststehenden Termin einen eigenen, unabhängigen Bericht vorzulegen. Utts stellte ihren Bericht fertig und reichte ihn pünktlich ein. Hyman nicht. Daher konnte er ihren Bericht lesen, bevor er seinen eigenen schrieb; und so verfasste er seinen Bericht weitgehend im Stil eines Kommentars zu ihrer Analyse. Zum Ausgleich für diese Unbilligkeit gestatteten die AIR Utts, eine Erwiderung zu schreiben, die in das endgültige, dem Kongress vorgelegte Dokument mit aufgenommen wurde. Durch diese ursprünglich nicht vorgesehene Form des Austausches tritt der Kern der beiden Positionen besonders deutlich hervor. Utts erste Stellungnahme ist von bemerkenswerter Klarheit. Sie schrieb:

Bei Anwendung der Standards, die auch an jedes andere Gebiet der Wissenschaft angelegt werden, kommt man zu dem Schluss, dass paranormale Funktionen belastbar nachgewiesen sind. Die statistischen Ergebnisse der untersuchten Studien gehen weit über das hinaus, was zufallsgemäß zu erwarten wäre. Einwände, diese Ergebnisse könnten auf methodische Fehler bei den Experimenten zurückzuführen sein, werden eindeutig widerlegt. Effekte ähnlicher Stärke wurden weltweit in Labors repliziert. Eine solche Konsistenz ist nicht ohne weiteres durch die Behauptung zu erklären, es handele sich dabei um Fehler oder Betrug. Die Stärke paranormaler Funktionen bewegt sich offensichtlich im Bereich zwischen einem schwachen und einem mittleren Effekt, wie Sozialwissenschaftler sagen. Das bedeutet, dass er in Experimenten zuverlässig wiederholbar ist, die auf geeignete Weise und mit einer für langfristige statistische Ergebnisse ausreichenden Anzahl von Versuchen – wie sie für die Wiederholbarkeit erforderlich ist – durchgeführt werden.1

Als Erwiderung auf Utts‘ Bericht schrieb Hyman:

Ich möchte feststellen, dass wir uns in vielen [weiteren] Punkten einig sind. Wir sind beide der Meinung, dass die [beurteilten] Experimente keine jener methodischen Schwächen aufweisen, unter denen die frühe … Forschung litt. Wir sind uns außerdem darin einig, dass die … Experimente offensichtlich keine der erkennbareren und bekannteren Fehler enthalten, die die Ergebnisse parapsychologischer Untersuchungen entwerten können. Wir sind uns einig, dass die gemeldeten Effektstärken … zu hoch und zu konsistent sind, als dass sie als statistische Zufallstreffer von der Hand zu weisen wären.2

Diese Anerkennung ist deshalb wichtig, weil Hyman damit eingesteht, dass die Art und Weise, wie die in dem Bericht der AIR beschriebenen Labor-Experimente durchgeführt wurden, und auch die Art ihrer Analyse keine Streitfrage mehr ist. Mit anderen Worten, die nichtlokale Wahrnehmung, die für ein erfolgreiches Remote Viewing erforderlich ist, kann nicht als ein Artefakt wegerklärt werden, der aus der Erhebung oder Analyse der Daten resultiert.

Bedenken Sie außerdem, dass Universitäten und Labors auf der ganzen Welt heute vier experimentelle Verfahren, sogenannte Protokolle, anwenden. Diese sind: Remote Viewing, Ganzfeld, Störung von Zufallszahlengenerierung und Vorahnung. Insgesamt zeigen die Ergebnisse jeweils pro Protokoll einen Six-Sigma-Effekt. Vereinfacht gesagt bedeutet dies: Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Ergebnisse durch Zufall zustande gekommen sind, beträgt eins zu einer Milliarde. Die Bedeutung dieses statistischen Wertes wird deutlich, wenn man weiß, dass die Signifikanz-Schwelle bereits bei eins zu zwanzig liegt.

Wenn dem so ist, warum akzeptiert dann nicht alle Welt bereitwillig die Realität von ASW, wo doch deren Effekte beträchtlich stärker sind als zum Beispiel die der Therapie mit Aspirin 100?3 Millionen Menschen nehmen aufgrund einer wesentlich ungewisseren Indizienlage bereitwillig niedrig dosiertes Aspirin ein, während zugleich viele eben jener Pillenschlucker, insbesondere wenn es sich dabei um Wissenschaftler handelt, die Realität von ASW bestreiten, obwohl die Indizien dafür wesentlich besser gesichert sind. Woran liegt das? Die Antwort lautet natürlich – wie Targ noch näher ausführen wird – dass Tatsachen allein das Denken nicht verändern, insbesondere dann nicht, wenn zur Akzeptanz einer Veränderung ein neues Weltbild erforderlich ist.

Max Planck, einer der überragenden Physiker des 20. Jahrhunderts, dem 1918 für seine bahnbrechende Arbeit über die Quantentheorie der Nobelpreis verliehen wurde, sagte in einem Interview (veröffentlicht im britischen Observer vom 25. Oktober 1931): „Eine neue wissenschaftliche Wahrheit tritt ihren Siegeszug nicht an, weil sie ihre Gegner überzeugt und weil sie ihnen einleuchtet, sondern vielmehr deshalb, weil ihre Gegner irgendwann aussterben und eine neue Generation heranwächst, die mit dieser Theorie vertraut ist.“ Dies ist die nüchterne, „realpolitische“ Sicht eines erfahrenen Wissenschaftspioniers, der sich selbst scharfer Kritik ausgesetzt sah, als er die Idee der Quantenmechanik erstmals vorstellte – Erkenntnisse, die heute zum Grundgerüst der modernen Physik gehören. Wie Planck am eigenen Leib erfahren musste, ändern Fakten nicht immer das Denken, selbst wenn sie überwältigend sind.

