Giacomo Leopardi: Gesänge

 

 

Giacomo Leopardi

Gesänge

 

 

 

Giacomo Leopardi: Gesänge

 

Übersetzt von Paul Heyse

 

Neuausgabe mit einer Biographie des Autors.

Herausgegeben von Karl-Maria Guth, Berlin 2017.

 

ISBN 978-3-7437-0040-6

 

Dieses Buch ist auch in gedruckter Form erhältlich:

ISBN 978-3-86199-601-9 (Broschiert)

ISBN 978-3-86199-602-6 (Gebunden)

 

Die Sammlung Hofenberg erscheint im Verlag der Contumax GmbH & Co. KG, Berlin.

 

Erstdruck: Florenz (Piatti) 1831. Erweiterte Fassung: Neapel (Starita) 1835. Hier nach der Übersetzung von Paul Heyse, Berlin, 1889.

 

Der Text dieser Ausgabe folgt:

Leopardi, Giacomo: Gedichte und Prosaschriften. Übers. v. Paul Heyse, Berlin: Verlag von Wilhelm Hertz, 1889.

 

Die Paginierung obiger Ausgabe wird in dieser Neuausgabe wortgenau mitgeführt und macht dieses E-Book auch in wissenschaftlichem Zusammenhang zitierfähig. Das Textende der Vorlagenseite wird hier durch die Seitennummer in eckigen Klammern mit grauer Schrift markiert.

 

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind über http://www.dnb.de abrufbar.

 

Widmung

Vor der ersten Florentiner Ausgabe der Gedichte

vom Jahre 1831.

 

An meine Freunde in Toscana.

Meine theuren Freunde, euch sei dieses Buch gewidmet, in welchem ich, wie man es oft mit der Poesie versucht, meinen Schmerz zu verklären suchte und mit dem ich jetzt – ich kann es nicht ohne Thränen aussprechen – von der Literatur und meinen Studien Abschied nehme. Ich hoffte, diese theuren Studien würden der Trost meines Alters sein, und glaubte durch den Verlust aller anderen Freuden, aller anderen Güter der Kindheit und des Jünglingsalters mir ein Gut erkauft zu haben, das mir durch keine Gewalt, kein Unglück wieder entrissen werden könnte. Aber ich war kaum zwanzig Jahre alt, als jene Schwäche der Nerven und Eingeweide, die mir das Leben zerstört und mich doch den Tod nicht hoffen läßt, jenes einzige Gut mir mehr als zur Hälfte schmälerte und es mir später, in meinem achtundzwanzigsten Jahre, völlig und, wie ich jetzt glauben muß, auf immer raubte. Ihr wisst ja, daß ich diese Blätter nicht selbst habe lesen können und zu ihrer Correctur mich fremder Augen und fremder Hand bedienen mußte. Ich mag nicht mehr klagen, meine Theuren; das Bewußtsein von der Größe meines Unglücks verträgt sich nicht mit Jammern und Wehklagen. Ich habe Alles verloren; ich bin wie ein dürrer Stamm, der fühlt und leidet. Nur euch habe ich in dieser Zeit gewonnen! Eure Gesellschaft, die mir meine Studien, alle Freuden, alle Hoffnungen ersetzen muß, würde fast meine Leiden aufwiegen, wenn mir nicht eben jenes Siechthum verwehrte, sie so, wie ich möchte, zu genießen, und wenn ich nicht wüßte, daß mein Schicksal mich bald genug auch dieser Wohlthat berauben, mich zwingen wird, den Rest meiner Tage, von allem Behagen eines civilisirten Lebens entfernt, an einem Orte zuzubringen, wo die Todten viel besser wohnen als die Lebenden. Eure Liebe indessen wird mir immer folgen und mir vielleicht auch treu bleiben, wenn mein Leib, der schon nicht mehr lebt, zu Asche geworden ist. Lebt wohl!

Euer Leopardi.

 

I. An Italien

(1818)

 

Mein Vaterland, ich seh' die Mauern ragen,

Die Bogen, Säulen, Bildnisse, die leeren

Thürme der Väterzeit;

Doch seh' ich nicht den Ruhm,

Den Lorbeer und das Schwert, die sie getragen,

Die großen Ahnen. Machtlos, dich zu wehren,

Mit nackter Brust und Stirne trägst du Leid.

