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Niclas Lahmer

Rebellion im Hamsterrad

Wie Sie Ihre Routine endlich gegen mehr Sinn, Freiheit und Geld tauschen

Niclas Lahmer

Rebellion im Hamsterrad

Wie Sie Ihre Routine endlich gegen mehr Sinn, Freiheit und Geld tauschen

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

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Originalausgabe, 1. Auflage 2020

© 2020 by FinanzBuch Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

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D-80636 München

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Redaktion: Clarissa Blomqvist

Korrektorat: Anja Hilgarth

Umschlaggestaltung: Marc-Torben Fischer

Satz: Satzwerk Huber, Germering

Druck: GGP Media GmbH, Pößneck
eBook: ePubMATIC.com

ISBN Print 978-3-95972-268-1

ISBN E-Book (PDF) 978-3-96092-491-3

ISBN E-Book (EPUB, Mobi 978-3-96092-492-0

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INHALT

EINLEITUNG

Strampeln im Hamsterrad

Die Welt im Wandel

Raus aus der Knechtschaft

WIE DIE FREIHEIT STIRBT

Klassifizierung

Die Qual der Wahl

Darf der das?

Du kannst mich mal vergleichen!

Konservierte Angst

Besser gewusst, schlechter gemacht

HAMSTERFALLE

Robin Hood und die Titanic

Frühe Knechtschaft

Das Hamsterquartett

Verlernte Glaubenssätze

Müllentsorgung

Friedhof der Freiheit

MEMENTO MORI

Illusion Sicherheit

Haltestellen

Abkürzungen

Statisten

Das Leben verpostet

Carpe diem

ENTSCHEIDUNGSTRÄGHEIT

Opportunitätskosten

Verwaltungskosten

Palast-Ballast

Eliminieren statt sammeln

Leidenschaft

ERFOLG MACHT TRAURIG

Hohe Ansprüche – keine Erwartungen

Hoffnungslos erfolgreich

Eigenverantwortlich unverantwortlich

Opfer

Unsere Glücksformel

Glückskinder

SPIELKINDER

Haie schwimmen nicht rückwärts

Nein sagen statt Ja denken

Im Kinderzimmer ein Unternehmen gründen

Super Idee – gibt es aber schon!

Ohne Firma etwas gründen

Investieren ist wie spielen

Regelbruch

Nimm den Ernst des Lebens nicht so ernst

TAUSCHGESCHÄFTE

Tausche Zeit fürs Kuscheln

Ohnmächtig ohne Macht

Tausche Geld gegen Zeit

Tausche 1,20 Euro gegen 0,90 Euro

Kleines Tauschgeschäft – großer Erfolg

Tausche Haus gegen Freiheit

Vier Räder auf Zeit

Rechen(bei)spiele

Für 120 Euro in die First Class

Wie wir die besten Tauschgeschäfte finden

MOBILITÄT

Ich bin dann mal weg

Parkinsons Gesetz

Und tschüss

Bindung auf Lebenszeit

Die Zukunft des festen Wohnsitzes

Homo mobilicus

Die Zukunft des mobilen Arbeitens

FINANZIELLE FREIHEIT

Bargeld versus Giralgeld

Kaufzeitpunkt versus Kaufpreis

Verbindlichkeiten versus Vermögenswerte

Hamster versus Rebellen

Sparmodus versus Parkmodus

Eigentlich doch ganz einfach

Über den Tellerrand hinaus

LAUF, HAMSTER, LAUF

Mach dich unnötig

Con Artist

Selbsttäuschung

Dem Leben ins Auge geblickt

In Erinnerung an uns

Das Eisenhower-Prinzip

Geschäft, gut laufend, sucht Persönlichkeit

Biete Persönlichkeit, suche Aufgabe und Sinn

Ihre Geschichte ist wichtig – Sie sind es nicht

Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt

Alles, was Sie hören, ist eine Meinung

Spieglein, Spieglein an der Wand

ZELLENAUSBRUCH

Die Toleranz und das Möbelhaus

Messias-Komplex

Ist das Leben denn ein Ponyhof?

Wer Ketten trägt, bricht niemals aus

Langfristig schlägt kurzfristig

Kurswechsel

Das Hamsterrad im Unternehmen

In der Freiheit angekommen

ANMERKUNGEN

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EINLEITUNG

Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann, was er will, sondern dass er nicht tun muss, was er nicht will.

Jean-Jacques Rousseau

Ich gebe es zu: Ich bin ein Extremist! Ich meine das ehrlich. Ich bin keiner der fanatischen und gewalttätigen Menschen, die im Namen eines Gottes morden und die Welt brennen sehen wollen. Um Himmels willen, nein! Ich bin ein Extremist der Lebensumstände. Viel zu oft stelle ich alles infrage, und überhaupt sind die meisten Dinge, die ich beginne, in der Durchführung extrem oder radikal. Ich kann es nicht ertragen, nur die Hälfte eines Bildes zu malen, und will daher permanent wissen, was es noch für Möglichkeiten gibt. Bis nicht alle Möglichkeiten und Chancen ausgereizt sind und ich nicht weiß, wie es hinter dem Horizont aussieht, bin ich unzufrieden.

Ich bin ein Extremist der Lebensumstände.

Solange ich mich erinnern kann, ist das schon so. Bei meinen Hobbys und Aktivitäten begann es. Bis ich nicht alle Gürtel, Medaillen und Scheine hatte, nicht alle Akkorde gespielt und solange Ziele offen waren, war die Sache für mich noch nicht vollends erledigt. Hatte ich dann erreicht, was ich wollte, zog ich weiter. Ich hatte das Interesse verloren und wollte neue Horizonte sehen. Zu lange anhaltender Stillstand führt bei mir immer zu juckenden Fingern: Da muss doch noch mehr gehen! Überhaupt bin ich ein ziemlich seltsamer Zeitgenosse. Zu oft höre ich meine Mitmenschen sagen: »Mensch, Niclas, jetzt gib dich mal zufrieden und sei mal dankbar. Soll das immer so weitergehen?« Ich bin sehr dankbar, doch alles andere als zufrieden. Denn wer immer nur zufrieden ist, muss ja auch nichts ändern. Ich weiß, dass ich am allgemeinen Status quo gemessen recht erfolgreich bin, doch treibt mich eine seltsame Art der Unzufriedenheit an. Mein Glas ist meistens halb leer statt halb voll. Ich frage mich permanent, ob nicht doch etwas mich einengt, mich zu versklaven versucht oder Kontrolle über mich besitzt. Dann fühle ich mich manchmal wie ein Hamster im Rad.

