Lesermeinungen

„Provozierend und empfehlenswert.“ Library Journal

„Benutzen Sie Ernährung und Bewusstsein als einen Leitfaden, um sich selbst und anderen zu mehr Mündigkeit, Autonomie und Eigenverantwortung zu verhelfen, und Sie werden Entscheidungen in Ernährungsfragen treffen, die weitreichendere Auswirkungen haben, als Sie sich vorstellen können.“

Julia Butterfly Hill, Umweltaktivistin

„[…] eines der provozierendsten Bücher, die ich je gelesen habe. Ich fühlte mich von seinen tiefgehenden Erkenntnissen inspiriert, infrage gestellt und dazu aufgerufen, mehr und mehr das zu hinterfragen, was Will Tuttle das ‚Tabu der Frage, wen wir essen‘ nennt. Dieses Buch […] demaskiert die Selbstgefälligkeit einer ganzen Kultur […]“

John Robbins, Autor von Ernährung
für ein neues Jahrtausend
und The Food Revolution

„Ich bin dankbar für dieses wortgewaltige und überzeugende Buch. Es hat mein Denken (und mein Fühlen) über Tiere, Mitgefühl und unsere Gesellschaft erweitert, und es wird sehr wahrscheinlich katalytische Wirkung auf meine weitere Persönlichkeitsentwicklung haben.“

John Mackey, Gründer und Geschäftsführer von Whole Foods, Inc.

Ernährung und Bewusstsein sollte zur allgemeinen Pflichtlektüre gemacht werden, unabhängig von jemandes Ernährungsgewohnheiten.“

Harold Brown, Umweltaktivist,
ehemaliger Ranchbesitzer und Milchwirtschaftsbetreiber

„Es ist eines von diesen ‚notwendigen‘ Büchern. Es ist ein Katalysator für die Verwandlung des menschlichen Bewusstseins, zu einem Zeitpunkt, da sich dieses von einer Geisteshaltung der Unterwerfung und Ausbeutung hin zu einem Paradigma der Einheit, Zusammenarbeit und Ehrfurcht vor allem Leben entwickelt.“

Judy Carman, Autorin von Peace To All Beings

„Als ein wichtiges und aufschlussreiches Buch ist Ernährung und Bewusstsein ohne jeden Zweifel ein Katalysator und ein mächtiges Werkzeug für die Entwicklung des menschlichen Bewusstseins.“

Satya-Magazin

Dr. Will Tuttle

ERNÄHRUNG UND BEWUSSTSEIN

Warum das, was wir essen, die Welt nachhaltig beeinflusst

aus dem Amerikanischen von

Stefan Gutwin

© der deutschen Ausgabe:

Crotona Verlag GmbH & Co.KG

Kammer 11 • D-83123 Amerang

Titel der amerikanischen Originlausgabe: World Peace Diet

© 2005 Will Tuttle

Published by Lantern Books, 128 Second Place, Garden Suite, Brooklyn, New York, NY 11231 – 4102, USA

Übersetzung: Stefan Gutwin

Umschlaggestaltung: Annette Wagner unter Verwendung von © Sarunyu_foto/157734173 – shutterstock.com

ISBN 978-3-86191-164-7

DANKSAGUNG

Ich bin allen Personen dankbar, die mit ihren Ideen und ihrer Energie zum Entstehen dieses Buchs beigetragen haben. Mein herzlicher Dank gilt auch jenen, die das Manuskript in seinen verschiedenen Stadien gelesen und hilfreiche Kommentare beigesteuert haben. Insbesondere möchte ich Judy Carman, Evelyn Casper, Reagan Forest, Lynn Gale, Cheryl Maietta, Laura Remmy, Veda Stram, Beverlie Tuttle, Ed Tuttle und Madeleine Tuttle erwähnen. Dr. Michael Greger und Dr. John McDougall lieferten wertvolle Anregungen für Kapitel fünf sowie Dr. Michael Klaper für die Kapitel fünf bis sieben. Ich danke auch Doug Davis, Joel und Michelle Levy, Howard Lyman, Norm Phelps, Zach Shatz, Jerry Simonelli und Zoe Weil für ihr Interesse am Manuskript und ihre nützlichen Kommentare sowie allen vorher genannten Personen für die Ermutigung und den Zuspruch, die sie mir haben angedeihen lassen. Sarah Gallogly und Martin Rowe bin ich dankbar für ihr kompetentes Lektorat, das die Verständlichkeit des Manuskripts deutlich verbessert hat.

Darüber hinaus haben zahlreiche weitere Menschen durch die Diskussionen, die wir geführt haben, und durch ihre Schriften, Vorträge und sonstigen kreativen Bemühungen, mit denen sie dazu beitragen, das menschliche Bewusstsein zu erweitern, ebenfalls eine indirekte Rolle bei der Entstehung dieses Buchs gespielt. Ich möchte mich bei ihnen allen für ihren Beitrag bedanken! Ein dickes Dankeschön gilt meiner Frau Madeleine, die mich mit ihrer Liebe und Herzensgüte, mit wunderbaren Mahlzeiten und mit spirituellen Diskussionen über all die Jahre, die dieses Buch zu seiner Entstehung brauchte, unterstützt hat.

Schließlich gilt mein tiefer Dank auch den Tieren, mit denen wir uns diesen wunderschönen Planeten teilen, für ihre fröhliche Präsenz und ihre geheimnisvolle Zusammenarbeit mit den Kräften des Lebens, die alles um uns herum überhaupt erst möglich machen. Möge das Leid, das wir ihnen zufügen, unsere Herzen für mehr Mitgefühl öffnen!

DANKSAGUNG DES ÜBERSETZERS

Ein Leser des Originals bemerkte zurecht, er sehe die Besonderheit von The World Peace Diet darin, dass es mit "unendlicher Liebe geschrieben" sei. Ich habe mich bemüht, es mit ebensolcher unendlicher Liebe zu übersetzen. Den Lebewesen, die mich darin auf verschiedenste Art unterstützt haben, möchte ich von Herzen danken. Allen voran dem Autor, Will Tuttle, der immer für meine Fragen zur Verfügung stand und mich bei meiner Aufgabe ermutigt hat, sowie seiner Frau Madeleine für wertvolle Anregungen. Der Kontakt mit der Gemeinschaft von anderen WPD-Facilitators in den USA, die um das Buch herum entstanden ist, war ebenfalls auf vielfältige Art förderlich für die Qualität der Übersetzung – ich danke euch allen! Meine besondere Dankbarkeit gilt Shrek, dem Kater, der mir auf seine Weise geholfen hat, den richtigen Rhythmus zu finden, um die Übersetzung fertigzustellen. Dem Crotona Verlag danke ich dafür, dass er den Mut aufbringt, zu diesem Thema, das noch weitgehend tabu ist, ein Buch zu veröffentlichen. Und schließlich danke ich Mutter Erde und dem Universum, die in dieser Zeit für mich gesorgt haben.