Materialistische Wissenschaftler sträuben sich also nicht gegen ASW, weil die Indizien fehlerhaft wären. In vielen Fällen kennen sie die Forschungen nicht einmal. Sarah S. Knox, Professorin für Biomedizinische Wissenschaften an der medizinischen Fakultät der West Virginia University, behandelt in ihrem hervorragenden Buch Science, God, and the Nature of Reality: Bias in Biomedical Research genau dieses Thema:

Da [wie die Kritiker vorbringen] es in einem materialistischen Referenzrahmen keinen plausiblen Mechanismus gibt, mit dem paranormale Phänomene zu erklären wären, können sie einfach nicht echt sein. Aus eben diesem Denken heraus verweigerten die Gelehrten zu Galileos Zeiten den Blick durchs Teleskop. Diese Haltung zeigt sich nirgendwo deutlicher als bei jenen Wissenschaftlern, die sich – erstaunlich unbeirrt und ungeniert angesichts ihrer völligen Unkenntnis der experimentellen Datenlage – gerne als „Experten“ in Fernsehsendungen über paranormale Phänomene einladen lassen. Mit einem herablassenden Lächeln erklären diese „Fachleute“, die fraglichen Phänomene seien – je nach aktuell diskutiertem Thema – mit Zufallstreffern, Gehirnanomalitäten usw. zu erklären. Da sich unangefochten der Glaube hält, Kausalität sei nur in der Materie zu finden, erscheint es gar nicht erst notwendig, dass diese „Experten“ ihre Behauptungen mit neuesten Daten belegen. Sie brauchen lediglich ins Feld zu führen, dasselbe Ergebnis lasse sich möglicherweise auch mit anderen Methoden erzielen, und schon haben sie ihr naives Publikum überzeugt, dass alles nur „Hokuspokus“ ist.4

Bei einer Fortbildungsveranstaltung für Nachrichtenredakteure und Sendeleiter von ABC-News führten Ed May und ich einmal ein Streitgespräch mit Daniel Dennett, einem prominenten Kritiker der ASW-Forschung. Wir diskutierten bereits seit etwa einer halben Stunde, wobei Dennett alles, was Ed oder ich sagten, mit ablehnenden bis abfälligen Bemerkungen kommentierte, dabei aber stets im Allgemeinen blieb. Schließlich wandte ich mich an ihn: „Greifen wir doch einmal ein Experiment heraus, das wir beide kennen. Sie sagen mir, was daran nicht stimmt, und ich antworte Ihnen darauf.“ Ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, schoss er auf eine so absichtlich herablassende Art und Weise zurück, wie ich sie nie zuvor und auch seither nie wieder erlebt habe: „Sie glauben doch nicht etwa, dass ich dieses Zeug tatsächlich lese?“ Einen Augenblick lang herrschte Stille – dann setzte allgemeine Erheiterung ein, zunächst als leises Kichern, dann als Glucksen und schließlich in Form schallenden Gelächters. Plötzlich dämmerte Dennett, was er da gesagt hatte. Er lief rot an, setzte sich und verließ die Veranstaltung, sobald er konnte.

Die britische Society for Psychical Research formuliert es folgendermaßen: „Der Widerstand gegen die parapsychologische Forschung richtet sich oft gegen ihre Konsequenzen, nicht gegen die Qualität ihrer Beweise.“5

Douglas Hofstadter, Physiker an der Indiana University, bringt die materialistische Sicht auf den Punkt. Über eine neuere ASW-Studie unter der Leitung von Daryl Bem, Professor für Psychologie an der Cornell University, auf die Targ ausführlich eingeht, sagte er: „Wäre auch nur eine [von Bems] Behauptungen wahr, dann wären die gesamten Grundlagen der modernen Wissenschaft hinfällig, und wir müssten über die Beschaffenheit der Welt ganz neu nachdenken.“6 Dies ist der zentrale materialistische Einwand. Es ist allerdings nicht die Sicht aller Physiker, auch wenn die Leugner Ihnen dies gerne weismachen möchten.

Der Physiker Olivier Costa de Beauregard beobachtet: „Die heutige Physik lässt die Existenz sogenannter ‚paranormaler‘ Phänomene zu. … Das gesamte Konzept der Nichtlokalität in der kontemporären Physik erfordert diese Möglichkeit.“7 Der Physiker Henry Margenau bestätigt: „Seltsamerweise lässt sich offensichtlich das wissenschaftliche Gesetz oder Prinzip nicht finden, das durch die Existenz der [PSI-Phänomene] verletzt wird. Wir können Widersprüche finden zwischen [ihrem Auftreten] und unserer kulturell akzeptierten Auffassung von der Wirklichkeit – nicht aber, wie Viele angenommen haben, zwischen [ihrem Auftreten] und unseren mühevoll erarbeiteten wissenschaftlichen Gesetzen.“8

J. P. Schwartz, Henry Stapp und Olivier Costa de Beauregard vermitteln in einem Aufsatz in den Philosophical Transactions of the Royal Society of Biologal Sciences einen Eindruck davon, in welche Richtung sich die Wissenschaft ihrer Ansicht nach entwickelt – und diese Richtung stimmt ganz und gar nicht mit den materialistischen Ansichten Hofstadters überein:

Die neuropsychologische Forschung über neurale Verhaltensgrundlagen vertritt im Allgemeinen die Auffassung, dass sich letzten Endes sämtliche psychologisch beschriebenen Phänomene hinreichend mit Gehirnmechanismen erklären lassen. Diese Annahme fußt auf der Idee, dass das Gehirn vollständig aus materiellen Teilchen und Feldern besteht und alle für die Neurowissenschaften relevanten kausalen Mechanismen daher ausschließlich in Begriffen der Eigenschaften dieser Elemente formuliert werden können. Begriffe mit intrinsisch mentalistischem und/oder experientiellem Gehalt (z. B. „Empfinden“, „Wissen“ und „Bemühen“) sind darin also als primäre kausale Faktoren nicht eingeschlossen. Diese theoretische Einschränkung ist vornehmlich von Vorstellungen von der natürlichen Welt getragen, von denen man seit über einem Dreivierteljahrhundert weiß, dass sie grundlegend falsch sind.9

Thomas Kuhn, Physiker und Wissenschaftsphilosoph in Princeton, der allgemein als der führende Wissenschaftshistoriker des 20. Jahrhunderts gilt, prägte den Begriff Paradigma, womit er den philosophischen und theoretischen Rahmen meinte, innerhalb dessen eine wissenschaftliche Disziplin ihre Theorien, Gesetze und Verallgemeinerungen errichtet sowie die Experimente durchführt, mit denen diese Theorien und Formeln überprüft werden. Ein Paradigma ist im Grunde das Weltbild der jeweiligen Disziplin. Wenn sich ein Konsens herausbildet, ist ein Paradigma erreicht, und die Disziplin wird, mit Kuhns Worten gesprochen, zur Wissenschaft.