Ich kann diese Kontrolle externer Zwänge über mein Leben nur wenig bis gar nicht ertragen, auch wenn ich weiß, dass ich oft wie ein Getriebener wirke. Ich reiße Dinge gerne nieder, um sie kurz danach wieder in anderer Form neu aufzubauen. Ich weiß auch, dass dieses Verhalten extrem ist und oft nicht von Vorteil. Doch wer etwas verändern will und sich vielleicht ähnlich fühlt wie ich, muss manchmal Bekanntes vergessen und Funktionierendes vernichten, um Neues zu erschaffen. Dazu gehört es auch, unsere Ansichten über Geld, Jobs, Lebenszeit und Freiheit zu hinterfragen. Heißt es denn nicht: »Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit?« Ich fragte mich, was Freiheit überhaupt bedeutet. Die unterschiedlichsten Denker, Philosophen und Gelehrten hatten darauf verschiedene Antworten. Es war Abraham Lincoln, der sagte: »Die Welt hat nie eine gute Definition für das Wort Freiheit gefunden.«1 Vielleicht hatte der Mann, dem wir die Abschaffung der Sklaverei verdanken, ja recht. Doch fragen wir uns lieber einmal ganz grundsätzlich: Was ist Freiheit und warum sollten wir lieber frei als unterdrückt leben? Was bedeutet es, frei zu leben? Heißt Freiheit, dass man seinen Job hinschmeißen muss und nur noch am Strand liegen sollte? Muss man, um frei zu sein, ein eigenes Unternehmen gründen, sich selbstständig machen und nie wieder für jemand anderen arbeiten? Können wir nur frei leben, wenn wir gegen jeden und alles rebellieren? Eines weiß ich mit Gewissheit: Wer Freiheit genießen will, muss sie hinterfragen. Zumindest kommen wir an dieser Aufgabe nicht vorbei, wenn wir in einer gefühlten Freiheit leben wollen.

»Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit?«

Wenn mich das Extreme dann einmal loslässt, damit ich meinen Körper von all der Radikalität, der Arbeit und dem Stress erholen kann, kommen mir die Fragen. Wie ich so eines Tages da lag, in der Hängematte, am ersten Tag meines Urlaubs, konnte ich es nicht verhindern, an das Meeting in der Firma zu denken, in dem ich bereits in 11 Tagen wieder sitzen würde. Da überkam es mich wieder: War mir in diesem Leben nicht mehr als nur ein kurzer Moment vergönnt, in dem ich die Sonne, das Meer und ein Glas Caipirinha genießen könnte? Ich wollte so gerne noch länger dort am weißen Strand sitzen bleiben, die Sonne genießen und abschalten. Könnte ich nicht einfach diesen Moment festhalten und erst dann wieder loslassen, wenn ich seiner überdrüssig geworden wäre? Leider nein, denn in wenigen Tagen würde ich wieder dem Extremismus verfallen und rund um die Uhr schuften.

So sah mein Leben anscheinend aus. Von den 365 Tagen im Jahr hatte ich im Schnitt 20 Urlaubstage und freie Sonntage geplant. Wie viele ich davon tatsächlich nahm, stand auf einem anderen Blatt Papier. Die restlichen Tage gingen für die Arbeit drauf. Die Wochenenden nutzte ich ausnahmslos, um kurz Luft zu holen und Liegengebliebenes abzuarbeiten. Das war das Leben eines Geschäftsmannes, welches ich an einer renommierten Business School kennengelernt hatte und nun in die Tat umsetzte. Montags bis samstags arbeiten und am Sonntag Luft holen. Dann begann der Kreislauf von vorne. Wie ich so an meinem ersten Urlaubstag in der Hängematte lag und die frische Luft einatmete, schoss es mir durch den Kopf: Was wäre eine Alternative zu diesem Leben? Gut, ich könnte womöglich alles hinschmeißen und auf eine ferne Insel in die Karibik ziehen, mir Rastalocken wachsen lassen und mein Leben mit einer Bong verbringen. Ich könnte auch irgendwo in Thailand am Strand einen Surf-Klub eröffnen und das entspannte Leben genießen: Raus aus dem Alltag und rein ins Paradies, so wie es vor mir einige Menschen getan haben, deren Artikel wir in Blogs und Zeitungen lesen können. Dieser Lebensstil soll bekanntermaßen entschleunigen. Das Problem an der ganzen Sache war, dass ich bereits nach sechs Monaten von der Insel geflohen wäre und in Thailand aus dem Surf-Klub ein Franchise-Unternehmen gemacht hätte. Oft wird mir nach kurzer Zeit schon langweilig und ich frage mich, ob nicht noch mehr möglich ist. Mit einem solchen Lebensstil würde ich aus meinem Leben nicht das machen, was ich mir vorstellte. Ich war den permanenten Kampf gewöhnt und oft schien es mir, als würde ich dem Status quo der Gesellschaft hinterherjagen, mehr noch als dem Geld oder dem Erfolg. Ich war ein Hamster, der im Rad lief, ein Hamster des Systems.

Doch um das einmal klarzustellen: Auch heute kenne und schätze ich diesen Kampf, das Erzielen von Erfolgen und das permanente Lernen durch Niederlagen, die ein Teil des Weges sind. Das gehört schließlich zum Leben dazu, denke ich. Stillstand ist mir fremd. Doch eines wurde mir damals klar: Wenn ich so weitermachen würde, wäre ich bald eine wandelnde Leiche. Meine Seele würde als Erstes sterben, bevor mein Körper langsam ins Grab hinterhersinken würde. Trotz des Geldes fehlte es mir oft an Sinn oder Erfüllung. Ich fühlte mich wie in Ketten gelegt, wie ein Hamster, der dem »Soll« hinterherläuft, ohne zu bemerken, was gerade »ist«. Obwohl ich gut verdiente, strampelte ich im Rad weiter, um den nächsten Schein zu erhalten. Wer diese ehrliche »Soll-Ist-Analyse« über sich ergehen lässt, der kommt schnell ins Nachdenken. Soll sich unser Leben nur ums Geldverdienen drehen?