Weh, welche Wunden seh' ich

Und Todesblässe! Muß ich so dich schauen,

Du aller Frauen schönste? Sagt, o sagt,

Euch, Erd' und Himmel, fleh' ich:

Wer hat ihr das gethan? und wer – o Grauen! –

Belastet' ihr mit Ketten beide Arme,

Daß sie gelös'ten Haars, von Gram zernagt,

Am Boden sitzt, verlassen, schleierlos,

Und ihr Gesicht, die Arme,

Im Schooße birgt und weint?

Ja, wein', Italien! Du hast Grund zu weinen;

Dir fiel das herbe Loos,

An Glück und Elend unerreicht zu scheinen!

 

Und wären deine Augen Wasserbäche,

Nie könntest du mit Zähren

Den Abgrund füllen deiner Noth und Schmach.

Die Herrin war, nun trägt sie Magdgewand.[27]

Wer schriebe oder spräche

Von dir, der nicht, gedenk der alten Ehren,

Wehklagte: Klein ward, die wir groß genannt!

Warum? Warum? Ging deine Kraft in Stücke?

Wo sind die Waffen, wo dein Siegerglauben?

Wer nahm das Schwert dir ab?

Und welcher Macht gelang es, welcher Tücke,

Den Mantel dir zu rauben

Und deiner Stirn das goldne Band, du Schöne?

Wie stürztest du hinab

So tief von solcher Höh' und brachst zusammen?

Und Niemand schirmt dich? Keiner deiner Söhne

Steht für dich auf? Ha, Waffen! Ich allein

Will in den Kampf, will kämpfend für dich fallen;

Du aber, Herr, laß Flammen

Aus meinem Blut in alle Herzen wallen!

 

Wo sind sie, deine Söhne? Hör' ich nicht

Von Waffen, Schlachtruf, Pauken helle Klänge? –

Ach, fern von dir verspritzen

Ihr Herzblut deine Kinder.

Auf, auf, Italien! Ist's ein Traumgesicht?

Nein! Dort zu Fuß, zu Rosse – welch Gedränge,

Und Rauch und Staub und heller Klingen Blitzen,

Wie Wetterstrahl am Himmel!

Ist dir's kein Trost? Bang kehrst du vom Gefechte

Die Augen ab, noch eh' Entscheidung winkt?

Was soll dort das Getümmel

Italischer Jugend? O ihr ew'gen Mächte,

Dort kämpft für fremdes Land Italiens Schwert! –

Weh dem Unsel'gen, den der Krieg verschlingt

Nicht kämpfend um die heimischen Gefilde,

Für Weib und Kind und Herd,

Nein, gegen Feinde Fremder[28]

Und fern; nicht sinkt er mit dem Rufe nieder:

O Heimath, hehr und milde,

Dies Leben, dein Geschenk, – hier nimm es wieder!

 

Ihr holden, glücklichen, gepries'nen Tage

Der Vorzeit, wo in Schaaren

Das Volk zum Tod fürs Vaterland sich drängte,

Und du, Thessaliens Bergschlucht, stets umflutet

Von Ruhmeshauch und Klage,

Wo Persien und das Schicksal schwächer waren

Als jenes Häuflein, frei und hochgemuthet!

Hört nicht der Wandrer hier Gesträuch und Flut

Und Fels und Bergeshöhe sich erzählen

Mit heimlich dunkler Stimme,

Daß hier die Schaar der Unbesiegten ruht,

Die hochgesinnten Seelen

Der ihrem Hellas heilig Zugeschwor'nen?

Damals in feigem Grimme

Floh Xerxes durch den Hellespont zurück,

Ein Spott und Hohn den fernsten Nachgebor'nen,

Und von Antela's Hügel, wo im Tode

Die heil'ge Schaar ein ew'ges Leben fand,

Sah mit erhobnem Blick

Simonides hinaus auf Meer und Land.