In seinem Klassiker Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen erklärt Kuhn, dass Menschen, die sich zur Wissenschaft hingezogen fühlen und Wissenschaftler werden, einer besonderen Gemeinschaft angehören, die sich mit der Lösung bestimmter sehr eng eingegrenzter und selbstgeschaffener Probleme befasst, die samt und sonders durch das vorherrschende, allgemein anerkannte Weltbild bzw. Paradigma definiert sind. Die Macht der „Paradigmata“ liegt seiner Definition nach in ihrem Charakter als „allgemein anerkannte wissenschaftliche Leistungen [auf einem bestimmten Gebiet], die für eine gewisse Zeit einer Gemeinschaft von Fachleuten maßgebende Probleme und Lösungen liefern“ [Ergänzung und Hervorhebungen von Targ].10 Für Wissenschaftler, die ganz darin aufgehen, ist das Paradigma ihr Weltbild. Seine Grenzen umreißen für sie sowohl alles, was das Universum enthält, als auch – und das ist ebenso wichtig – was es nicht enthält. Das Paradigma erklärt, wie dieses Universum funktioniert. Aber Kuhn erkannte, dass Paradigmen sich ändern können und sollten, weil sie irgendwann die beobachteten Phänomene einfach nicht mehr erklären können. Mit der Zeit häufen sich die Anomalien, die das Paradigma nicht mehr fassen kann, und diese Unzulänglichkeiten stürzen es in die Krise. Kuhn betrachtete diesen Veränderungsprozess als revolutionär, nicht evolutionär, und sagt daher: „… der fortlaufende Übergang von einem Paradigma zu einem anderen auf dem Wege der Revolution ist das übliche Entwicklungsschema einer reifen Wissenschaft.“11

Was Kuhn sagt, ist keineswegs bloße Theorie. Es ist tatsächlich geschehen. Im Jahr 1900 soll Sir William Thompson, einer der bedeutendsten Physiker des 19. Jahrhunderts, der 1892 als Baron Kelvin in den britischen Adelsstand erhoben worden war, in einer Rede vor der British Association for the Advancement of Science gesagt haben: „In der Physik gibt es heute nichts Neues mehr zu entdecken. Was bleibt, sind lediglich immer genauere Messungen.“ Doch nur fünf Jahre später veröffentlichte Albert Einstein seine Schrift über die spezielle Relativitätstheorie – und schon bald sollten die schlichten Regeln der Newtonschen Mechanik, mit denen Kraft und Bewegung seit über zweihundert Jahren beschrieben wurden, verworfen werden. Warum? Weil Einsteins Weltbild das beobachtete Universum besser beschrieb.

Dieses Gefühl eines Paradigmenwechsels bildet die Essenz von Targs Buch. Er führt die mittlerweile angesammelten Anomalien auf, die nicht unter das alte materialistische Paradigma subsummiert werden können, das in etwa so aussieht:

Der Geist ist lediglich eine Folge physiologischer Prozesse.

Jedes Bewusstsein ist eine eigenständige Entität.

Kommunikation ist ausschließlich über die definierten physiologischen Sinne möglich.

Bewusstsein findet vollständig innerhalb des Raum-Zeit-Kontinuums statt.

Im Gegensatz dazu sieht das heraufdämmernde Bewusstseins-Paradigma, das unsere Welt heute zutreffender beschreibt, folgendermaßen aus:

Nur bestimmte Aspekte des Geistes sind eine Folge physiologischer Prozesse.

Bewusstsein ist ursächlich, und die physische Realität ist seine Manifestation.

Alle Bewusstseine sind, unabhängig von ihrer physischen Manifestation, Teil eines Netzwerks des Lebens, wobei nicht nur sie das Netzwerk informieren und beeinflussen, sondern auch von diesem informiert und beeinflusst werden.

Einige Aspekte des Bewusstseins sind nicht auf das Raum-Zeit-Kontinuum begrenzt.

Letzten Endes jedoch werden Sie Targs Beweise selber lesen, sich Ihre eigene Meinung bilden und dabei Fakten und Überzeugungen jeweils nach Ihren Vorstellungen gewichten. Wenn die Fakten für Sie den Ausschlag geben, dann kann sich die wahre Bedeutung dessen zeigen, was Targ sagt. Auch Planck rang mit den Themen, die Targ bespricht, und sagte in der britischen Zeitung The Observer vom 25. Januar 1931: „Ich betrachte das Bewusstsein als fundamental. Ich betrachte die Materie als ein Derivat des Bewusstseins. Hinter das Bewusstsein können wir nicht dringen. Alles, worüber wir sprechen, alles, was wir als existent betrachten, postuliert Bewusstsein.“

Diese Forschungen und alle Beweise, die Targ zusammengestellt hat (und es gibt noch etliche mehr), lassen darauf schließen, dass alles Leben miteinander verbunden und voneinander abhängig ist. Es gibt einen Aspekt des menschlichen Bewusstseins, der unabhängig von Zeit und Raum existiert und für willentliche Steuerung empfänglich ist; und es gibt eine Verbindung unter allen Lebensformen, die verstanden werden muss, wenn der universelle Impuls zur spirituellen Komponente des Lebens, den der Mensch verspürt, in angemessener Weise reifen soll. Diese These ist nicht nur wissenschaftliche Tatsache, sie ist ein Weltbild. Wenn Sie es annehmen, werden Ihre Entscheidungen im Leben anders ausfallen. Targs Beweise sind ein Anfang, kein Ende.

Stephan A. Schwartz

Senior Samueli Fellow

The Samueli Institute

Oktober 2011


GELEITWORT

Vielleicht überrascht es Sie, dass ich in diesem Buch etwas vollmundig von Beweisen spreche. Wissenschaftler definieren Beweis normalerweise als überwältigendes Indiz, das so stark ist, dass es logisch oder probabilistisch unvernünftig wäre, das dadurch gestützte Argument zu verwerfen. Ein Beweis liefert Wissen oder die Bestätigung dafür, dass eine Schlussfolgerung zutrifft – so etwa, dass Aspirin Herzinfarkte verhindert; in diesem Fall waren die Indizien sogar so stark, dass die amerikanischen Bundes-Gesundheitsbehörden den Abbruch der Experimente anordneten, damit die unbehandelte Kontrollgruppe nicht wegstürbe.