Finanzielle Sorgen und Probleme sind mir nicht fremd. Schließlich wurde ich nicht mit einem goldenen Löffel geboren und musste mir immer alles selbst hart erarbeiten. Wenn ich erst einmal meine finanzielle Lage verbessern würde, könnte ich auch das Hamstersein an den Nagel hängen, dachte ich damals. Doch selbst als ich dieses Ziel erreicht hatte, fühlte ich mich oft wie ein getriebenes Tier. Wenn ich mit meinen Steuerberatern zusammensaß und die monetäre Situation besprach und alle am Tisch glücklich zu sein schienen, saß ich als Einziger da wie ein Häufchen Elend und war unzufrieden. Bis heute hat sich das nicht geändert. Ich bin zwar meilenweit von der Privatinsolvenz entfernt, doch fühle ich mich immer noch wie ein Gejagter, als könnte ich bereits in wenigen Monaten pleitegehen. Da versuche ich das ganze Jahr mehr und mehr Umsatz zu erzielen und bin am Ende doch mit dem Ergebnis nicht zufrieden. Ich glaube, dass ich das niemals sein werde.

Es schien, als sei es nicht das Kapital gewesen, das mich zu unterjochen vermochte. Doch konnte es mich auch nicht befreien. Dieses Gefühl der Knechtschaft hatte sich trotz der Verbesserung der monetären Mittel nicht verändert. Und überhaupt: Wie sollte ich mich frei fühlen, wenn ich gar nicht wusste, was Freiheit war?

Zu Beginn meines Studiums hatte ich zunächst eine Zeit kennengelernt, in der die Rechnungen wie Regen auf mich niederfielen und ich jede Woche sehen musste, wie ich finanziell zurechtkam. Wenige Jahre später lief es wie am Schnürchen. Die Taschen waren voll. Doch statt als armer Hamster im Rad lief ich nun als satter Hamster das Rad etwas langsamer hinauf. Ein Hamster war ich nach wie vor.

Viele Menschen kennen dieses Hamsterrad. Ich war nicht der Einzige. Manager und Unternehmer genauso wie Fachkräfte und Spezialisten kennen das Hamsterrad, in dem sie jeden Tag schuften müssen. Auch wenn es finanziell gut läuft, ist das permanente Springen, Rennen und Hopsen eine ungeheure Belastung für den Geschäftstüchtigen. Noch schlimmer ist es jedoch, wenn es finanziell überhaupt nicht gut läuft und man im Hamsterrad auch noch leidet. 33 Prozent aller Hamster im Rad sind laut Gewerkschaftsbund mit ihrem Beruf und ihrem Arbeitsplatz unzufrieden. Laut einer Erhebung des Gallup-Instituts stehen sogar 88 Prozent der befragten Arbeitnehmer kurz davor zu kündigen oder, schlimmer noch, haben bereits innerlich gekündigt. Sie verbleiben dennoch in ihrem Job, nicht weil er ihnen Spaß macht, sondern weil sie auf das Gehalt angewiesen sind.2 Auch sie kennen das Rennen und Hopsen, um Rechnungen auch in Zukunft bezahlen zu können. Als Devise gilt nach wie vor: Ohne Moos nichts los!

Ohne Moos nichts los!

Strampeln im Hamsterrad

So sind die Leitideen, die unsere Gesellschaft vorgibt, zum Käfig für die Massen geworden. Das Konzept der Arbeit und des Geldes prägt unser Sein und knechtet uns von Beginn unserer Kindheit bis ins hohe Alter. Wir starten in jungen Jahren in der Schule mit den Anweisungen, gute Noten zu schreiben, fleißig zu lernen und brav zu nicken, damit wir am Ende des Absitzens einen Abschluss erhalten. Ohne diesen Abschluss verpasst man den Anschluss an der nächsten Haltestelle. Es folgt die Berufsausbildung oder das Studium. Hier gelten die gleichen Prinzipien. Wer fleißig lernt, arbeitet und brav nickt, bekommt einen festen Anstellungsvertrag oder einen hoch bezahlten Job, so sind zumindest die Versprechungen an BWL- und Jura-Studenten. Jetzt beginnt der junge Mensch zu träumen: vom schnellen Auto, der schicken Wohnung, dem idealen Lebenspartner.

Doch schnell sieht man ein, dass die Realität völlig anders aussieht. Mit Anfang 20 stand man vor 30 Jahren bereits mitten im Leben. Heute haben die wenigsten Mittzwanziger bereits einen Job oder gar eine abgeschlossene Ausbildung. Der ganze Prozess ist durch anspruchsvolle Bildungsmaßnahmen zehn Jahre nach hinten gerückt: Das Studium dauert inklusive Masterabschluss heute mindestens zehn Semester. Nach fünf Jahren Studium hat man zwar noch keinen Cent verdient, dafür aber viel Geld für die hochgeschätzte Ausbildung ausgegeben. Nachdem man dann doch zu einer Arbeit gelangt ist, folgt die nächste Station der Knechtschaft. Diese dauert wesentlich länger und versklavt den Menschen, bis er 65 Jahre alt ist. Tendenz steigend! Diese Form der Knechtschaft ist auch als das Hamsterrad oder das System bekannt, in dem man strampelt und strampelt und dennoch nicht vorankommt. Wenn man dann eines Tages genug gestrampelt hat, soll man, so der Plan, in die wohlverdiente Rente eintreten. Was folgt, sind einige Jahre der Ruhe, des Alterns und, mit Glück, des Zusammenseins mit der Familie. Das ist die Knechtschaft unserer Zeit, die Sklaverei des einzigen Gutes, welches wir wirklich besitzen, nämlich unserer Lebenszeit. Nicht alle haben aber so viel Glück, schalten so schnell ab, kommen gut in die wohlverdiente Rente, sondern fallen beim Joggen einfach um. So fällt manchmal der Vorhang viel zu schnell. Was zurückbleibt, ist der unendlich traurige Partner, der sich zu Recht fragt: »Haben wir dafür all die Jahre so hart gearbeitet?«