 

Und beide Wangen überthaut von Zähren,

Die Brust beklemmt, indeß die Füße wanken,

Die Leier in der Hand,

Singt er; »O ihr Beglückten,

Die ihr die Brust preisgabt den Feindesspeeren

Für sie, der ihr das Leben habt zu danken,

Euch preis't die Welt, euch segnet Griechenland.

Wie heiße Liebe trieb

Euch junge Seelen fort in die Gefahr,[29]

O welche Lieb' in euer herbes Loos!

Und wo, ihr Söhne, blieb

Das Todesgrauen, daß ihr jauchzend gar

Hinströmtet zu dem düstren Felsenpasse,

Als ob zum Tode nicht, zum Tanze bloß,

Zu heitrem Mahl man euch geladen hätte?

Ihr aber zogt die Straße

Hinab zum Fluß der Todten,

Eh' scheidend Weib und Kinder ihr umfasstet,

Da ihr auf hartem Bette

Ach, ohne Thränen, ohne Kuß erblasstet!«

 

»Doch erst, nachdem ihr Züchtigung und Grauen

Und Schmach dem Feind gebracht.

Wie in der Rinderheerd' ein Löwe wüthet,

Bald auf den Stier sich stürzt und ihm den Rücken

Zerfleischt mit wilden Klauen,

Bald hier, bald dort die Zähne braucht mit Macht,

So schlägt ins Heer der Perser breite Lücken

Hellenengrimm, von hehrem Muth entbrannt.

Ha seht, wie häuptlings Roß und Reiter fallen,

Wie Wagen und Gezelt

In wirrem Sturz die Flucht der Perser bannt,

Und bebend, weit vor Allen,

Flieht mit gelös'tem Haarschmuck der Despot.

Seht, wie vom Blut entstellt,

Das sie vergossen, Griechenlands Heroen

Den Persern schaffen unermessne Noth,

Eh' Mann an Mann, besiegt von seinen Wunden,

Dahinsinkt in den Staub. Heil euch, ihr Helden!

Von eurer That, der hohen,

Wird Zung' und Griffel noch den Enkeln melden.«

 

»Eh' wird, ins Meer gestürzt, der Sternenreigen

Auslöschend in der Tiefe Schlund verzischen,[30]

Bevor der Nacht zum Raube

So heller Ruhm erblaßte.

Eu'r Grab ist ein Altar. Den Kindern zeigen

Dereinst die Mütter hier die ewig frischen

Spuren von eurem Blut. Und hier im Staube

Knie' ich, ihr Benedeiten,

Und küsse diese Schollen, dies Gestein,

Die unvergänglich heller Glanz verklärt

Durch alle Erdenweiten.

O läg' auch ich hier unten! Hätt' auch mein

Geopfert Blut getränkt die theure Erde!

Doch wenn ein feindlich Schicksal nicht gewährt,

Daß für mein Hellas brechend im Gefechte

Mein Aug' umnachtet werde,

So möge doch der keusche

Ruhm eures Sängers blühn in fernsten Tagen

Durch Gunst der Himmelsmächte,

So lang von euch man singen wird und sagen!«[31]

 

II. Als man Dante in Florenz ein Denkmal setzen wollte

(1818)

 

Ob auch die weißen Schwingen

Der Friede breitet über unser Land,

Wie soll'n Italiens Geister

Dem Bann der langen Schlafsucht sich entringen,

Eh' nicht dies arme Volk sich seiner alten

Urväter Vorbild wieder zugewandt?

Sorg, o Italien, wie

Du deine Todten ehrst! Denn weit und breit

Bist du verwais't von solchen Hochgestalten,[31]

Und Keiner lebt, dem Ehr' und Ruhm gebührt.

Schau rückwärts, o mein Vaterland, und sieh

Die Schaar Unsterblicher aus alter Zeit,

Bis Schmerz in dir des Zornes Flamme schürt,

Denn ohne Zorn ist thöricht heut der Schmerz.

Schau rückwärts, raffe dich empor voll Scham

Und stachle dir's das Herz,

Zu sehn, wohin es mit den Enkeln kam.

