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Manja Wöhr

Die
kleine
wilde
Frau

– Das Handbuch –

Unliebsame Verhaltensweisen aufspüren
und Gewohnheiten ändern

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1. Auflage 2019

© 2019 by Windpferd Verlagsgesellschaft mbH, Oberstdorf

Alle Rechte vorbehalten

Kein Teil des Buches darf in irgendeiner Form oder zu irgendeinem Zweck elektronisch oder mechanisch, einschließlich Fotokopie, Recording und Wiederherstellung ohne schriftliche Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

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Umschlaggestaltung: Jennifer Jünemann | www.bitdifferent.de

Verwendete Illustrationen: Manja Wöhr und Axel Bueckert @123rf.de

Illustrationen im Innenteil: Manja Wöhr

Lektorat: Sylvia Luetjohann

Satz und Layout: Marx Grafik & ArtWork

eISBN 978-3-86410-236-3

www.windpferd.de

Inhalt

Vorwort

Einleitung

Was bedeutet KWiF?

Eine wundervolle Entdeckung (Erzählung)

Die Entstehung der KWiF-Methode

Das Symbol

Universelle Motive

Die Motive in den Alltag integrieren

Die KWiF-Methode

Flucht oder Kampf?

Ein neuer Weg über die Bilder der KWiF-Methode

Die KWiF-Fragen

Die KWiF-Markierung

Die Umsetzung und Wirkung der KWiF-Methode in der Praxis

Leben mit KWiF

Begegnungen mit ganz unterschiedlichen Menschen

Außergewöhnliche Menschen

Zweideutige Botschaften

Ärzte sind auch nur Menschen

Die Wertschätzung für sich selbst nicht vergessen

„Klappe zu, Affe tot“

Begegnungen mit außergewöhnlichen Situationen

Alles ist gut

Das Wechselspiel des Lebens

Lebensfragen hinter KWiF

Ungute Gewohnheiten und notwendige Veränderungen

Das Mysterium dieses Lebens

Nachwort

Das Ende ist der Anfang

Die Künstlerin Manja Wöhr

Zu meiner Malerei

Das KWiF-Programm

Die Begleitfigur zum Buch

Die kleine wilde Frau als Anhänger

Alles Streben nach Glück und Reichtum

gilt der Erfüllung von Liebe und Vertrauen.

Wenn wir unserer inneren Lenkung folgen,

gehen wir den richtigen Weg.

Vorwort

Dieses Buch ist kein klassischer Ratgeber. Wozu auch? Die Regale in den Buchläden sind voll davon. Für alle Bereiche können wir uns Rat holen, meist von Fachleuten, die wissen, wovon sie reden. Ich habe ein paar davon gelesen und fand einige ziemlich gut – nämlich so gut, dass ich dachte: „Ja genau, so mache ich das ab sofort auch.“ Während des Lesens war ich mir sicher darüber, genau das zu befolgen, denn es machte für mich wirklich Sinn, was da stand. Doch die Sache war verzwickt. Kam eine Situation in der Art, wie es im Buch beschrieben war, hatte ich den Rat nicht zur Hand, denn der stand bei mir daheim im Regal. In dem Moment, in dem ich ihn gebraucht hätte, dachte ich gar nicht daran, sondern handelte wieder so wie bisher. Also las ich wieder nach und nahm mir erneut vor, es beim nächsten Mal anders zu machen. Und was passierte? Die Gewohnheit war da und der Rat war wieder bei mir daheim. Und so drehte ich mich weiter in meinem Hamsterrad, immer schön im Kreis herum.

Das wiederholte ich so lange, bis ich irgendwann den Ausstieg schaffte, hinein in mein Leben: in ein Leben, das für mich passte und das ich jetzt für kein anderes Leben der Welt tauschen möchte. Und genau das funktioniert mit der KWiF-Methode.

Einleitung

Manche Menschen hören automatisch auf ihre innere Stimme. Bei mir war das anders. Ich brauchte eine Krise, die dazu führte, dass ich die Welt mit anderen Augen sah.

Ich glaube, dass grundsätzliche Veränderungen von einem Moment zum anderen stattfinden können. Denn ein Grundsatz ist nichts anderes als eine Erkenntnis oder eine Regel, an der man sich orientiert. Wenn wir plötzlich feststellen, dass diese Regel gar nicht stimmt und dass in Wahrheit eine ganz andere Regel gilt, dann verändert sich alles in einem Augenblick. So war das jedenfalls bei mir. Ich habe damals mein Vertrauen wiedergefunden. Um in diesem Vertrauen weiterzuleben, habe ich eine Möglichkeit für mich entdeckt.

KWiF ist eine selbstbestimmte Methode. Wir alle haben Grenzen. Wenn wir diese Grenzen nicht selbst bestimmen, tun das andere für uns. Dann leben wir nicht nach unseren Bedürfnissen und Wünschen, sondern nach denen von anderen Menschen.

Mittlerweile sind mehrere Jahre vergangen, in denen mich diese Methode begleitet. KWiF ist eine freudvolle und alltagstaugliche Möglichkeit, um bewusst durchs Leben zu gehen.