»Haben wir dafür all die Jahre so hart gearbeitet?«

Die Freiheit, von der ich spreche, glaubt ein Teil der Hamster im Hamsterrad bereits zu besitzen. Doch acht Stunden täglich in einem Job zu verharren, der keine Freude bereitet, keinen Sinn stiftet und nicht die Kasse klingeln lässt, ist meiner Ansicht nach reine Sklaverei. Womöglich bedeutet Freiheit unabhängige und grenzenlose Selbstbestimmung und Glückseligkeit. Wer kann schon behaupten, dass er heute völlig selbstbestimmt, unabhängig und grenzenlos leben kann? Das Hamsterrad ermöglicht diese Freiheit meistens nicht. Das System wurde geschaffen, um den Hamster bei Laune zu halten, ihn aber seiner Freiheit zu berauben. Selbst unsere immer wieder gepriesene Demokratie ist kein System der absoluten Freiheit. Doch bitte missverstehen Sie mich nicht: Ich will nicht das System hinterfragen, um wilde Verschwörungstheorien zu befeuern oder gar Ihre politischen Meinungen und Überzeugungen zu lenken. Ich will Ihnen nicht weismachen, dass eine elitäre Sekte unseren Planeten versklaven will und wir alle in der Matrix leben. Der Urheber der Knechtschaft sind wir selbst; dafür bedarf es keiner Matrix. Doch hinterfragen wir zunächst einmal das Hamsterrad.

Obwohl die Sklaverei offiziell Ende des 19. Jahrhunderts weitestgehend abgeschafft wurde, versteht sich der Mensch immer noch darauf, andere Menschen zu versklaven und zu knechten. Erst war es die Sklaverei der Antike. Menschen buckelten schwere Steine auf die Pyramiden, bekamen Essen und wurden ausgepeitscht. Den Herrenmenschen hingegen ging es gut. Einige Jahrhunderte später, im Mittelalter, hieß das Konzept der Sklaverei dann Frondienst. Das Konzept war aber das Gleiche. Jetzt wurde man eben nicht mehr nur mit der Peitsche bestraft. Wer nicht artig im System schuftete, auf den warteten die Hölle und das Fegefeuer. »Die Seele wird für alle Ewigkeit brennen«, drohte die Kirche. 500 Jahre lang haben wir Menschen diesen Unfug geglaubt. Heute sind wir zwar älter, aber nicht klüger. Der Frondienst wurde abgeschafft. Heute heißt der ehemalige Frondienst Schuldendienst und umfasst das Abtragen von Konsum- und Kreditschulden. Wer da nicht brav mitmacht, wird sozial geächtet, weil er nicht den neusten Wagen, das schönste Haus oder genug Follower hat. Die Masse lässt sich nur allzu gern versklaven.

Obwohl die Sklaverei offiziell im 19. Jahrhundert abgeschafft wurde, versteht sich der Mensch immer noch darauf, andere Menschen zu versklaven.

Es sind nicht unsere Jobs, die uns knechten, auch wenn es vielen vielleicht so erscheinen mag. Ein Beruf kann Sie nicht zum Hamster machen, wenn Sie sich denn zu diesem Beruf hingezogen fühlen. Das, was knechtet, ist die Sinnlosigkeit und Ohnmacht, die Sie in Ihrem Leben empfinden. Mir scheint, als kenne die Masse der Menschen jene Ohnmacht nur zu gut. George Orwell soll in seinem Werk 1984 bereits dazu geschrieben haben: »Die Leute werden nicht revoltieren. Sie werden nicht lange genug von ihren Bildschirmen aufschauen, um mitzubekommen, was vor sich geht.«3 Wenn ich mir heute die Menschen anschaue, die ihre Halswirbelsäulen verbiegen, um die Bildschirme ihrer Smartphones nicht aus den Augen zu lassen, glaube ich, dass Orwell recht hatte. Statt Wahrheit und Freiheit zu suchen, gehen wir den einfachen und bequemen Weg und entscheiden uns für die Einschränkung unserer Freiheit. So scheint es, dass die meisten Menschen keinen Ausweg aus der Knechtschaft ihres Lebens finden werden und weiterhin in einer Zelle leben, die sie so sehr mit Blümchen und Karomustern ausschmücken, dass sie selbst nicht mehr erkennen, dass es sich um ein Gefängnis handelt. Die letzten Worte des 1995 erschienenen Dramas von Christopher McQuarrie Die üblichen Verdächtigen lauten daher: »Der größte Trick, den der Teufel je gebracht hat, war, die Welt glauben zu lassen, es gäbe ihn gar nicht.«4 Die reine Wahrheit ist, dass die Gesellschaft die Massen glauben lässt, sie lebten in Freiheit und ihr Leben, so leer es auch sei, habe einen Sinn. Das ist die wahre Hölle! Die Entscheidung zwischen dieser Wahrheit und der Lüge mag jeder für sich selbst treffen. Denn am Ende ist es Ihr Leben, über das Sie entscheiden. Sie werden mir daher bitte folgende harten Worte verzeihen: Fortschritt und Freiheit sind nicht gottgegeben; wir müssen sie uns erarbeiten, hart erarbeiten. Ich bitte daher um Verständnis, wenn ich lieber radikal ehrlich zu Ihnen sein werde, als von der schönen neuen Welt zu sprechen, die immer nur funkelt und glitzert. Sie werden mir auch im Laufe dieses Buches widersprechen wollen. Das ist auch gut so. Nicht alles, was ich schreibe, ist in Stein gemeißelt. Ich hoffe Ihnen jedoch einen Perspektivenwechsel anzubieten und Sie zum Querdenken anzuregen. Wenn ich das schaffe, habe ich mein Ziel erreicht.