 

Die Fremden, an Geberd' und Sprach' und Art

Verschieden, wandelten am Arnostrande

Und forschten, wo der Staub

Des Sängers ruhe, dem die Ehre ward,

Allein gesellt zu sein dem Mäoniden,

Und hörten – o der Schande! –

Daß nicht allein, in fremdem Land begraben,

Nicht die Gebeine kehrten

Aus der Verbannung zu der Heimath Frieden,

Daß auch in deinen Mauern nicht ein Stein

Ihn ehrt, Florenz, ihn, dessen hohe Gaben

Dich vor der Welt verklärten.

O ihr, die unser Land nun wollt befrei'n

Mitleidig von der Schmach, der es verfallen,

Heil eurem edlen Werk, Heil euren Mühen,

Ihr Wackern! Dank von Allen,

Die noch in Liebe für Italien glühen!

 

Ja, Liebe zu der armen

Mutter Italien sporn' euch an, ihr Theuren,

Zu ihr, für deren Schicksal

In keiner Brust mehr wohnet ein Erbarmen,

Seit ihr der Himmel Leid nach Glück verhängte.

Erbarmen, Söhne, fördre stets in euren

Gemüthern dies Beginnen

Und Grimm und Gram ob all der herben Qual,[32]

Die Wang' und Schleier ihr mit Zähren tränkte.

Doch ihr – wie soll mein Wort und Lied euch preisen,

Daß nicht bedacht nur, Pläne zu ersinnen,

Nein, treubemüht mit Geist und Hand zumal

Ihr ew'gen Danks euch würdig wollt erweisen,

Dies edle Werk zu frohem Ende führend!

In welchem Ton soll ich zu euch mich wenden

Und euren Eifer schürend

Euch neue Funken in die Seele senden?

 

Begeistern wird euch das erhabne Ziel

Und scharfe Stacheln in den Busen drücken.

Wer schilderte den Sturm

Der Inbrunst, wer das lodernde Gefühl?

Wer malt die stummverzückten Angesichter,

Die Glut in euren Blicken?

Wie reicht' ein stammelnd Menschenwort hinan,

Himmlisches auszusprechen?

Fern bleibe der Profane! Seinem Dichter

Wird noch im Bild Italien Thränen weih'n.

Wie könnt' es je zerfallen, wie der Zahn

Der Zeit den Ruhm euch schwächen?

Ihr, die uns Trost im Unglück durftet sein,

Ihr himmlisch holden Künste, lebt ja immer,

Und lindernd unserm Volk den Fluch, den schweren,

Wollt ihr, ob auch in Trümmer

Italien sank, den Ruhm Italiens mehren.

 

So komm' auch ich und bringe

Zu unsrer leidgebeugten Mutter Ehren

All was ich kann und habe,

Dies Lied, das ich zu eurem Werke singe,

Indeß des Meißels Schlag den Stein belebt.

O du, erlauchter Vater unsrer hehren

Dichtkunst, wenn eine Kunde[33]

Von ird'schem Thun, von ihr, die du so hoch

Erhoben, bis zu euren Ufern schwebt,

So weiß ich, nicht um dich dünkt dir's Gewinn.

Denn gegen deinen Ruhm im Weltenrunde

Sind Erz und Marmor so vergänglich doch

Wie Wachs und Sand. Und wenn aus unserm Sinn

Du je entschwunden warst, je kannst entschwinden,

Mag unser Leid noch wachsen unermessen,

Mag ohne Trost zu finden

Dein Volk vergehn, von aller Welt vergessen.

 

Doch nicht um deinetwillen, – um das Land,

Das dich gebar, ist's Freude dir, wenn je

Am Vorbild hoher Ahnen

Der schlummertrunkne Enkel sich ermannt,

Daß er erhobnen Haupts sich stark erwiese.

Ach, von wie langem Weh

Gebeugt siehst du nun Die, die schon vor Zeiten

Armselig du gesehen,

Als du von Neuem gingst zum Paradiese,

Heut so im Elend, daß im stolzen Schimmer

Von Glück und Macht sie damals schien zu schreiten.

So weh ist ihr geschehen –

Du glaubtest's wohl den eignen Augen nimmer!

Doch nichts von andrer Noth, die sie bezwang!

Nur von der bittersten, der jüngsten Schande,

Die schier den Untergang

Verhängte deinem armen Vaterlande.