Was ich hier vorlege, sind keine mathematischen Beweise, sondern vielmehr veröffentlichte Indizien, die bei Experimenten des Stanford Research Institute (SRI) und anderer Labors überall in den Vereinigten Staaten gewonnen wurden. Auf der Grundlage dieser Jahrzehnte umspannenden Daten wäre es meiner Meinung nach logisch und empirisch inkohärent, die Existenz einer gewissen Fähigkeit des Menschen zum direkten Gewahrsein oder unmittelbaren Erleben ferner Ereignisse, die sich der normalen Wahrnehmung entziehen, abzustreiten – solcher Erfahrungen also, die im Allgemeinen als ASW (außersinnliche Wahrnehmung) bezeichnet werden. Ich sage dies unter voller Anerkennung der Tatsache, dass alles wissenschaftliche Wissen vorläufig und nie gegen eine spätere Revidierung gefeit ist … sowie dass wir das Wesen der ASW – und auch der Raum-Zeit – wahrscheinlich falsch deuten.

Im Jahr 1905 bewies Albert Einstein, dass sogar Newtons ehrwürdige Bewegungsgesetze unvollständig und nicht gegen Veränderung gefeit sind. 1921 beschloss der große Logiker Ludwig Wittgenstein seinen kristallklaren Tractatus logico-philosophicus mit dem Eingeständnis: „Die Lösung des Rätsels des Lebens in Raum und Zeit liegt außerhalb von Raum und Zeit.“ 1964 legte der theoretische Physiker John Stewart Bell den mathematischen Beweis dafür vor, dass die von der Quantenmechanik vorhergesagten Ergebnisse durch keine einzige Theorie erklärbar sind, die unsere herkömmlichen Ideen der Lokalität aufrechterhält. (Auf diese nichtlokale Konnektivität gehe ich in der Einführung näher ein.) Und schließlich begann Jessica Utts, Professorin für Statistik an der University of California Davis (UC Davis), ihren von der CIA in Auftrag gegebenen Bericht über unsere Forschungen zum Remote Viewing am SRI mit den Worten: „Bei Anwendung der Standards, die auch an jedes andere Gebiet der Wissenschaft angelegt werden, kommt man zu dem Schluss, dass paranormale Funktionen belastbar nachgewiesen sind. Die statistischen Ergebnisse der untersuchten Studien gehen weit über das hinaus, was zufallsgemäß zu erwarten wäre. Einwände, diese Ergebnisse könnten auf methodische Fehler bei den Experimenten zurückzuführen sein, werden eindeutig widerlegt. Effekte ähnlicher Stärke wurden weltweit in Labors repliziert.“

Wenn es möglich ist, dass allein Fakten einen skeptischen Forscher von der Realität der ASW überzeugen können, dann sollte dies, so glaube ich, mit diesem Buch gelingen.

Das hier vorgelegte schriftliche Material ist neu – mit Ausnahme von Kapitel Acht über Fernheilung, das ich aus meinem älteren Buch Limitless Mind übernommen und aktualisiert habe. Zwar sind viele Fotos und ihre Beschreibungen, die im Zuge meiner Mitwirkung an Experimenten des SRI entstanden sind, bereits veröffentlicht worden, jedoch noch nie in einer so systematischen und vollständigen Zusammenstellung wie hier.

Als Mitbegründer des Remote-Viewing-Programms am SRI kann ich sagen, dass dieses Buch wohl die denkbar nüchternste und sorgfältigste Darstellung unserer Arbeit als Pioniere auf diesem Forschungsgebiet ist. Ich möchte damit künftigen Forschern, die herausfinden wollen, warum wir in jenen ersten Jahrzehnten der Forschung so erfolgreich waren, eine Quellensammlung an die Hand geben.

Ich hoffe, dass die Leserinnen und Leser dieses Buch als neu und inspirierend empfinden. Da es wahrscheinlich mein letztes Buch zu diesem Thema ist, habe ich versucht, dieses prägnant, umfassend und unmissverständlich darzustellen und alle am besten verfügbaren Daten zu verwenden.

Russell Targ

Palo Alto, California

Oktober 2011

www.espresearch.com

DANKSAGUNGEN

Weil ich nun dem Ende meiner achten Dekade als empfindendes Wesen entgegengehe, muss ich mit Bedauern sagen, dass die meisten Menschen, denen ich aufrichtig für ihren Beitrag zu meiner Arbeit danken möchte, mir bereits in eine neue und andere Welt vorangegangen sind. Ich hoffe, sie sind einverstanden mit meiner physikalischen und metaphysischen Deutung der Welt, bei deren Zusammenstellung sie mir geholfen haben.

Zuallererst möchte ich meinem Vater William Targ danken. Er war ein außergewöhnlicher Lektor und Verleger. Als Cheflektor bei G. P. Putnam’s Sons besorgte er die Herausgabe von Mario Puzo’s Der Pate und verlegte auch andere Autorinnen und Autoren wie Simone de Beauvoir, MacKinlay Kantor und James T. Farrell. Sein Leben lang interessierte er sich für die Grenzen des Erkennbaren – von der Bühnenmagie bis zu den Lehren von Helena Petrovna Blavatsky, der Begründerin der Theosophie, deren Biographie er 1980 herausgab. Mit alledem brachte er mich in Berührung und ermunterte mich, ihm und allem anderen auf den Grund zu gehen. Durch seine große und vielfältig bestückte Bibliothek weckte er mein Interesse an Science Fiction. Viele Male nahm er mich mit zu Vorstellungen der berühmtesten Zauberer der Welt, darunter Henry Blackstone Senior, besser bekannt als Der Große Blackstone. Stets besorgte er uns Plätze in der ersten Reihe, damit ich trotz meiner sehr schlechten Augen von den Wundern, die sich da auf der Bühne abspielten, auch ordentlich verzaubert werden konnte.