Die Welt im Wandel

Oft werde ich von jungen Menschen, manchmal sind es sogar ambitionierte Start-up-Unternehmer oder solche, die es noch werden wollen, nach einem meiner Vorträge gefragt, wie sie trotz aller Arbeit und Anstrengungen etwas für ihre finanzielle Freiheit tun und es schaffen können, so frei zu leben wie ich. »Da hat wohl jemand Geld als Mittel für Freiheit entdeckt«, denke ich dann. Ich frage dann meist, was ihr Ziel sei. Die Antworten sind erstaunlicherweise immer die gleichen: »Ach, ich möchte gerne ein schickes Auto fahren, ein Cabrio am besten, und dazu das passende Haus inklusive einer Finca auf einer spanischen Insel.« Der passende Mann oder die passende Frau zuzüglich Personal sind ebenfalls geplant. Man will eine Weltreise machen und für 24 Monate einfach nur weg vom Stress und dem Springen, Laufen und Rennen. »Und dann? Was kommt nach dem Reichtum und dem Reisen?«, frage ich daraufhin. Die Gesichter, in die ich blicke, sehen alle gleich aus. »Was ist das denn für eine doofe Frage!«, heiß es dann auf meine Frage. Kurz denkt man über meine Frage nach und ergänzt dann: »Ich glaube, dann würde ich nur noch das tun, was mir Spaß macht und mich glücklich sein lässt.« Genau das ist der springende Punkt: Mit dem Arbeiten, Geldverdienen, Rechnungen bezahlen, Reisen und Konsumieren jagt man einem Ziel nach, das sich als Illusion erweist und sich in Luft auflöst, sobald man es erreicht hat. Kennen Sie Ihre echten Ziele?

Kennen Sie Ihre echten Ziele?

Doch auch die Nicht-Erfolgsbesessenen stellen mir immer wieder eine ähnliche Frage. Ich höre die Beschwerden der Menschen darüber, dass sie in einem Job verharren, der ihnen täglich neun Stunden ihrer Lebenszeit stielt und sie unfrei macht. »Was könnte ich mit all der Zeit in meinem Leben anfangen«, heißt es dann. Ja, das ist doch eine relevante Frage. »Was würden Sie denn tun, wenn Sie nicht arbeiten müssten? Sicherlich würden Sie ein oder zwei Jahre lang Urlaub machen. Der wird aber auch irgendwann zum Überdruss und dann möchte der Mensch wieder etwas leisten. Was wäre das denn?«, frage ich. Die Antworten auch hierauf sind meist verblüffend langweilig und kurz. »Keine Ahnung. Irgendwas!«, heißt es. Vielleicht war es nicht der Job oder der fehlende Reichtum, der den Menschen unterjochte, sondern die Offenbarung der Sinnlosigkeit der eigenen Lebenszeit.

Manch einer mag sagen, dass das Leben nun einmal so ist. Doch die Welt ist im Wandel und mit diesem Wandel verändert sich auch unsere Art zu leben. Immer mehr Menschen beginnen diese vermeintliche Freiheit zu enttarnen und zu verstehen, dass sie schnurstracks in eine Falle laufen, aus der es kein Entrinnen mehr gibt. Die Welt verändert sich. Spätestens seit meine berühmt-berüchtigte Generation Y anfängt, all das zu hinterfragen, was die vorherige Generation als Standard bezeichnete. Die Globalisierung hat dieses Rebellieren vereinfacht. Ich kann heute beispielsweise an jedem Ort der Welt wohnen und arbeiten, solange ich ein wenig Kreativität und das nötige Kleingeld mitbringe. Ich kann in jeder erdenklichen Form leben, solange ich dabei keine Gesetze und Verordnungen missachte. Die Chancen sind überall zu finden. Durch die Digitalisierung, die neu gewonnene Technik und das Internet ist diese Welt vernetzter denn je. Wir vergleichen uns über soziale Medien und bilden Gruppen, die der gleichen Meinung sind wie wir selbst. Wir können heute theoretisch den perfekten Partner überall auf dieser Welt finden, ohne uns überhaupt vom Schreibtisch erheben zu müssen. Vor nicht einmal weniger als fünfzig Jahren war dies höchstens in einem Science-Fiction-Film zu sehen. Die junge Generation Y und auch die kommende Generation treten nun in eine Welt, in der die vorherige Generation bereits alles aufgebaut hat und es theoretisch niemandem an irgendetwas mangeln müsste. Diese Sicherheiten haben jedoch ihren Preis. Der Preis ist die Freiheit der meisten Menschen. Für diese Freiheit sind nun jüngere Generationen bereit alles hinzuschmeißen, neu zu erfinden und unbekannte Lebenswege zu entdecken. Auf einmal sind Themen wie die Work-Life-Balance, veganes Essen und der perfekte Hashtag wichtiger als das Wachstum und die Freiheit unserer Gesellschaft oder Nation. Jeder will plötzlich individuell sein, aber wehe, jemand ist anders! Ja, die Welt ist im Wandel, und das so schnell wie noch nie zuvor. In dieser rasant wachsenden und sich verändernden Welt will der eigene Weg erst einmal gefunden werden, und auch mit Mitte dreißig beginnen heute junge Menschen noch einmal, sich ganz neu zu erfinden. Doch das neue Image, das neue Auto und der neue Job sind nur ein Wechsel des Zellentraktes. Die Knechtschaft, in der diese Menschen leben, bleibt die gleiche.

Das neue Image, das neue Auto und der neue Job sind nur ein Wechsel des Zellentraktes.

Auch politisch leben die meisten Staaten, Nationen und Gesellschaften in einer Zeit des Umbruchs. So viel Meinung und so wenige Fakten werden tagtäglich durch die öffentlichen und sozialen Medien verkündet, dass man das Gefühl bekommt, die Welt sei gespalten. Ob wir überhaupt so viele Meinungen verkraften und all diesen Meinungen Raum zur Entfaltung bieten sollten, wage ich nicht zu beurteilen. Ich befürchte nur, dass in dieser sich wandelnden Zeit unsere weitreichende Freiheit nicht mehr als Privileg, sondern als eine Selbstverständlichkeit angesehen wird. Welche politische Partei oder Ideologie, die uns heute Freiheit verspricht, kann dieses Versprechen auch einhalten? Heißen diese Hoffnungen nicht auch Wahlversprechen und sind diese Wahlversprechen nicht genau dazu da, den Hamster bei Laune zu halten?