INHALT

VORWORT

Unsere Mahlzeiten: Der verborgene Schlüssel des Verstehens

Zusammenhänge herstellen

Der Aufruf zur Weiterentwicklung

KAPITEL EINS DIE MACHT DER NAHRUNG

Nahrung als Metapher

Heilige Festmahle

Nahrung, Leben und Tod

Die pflanzliche oder tierische Herkunft unserer Nahrung

Die Kultur der Verleugnung

Das Erbe der Grausamkeit

Die Verkümmerung der Intelligenz

Ich-Du vs Ich-Es

Wir alle sind geheimnisvolle Wunder

Liebe ist Verstehen

KAPITEL ZWEI DIE WURZELN UNSERER KULTUR

Die Hirtenkultur

Das Pythagoreische Prinzip

Die vegane Revolution

KAPITEL DREI DIE NATUR DER INTELLIGENZ

Ein Tabu umgibt die Frage, wen wir essen

Intelligenz als Fähigkeit, Verbindungen herzustellen

Intelligenz, Telos und Hühner

Die Zerstörung der Intelligenz und des Telos

Intelligenz ist artspezifisch

Was der Mensch sät, das wird er ernten

KAPITEL VIER DAS ERBE UNSERER ERNÄHRUNGSGEWOHNHEITEN

Unser Erbe: Indoktrination von Geburt an

Von der Wichtigkeit, unser Zuhause zu verlassen

Die Macht des sozialen Drucks

Eine Untersuchung des Geschmacks

Die Verteidigung der Festung

KAPITEL FÜNF DIE INTELLIGENZ MENSCHLICHER PHYSIOLOGIE

Das Geschenk

Die Zusammensetzung der tierischen Nahrungsmittel

Fakten über Fett

Gifte

Die Fleisch- und Medizinindustrie

Der Placeboeffekt

Unser Körper, unser Freund

KAPITEL SECHS JAGD UND ZUCHT DER WASSERFAUNA

Giftige Abfälle, giftiges Fleisch

Fischzucht

Todesflotten

KAPITEL SIEBEN DIE HERRSCHAFT ÜBER DAS WEIBLICHE

Albtraum Milchprodukte

Wie man Kühe zu höherer Produktivität zwingt

Gifte in der Milch

Vier Wege in die Hölle

Was sich hinter dem Milchbart verbirgt

Eier – die Steigerung der Unterwerfung des Weiblichen

Das Netzwerk der Verbindungen

Sophia zu neuem Leben erwecken

KAPITEL ACHT METAPHYSIK DER NAHRUNG

Schwingungen essen

Mit den Augen eines Engels

Masken und Angst

Sich in Mitgefühl üben

KAPITEL NEUN DIE REDUKTIONISTISCHE WISSENSCHAFT UND RELIGION

Die Abkömmlinge der Viehzüchterkultur

Wissenschaft und Sklaverei

Religiöser Reduktionismus

Der Mythos des Bösen

KAPITEL ZEHN DAS DILEMMA DER ARBEIT

Wer macht die schmutzige Arbeit?

Die lebendigen Wurzeln unserer Arbeit

Freud und Leid der Arbeit

Die Wiederauferstehung der Arbeit

KAPITEL ELF VON DER ZERSTÖRUNG PROFITIEREN

Die Industrialisierung der Viehzucht

Wie wir Boden, Wasser und fossile Brennstoffe verschlingen

Gifte in der Viehzucht

Die Erde und die Wirtschaft heilen

Wenn wir uns den Folgen nicht stellen, so hat dies Folgen

KAPITEL ZWÖLF EINIGE ANTWORTEN AUF EINWÄNDE

Einwände nähren

Sind Tiere vom ethischen Standpunkt unerheblich?

Der Mythos vom Menschen als Raubtier

Die Rechtfertigung durch die Wissenschaft

Die Rechtfertigung durch die Religion

Andere Einwände

KAPITEL DREIZEHN ENTWICKLUNG ODER ZERFALL

Die zwei begrenzten Sichtweisen

Die Spirale der Gewalt

Der Schatten

Über Mittel und Zwecke

Der intuitive Imperativ

Traditionen der Intuition und des Mitgefühls

Ein Beispiel: Samadhi und Shojin

Bietet der Schamanismus eine Antwort?

Der vegane Imperativ

Die falsche emotionale Erziehung von Jungen

Die Geburt des postrationalen Bewusstseins

KAPITEL VIERZEHN REISE DER VERWANDLUNG

Das Juwelennetz unserer Lebenswege

Saaten der Inspiration

Der Biomilchhof von Camp Challenge

Saaten des Verstehens

Das Zuhause verlassen

Saaten der Gemeinschaft

Der SonggwangSa-Tempel

Die Kraft der Gemeinschaft

KAPITEL FÜNFZEHN DIE REVOLUTION LEBEN

Das Hologramm

Opfer, Täter und Zuschauer

Unsere Verbindung zu Tieren

Verlust und Wiedergewinnung des gesunden Menschenverstands

Eingehendere Erforschung und Diskussion der Auswirkungen

Privileg und Sklaverei

Die letzten Tage, in denen wir Tiere essen

Der Film des Lebens auf der Erde

Die Botschaft des Wapiti-Hirschs

Vom überholten Exklusivismus zum Konzept des „Wir alle“

Anmerkungen

Quellen

Bibliographie

VORWORT

Unsere Mahlzeiten: Der verborgene Schlüssel des Verstehens

Dieses Buch ist ein Versuch, Licht in unsere Kulturgeschichte zu bringen und den Ansatz für ein besseres Verständnis unserer Welt zu liefern, das uns unsere Macht, unsere Autonomie und unsere Verantwortung zurückgibt. Der Schlüssel zu diesem Verständnis liegt darin, die weitreichenden Auswirkungen der Wahl unserer Lebensmittel zu durchschauen sowie die Weltanschauung zu verstehen, die dieser Wahl zugrundeliegt und die sie widerspiegelt. Auf den ersten Blick mag es einem unwahrscheinlich vorkommen, dass ein derart mächtiger Schlüssel in etwas so Banalem wie unserer Nahrung versteckt sein soll. Bei näherem Hinsehen beginnen wir jedoch zu verstehen, dass unsere gemeinsame kulturelle Realität zutiefst von Einstellungen, Glaubenssätzen und Praktiken geprägt ist, die allesamt mit dem Essen zu tun haben. Unsere Mahlzeiten haben erstaunliche soziale, psychologische und spirituelle Auswirkungen, die – obschon unerkannt – alle Aspekte unseres Lebens durchdringen.

Nahrung ist unsere innigste und bedeutsamste Verbindung zur natürlichen Ordnung und zu unserem lebendigen kulturellen Erbe. Indem wir die Pflanzen und Tiere dieser Erde essen, nehmen wir sie buchstäblich in uns auf. Durch den Akt des Essens haben wir auf einer ursprünglichen und unbewussten Ebene an den Werten und Paradigmen unserer Kultur teil. Als Kinder waren wir fortwährend den komplexen Glaubensmustern ausgesetzt, die das ausgeklügelte Gruppenritual unserer Mahlzeiten umgeben, und haben dadurch die Werte und ungeschriebenen Gesetze unserer Gesellschaft wie kleine Schwämme aufgesaugt. Wir haben aufgepasst, gelernt, mitgemacht. Wir sind „gesellschaftsfähig“ geworden, d.h. wir haben uns an die Regeln und Traditionen unserer Kultur angepasst. Als Erwachsene finden wir uns in einem von Stress geprägten Leben wieder, in dem wir uns mit zahlreichen gewaltigen Problemen herumschlagen, deren Ursache bei uns selbst liegt. Es ist nur allzu verständlich, dass wir uns danach sehnen, den Grund für unsere frustrierende Unfähigkeit, ein harmonisches Leben auf Erden zu führen, herauszufinden. Wenn wir genau hinschauen, entdecken wir eine störende Kraft, die entscheidend dazu beiträgt, uns in Krisen und Dilemmata zu stürzen. Diese Kraft ist in Wahrheit überhaupt nicht verborgen, sondern starrt uns täglich von unseren Tellern entgegen! Unbemerkt und unentdeckt befand sie sich die ganze Zeit über an einem absolut augenfälligen Ort. Die Rede ist von unserer Nahrung.