Meine erste spirituelle Lehrerin, Mollie Walker Margliotti, war zuständig für den Zeichensaal an der Columbia University, wo ich 1954 mein Graduiertenstudium in Physik absolvierte. Sie ermunterte mich, in den Sonnenstrahlen, die ihr Atelier im dreizehnten Stock des Pupin-Hauses für Physik durchfluteten, das Prana zu suchen, Offenbarungen jener Energie, die alles Leben trägt – aber ich habe sie nie gesehen. Außerdem nahm sie mich – ihren zwanzigjährigen Schützling – mit zu den Koryphäen der New Yorker Theosophischen Gesellschaft. Dort lernte ich Dora Kunz kennen, die berühmte geistige Heilerin, Mitbegründerin von Therapeutic Touch und Vorsitzende der Gesellschaft. Dreißig Jahre später sorgte Mollie erneut für mich, als ich nach einer Krebsoperation im Krankenhaus lag. Sie hatte eben ihre Dissertation über den großen buddhistischen Logiker Nagarjuna abgeschlossen, der zur Zeit Jesu lehrte. Vielen gilt er als der zweite Buddha. Er schuf eine auf vier Schritten aufbauende Logik, nach der sich das meiste, was wir glauben, als weder wahr noch nicht-wahr erweist – in diametralem Gegensatz zu Aristoteles und in völliger Übereinstimmung mit der modernen Physik. Sein Denken bildet die Grundlage meines Buches Gelassenheit in bewegten Zeiten. Buddhas Weg zu Furchtlosigkeit und innerer Freiheit12.

Kurz nachdem ich 1972 ans Stanford Research Institute kam, lernte ich den Atomphysiker, Computerpionier, Mystiker und Sanskrit-Gelehrten Dean Brown kennen. Mein geliebter Freund Dean führte mich in die uralte Magie in den Yoga-Sutras des Patanjali ein, die er übersetzt hatte, sowie außerdem in die einzigartige transzendente Weisheit von der Leerheit, bekannt als Shunyata und beschrieben in der Prajnaparamita (den Lehren des Buddha). Dean führte mich in eine Welt der Mystik und Gelehrsamkeit ein, die ich ohne ihn nie kennengelernt hätte.

Meine Tochter und wissenschaftliche Kollegin Elisabeth Targ war es, die mir das Licht von Longchen Rabjam zeigte, jenem Dharma-Meister aus dem 14. Jahrhundert, der seine Leserinnen und Leser, mich eingeschlossen, in seinem Buch The Precious Treasury of the Basic Space of Phenomena unmittelbar zur Erfahrung des zeitlosen Gewahrseins führt. Hier erlebte ich zum ersten Mal überhaupt eine Direktübertragung aus einer anderen Quelle. Leider muss ich sagen, dass Longchenpa Elisabeths letztes Geschenk an mich war. Sie war Psychiaterin und begnadete Wissenschaftlerin. Ihre bahnbrechenden, überaus erfolgreichen Forschungen über Fernheilung, die sie für ihre AIDS-Patienten unternommen hatte, veröffentlichte sie 1999 in The Western Journal of Medicine. Tragischerweise verließ uns Elisabeth im Juli 2002.

Die wichtigste Erfahrung direkter Übertragung war der Strom liebevollen Gewahrseins, den mir meine unvergleichliche Lehrerin Gangaji erschloss. Diese Amerikanerin ist eine angesehene spirituelle Lehrerin in der Tradition von Ramana Maharshi. Sie legt großen Wert auf eingehende Selbstergründung und nahm damit einen tiefgreifenden Einfluss auf mein Leben. Schließlich gelang ihr sogar eine schier unüberwindliche Aufgabe: Sie lehrte einen New Yorker Juden die Stille – jene Stille, die im Advaita Vedanta beschrieben wird. Das soll allerdings nicht unbedingt heißen, dass Gangaji mit den spirituellen oder metaphysischen Ideen in diesem Buch einverstanden ist oder diese unterstützt – mit Ausnahme dessen vielleicht, dass Selbstergründung eine gute Sache ist.

Dieses Buch wäre nicht geschrieben worden, hätte es in letzter Zeit nicht die anregenden Gespräche mit Dr. Leonard Levine gegeben, meinem Studienkollegen und besten Freund seit High-School- und College-Zeiten. Heute ist er Professor für Informatik an der University of Wisconsin in Milwaukee. Nach sechzig Jahren vertiefte sich unsere Freundschaft erneut, leider aus dem sehr traurigen Anlass des Todes seiner Frau Marilyn Gordon Levine, die zufälligerweise am gleichen Tag Geburtstag hatte wie ich. Am Telefon äußerte sich Leonard erstaunt: „Nach all den Jahren beschäftigst du dich immer noch mit diesem ASW-Kram?“ Wenn denn an ASW tatsächlich etwas dran sei, dann solle ich doch, so schlug er vor, ein Buch für alle Ungläubigen schreiben. Das habe ich hiermit versucht. Danke!

Ich möchte auch meiner Freundin und Kollegin Dr. Jane Katra danken, mit der ich zwei frühere Bücher geschrieben habe. Ihre Erkenntnisse und ihr Verständnis waren mir auch bei meiner Behandlung vieler Ideen in diesem Buch eine Anregung. Mein Dank geht ebenso an Professor Elizabeth Rauscher für ihren wichtigen Beitrag zu unserer Formulierung eines achtdimensionalen geometrischen Modells für eine Raum-Zeit-Metrik, in der übersinnliche Phänomene auftreten können.

Außerdem möchte ich meiner guten Freundin und Lektorin Phyllis Butler meinen Dank aussprechen. Sie hat mein allererstes Manuskript lektoriert, damit ich es überhaupt bei einem Verlag einreichen konnte. Mein Dank geht ebenso an Sharron Dorr, meine unermüdliche und sorgfältige Lektorin und Verlegerin bei Quest Books. Sie hat mich bei der mühsamen Aufgabe begleitet, dieses komplizierte Buch so aufzubereiten, dass es veröffentlicht werden kann. Ich möchte auch Richard Smoley danken, der bei Quest für die Auswahl der Neuerscheinungen zuständig ist. Er hat die Vorbereitungen zu diesem Buch sehr unterstützt und es zur Veröffentlichung ausgewählt.

Zu guter Letzt möchte ich mit tiefer Dankbarkeit meiner Wertschätzung für die unermüdliche Unterstützung und wichtige Ermutigung durch meine liebe und geduldige Frau Patricia Kathleen Ausdruck geben. Ich bin sehr dankbar für die heitere Großherzigkeit, mit der sie von Zeit zu Zeit ihre Pinsel und Ölfarben beiseitegelegt hat, um mich in den vielen Monaten, in denen ich an meine Tastatur gefesselt war, um dieses Buch zu schreiben und zu überarbeiten, mit reichlich Nahrung und Liebe zu versorgen.