 

Heil dir, daß voll Erbarmen

Dein Schicksal dich bewahrt, dies zu erleben,

Daß du Italiens Frauen

Nicht siehst entehrt in fremder Krieger Armen,

Mit Brand und Plündrung Stadt und Land geschlagen

Und aller Wuth des Feindes preisgegeben;[34]

Die göttlich hohen Werke

Italischer Meister fortgeschleppt in schnöde

Knechtschaft jenseit der Alpen, von der Wagen

Wüstem Gedränge jede Straße dröhnend

Und Herr'n im Lande Trotz und rohe Stärke!

Du hörtest nicht das frevle Hohngerede

Von Freiheit, wie ein Spottgelächter tönend

Zum Klang von Ketten und von Geißelhieben.

Wer ward verschont? Wovon sind jene frechen

Ehrfürchtig fern geblieben,

Von welchen Heiligthümern und Verbrechen?

 

Was mußten wir so arge Zeit erleben?

Was ließest du uns werden, ach, warum

Nicht früher wieder scheiden,

Grausames Schicksal? Daß wir unterjocht

Von Fremden schauend unser Vaterland,

Vernichtet, todt und stumm

Jedwede Tugend, doch die grimmen Schmerzen,

Die nagten sein Gebein,

Mit keinem Trost zu lindern ihm vermocht

Und keinen Hoffnungsstrahl ihm durften gönnen!

Ach, nicht einmal das Blut aus meinem Herzen

Durft' ich dir, Theures, weih'n.

Nicht hab' ich, dich zu retten, sterben können!

Denk' ich's, schwillt mir das Herz vor Zorn und Harme.

Wohl starben auch von uns viel tapfre Fechter,

Doch nicht für dieses arme

Italien, nein: für seine fremden Knechter.

 

Wenn dies dich nicht empört,

Wardst, Vater, du ein Andrer, als auf Erden.

In Rußlands eis'gem Schlamme

Hinsanken, ach, wohl bessren Todes werth,

Italiens Tapfre; Sturm und Frost verbanden[35]

Und Thier' und Menschen sich, sie zu gefährden.

Mit Blut die Erde tränkend,

Hinsanken sie, halbnackt und abgezehrt,

Wo sie im Eisgefild ihr Wundbett fanden.

Und nahte dann die letzte Stunde sich,

Voll Heimweh der geliebten Mutter denkend,

Erseufzten sie: O rafft' uns hin das Schwert,

Nicht Schnee und Eis, und stürben wir für dich,

Geliebte Heimath! Von dir losgerissen,

Da noch uns lacht die schönste Zeit im Leben,

O daß wir sterben müssen

Ruhmlos, für Jene, die den Tod dir geben!

 

Ihr Klagen hat die nordische Wüste nur

Und sturmgepeitschter Föhrenwald vernommen.

So fanden sie ihr Ende,

Und witternd der verlassnen Leichen Spur

Im graus'gen Meer von Schnee, ist aus den Höhlen

Das Wild zum Fraß gekommen,

Daß nun der Trefflichen und Tapfern Name

Spurlos der Nacht geweiht,

Gleich dem der Feigen sei. Ihr theuren Seelen,

Ob euer Unglück auch so grenzenlos,

Dies sei allein euch Trost in eurem Grame,

Daß ihr in Ewigkeit

Müsst bleiben jedes Trostes baar und bloß.

Im Abgrund eures Jammers sollt ihr ruhn,

Als echte Söhne jener Schmerzenreichen,

An deren Unglück nun

Das eure nur vermag hinanzureichen.

 

Euch klagt sie ja nicht an,

Die Muttererde, nein, die euch gezwungen

Zum Kampfe wider sie,

Daß sie nun bitter weinen muß fortan[36]

Und ihre Thränen mischen mit den euren.

O rührte sie, die höchsten Ruhm errungen,

Jetzt in der tiefsten Noth

Nur Einem so das Herz, daß er empor

Sie zög' aus dieser düstren, ungeheuren

Versunkenheit! Sag, o erlauchter Schatten,

Ist denn die Liebe zu Italien todt?

Erlosch die Glut, die dich beseelt zuvor?

Die Myrte, dran wir uns getröstet hatten