Während heutzutage ausgiebige Debatten darüber geführt werden, welche Diät am förderlichsten für die Gesundheit und für ein langes Leben ist, befasst sich dieses Buch nicht mit einer Diät im üblichen Sinne, sondern erkundet die tiefgreifenden und weitreichenden kulturellen und spirituellen Auswirkungen unseres Essverhaltens und die ihm zugrunde liegende Mentalität. Indem sie den Menschen an die Spitze der Nahrungskette gestellt hat, hat unsere Gesellschaft seit jeher eine ganz bestimmte Weltanschauung propagiert und bewahrt, die von ihren Mitgliedern verlangt, ihre wesentlichen Gefühle und ihr essenzielles Bewusstsein zu reduzieren. Genau diesen Prozess der Herabsetzung der menschlichen Empfindsamkeit gilt es zu begreifen, um die zugrunde liegenden Ursachen der Unterdrückung, der Ausbeutung und der fehlenden spirituellen Verbindung zu verstehen. Indem wir einen Ernährungsstil pflegen, der die spirituelle Gesundheit und soziale Harmonie fördert, stellen wir bestimmte wesentliche Zusammenhänge wieder her, die wir unter dem Einfluss unserer kulturell bedingten Essensrituale normalerweise von unserem Bewusstsein ausblenden. Eine solche Ernährungsweise ist eine wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung unseres Bewusstseins auf einen Stand, der Frieden und Freiheit ermöglicht.

Wir befinden uns inmitten eines tiefgreifenden kulturellen Umbruchs. Es wird immer offensichtlicher, dass der alte Mythos, auf den unsere Kultur aufbaut, im Zusammenbruch begriffen ist. Wir werden gewahr, inwiefern seine Grundthesen überholt sind, und dass, wenn wir ihnen weiter folgen, dies nicht nur zur Verwüstung der empfindlichen und komplexen Ökosysteme unseres Planeten führt, sondern auch zur Selbstzerstörung der Menschheit. Ein neuer Mythos, der Zusammenarbeit, Freiheit, Frieden, Leben und Einheit proklamiert, ist schon im Entstehen begriffen und wird den alten Mythos ablösen, der auf Wettbewerb, Isolation, Krieg, Ausgrenzung und die Macht des Stärkeren gegründet ist. Unsere Nahrung ist ein entscheidender Faktor für die Entstehung dieses neuen Mythos, denn unsere Ernährungsgewohnheiten konditionieren unsere Mentalität ganz entscheidend. Unsere Mahlzeiten sind das maßgebliche Instrument, mit dem das Wertesystem unserer Gesellschaft verbreitet und bewahrt wird. Ob die Geburt des neuen Mythos, die mit der Weiterentwicklung unserer Spiritualität und unseres Bewusstseins einhergeht, erfolgreich verlaufen wird, hängt davon ab, ob es uns gelingt, unser Nahrungsverständnis und unser Essverhalten zu ändern.

Zusammenhänge herstellen

Die Zwangslage, in der sich unsere Gesellschaft befindet, offenbart sich durch eine Reihe von scheinbar unlösbaren Problemen, die uns von allen Seiten bedrängen: Allgegenwärtige Kriege, Terrorismus, Genozide, Hungerkatastrophen, Ausbreitung von Krankheiten, Umweltzerstörung, Artensterben, Tierquälerei, Konsumrausch, Drogensucht, Entfremdung, Stress, Rassismus, Unterdrückung der Frau, Kindesmissbrauch, Ausbeutung durch die Konzerne, Materialismus, Armut, Ungerechtigkeit und soziales Elend. Diese Problempalette lässt sich auf einen wesentlichen Ursprung zurückführen, der so offensichtlich ist, dass er bislang nahezu vollkommen übersehen wurde. Indem wir versuchen, die gesellschaftlichen und individuellen Probleme sowie die Umweltprobleme, denen wir gegenüberstehen, zu lösen, aber dabei deren grundlegende Ursache außer Acht lassen, behandeln wir Symptome, ohne die Wurzel der Krankheit anzupacken. Derartige Bemühungen sind letztlich zum Scheitern verurteilt. Stattdessen ist es notwendig, ein Netzwerk des Verstehens und des Bewusstseins aufzubauen, das uns dabei unterstützt, die Zusammenhänge zu erkennen, die zwischen unserer Ernährungsweise, unserer individuellen und gesellschaftlichen Gesundheit, der weltweiten Ökologie, unserer Spiritualität, unseren Überzeugungen und Glaubensgrundsätzen und der Qualität unserer Beziehungen bestehen. Wenn wir dies tun und entsprechend der so gewonnenen Erkenntnis handeln, tragen wir zur Entstehung einer harmonischeren und freieren Lebensgemeinschaft auf unserem wunderschönen und missverstandenen Planeten bei.

Wir müssen willens und fähig sein, einen Zusammenhang herzustellen zwischen dem, was wir essen, und dem, was getan werden musste, um es auf unseren Teller zu bekommen. Wir müssen auch verstehen, welche Wirkung es auf uns hat, wenn wir es kaufen, auftischen und essen. Erst dann werden wir fähig sein, die Zusammenhänge herzustellen, die es uns erlauben, in Weisheit und Harmonie auf dieser Erde zu leben. Wenn wir keine Zusammenhänge herstellen können, können wir nicht verstehen und sind in unserer Freiheit, unserer Intelligenz, unserer Liebe und unserem Glück eingeschränkt. Die allerwichtigste Aufgabe, vor der sich unsere Generation gestellt sieht, unsere kollektive Mission auf Erden, könnte man sagen, ist es, die entscheidenden Zusammenhänge herzustellen, die unsere Eltern und andere Vorfahren größtenteils nicht herstellen konnten. Dadurch bauen wir eine gesündere menschliche Gesellschaft auf, die wir guten Gewissens unseren Kindern hinterlassen können. Wenn wir hingegen den Zusammenhang zwischen unseren täglichen Mahlzeiten und der gesellschaftlichen Lage nicht ziehen, werden wir als Spezies nicht auf der Erde überleben. Indem wir uns weigern, diesen wesentlichen Zusammenhang herzustellen, verurteilen wir uns selbst und andere zu großem Leid – ohne jemals zu begreifen, aus welchen Gründen.

Der Aufruf zur Weiterentwicklung

Obwohl ich während der ersten zweiundzwanzig Jahre meines Lebens Unmengen an tierischer Nahrung verspeist habe, wie es in unserer Gesellschaft üblich ist, habe ich die letzten dreißig Jahre damit zugebracht, die faszinierenden Zusammenhänge und Ursache-Wirkung-Beziehungen zu erkunden, die zwischen unserer individuellen und kulturellen Angewohnheit, Tiere zu essen, und dem Stress und den Problemen bestehen, denen wir uns und andere aussetzen. Ich habe herausgefunden, dass die Gewalt, die wir im Zusammenhang mit unserer Ernährung ausüben, einen beachtlichen Bumerang-Effekt hat.