Als „Methode“ bezeichnete es neulich eine Frau, mit der ich ins Gespräch gekommen war. Sie erzählte mir, dass sie sich vorkomme wie in einer Achterbahn. Ihr Leben sei ein heilloses Durcheinander. „So habe ich mir das nicht vorgestellt“, meinte sie. „Ja“, antwortete ich, „das kenne ich. Bei mir war es ähnlich …“ Und dann erzählte ich ihr meine Geschichte.

In diesem Buch erzähle ich Ihnen meine Geschichte. Vielleicht kommt Ihnen manches bekannt vor. Und wer weiß, vielleicht sehen Sie nach dem Lesen manches mit anderen Augen.

Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen!

Liebe Leserin, lieber Leser,

nun wird es etwas persönlicher.
Darf ich Ihnen deshalb das du anbieten?

Was bedeutet KWiF?

Der Name KWiF leitet sich von die kleine wilde Frau ab.

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Im Folgenden möchte ich sie dir gerne ein bisschen vorstellen. Die kleine wilde Frau steckt in jedem von uns.

Sie ist diejenige, die wir manchmal so lange ignoriert und verdrängt haben, dass wir sie nicht mehr hören können und uns dann wundern, warum wir uns in dieser Welt fehl am Platz fühlen. Sie ist es, die uns fühlen lässt, was richtig ist und was uns guttut. Und sie ist es, deren Rat wir befolgen sollten. Wozu sonst sollten wir so etwas wie eine innere Lenkung, eine innere Stimme haben?

Ob sie so aussieht wie dieses Fabelwesen? Aber nein, sie sieht überhaupt nicht aus, das ist ja das Problem! Sie ist unser Bauchgefühl, unsere Intuition, der wir folgen sollen. Doch wer kann sich darunter denn schon etwas vorstellen? Da bekommt man ja eher Bauchschmerzen, unklarer geht es kaum noch. Da macht es doch viel mehr Spaß und ist viel schöner und einfacher, sich diese innere Stimme als kleines Fabelwesen vorzustellen. Als solches kann sie uns Glück und Erfüllung bringen.

Sie lacht uns aus, wenn wir uns zu ernst nehmen und uns über Dinge ärgern, anstatt dabei Spaß zu haben. Und wie sie toben kann! Vor allem dann, wenn wir nur die Erwartungen der anderen erfüllen und selbst dabei leer ausgehen. Sie kann uns schön in den Hintern treten. Oh, Entschuldigung, aber das passiert manchmal. Natürlich ist es nur ein gedanklicher Tritt in den Hintern, aber der kann ganz schön wehtun. Na ja, nicht so sehr wie manch anderer Gedanke. Vielleicht hast du das ja schon selbst erlebt, zum Beispiel, wenn du etwas gemacht hast, das sich von vornherein falsch angefühlt hat. Die Gedanken und die Gefühle hinterher können ganz schön schmerzhaft sein. Die kleine wilde Frau ist auch da, wenn wir traurig sind, wenn wir uns etwas so sehr gewünscht haben und es dann nicht geklappt hat. Sie tröstet uns und lässt uns eine Weile ausruhen. Aber sie kommt immer wieder. „Komm, steh auf. Schau: die schönen Blumen am Wegesrand. Es wird wieder gut. Komm, es wird Zeit, lass uns losgehen!“

Wie kann man da die Schönheit dieser Welt übersehen?

Die kleine wilde Frau ist einfach wunderbar. Wenn wir uns verirrt haben, zeigt sie uns den Weg zurück zu uns selbst, zu unseren Wünschen und Sehnsüchten. Sie sagt uns: „Achte auf dich und sei nicht so streng mit dir.“ Und vor allem sagt sie: „Du bist einzigartig und etwas Besonderes, nämlich das Beste, was es für dich auf dieser Welt gibt.“

Wie ich der kleinen wilden Frau begegnet bin?

Fangen wir einfach mit einer Erzählung an: mit dem Traum eines Mädchens.

Eine wundervolle Entdeckung (Erzählung)

Ihr Großvater war Missionar in Afrika gewesen, in Kamerun. Als sie klein war, erzählte er Geschichten von dort. Sie handelten von Schlangen und Elefanten, von Frauen in bunten Tüchern, vom Dschungel und von schwarzen lachenden Menschen. Wenn sie den Geschichten lauschte, war alles so bunt und schön und sie fühlte sich leicht wie ein Schmetterlingsflügel. Je mehr Geschichten sie von diesem Afrika hörte, desto stärker wurde der Wunsch, dorthin zu fahren.

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Damals lebte sie im Nicht-genug-Land. Sie wusste, dass sie selbst nicht gut genug war. Das hatte ihr niemand gesagt, aber auch Zwischentöne schmerzen. Sie bemerkte die Zwischentöne nicht, nur die Schmerzen. Sie fühlte sich nicht hübsch, nicht klug, nicht liebenswert genug. Gegen Zwischentöne kann man als kleiner Mensch nicht kämpfen. Daher unternahm sie viele Reisen, um dem Nicht-genug-Land zu entkommen. Die Orte, die sie dabei besuchte, waren auf keiner Landkarte zu finden. Ihr Traum, irgendwann einmal nach Afrika zu reisen, blieb bestehen. Für sie war diese Reise eine Reise ins Genug-Land, ins Paradies.