Ich wehre mich gegen die Ketten, die uns aufoktroyiert werden. Die Ideen und Impulse, die ich Ihnen in diesem Sachbuch mitgeben möchte, sollen Ihnen daher vor allem die Möglichkeit bieten, die Augen zu öffnen, neue Perspektiven wahrzunehmen und das Allgemeingültige zu hinterfragen, mit dem Ziel, mehr Freiheit für das eigene Leben zu erreichen. Wenn diese Freiheit Sie dazu führen soll, mit 600 PS die Küste der Algarve hinunterzufahren und den Fahrtwind auf einem Segelboot vor Mykonos zu genießen und Ihren Körper in der Sonne zu brutzeln, First Class statt Holzklasse zu fliegen und mit fünf Stunden Arbeit mehr Geld zu verdienen als die meisten Manager mit einer 70-Stunden-Woche, begrüße ich diese Träume sehr. Es sind schließlich diese Träume und Gedanken, die das Leben zu einem Abenteuer werden lassen. Ich liebe diese Abenteuer, und tatsächlich gönne ich mir eben jene Annehmlichkeiten und Erlebnisse. Wir alle könnten uns diese Dinge im Leben leisten, doch halten wir zu sehr am Status quo fest, um zu verstehen, wie wir jene Annehmlichkeiten auch ohne großen Kapitaleinsatz genießen könnten. Die meisten verstehen nicht, wie ich First Class für den Preis der Holzklasse fliegen oder für den Mietwagenpreis eines Kleinwagens mit dem Ferrari die Küste entlangfahren kann. Sie verstehen nicht, dass sie mit ihrem gegenwärtigen Gehalt ein Leben jenseits von Standard und Durchschnitt leben könnten. Wer glaubt, dass nur Pferde Scheuklappen besitzen, sollte genauer hinsehen. Die Einschränkung der Freiheit beginnt bei den Menschen zuerst im Kopf. Ich nenne dies die Knechtschaft des Geistes. Es sind vor allem unsere Glaubenssätze über unser Leben und die Welt, die uns einengen. Der Glaube an das Allgemeingültige schützt den Berg davor, bewegt zu werden. Doch ganz so glamourös wie es klingt, ist mein Leben dann doch nicht. Ich möchte mir auch nichts anderes anmaßen. Wir könnten uns alle mehr Freiheit, ein wenig Luxus und mehr Lebensfreude sichern, wenn wir bereit wären, unsere Zweifel und Ketten abzulegen. Wir könnten frei leben, wenn wir gegen das Hamsterrad rebellieren würden.

Der Glaube an das Allgemeingültige schützt den Berg davor, bewegt zu werden.

Raus aus der Knechtschaft

Einst war ich ebenfalls auf dem besten Weg, diese unsichtbare Knechtschaft über mein Leben regieren zu lassen. Nachdem ich damals mein Abitur gemacht hatte, begann ich mein Studium der Betriebswirtschaft. Ich war arrogant genug zu glauben, dass ich im ersten Semester meine unternehmerische Karriere antreiben könnte, und gründete also ein Unternehmen. Doch der Status des frischgebackenen Start-up-Unternehmers hielt genau 16 Monate. Dann gingen wir baden. Meinen Bachelor beendete ich trotzdem mit recht guter Leistung, um gleich danach weiter zu studieren. Ich tat wohl das, was die meisten Studenten tun. Studieren und auf eine Eingebung hoffen. Die Eingebung traf mich ziemlich schnell, vor allem aus der Not heraus, kein Geld mehr zu besitzen. Ich lernte sehr schnell, dass auch Geld mich, neben der Zeit und meinem Geist, unterjochen konnte. Denn ohne das nötige Geld und die Ressourcen kommen wir nicht sehr weit im Leben. Ich nenne dies fortan auch die Knechtschaft des Kapitals. Wer sein Kapital nicht klug verwalten kann, der wird es verlieren. Um dieser Unterdrückung zu entrinnen, baute ich noch während meines Studiums ein neues Geschäft auf und ging mein Unternehmertum völlig anders an. Ich gründete zwar nicht das nächste Imperium namens Amazon oder Google, aber ein Geschäft, welches erfolgreich genug war, ein Jahr später mehr Geld am Tag als mein Professor in einem Monat einzunehmen. Ich konnte gerade selber noch einrichten, genug Zeit für meine eigenen Vorlesungen zu finden. Ich habe meinen Master trotzdem beendet. Die 48.000 Euro, die ich für fünf Jahre Studium ausgegeben hatte, sollten ja ein Investment sein. Von der Vorstellung, dass dieses Studium jemals eine positive Rendite abwirft, habe ich mich bereits verabschiedet. Ich glaube heute, dass ich nur aus Liebe zu meinen Eltern studiert habe. Schließlich gehören sie zu der Generation, die glaubt, dass gute Noten und ein Studium ein Garant für finanziellen Erfolg sind. Dabei ist diese Idee eine der größten Lügen unserer Zeit. Während man noch vor 200 Jahren Arzt oder Anwalt wurde und damit gesellschaftlichen Status und finanziellen Wohlstand erreicht, sind heute viele Juristen oder Mediziner pleite. Der Garant für Erfolg hat heute keinen Bestand mehr. Die Zeiten haben sich geändert. Dennoch halten wir an den alten Regeln fest. Ich habe diese Regeln losgelassen und neue Regeln geschaffen, die es mir erlauben, diese Knechtschaft zu verlassen.

Wer sein Kapital nicht klug verwalten kann, der wird es verlieren.