Jedoch wird unmittelbar klar, dass unser kollektives Schuldgefühl hinsichtlich der Misshandlung von Tieren, die zu unserer Ernährung dienen, es uns sehr schwer macht, diesen grundlegenden Zusammenhang zu erkennen. Der Verzehr von tierischen Lebensmitteln ist ein Hauptgrund für die Dilemmata, in denen wir uns befinden, doch wir drehen und winden uns, um uns nicht damit auseinandersetzen zu müssen. Dies ist bei uns allen der entscheidende blinde Fleck und das wesentliche fehlende Teil im Puzzle, das zusammengesetzt ein Bild des Friedens und der Freiheit für die Menschen ergibt. Aufgrund unserer kulturell ererbten Gewohnheit, die Tiere, die unserer Ernährung dienen, zu misshandeln und diese Misshandlung zu verdrängen, weigern wir uns, hinter den Vorhang unserer Verleugnung zu schauen, über die Folgen unserer Ernährungsweise zu sprechen und unser Verhalten dementsprechend zu ändern. Diese Weigerung stößt in unserer Gesellschaft auf breite Anerkennung und Unterstützung und wird dadurch nachhaltig gefestigt.

Unser Verhalten ist ein Abbild dessen, was wir verstehen, und umgekehrt bestimmt unser Verhalten das Verständnislevel, das wir erreichen können.

Der Ruf, den wir gegenwärtig vernehmen, ist der beharrliche Aufruf, uns weiterzuentwickeln. Er ist Teil eines umfassenderen Gesangs, an dem wir alle teilnehmen. Dieser Gesang erklingt in unseren Zellen und in der grundlegenden Natur des Universums, aus dem wir entstanden sind. Es ist letztlich ein Gesang der Heilung, der Freude und des Feierns, denn wir alle – menschliche wie nicht-menschliche Wesen – sind Ausdruck eines wunderschönen, wohlwollenden Universums. Es ist ein Gesang, der auch von tiefem Schmerz und furchtbarer Gewalt kündet, die unserer gesellschaftlich anerkannten Praxis der Beherrschung, Kommerzialisierung und Tötung von Tieren und Menschen zuzuschreiben sind. Damit wir in der Lage sind, Tiere für unsere Ernährung in Gefangenschaft zu halten und zu töten, müssen wir unser natürliches Mitgefühl unterdrücken. Dadurch wenden wir uns von der Intuition ab und dem Materialismus, der Gewalt und der Illusion des Getrenntseins zu.

Der Gesang des neuen Mythos, der mit unserer Hilfe entstehen will, verlangt von unserem Geist, liebend und lebendig genug zu sein, um das Leid zu hören und zu erkennen, das wir durch unsere überholten Ernährungsgewohnheiten verursachen. Wir sind dazu aufgerufen, unsere angeborene Barmherzigkeit und Güte erstrahlen zu lassen und die gewaltfördernden Anschauungen zu überwinden, die wir mit der Muttermilch aufgesogen haben. Obwohl wir in Abhängigkeit unserer Zugehörigkeit zu einer Spezies, einer Rasse, einer gesellschaftlichen Klasse und einem Geschlecht über unterschiedliche Abstufungen von Privilegien verfügen, haben wir eines gemein: Wird einem von uns geschadet, so schadet dies jedem von uns. Leid ist letztendlich ein vernetztes Phänomen, denn wir sind alle miteinander verbunden. Sozial bedingte Privilegien dienen einzig und alleine dazu, uns von der Wahrheit unserer Verbundenheit fernzuhalten.

Dieses Buch richtet sich an Leser aller religiösen Traditionen, aber auch an Personen, die sich mit keinerlei Tradition identifizieren. Vergleichbar der Goldenen Regel, die ein Prinzip formuliert, das sämtliche Weltreligionen verkünden und das intuitiv von Menschen aller Kulturkreise und Glaubensrichtungen anerkannt wird, sind die Prinzipien, die in diesem Buch vorgestellt werden, universelle Prinzipien, die von jedermann verstanden und angewandt werden können, unabhängig von jedweder religiöser Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit. Eine gewisse geistige Aufgeschlossenheit und der Wille, Zusammenhänge herzustellen, sind die einzigen Voraussetzungen, um die vorgestellten Prinzipien zu verstehen und um zu erkennen, dass diese niemals im Widerspruch zu den tieferen religiösen Lehren oder unseren spirituellen Sehnsüchten stehen, sondern erstere erhellen und letztere stillen.

Der Gesang, der uns zur Weiterentwicklung und zum unverzichtbaren Erwachen aufruft, ist nicht zu überhören. Dieser Gesang fordert uns auf, unser Verständnis zu vertiefen und Zusammenhänge offenzulegen, die bisher verschleiert oder fortwährend ignoriert wurden. Wir sind aufgerufen, eine Reise anzutreten, und es ist dieses Abenteuer der Erkenntnis, das uns erwartet.

KAPITEL EINS

DIE MACHT DER NAHRUNG

„Dem gehört die Welt, der ihre Ansprüche durchschauen kann. Die Taubheit, die stockblinde Gewohnheit, der überwucherte Irrtum, die Ihr erblickt, sie existieren nur, weil sie geduldet werden – weil Ihr sie duldet. Entlarvt sie als eine Lüge und schon habt Ihr ihnen den Todesstoß versetzt.“

– Emerson –

„Die gewaltsamste Waffe der Welt ist die Essgabel.“

– Mahatma Gandhi –

Nahrung als Metapher

Seit alters her halten uns Sozialreformer und spirituelle Lehrer dazu an, unser besonderes Augenmerk auf unsere Einstellungen und Praktiken im Zusammenhang mit unserer Nahrung zu richten. Dies kann über zweieinhalbtausend Jahre zurückverfolgt werden, bis zu Pythagoras in Griechenland, zu den Propheten des Alten Testaments im historischen Morgenland, zu Mahavira und Gautama Buddha in Indien sowie zu nachfolgenden geistigen Autoritäten wie Platon, Plotin und den frühen christlichen Kirchenvätern. Der Umstand, dass diese Lehren über die Jahrhunderte mit aggressiven Mitteln ignoriert, in Verruf gebracht und verschleiert wurden, ist höchst bedeutsam. Wenn wir uns mit den Verletzungen und Geisteshaltungen befassen, die für diese Vertuschung verantwortlich sind, entdecken wir befreiende Wahrheiten über unsere Gesellschaft und uns selbst sowie einen Weg zu positiver Veränderung auf persönlicher und planetarer Ebene. Was verleiht unserer Nahrung eine solche Macht? Und warum ist diese Macht immer noch weitgehend unerkannt? Um eine Antwort auf diese Fragen zu finden, müssen wir lernen, auf eine uns neue Art aufmerksam zu sein, und Zusammenhänge herstellen, die man uns verboten hat, herzustellen.