Ich werde nicht die modische Dummheit begehen, alles, was ich nicht erklären kann, für Schwindel anzusehen.

C. G. Jung

EINFÜHRUNG

Warum ich an ASW glaube und warum Sie das auch tun sollten

In diesem Buch geht es um mediale Fähigkeiten. Diese Fähigkeiten – über die alle Menschen verfügen – erweitern das Denken und können daher Ihr Leben und Ihre Sicht der Wirklichkeit verändern. Buddhisten und Hindus ist diese Wahrheit schon seit vorchristlichen Zeiten bekannt. Inzwischen sind die wissenschaftlichen Indizien zu ihrem Nachweis überwältigend, und die modere Physik hat die Mittel und Möglichkeiten, sie zu integrieren. Solche Fähigkeiten haben viele Namen: PSI, Metaphysik, Hellsichtigkeit und ASW (außersinnliche Wahrnehmung, oft auch mit dem englischen Akronym ESP für extrasensory perception bezeichnet), wobei ASW der bekannteste ist.

Dieses Buch ist für Menschen geschrieben, die nicht an ASW glauben, ebenso aber auch für diejenigen, die bereits mit paranormalen Erfahrungen vertraut sind. Ich werde Sie nicht bitten, irgendetwas zu akzeptieren, für das es nicht ausgezeichnete Indizien gibt. Als Laser-Physiker mit vierzigjähriger Erfahrung in der Erforschung des Paranormalen bin ich fest davon überzeugt, dass die meisten Menschen lernen können, sich von ihrer normalen, selbstbezogenen Einstellung zu lösen und zu einer wesentlich interessanteren Sicht der Dinge zu finden – einer Sicht, die nicht durch die konventionellen Schranken von Raum und Zeit begrenzt ist. Bereits im 8. Jahrhundert kannten Buddhisten diese meditative Technik als das Überwechseln vom bedingten Gewahrsein zum weiträumigen oder reinen Gewahrsein. Wer würde so etwas nicht versuchen wollen?

In diesem Buch werde ich Ihnen zeigen, wie Sie überraschende Schritte in dieser Richtung unternehmen können. Es geht um das, was wir im 21. Jahrhundert als Remote Viewing bezeichnen.13 Bei dieser Fähigkeit kommt es darauf an, den Geist zur Ruhe zu bringen und die visuellen Bilder des paranormalen Signals vom unkontrollierten Geplapper des Verstandes zu trennen. Ich beschreibe die Labordaten, die militärischen Anwendungen und die persönlichen Erfahrungen vieler Remote Viewerinnen und Remote Viewer. Dabei bespreche ich unterschiedliche Sichtweisen, vom Buddhismus bis zur Quantenphysik. Ich werde jedoch keinen Ton von Glauben oder Hingabe sagen; denn hier braucht niemand zu Füßen seines Gurus Müsli zu essen.

Nach Jahrzehnten der ASW-Forschung bin ich zu der festen Überzeugung gelangt, dass wir die physikalische und psychologische Beschaffenheit der verbundenen Raum-Zeit, in der wir leben, gründlich missverstehen. Wenn ich hier in Portola Valley auf meiner Terrasse sitze und den Blick über die San Francisco Bay schweifen lasse, dann habe ich den Eindruck, dass ich die wunderschöne und weiträumige Aussicht vor mir zutreffend wahrnehmen kann. Bei näherem Nachdenken wird mir jedoch klar, dass diese Überzeugung leider weder auf einer vollständigen Wahrnehmung noch auf dem richtigen Verständnis dessen beruht, was ich sehe. Meine verinnerlichte Wahrnehmung der Natur vor mir wird durch mentales Rauschen erschaffen, behindert und vernebelt.

Mentales Rauschen ist das fortwährende Geplapper in unserem Verstand, verbunden mit unserem Wunsch, alles, was wir sehen oder erleben, zu benennen und zu konkretisieren. Das große Medium Ingo Swann bezeichnete dieses Rauschen als analytische Überlagerung (analytical overlay oder kurz AOL). Er sagt, es bestehe aus Erinnerung, Vorstellung und Analyse – drei Faktoren, mit denen wir unsere Eindrücke und Erfahrungen einfärben und umgestalten. Dahinter steht die Idee, dass wir allem, was wir erleben, sämtliche Bedeutung, die es für uns hat, selber geben. Dabei gehen wir davon aus, dass die äußere Welt an sich keinen inhärenten Sinn hat. Diese Illusion nennen die Buddhisten Maya oder Samsara – und sie kann sehr viel unnötiges Leid auslösen. Sie kann nicht nur, sie tut es normalerweise auch. Diese Fehlwahrnehmung treibt mich dazu, ein Buch zu schreiben, das die Wirklichkeit hinterfragt und unsere Möglichkeiten nichtlokalen Gewahrseins hinsichtlich Zeit und Raum untersucht.

Remote Viewing ist kein spiritueller Weg. Wer jedoch in einer weiträumigen und miteinander verbundenen Welt lebt, wie ich sie beschreibe, ist im Allgemeinen offener und mitfühlender als jemand mit einer isolierten und undurchlässigen Geisteshaltung. Bei der Erforschung unseres nichtlokalen Universums, wie die Physiker es nennen, gewinnen wir den Eindruck, dass die Buddhisten es genau erfasst haben, wenn sie immer wieder sagen: „Trennung ist eine Illusion“ und „Alles ist miteinander verbunden“. In dieser Welt eines verschränkten oder erweiterten Denkens erscheint mir Mitgefühl als eine selbstverständliche Schlussfolgerung. Es ist eine Idee, deren Zeit gekommen ist – sie lehrt uns, dass wir alle leiden, wenn einer leidet; denn die Daten zeigen, dass wir im Geist häufig telepathisch miteinander verbunden sind. Heute listet Google über zwei Millionen Seiten, die sich mit Informationen zum Thema „Remote Viewing“ befassen. Zumindest einigen Menschen dämmert also allmählich, dass das gar nicht so schwer ist.