Ein immer größer werdender Teil von Menschen glaubt daran, dass Erfolg das Allheilmittel ist, um Luxus zu genießen und jener Knechtschaft zu entrinnen. Vor allem in der heutigen Zeit, in der die sozialen Medien vorgeben, was gerade noch gut genug ist. Wir hätten anscheinend gerne alles sofort, nach dem Motto der Werbung: »Mein Haus, mein Boot, mein Auto, mein Pferd.« Raten Sie einmal, warum es Konsumkredite bei Ihrem Elektrofachmarkt und in mittlerweile jedem anderen Geschäft gibt. Wer sich die Null-Prozent-Finanzierung leisten kann, stottert lieber in Raten ab. Willkommen in der Sklaverei des Konsums, in welcher wir Dinge kaufen, die wir nicht brauchen, um Menschen zu gefallen, die wir nicht mögen und denen wir auch absolut egal sind. Willkommen in einer Sklaverei, in der wir Lebenszeit und Lebensqualität für Geld eintauschen, um Kosten zu decken und weiterleben zu können. Jene, die diesem Hamsterrad entrinnen können und zu mehr Geld kommen, glauben jetzt, frei leben zu dürfen. Mehr Geld führt ja scheinbar zu mehr Möglichkeiten, zu konsumieren. Alles wird jetzt etwas anspruchsvoller: Louis Vuitton statt Deichmann, Gucci statt H&M und Maserati statt Skoda. Die Knechtschaft ist die gleiche. Sie trägt jetzt nur einen Mantel aus Kaschmir. Für das ganze Geld muss nun die eigene Lebenszeit herhalten. Denn ohne den Einsatz der Lebenszeit in einem Job, mit dem der ganze Zirkus finanziert werden muss, kann die Kreditkarte nicht glühen. Es ist die Falle des Hamsterrads, in dem der Hamster rennt und rennt, sich aber nie wirklich fortbewegt. Auch ein eigenes Unternehmen zu besitzen, heißt nicht, dass das Hamsterrad einen nicht treffen kann. Ich kenne viele Unternehmer, die brav wie ein Hamster im Rad strampeln. Jeden Morgen sind sie als Erste im Betrieb und schuften wie die Irren. Freiheit ist das nun wirklich nicht.

Willkommen in der Sklaverei des Konsums, in welcher wir Dinge kaufen, die wir nicht brauchen, um Menschen zu gefallen, die wir nicht mögen und denen wir auch absolut egal sind.

Wahre Freiheit lebt ohne diese vier Arten der Knechtschaft. Sie bedarf ihrer nicht, obgleich man sich ihrer bedienen kann. Sie können und dürfen Ihr Traumauto fahren, ohne dabei geknechtet zu werden. Sie können Ihren Traumberuf ausüben, ohne dafür Ihre Zeit zu opfern. Sie können genug Geld verdienen, auch ohne dabei einen Beruf auszuüben, der Sie einengt und unglücklich macht. Sie können fast jeden Luxus dieser Welt auch mit kleiner Brieftasche genießen. Vor allem aber ist es Ihnen möglich, ein Leben fern von jedem Durchschnitt zu leben. Das Leben, das ich gewählt habe, fern von jedem Hamsterrad, könnten viele von uns wählen. Wir könnten alle selbstbestimmt und frei leben, wenn wir einigen wenigen Impulsen und Ideen folgen und diese nutzen würden. Auch Sie könnten frei leben! Die 88 Prozent der Menschen, die kurz davor sind zu kündigen oder bereits innerlich gekündigt haben, um fortan nur noch ihrem Arbeitgeber auf der Tasche zu liegen, könnten frei leben und ihren ganz persönlichen Sinn finden, zumindest ein großer Teil von ihnen. Stattdessen halten wir jedoch lieber an den alten Regeln fest: Regeln, die Haltestellen abklappern, statt den Genuss des Lebens zu ermöglichen, Sinn zu stiften und in der digitalen und lauten Welt, die vor unseren Augen sich fast quartalsweise neu erfindet, mehr Glückseligkeit und Wohlstand zu garantieren. Ich lade Sie auf diese Reise ein, damit auch Sie die Ketten Ihres Lebens sprengen können, dem Hamsterrad entrinnen und die süße und frische Luft der Freiheit genießen werden.

Doch eines will ich gleich vorab klären: Dieses Kettensprengen bedarf der Arbeit, eines freien Geistes, der offen ist für neue Ansätze und Gedanken, sowie einer großen Portion Mut. Querdenken klingt immer so schön. Doch wenn es darauf ankommt, das Gesagte und Erdachte umzusetzen, geben die meisten ihre Chancen auf. Das Risiko, einen völlig neuen Weg einzuschlagen, scheint für uns Menschen immer mit Angst und Zweifeln verbunden zu sein. Wer die sichere und warme Höhle verlässt, weiß nicht, ob nicht draußen auch ein furchterregender und hungriger Säbelzahntiger lauert, der nur darauf wartet, uns zu fressen. Doch in Wahrheit liegt außerhalb dieser Höhle, unserer Komfortzone, eine Welt voller Chancen, Ideenreichtum und Schönheit. Die einzige Macht, die hungrig ist und fressen will, liegt tief in uns vergraben und wartet nur darauf, dass ein Teil von uns aus der Höhle kriecht und der Welt entgegenspringt. Denn wenn wir ehrlich sind, fürchten nicht wir uns vor dem Säbelzahntiger, sondern die Schmusekatze fürchtet sich vor uns, in der Hoffnung, dass wir es nicht bemerken. Denn wer Ketten sprengt und keine Angst empfindet, kann nicht bezwungen werden.

Querdenken klingt immer so schön.

Womöglich werden wir so zu mehr Freiheit gelangen und erfahren, was es bedeutet, ein freies, sinnvolles und selbstbestimmtes Leben zu führen. Vielleicht erfahren wir so ein Leben, das weit außerhalb unserer Routinen existiert. Ja, und womöglich wird unser Leben eine Dynamik entwickeln, die andere Menschen dazu inspiriert, frei zu leben und eine Lebenszeit zu durchlaufen, die das Hamsterrad dieser Welt ein wenig verändert oder gegen dieses rebelliert.

WIE DIE FREIHEIT STIRBT

Der Mensch ist frei wie ein Vogel im Käfig. Er kann sich innerhalb gewisser Grenzen bewegen.

Johann Kaspar Lavater

Im Größenvergleich zum noch lange nicht vollständig erforschten Universum ist unsere Welt ein kleiner Haufen irgendwo in der dunklen Leere. Auf diesem Haufen haben wir uns als Spezies gegenüber anderen Lebewesen sehr erfolgreich etabliert. In puncto Gefährlichkeit ist selbst der größte Jäger dieses Planeten im Vergleich zum Menschen ein Tier im Streichelzoo. Die Potenziale des Menschen, sowohl physisch als auch mental, sind denen der meisten anderen Lebewesen um ein Vielfaches überlegen. Damit wir aber in dieser Welt weiterhin überleben und dominieren können, ziehen wir Grenzen, die meisten davon in unserem Kopf.