Nahrung ist nicht nur eine grundlegende Notwendigkeit für uns, sondern auch ein wesentliches Symbol innerhalb des kollektiven Lebens einer jeden menschlichen Kultur, inklusive unserer eigenen. Es ist nicht sonderlich schwer zu bemerken, dass Nahrung eine Quelle und eine Metapher des Lebens, der Liebe, der Großzügigkeit, des Feierns, des Vergnügens, des Gefühls der Sicherheit, des Erwerbs und des Konsums ist. Und doch ist Nahrung ironischerweise auch eine Quelle und eine Metapher der Kontrolle, der Beherrschung, der Grausamkeit und des Todes, denn oftmals töten wir, um zu essen. An jedem Tag unseres Lebens, von der Wiege bis zur Bahre, treffen wir Entscheidungen, die unsere Ernährung betreffen, oder diese Entscheidungen werden von jemand anderem an unserer Stelle getroffen. Die Qualität des Bewusstseins, aufgrund dessen diese unausweichlichen Entscheidungen fallen – und ob wir sie selbst fällen oder anderen dies überlassen –, beeinflusst in entscheidendem Maße unsere Fähigkeit, Zusammenhänge herzustellen. Diese Fähigkeit, sinnvolle Zusammenhänge herzustellen, entscheidet darüber, ob wir Freunde und Beschützer des Lebens oder unfreiwillige Verursacher von Grausamkeit und Tod sind.

Ich glaube, dass wir uns alle auf den tiefsten Ebenen unseres Bewusstseins danach sehnen, eine wahrhaftige spirituelle Vereinigung mit der Quelle allen Seins zu erreichen und unsere wahre Natur direkt zu erfahren. Es ist dieses Verlangen nach Ganzheit, Wahrheit und Freiheit von der schmerzhaften Illusion der grundlegenden Getrenntheit, das uns dazu antreibt, die uns täglich umgebenden Geheimnisse zu erforschen und zu hinterfragen. Wir erkennen, dass eine eingehende Beschäftigung mit uns und dem, was uns umgibt, uns mit unseren spirituellen Wurzeln und Kräften verbindet. Die eingehende Beschäftigung mit unserer Nahrung, mit der Frage, warum und wie wir essen, mit den Einstellungen, Tätigkeiten und Glaubenssätzen, die um unsere Nahrung kreisen, ist eine Abenteuerreise in das Herz unserer Kultur und zum Kern unserer selbst. So erstaunlich dies auch scheinen mag: Wenn wir diese überaus profanen und notwendigen Aspekte unseres Lebens mit dem Licht des Bewusstseins beleuchten, dann erblicken wir im Lichtschein unbemerkte Ketten, die unseren Körper, unseren Geist und unser Herz fesseln, Gitterstäbe an Käfigen, die wir noch nie richtig wahrgenommen haben, und einen leuchtenden Pfad, der zu Veränderung und zu der Möglichkeit von wahrer Liebe, Freiheit und Freude in unserem Leben führt. Angesichts derart weitreichender Behauptungen lacht vielleicht so mancher. Nahrung? Unsere alte Bekannte, die Nahrung? Da haben wir doch wohl größere Aufgaben und wichtigere Probleme, mit denen wir uns befassen müssen. Nahrung ist so trivial. Wir essen in aller Eile. Wir essen, um uns zu trösten oder zu unterstützen bei dem, was wir im Leben so tun. Wir essen, ohne darauf zu achten, in Gesellschaft oder vor dem Fernseher. Nahrung ist nichts weiter als Nahrung, werden manche vielleicht sagen. Es ist nichts Besonderes daran!

Heilige Festmahle

Wenn wir uns näher damit beschäftigen, erkennen wir, dass Nahrung eine universelle Metapher für Intimität und Nähe ist. Wir kennen vermutlich fast alle das Gefühl, etwas oder jemanden so sehr zu lieben, dass wir ein Teil dieser Sache oder Person sein und sie uns „einverleiben“ möchten. Es kann sich dabei um einen herrlichen Sonnenaufgang handeln, den wir förmlich mit den Augen trinken, oder um eine Melodie, die unser Herz öffnet und etwas in uns zum Schmelzen bringt, oder um die geliebte Person, mit der wir verschmelzen und einswerden möchten. Jegliche Art von Kunst ist ein Mittel, diese tiefe menschliche Sehnsucht nach Einheit auszudrücken, doch nur in der Kunst der Nahrungszubereitung und des Essens kann diese Einheit tatsächlich im physischen Sinne erreicht werden. Dieser Umstand trägt dazu bei, dass Essen eine derart mächtige Erfahrung und Metapher ist: Die kulinarische Kunst wird aufgegessen und wird ich, ein Teil von mir. Sie kommt als Objekt in unseren Körper und wird zum Subjekt. Das „Nicht-Ich“ wird in „Ich“ verwandelt. Welch alchemistisches Wunder! Es ähnelt dem Wunder der spirituellen Erleuchtung, der Vergebung und der Liebe. Das „Nicht-Ich“, der „Andere“ oder sogar der potenzielle Feind wird auf wundersame Weise verwandelt und wird zum „Ich“ bzw. „Wir“. Dies geschieht ganz einfach, indem wir uns für den anderen öffnen und ihn annehmen oder aufnehmen. Dabei geschieht eine Heilung, ein Erwachen zu einer größeren Ganzheit, in der die ehemals getrennten Einheiten „Ich“ und „Nicht-Ich“ nunmehr vereinte „Kooperateure“, Elemente und Akteure der „Ko-Konstruktion“ sind.

Die Nahrungsaufnahme ist somit eine umfassende Metapher für Heilung, spirituelle Transformation, Vergebung und transzendente Liebe. Auf einer tieferen Ebene wissen wir um diese Dinge. Die Nahrungszubereitung ist die einzige Kunstform, die es uns ermöglicht, uns unsere Kreationen im wörtlichen Sinne einzuverleiben, und es ist gleichzeitig die einzige Kunstform, die alle fünf Sinne anspricht. Sie stützt sich außerdem in starkem Maße auf das, was die buddhistische Lehre als den sechsten Sinn bezeichnet: Das Denken, die mentale Aktivität, die unsere äußeren Sinneswahrnehmungen in einen Zusammenhang stellt. Wir verfügen in Bezug auf Nahrung über unglaublich komplexe und miteinander verwobene Schichten in unserem Denken und Fühlen, die eine wichtige Rolle für unser Erleben von Essen spielen. Unsere Familie und die uns umgebende Gesellschaft tragen entscheidend zum Entstehen dieser Gedanken und Gefühle bei, und es sind diese Erinnerungen und Identifikationsmöglichkeiten, die unseren Mahlzeiten einen Sinn verleihen.

Essen ist somit die intimste aller menschlichen Handlungen. Während wir essen, vollziehen wir die komplexe und ersehnte Vereinigung des Selbst mit dem anderen, des Subjekts mit der Welt. Daher wurde Essen stets kulturübergreifend als die heiligste menschliche Tätigkeit angesehen – und als die am stärksten gesellschaftlich konditionierte. Wir können uns nicht auf intimere Weise mit jemandem oder etwas verbinden, als indem wir diese Person oder Sache aufessen. Sie wird im wörtlichen Sinne zu uns selbst. Ein derart intimer Vorgang verdient, dass wir ihm höchste Aufmerksamkeit widmen und ihn mit größtmöglicher Hingabe, Liebe und Ehrfurcht ausführen. Andernfalls zeigt dies an, dass etwas ernsthaft aus dem Lot geraten ist.