Als ich vor etwa fünfzig Jahren mit meiner Arbeit an der Entwicklung des Lasers begann, las ich eine bekannte psychologische Schrift, in der es am Rande auch um mediale Fähigkeiten ging, was mich damals bereits brennend interessierte. Das Buch hieß Human Behavior: An Inventory of Scientific Findings und ist auf Deutsch erschienen als: Menschliches Verhalten. Grundlegende Ergebnisse empirischer Forschung. Über mein Lieblingsthema hieß es darin:

Den Stand der Forschung in diesem umstrittenen Bereich zu kennzeichnen, kann zusammenfassend folgendes gesagt werden:

      Eine kleine Zahl von Forschern, etwa 30 bis 40, die eine große Zahl von Untersuchungen durchgeführt haben, ist fest davon überzeugt, dass es so etwas wie außersinnliche Wahrnehmung oder „Bewusstsein von oder Reaktion auf äußere Ereignisse oder Einflüsse, die nicht durch Vermittlung der Sinne wahrgenommen werden“, gibt, wie zum Beispiel Telepathie oder Hellsehen (Rhine & Pratt 1957, S. 208). Die Mehrheit der Psychologen, von denen die meisten den Gegenstand nicht selbst untersucht haben, ist nicht davon überzeugt. [Hervorhebung von Targ.]14

Als ich diese Analyse zum ersten Mal las, hielt ich sie für einen sarkastischen Witz. Doch leider gibt sie auch heute noch recht gut wieder, was weite Teile der wissenschaftlichen Gemeinschaft über paranormale Fähigkeiten denken. Im vorliegenden Buch versuche ich, diese Situation durch analytische statistische Daten und eigene Beobachtungen im Labor zu korrigieren. Manche Menschen möchten etwas über Wunder lesen. Andere bevorzugen veröffentlichte Doppelblindstudien, die eine mindestens fünffache Standard-Abweichung von der Zufallserwartung aufweisen (was bedeutet, dass ein bestimmtes Ereignis zufallsgemäß mit einer Wahrscheinlichkeit von unter eins zu einer Million eintreten würde). Ich lege Ihnen hier ein Manifest vor, das auf meiner persönlichen Erfahrung mit beiden Arten von Indizien für ASW beruht, die ich in zwei Jahrzehnten staatlich finanzierter Forschung am Stanford Research Institute (SRI) gewonnen habe. Dieses Forschungsprogramm wurde 1972 von dem Laser-Physiker Dr. Harold Puthoff und mir ins Leben gerufen.

Ich glaube an ASW, weil ich bei unserer staatlich geförderten Forschung tagtäglich parapsychologische Wunder erlebt habe. Für mich steht zweifelsfrei fest, dass viele Menschen lernen können, mit großer Genauigkeit und Zuverlässigkeit in die Ferne und in die Zukunft zu sehen. Dies bezeichne ich als uneingeschränktes Gewahrsein oder Remote Viewing. In unterschiedlichem Ausmaß verfügen alle Menschen über diese raumübergreifende Fähigkeit. Ich glaube nicht, dass ASW metaphysischen Ursprungs ist. Ich glaube vielmehr, dass sie schlicht eine Fähigkeit ist, die wir stärken, indem wir unser Bewusstsein zum nichtlokalen Denken hin erweitern. Sie wird umso weniger geheimnisvoll, je mehr Menschen sie immer besser beherrschen.

So konnten unsere Viewerinnen und Viewer im Rahmen unserer Arbeit für das CIA-Programm im kalifornischen Menlo Park zum Beispiel einen abgestürzten russischen Bomber-Piloten in Afrika finden, den Gesundheitszustand amerikanischer Geiseln im Iran beschreiben und einen entführten amerikanischen General in Italien aufspüren. Wir beschrieben sowjetische Waffenfabriken in Sibirien, einen chinesischen Atombombentest drei Tage vor der Zündung, und wir vollbrachten zahllose weitere erstaunliche Dinge – alles unter Einsatz der Fähigkeit, der unser Kollege Ingo Swann den griffigen Namen Remote Viewing gab.

Ich komme aus der experimentellen Physik und aus der Psychologie – und als junger Mann war ich Bühnenzauberer. In den 1950er Jahren war ich Doktorand der Physik an der Columbia University und wirkte als Pionier an der Entwicklung des Lasers mit. Einer der Gründe, warum ich schließlich doch nicht promovierte, lag darin, dass ich viel zu viel Zeit in den Zauberei- Zubehör-Läden in der 42. Straße verbrachte und mich mit Mentalmagie und ASW befasste – für mich ein fesselnder Zeitvertreib. Seither habe ich in einigen der besten wissenschaftlichen Zeitschriften über hundert begutachtete Fachartikel über Laser, Laser-Anwendungen und ASW-Forschung veröffentlicht. Darüber hinaus war ich über zwei Jahrzehnte lang Leitender Wissenschaftler und Projekt-Manager bei den Firmen Lockheed Missiles and Space Co. sowie GTE Sylvania. Dort spezialisierte ich mich auf Laser-Kommunikation und Scherwind-Messungen mittels Lasertechnik und sah, was nie ein Mensch zuvor gesehen hatte.

Als Mittelkurskorrektur zwischen diesen beiden Laboratorien (Lockheed und GTE) war ich Mitgründer des bereits erwähnten ASW-Forschungsprogramms am SRI. Dieses zwanzig Millionen Dollar schwere und über dreiundzwanzig Jahre laufende Programm wurde während des Kalten Krieges aufgelegt und von der CIA, der NASA, der Defence Intelligence Agency, den Nachrichtendiensten der Army und der Air Force sowie vielen weiteren staatlichen Stellen unterstützt. Wir entwickelten die parapsychologische Wahrnehmungstechnik des Remote Viewing, wie wir es nannten, mittels derer man nachweislich das mentale Geplapper in seinem Geist zum Schweigen bringen sowie Orte und Ereignisse akkurat beschreiben und erleben kann, die aufgrund ihrer räumlichen oder zeitlichen Entfernung für die gewöhnliche Wahrnehmung unerreichbar sind. Unsere hoch signifikanten paranormalen Forschungsergebnisse veröffentlichten wir in Nature15, The Proceedings of the Institute of Electronic and Electrical Engineers (IEEE)16 und Frontiers of Time: Retrocausation Experiment and Theory, einem Organ des American Institute of Physics.17 Unsere Forschungen wurden weltweit wiederholt. Remote Viewing ist so einfach, dass es geradezu zu einem eigenen Zweig der Heimarbeit geworden ist. Hunderte unterrichten sie. Viele Lehrerinnen und Lehrer stammen aus dem Army Psychic Corps, das wir in den 1980er Jahren in Fort Meade in Maryland eingerichtet haben. (Mit dem Film Männer, die auf Ziegen starren, in dem eine Ziege medial getötet wird, hat das nur sehr wenig zu tun – obwohl bei einem unserer Experimente in einem Krankenhaus in San Francisco tatsächlich einmal ein Heiler versehentlich eine Ratte getötet hat. Sie litt unter Bluthochdruck, und er versuchte, ihren Blutdruck mit medialen Methoden zu senken.)