Sie wurde groß und unternahm viele Reisen. Die Reisen machten sie reicher. Sie lernte Freude und Leid, Liebe und Elend in vielen Farbschattierungen kennen. Der Traum von einem bunten Leben in Afrika blieb – dem Land, in dem sie genug sein wollte. Träume, die man lange träumt, werden wahr. Als sie endlich am Flughafen stand, auf ihrem Weg nach Afrika, sagte sie: „Ihr braucht keine Angst zu haben, mir passiert nichts, denn jetzt geht mein größter Traum in Erfüllung. Ich reise ins Genug-Land!“ Für sie begann ein Leben in Farbe. Sie entdeckte eine neue Welt und war glücklich. Sie liebte dieses Afrika. Es war das Land ihrer Kindheitsträume. Doch von Ferne grüßte ab und zu das Nicht-genug-Land.

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Mit den Jahren merkte sie, dass ihr sogar in ihrem erträumten Paradies etwas zum vollkommenen Glück fehlte. War dieses Genug-Land vielleicht doch woanders zu finden? Sie machte sich auf die Suche. Sie reiste in dieses und jenes Land, entdeckte immer neue Farbschattierungen, lernte neue Menschen und Dinge kennen und manchmal glaubte sie, sie sei am Ende ihrer Suche angekommen. Doch da bekam sie jedes Mal eine Postkarte mit Grüßen aus dem Nicht-genug-Land. Deshalb beschloss sie mutig, mit Angst im Herzen, zurück ins Nicht-genug-Land zu reisen, um dort genug zu sein.

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Sie fand dort bald eine gute Arbeit, verdiente viel Geld, mietete sich eine große helle Wohnung mit Aussicht auf den Park und sagte: „Seht her, ich habe alles getan. Jetzt ist es gut. Kommt und besucht mich.“ Doch die Menschen aus dem Nicht-genug-Land kamen nicht. Sie legte sich ein teures Hobby zu, kaufte schöne Kleider, bekam einen schicken Firmenwagen als Anerkennung für ihre Arbeit. „Schaut her! Bin ich jetzt genug? Ich habe doch viel erreicht! Kommt und schaut es euch an!“ Es nützte nichts. Sie kamen nicht. Sie hatte versagt. Die Farben verschwanden, die Welt wurde dunkel, sie fiel in ein Loch.

Sie ging zu einem Arzt, der ihr aus dem Loch heraushelfen sollte. Der rieb sich das Kinn und schickte sie zum nächsten Arzt. Dieser brummte, kratzte sich am Kopf, probierte etwas, probierte etwas anderes und schickte sie weiter. Schließlich kam sie zu einer Ärztin, die sagte: „Das ist ganz einfach: Ihre Seele ist krank. Sie werden gesund, aber das kann dauern. Sie machen eine Kur. Das wird helfen.“ Die Ärztin füllte viele Formulare aus, sie unterschrieb und wartete – und wartete und wartete. Sie wollte die Ärztin fragen, wie lange sie noch warten müsse, doch die Ärztin war selbst krank geworden und das Formular unauffindbar. Sie ging zu einem anderen Arzt, denn das Leben in dem Loch war sehr düster und wurde immer beschwerlicher. „Ja, liebe Frau, ohne Formular können Sie die Kur nicht machen. Kommen Sie ein andermal und wir füllen es erneut aus und dann werden Sie warten müssen.“

Als sie die Praxis verließ, hatte ein leichter Sommerregen eingesetzt. Trotzdem ging sie in den Park und setzte sich dort unglücklich auf eine nasse Bank. Das Loch war noch ein bisschen tiefer geworden. Da stellte sich jemand vor sie hin. Sie musste blinzeln, denn hinter den Regenwolken blitzte die Sonne durch. „Heul hier nicht rum! Du hast keinen Grund!“ Das war die kleine wilde Frau. „Schau, es regnet. Na und? Die Sonne scheint doch auch und nur die Sonne und der Regen zusammen können so etwas Wunderbares zaubern.“ Die kleine wilde Frau trat beiseite und sie sah die leuchtenden Farben eines wunderschönen Regenbogens. Da musste sie lachen. War es nicht irrwitzig komisch? Sie hatte schon viele Jahre keinen Regenbogen mehr gesehen. Sie lachte und die kleine wilde Frau lachte auch.

„Wusstest du“, fragte die kleine wilde Frau dann, „dass es heißt, man findet am Ende eines Regenbogens einen Schatz?“ – „Du bist wunderbar.“ – „Du auch! Und jetzt los!“ Und sie hörte auf die kleine wilde Frau und ging los. Sie ging heim, sie ging in ihre Wohnung und lachte und weinte. In jener Nacht fiel sie in einen tiefen Schlaf – endlich.