Die Zubereitung und der Verzehr von Nahrung symbolisieren Intimität und spirituelle Transformation. Sobald wir dies erkennen, können wir verstehen, wieso heilige Festmahle essenziell zu den Religionen und zum sozialen Leben einer jeden Kultur gehören. Die Essensmetapher steht im Zentrum der spirituellen Verbindung mit der göttlichen Präsenz. Es ist allgemein anerkannt, dass die Nahrungsaufnahme im wörtlichen und symbolischen Sinne eine heilige Handlung darstellt, durch die wir die unendliche Ordnung, die unser endliches Leben übersteigt, in uns aufnehmen.

Obwohl wir scheinbar nicht mehr als endliche essende Wesen sind, erkennen wir von einer anderen Perspektive das Unendliche, das sich ewig von sich selbst ernährt. Durch die Nahrungsaufnahme öffnen wir uns für die unendliche Ordnung, umschlingen sie und verkörpern sie schließlich als der einzigartige Ausdruck ihrer selbst, der wir sind, wir, die essenden menschlichen Wesen. Dies ist ein Ausdruck tiefster Liebe. Wenn wir essen, sind wir geliebt von der ewigen und mysteriösen Macht, die alles Leben hervorbringt, die jene gegenwärtig macht, die uns vorausgingen, die sich durch uns äußert und das Leben durch uns erfährt. Wir werden von dieser Macht mit einer bedingungslosen Liebe geliebt, die sich uns hingibt – und gleichzeitig sind wir selbst diese Macht. Unser Herz kann diese Liebe intuitiv spüren, erwidern und wertschätzen; unser rationaler Verstand jedoch vermag sie noch kaum zu erfassen.

Nahrung, Leben und Tod

Was gibt es einfacheres, als einen Apfel zu essen? Und doch ist dies eine der heiligsten und tiefgreifendsten menschlichen Handlungen. Wenn wir einen Apfel essen, essen wir nicht nur einen Apfel als eigenständiges Ding. Der Apfel wird von uns aufgenommen, löst sich in uns auf, trägt zu unserer Existenz bei und wird zu einem Teil von uns. Und jeder Apfel ist nicht nur ein Ausdruck seiner selbst, sondern von wesentlich mehr! Wir essen vom Regen und von den Wolken und von allen Bäumen, die vorher existiert haben und diesen einen Baum hervorgebracht haben, der den Apfel trug. Wir essen von den Tränen, dem Schweiß, den Leibern und dem Atem von zahllosen Generationen von Tieren, Pflanzen und Menschen, die sich in den Regen und den Erdboden und den Wind verwandelt haben, die den Apfelbaum ernährt haben.

Wenn wir in einen einzigen Apfel schauen, sehen wir das gesamte Universum. Alle Planeten und Sterne, die Sonne und der Mond, die Ozeane, Flüsse, Wälder, Felder und Lebewesen sind in diesem Apfel. Der Apfelbaum ist Ausdruck eines grenzenlosen Netzwerks des Lebens. Für die Existenz des Baums ist jeder einzelne Bestandteil des Netzes notwendig. Der Apfel ist ein Geschenk des Baums und des unendlichen Universums, das sich mithilfe des Apfels ausdehnt und zelebriert. Die Samen fallen mitsamt dem Apfel zur Erde und werden zu neuen Bäumen, oder sie werden von Menschen oder Bären oder Vögeln gegessen und dadurch weiter verbreitet, was dem Apfel zugute kommt und auch dem gesamten System, das sich in seiner unendlichen Größe, Komplexität und Perfektion entfaltet.

Wenn wir uns dessen bewusst sind, während wir einen Apfel essen, wird uns klar, dass wir geliebt und genährt werden und Teil eines größeren Ganzen sind, eines Mysteriums, so groß und wohlwollend und aufregend, dass wir von seiner Heiligkeit überwältigt sind. Die Momente, in denen wir innehalten, um uns an die Quelle unseres Lebens zu erinnern und uns bewusst mit dem großen Mysterium zu verbinden, sind in praktisch allen Kulturen der Welt dieselben: Bei Beerdigungen und bei Mahlzeiten – beides Anlässe, dankzusagen und zu beten. Das bewusste Essen eines Apfels kann ein heiliges Mahl sein, doch tun wir es oft beiläufig, während wir mit anderen Dingen beschäftigt sind.

Wir Menschen, die Äpfel essen, sind in Wirklichkeit Äpfel, die Äpfel essen. Das gesamte Universum findet sich in jedem Apfel und in jedem von uns wieder. Durch den Akt des Essens können wir erkennen, dass es in Wahrheit keine voneinander getrennten Dinge in der Welt gibt, sondern lediglich Prozesse. Ein jedes Ding ernährt sich vom anderen, alles ist in ständigem Wandel begriffen und wird letztendlich vom Prozess und von der Zeit verschlungen, dem großen Vertilger. Nahrung ist die Quelle und die Metapher des Flusses vom Leben zum Tod und vom Tod zum Leben.

Es zeigt sich, dass Nahrung enorme mythische und spirituelle Bedeutung hat. Die Mythen und religiösen Traditionen vieler Kulturen, einschließlich unserer eigenen, sind davon geprägt. Neben der symbolischen Bedeutung der heiligen Kommunion, die in den christlichen Kirchen praktiziert wird, um die Wandlung des Todes Jesu zu feiern, verdient auch die Geschichte seiner Geburt Erwähnung: Jesus wurde in einer Krippe geboren! Welch eindrucksvolles Zeichen, in jemandes Futtertrog geboren zu werden! Er wurde geboren, um spirituelle Nahrung für andere zu sein. Die tiefgehende symbolische Verbindung zwischen der Krippe und dem letzten Abendmahl deutet auf die ungebrochene Kraft der Metapher der Nahrung hin, die für das spirituelle Mysterium steht, das Leben und Tod umfasst und über beide hinausgeht.

Wenn wir uns spirituell weiterentwickeln und unser Potenzial entdecken, können wir jeden Tag Nahrung für andere sein, indem wir unsere Liebe und unser Verständnis, unsere Zeit und unsere Energie mit ihnen teilen. Dadurch werden wir selbst und die anderen ernährt. Es ist dabei nicht nur unsere eigene Liebe, Energie oder Zeit, die wir teilen. Wie der Apfel, so geben auch wir, indem wir etwas von uns selbst geben, die Geschenke weiter, die wir von unseren Familien, Lehrern und Freunden, von der Erde und ihren Geschöpfen, von Sonne, Mond und Sternen erhalten und aus all unseren Erfahrungen gewonnen haben. Im Grunde sind wir das Leben, das sich selbst schenkt und beschenkt – es ernährt, erkundet, erfüllt und erneuert sich selbst. Wenn wir ein gutes Leben führen, ernähren wir viele andere mit der nahrhaftesten Speise überhaupt: Den Früchten des Mitgefühls und der Weisheit. Am Ende stellen wir fest, dass wir keine Nahrung für unsere Reise brauchen, sondern jeder von uns die Nahrung für die Reise der jeweils anderen ist. Wir entdecken, dass unser tiefstes Bedürfnis und unsere Freude nicht nur darin bestehen, diese nahrhafte Speise zu verzehren, sondern sie für die anderen zu sein. Wir wurden alle in einer symbolischen Krippe geboren, um spirituelle Nahrung für andere zu sein, und wir sind dazu aufgerufen, unseren eigenen einzigartigen Weg zu finden, um Teil dieses Mahls zu sein.

Ist es wirklich so verwunderlich, dass etwas scheinbar Banales wie unser Essen womöglich im Zentrum der Macht unseres kulturellen und spirituellen Lebens steht?