Zu meiner medialen Laufbahn gehören allerdings noch zwei weitere herausragende Ereignisse: Erstens erwirtschaftete meine kleine Forschungsgruppe Delphi Associates, die ich nach meiner Zeit am SRI gegründet hatte, einen Gewinn von hundertzwanzigtausend Dollar, weil sie mit parapsychologischen Methoden neun Wochen hintereinander Richtung und Ausmaß der Bewegungen auf dem Warenterminmarkt für Silber vorhersagte – fehlerfrei. Diese erfolgreiche Vorhersage des „Dezember-Silbers“ schaffte es auf die Titelsite des Wall Street Journal18 und NOVA drehte 1983 einen Film darüber.19 Der zweite bemerkenswerte Erfolg war, dass unser SRI-Labor als erstes den Entführer der Millionen-Erbin Patricia Hearst, die aus ihrem Haus in Berkeley verschleppt worden war, ausfindig machte und namentlich nannte. Im Polizei-Revier von Berkeley stand ich neben dem paranormal begabten Polizeibeamten Pat Price, als der seinen Finger auf das Bild eines Mannes legte, den seine ASW als Hearsts Entführer erkannt hatte. Er hatte ihn aus einer Loseblatt-Sammlung mit Hunderten Verbrecherfotos herausgesucht. Danach gab er an, wo die Polizei das Entführungsfahrzeug finden könnte. Als Entführer und Fahrzeug am darauffolgenden Tag bestätigt wurden, wusste ich, dass ich soeben ein „Wunder“ erlebt hatte. Wie ich im weiteren Verlauf noch näher ausführen werde, ist es in allen diesen Fällen absolut ausgeschlossen, dass wir lediglich einen Glückstreffer gelandet haben!

Heute gibt es vier verschiedene Klassen veröffentlichter und sorgfältig untersuchter ASW-Experimente mit jeweils eigener Signifikanz und einer Zufallswahrscheinlichkeit von unter eins zu einer Million. Im Laufe des Buches werde ich die Forschungsdaten aus diesen folgenden vier Klassen nacheinander vorstellen:

1.Remote Viewing: An der Universität Princeton leiteten Professor Robert Jahn (Dekan der Fakultät für Ingenieurswesen) und seine Mitarbeiterin Brenda Dunn über zwei Jahrzehnte hinweg Remote-Viewing-Experi-mente mit Princeton-Studenten. Im Labor wurden die Studierenden gebeten, ihren mental gewonnenen Eindruck von einer fernen Umgebung zu beschreiben, in der sich jemand an einer zufällig gewählten Stelle aufhielt. Ferner mussten sie einen Fragebogen mit dreißig Positionen ausfüllen, damit ihre Wahrnehmung bei diesem medialen Versteckspiel quantifiziert werden konnte. Die Erkenntnisse von Jahn und Dunn – gewonnen bei vierhundertelf Versuchen in mehreren Jahren – zeigten, dass Remote Viewing über eine Distanz von mehreren hundert Meilen nicht schwieriger ist, als jemanden hinter der nächsten Ecke zu beschreiben. Außerdem ist es ebenfalls nicht schwieriger, ein Versteck zu beschreiben, das erst im Laufe der nächsten Stunde, des nächsten Tages oder der nächsten Woche nach Zufallskriterien ausgewählt wird, als ein verborgenes Ereignis zu schildern, das sich im selben Moment abspielt. Die moderne Physik würde diese Phänomene als nichtlokal bezeichnen, insofern nämlich, als sie sich experimentell als unabhängig von Raum und Zeit erweisen. Nichtlokalität und Verschränkung, die Ende der 1920er Jahre erstmals von Erwin Schrödinger beschrieben wurden, sind heute in der modernen Physik heiße Forschungsthemen. Dieses beeindruckende Phänomen beschreibt Anton Zeilinger, einer der weltweit führenden Experimentalphysiker auf dem Gebiet der Quantenoptik, sehr klar und unterhaltsam in seinem Buch Einsteins Spuk: Teleportation und weitere Mysterien der Quantenphysik. Darin heißt es:

Verschränkung … besagt, dass zwei (oder auch mehr) Quantenteilchen auf viel engere Weise miteinander zusammenhängen können, als dies nach der klassischen Physik möglich ist. Eine Messung an einem Teilchen ändert sofort den Quantenzustand des anderen, unabhängig von der Entfernung zwischen beiden. … Diese Nichtlokalität ist genau das, was Albert Einstein als ’spukhaft‘ bezeichnet hat, da wie durch einen Spuk die Messung an einem Teilchen das andere beeinflusst.20

Robert Jahns hoch signifikante Ergebnisse wurden 1982 in den Proceedings of the Institute of Electronic and Electrical Engineers (IEEE)21 veröffentlicht, und zwar als eine Replikation unserer ursprünglichen Remote-Viewing-Experimente am SRI, die sechs Jahre zuvor in derselben Fachzeitschrift veröffentlicht worden waren. Diese Daten weisen eine Wahrscheinlichkeit von über eins zu einer Milliarde (1,8 x 10-11) gegen die Zufallserwartung auf, ein starkes Indiz für die Existenz nichtlokalen Bewusstseins.

2.Fernbeeinflussung (Distant Mental Influence): In den 1970er und 1980er Jahren führten William Braud und Marylin Schlitz neunzehn erfolgreiche Experimente in der von ihnen so benannten Distant Mental Influence on Living Systems (Gedankliche Fernbeeinflussung lebendiger Systeme) durch.22 Bei diesen Experimenten, den Vorläufern weiterer, von den National Institutes of HealthInstitute of Noetic SciencesInstitute for Transpersonal PsychologyDistant Mental Influence23