Die pflanzliche oder tierische Herkunft unserer Nahrung

In unserer Kultur werden die Unterschiede zwischen bestimmten Lebensmitteln tierischer und anderen pflanzlicher Herkunft absichtlich verwischt und ignoriert. Wenn wir jedoch die offensichtlichen Unterschiede offenlegen und uns ihrer bewusst sind, erlauben wir uns ein tieferes Verständnis.

Bei pflanzlicher Nahrung handelt es sich zumeist um Früchte oder Samen, die von bestimmten Pflanzen freigesetzt werden. Dazu gehören Getreide wie Weizen, Hafer, Reis, Mais, Gerste, Roggen und Hirse, die die Körnerfrüchte von Süßgräsern sind. Einige Pseudogetreide wie Quinoa oder Buchweizen kommen dazu. Hülsenfrüchte wie Sojabohnen, Kichererbsen, Linsen, Erbsen, Bohnen und auch Erdnüsse sind Früchte der Familie der Hülsenfrüchtler oder Leguminosen. Gemüse wie Tomaten, Paprika, verschiedene Arten von Kürbissen, Auberginen und Gurken sind die Früchte und Samen von krautigen Pflanzen. Früchte und Samen von verschiedenen Bäumen und anderen Pflanzen machen die Mehrheit der sonstigen pflanzlichen Lebensmittel aus: Äpfel, Orangen, Bananen, Papayas, Avocados, Brotfrucht, Melonen, Grapefruit, Zitronen, Pflaumen, Pfirsiche, Kirschen, Aprikosen, Oliven, Feigen, Datteln u.a. Obst; Johannisbeeren, Stachelbeeren, Heidelbeeren, Cranberries, Preiselbeeren, Himbeeren u.a. Beerenobst; Pecannüsse, Walnüsse, Haselnüsse, Macadamias, Cashewkerne, Mandeln, Kokosnüsse u.a. Nüsse; sowie Sonnenblumenkerne, Sesam, Kürbiskerne, Kakao, Leinsamen, Pinienkerne u.a. Samenkörner. Weitere pflanzliche Nahrungsmittel sind die Blütenstände von Brokkoli, Blumenkohl, Rosenkohl und Artischocken; sporenbildende Früchte wie Pilze; oder stärkehaltige Knollen wie Kartoffeln, Süßkartoffeln und Yamswurzeln. Einige pflanzliche Lebensmittel sind Wurzeln, z.B. Karotten und Rote Bete. Andere sind (grüne) Blätter, was bei Mangold, Kohl und Salat der Fall ist. Schließlich gibt es noch essbare Pflanzenstengel wie Spargel, Stangensellerie oder Zuckerrohr.

Hinter den Pflanzen auf unserem Teller können wir Obst- und Gemüsegärten sehen, Felder, Wälder und Jahreszeiten sowie Menschen, die die Pflanzen hegen und pflegen. Wenn die Pflanzen aus biologischem Anbau stammen, nach nachhaltigen Methoden und in kleinem Maßstab produziert wurden, dann sehen wir die Schönheit und den Überfluss der Erde, die all jenen köstlich schmeckende und gesunde Nahrung bietet, die fürsorglich mit ihr umgehen und im Einklang mit dem Rhythmus der Natur arbeiten.

Bei näherer Betrachtung erkennen wir, dass diese Nahrung nur wenig Leid verursacht: Die meisten pflanzlichen Nahrungsmittel sind Früchte und Samen, die von Gräsern, Kräutern, Bäumen oder Reben stammen. Außerdem besitzen Pflanzen – im Gegensatz zu Tieren, die sich aktiv bewegen können und daher mit einem Nervensystem und Schmerzrezeptoren ausgestattet sind, die sie bei der Vermeidung von selbstschädigendem Verhalten unterstützen –, keine Strukturen, die einem Nervensystem oder Schmerzrezeptoren gleichkämen. Da Pflanzen zumeist im Boden verwurzelt und ortsgebunden sind, gibt es aus Sicht von Mutter Natur keinen Grund, sie mit Mechanismen auszustatten, die ihnen Schmerzempfinden verleihen würden.*

Nahrung tierischer Herkunft hingegen besteht entweder aus dem Fleisch und den Organen toter Tiere oder aus tierischen Körperabsonderungen, die als lebensmitteltauglich erachtet werden. In der ersten Kategorie befindet sich das Muskelfleisch einer Anzahl von Tieren, die getötet werden, um die Nahrung herzustellen, die das Kernstück der allermeisten Mahlzeiten in unserer Gesellschaft darstellt. Das Fleisch von Fischen und Schalentieren wird normalerweise mit dem Namen der Tierspezies bezeichnet, so etwa bei Thunfisch, Wels (ein „beliebter Speisefisch“ in Nordamerika, A.d.Ü.), Lachs, Hummer, Krabben und Shrimps. Obwohl Amphibien und Reptilien für gewöhnlich weniger in den USA verzehrt werden als in anderen Ländern der Welt, werden Frösche, Schildkröten und Alligatoren dennoch hier gezüchtet, um Froschschenkel und Schildkröten- bzw. Alligatorenfleisch für den menschlichen Konsum zu erzeugen. Das Fleisch von Vögeln wird ebenso mit dem Namen der Tierart bezeichnet, wenn wir beispielsweise Huhn, Pute, Emu und Fasan essen. Oft wird hierbei zwischen verschiedenen Fleischarten und -farben unterschieden, wie z.B. zwischen Brust und Schenkel oder weißem Fleisch und dunklem Fleisch. Im Gegensatz zu dem oben Gesagten wird das Fleisch von anderen Säugetieren nur selten nach dem Namen der jeweiligen Tierspezies bezeichnet, sondern trägt Bezeichnungen, die bestimmten „Zuschnitten“ entsprechen, wie Karree, Rumpsteak, Lappen, Schale, Schulter, Hochrippe, T-Bone-Steak, Brust. Andere Bezeichnungen sind Schweinefleisch, Speck, Rippchen, Kalbfleisch, Lammkotelett, Wildbret, Hammelfleisch, Hackfleisch, Hamburger, Hotdog, Fleischwurst, Würstchen und Schinken. Einige innere Organe werden ebenfalls verzehrt, insbesondere Nieren und Leber von jungen Säugetieren, die verfettete Leber von Enten und Gänsen (in Form von Stopfleber) und, wenngleich seltener, das Magengewebe (Pansen oder „Kutteln“) sowie Herz, Zunge, Hirn und Füße von bestimmten Tieren, ggf. zu sogenanntem „Presssack“ (Sülze) verarbeitet. Die Milch von stillenden Mutterkühen, -schafen und -ziegen wird getrunken und in Form von Butter, Joghurt, Sahne und verschiedenen Käsesorten verspeist. Käse wird hergestellt, indem man Lab aus der Schleimhaut von Kälbermägen gewinnt und dieses zum Koagulieren der Milch verwendet. Die Eier verschiedener Vogelarten gelten gleichfalls als für den menschlichen Verzehr geeignet, ebenso Honig, ein Körpersekret der Bienen.

Im Gegensatz zu Pflanzen, die auf natürliche Weise gesunde und nahrhafte Nahrung produzieren, die kein oder wenig Leid verursacht, werden Tiere systematisch unterjocht und angegriffen, um das Fleisch, die Milch und die Eier zu erhalten, die wir Menschen verzehren. Dies bringt Leid mit sich, denn wie wir alle mit absoluter Sicherheit wissen, ist es etwas vollkommen anderes, ein Messer zu nehmen und in die Haut eines Hundes, einer Kuh, einer Katze, eines Huhns, eines Kaninchens oder eines Menschen zu schneiden als in die Haut einer Tomate oder einer Grapefruit. Genauso wissen wir, dass es nicht dasselbe ist, ob wir in das Bein eines Schweins beißen oder in einen knackigen Apfel. Der angesehene Verhaltensforscher Konrad Lorenz hat einmal angemerkt, dass derjenige, der keinen Unterschied erkennen kann zwischen dem Vorgang, wenn wir einen Hund in Scheiben schneiden oder wenn wir einen Salat in Streifen schneiden, zum Wohl der restlichen Menschheit Selbstmord begehen sollte. Wie wir heute wissen, sind sämtliche Wirbeltiere mit einem zentralen Nervensystem mit Rezeptoren ausgestattet, die gegenüber verschiedenen Schmerzreizen empfindlich sind, wie sie bei Schnitten, Verbrennungen, Quetschungen, Eingepferchtsein und Elektroschocks auftreten. Des weiteren befähigt ihr Nervensystem diese Tiere dazu, Kälte und Hitze, giftige Dämpfe, Prellungen und Hautabschürfungen wahrzunehmen. Wie wir können sie psychischen Schmerz empfinden, wenn sie ihrer Freiheit beraubt werden, wenn ihnen ihre Babys gestohlen werden oder wenn das Ausleben ihrer angeborenen Instinkte systematisch unterbunden wird.

Die Kultur der Verleugnung

Umso angestrengter wir etwas verleugnen, desto mehr Macht hat es über uns und desto stärker sind wir davon beeinflusst. Bei schonungsloser Betrachtung der tierischen Nahrungsmittel, die mit modernen Methoden produziert werden, stoßen wir unausweichlich auf Elend, Grausamkeit und Ausbeutung. Aus genau diesem Grund vermeiden wir es tunlichst, uns näher mit unserer Nahrung zu beschäftigen, wenn sie tierischen Ursprungs ist. Diese Strategie der Vermeidung und Verleugnung, die wir beim Essen anwenden, das unsere hauptsächliche menschliche Beschäftigung und unser wesentliches Ritual ist, übertragen wir automatisch auf sämtliche Lebensbereiche. Tief in unserem Inneren wissen wir, dass wir nichts in dieser Welt genauer in Augenschein nehmen können, denn täten wir dies dennoch, so stießen wir auf das unermessliche Leid, das von den Entscheidungen, die wir hinsichtlich unserer Ernährung treffen, direkt verursacht werden. So lernen wir, oberflächlich zu bleiben und absichtlich blind zu sein gegenüber den Zusammenhängen, die wir herstellen könnten. Die Reue und das Schuldgefühl, die wir andernfalls empfinden müssten, wären unerträglich schmerzhaft. Würden wir die Wahrheit anerkennen, würde dies auch zu einem sehr starken Konflikt mit unserem Selbstbild führen, der eine schwerwiegende kognitive Dissonanz und emotionale Störungen mit sich brächte. So ziehen wir es vor, die Augen vor all dem zu verschließen, und entscheiden uns somit dafür, Ignoranten und Schlafende zu sein.

Wir sind unwillens und unfähig, den verborgenen Ozean des Horrors anzuschauen, den unsere Hauptbeschäftigung genauso empfindsamen und verletzlichen Wesen, wie wir es sind, auferlegt. Wir wollen dem Leid nicht ins Auge sehen und keine Verantwortung dafür übernehmen. Daher haben wir uns in eine Schizophrenie der Höflichkeit und des feinen Benehmens aufgespalten, die nur schwer mit der unerbittlichen Grausamkeit in Einklang zu bringen ist, die immer dann aufscheint, wenn wir tierische Lebensmittel kaufen oder verzehren. Diese Aufspaltung ist meiner Ansicht nach die verkannte psychische Wunde schlechthin, an der der moderne Mensch krankt. Sie zieht automatisch und zwangsläufig viele andere Verwundungen und Spaltungen nach sich. Sie sitzt derart tief und ist so entsetzlich, dass es tabu ist, darüber öffentlich zu sprechen.

Indem wir uns dafür entscheiden, blind zu sein für das, was wir in Wahrheit anrichten, wenn wir Lebensmittel kaufen, zubereiten und essen, werden wir nicht nur blind für die Gräuel und das Leid, die wir verursachen und verzehren, sondern auch für die Schönheit der Welt, die uns umgibt. Erst diese erlernte Unfähigkeit, die überwältigende, herrliche Schönheit der Erde wirklich zu sehen und wertzuschätzen, macht es überhaupt möglich, dass wir ihre Wälder und Ozeane verwüsten und die natürliche Welt systematisch zerstören. Indem wir unempfänglich für das tägliche Leid der Tiere werden, dessen Verursacher wir sind, werden wir auch unempfänglich für die Schönheit und Pracht der Schöpfung, von der wir uns mit jeder Mahlzeit trennen und sie unterdrücken.

Vor dem Hintergrund des Verzehrs Millionen geschundener Tiere täglich kann man davon ausgehen, dass Millionen Kinder und Erwachsene ihrer Empfindsamkeit beraubt werden oder sich dieser selbst berauben. Dies sät unzählige Saaten der menschlichen Grausamkeit, des Krieges, der Armut und der Verzweiflung. Es sind dies unvermeidliche Folgen, denn es ist unmöglich, Freude, Frieden und Freiheit für uns selbst zu ernten, indem wir die Saat des Leids und der Versklavung anderer Lebewesen säen. Wir können viel über Liebe, Güte, Freiheit und eine bessere Welt reden. Doch es sind unsere Taten und insbesondere jene, die gewohnheitsmäßig begangen werden, die darüber bestimmen, in welcher Welt wir zukünftig leben. Die Gewaltspirale, die in der Geschichte und bis heute die Menschen in Schrecken gehalten hat, ist in der Gewalt unserer täglichen Mahlzeiten verwurzelt. Die Tiere selbst können, im Unterschied zu uns Menschen, keine Vergeltung üben, und doch rächt sich unsere Gewalt ihnen gegenüber an uns.

Das Erbe der Grausamkeit

Mit dem Einsperren und Töten von Tieren haben wir die Gewalt in unseren Körper und unsere Seele eingelassen, wodurch eine tiefgreifende und komplexe Störung der physischen, emotionalen, mentalen, sozialen und spirituellen Dimensionen unseres Selbst stattgefunden hat. Unsere Mahlzeiten verlangen von uns, dass wir wie Raubtiere essen. Folglich verstehen wir uns als Raubtiere. So kommt es, dass wir raubtierhaftes Verhalten ausbilden und räuberische Institutionen rechtfertigen, die im strikten Gegensatz zur Güte und zum Zusammengehörigkeitsgefühl stehen, die mit spiritueller Entwicklung einhergehen. Grausamkeit gehört unweigerlich zum Einsperren, Verstümmeln und Schlachten von Tieren, die unserer Ernährung dienen, dazu. So werden wir von Kindheit an in die Rolle der abgelenkten und unachtsamen Täter gedrängt, die Akte der Grausamkeit begehen.