In dieser dualistischen Welt, in der wir leben, nehmen wir ständig Bewertungen vor, damit es uns leichter fällt, das Leben zu verstehen, es zu formen und zu nutzen. Wir bewerten zwischen gut und böse, oben und unten, Scheidung und Hochzeit, Liebe und Hass, schwarz und weiß, Kapitalisten und Kommunisten, Himmel und Hölle, Jägern und Gejagten, reich und arm, Mann und Frau, klug und dumm, gierig und großzügig, links und rechts, schlank und fett, Hamstern und Rebellen oder zwischen schnell und langsam. Wir haben für alles eine Bewertung und eine Perspektive. Vor allem ist es unsere Perspektive, von der wir nur ungerne abweichen. Ein Perspektivenwechsel würde schließlich unsere kleine persönliche Welt ins Wanken bringen. Dieser dualistische Ansatz, wenn ich ehrlich bin, stört mich enorm. Das soll gar keine Koketterie sein. Mich bringt es fast um den Verstand, dass meine derzeitige Position und Meinung mich andere Perspektiven nicht einnehmen lässt und meinen Blick auf das Bild stark einschränkt. Jede Tür, die wir erfolgreich öffnen, schließt eine andere Tür. Wir können nicht jede Tür gleichzeitig eintreten und alle Chancen, die wir nutzen könnten, auch wirklich wahrnehmen. In einer perfekten Welt, in der Wirtschaftswissenschaftler recht behalten und es einen Homo oeconomicus wirklich gibt, wäre all das ja kein Problem. Alle Chancen, die es gäbe, könnten auch von uns genutzt werden. Doch in Wahrheit ist diese Welt nicht perfekt, und so etwas wie einen Homo oeconomicus, also einen rein rational denkenden Menschen, gibt es nicht. Wir werden durch unsere Emotionen getrieben und lassen aufgrund von Schuldgefühlen, Angst, Scham, Panik, Zweifeln und einer problematischen Kindheit die meisten Chancen einfach liegen. Die Grenzen zu unseren Chancen bauen wir uns selbst. Wir erschaffen die Mauern in unserem Geiste und zementieren diese dann um uns herum durch den Glauben an das Unmögliche. Das Hamsterrad unserer Gedanken bauen wir uns selbst. Wir sind wegen dieses Dualismus mentale Neandertaler. Wir sind emotionale Legastheniker, geistige Nichtschwimmer sozusagen.

Jede Tür, die wir erfolgreich öffnen, schließt eine andere Tür.

Klassifizierung

Dazu zählt auch, dass wir uns in der Masse anderen angleichen müssen. Unsere Spezies hat vor allem aus dem Grund der Gruppenbildung überlebt. Gemeinsam waren und sind wir stärker. Doch heute, in einer Zeit, in der wir sogar ohne Gruppe überleben könnten, hat das nicht nur Vorteile. Am besten kann man das auf den Schulhöfen unserer Kinder sehen. Neben den Nerds, den Sportlern und Clowns finden sich auf den Schulhöfen allerlei Gruppen von Schülern, in die sich die Kids schnell einsortieren. Die Gruppierung bestimmt dann auch die Chancen auf gute Noten, Anerkennung bei Freunden, auf einen Freund oder eine Freundin und die Gefahr, von Stärkeren gemobbt zu werden. Manchmal gibt es sogar die Chance, in der Rangordnung aufzusteigen. Doch wenn die Klassifizierung erst einmal steht, wird selten davon abgewichen. Wir gruppieren und klassifizieren auch hier im Reich des Dualismus, um das Leben zu verstehen und um zu überleben. Später dann, wenn die Kinder erwachsen geworden sind und die Schule verlassen haben, ist das Prinzip immer noch das gleiche. Überleben nur in der Gruppe?

Überleben nur in der Gruppe?

Auch bei der Partnersuche geht der Dualismus seinen Weg. Wir unterscheiden zwischen dem Schwabbelsack und dem heißen Typ mit Sixpack oder der 5- bis 10-Punkte-Frau. Wir lassen uns nur zu gern in diese Bilder hineinpressen. Wir definieren uns schließlich über diese Klassifizierung. In der Erziehung unserer Kinder ist das Spiel das gleiche. Wir sagen den Kindern, was sie zu tun und zu lassen haben und was nicht möglich ist. Statt die Kinder im Matsch spielen und völlig versifft und glücklich spätabends nach Hause kommen zu lassen, parken wir sie vor der Glotze und schalten den Fernseher ein oder drücken ihnen das Smartphone in die Hand. Relativ schnell wird den Kindern klar, was geht und was nicht geht.

Was waren all die Dinge, die wir nicht konnten, die unmöglich waren und die wir niemals tun durften? Wie hießen all die Möglichkeiten auf unserem Weg, die wir vorbei haben ziehen lassen, weil uns jemand erklärte, dass sie falsch und ungerecht seien? Als ich mein Abitur machte – mehr schlecht als recht, muss ich gestehen –, erklärte mir meine Deutschlehrerin, dass sie meine Abiturarbeit gnädig bewerten würde, wenn ich nicht wieder die Gedichtinterpretation vergeigen würde und ich ihr versprechen würde, niemals ein Buch zu schreiben. Ich habe ihr das Versprechen nicht gegeben und Jahre später trotzdem geschrieben, mittlerweile sogar mehrere Bücher, die zu Tausenden über die Ladentheken gehen. Ich bin dafür sehr dankbar. Vor allem, weil ich mein Versprechen mir selbst gegenüber nie gebrochen habe. Denn einige Versprechen dürfen wir anderen nicht geben, bevor wir uns nicht selbst versprochen haben, an uns selbst zu glauben, uns selbst wertzuschätzen und unsere Träume, koste es, was es wolle, zu verfolgen. Denn wenn wir unsere Träume und Chancen im Regen stehen lassen, stirbt auch unsere Freiheit. Doch diese Freiheit führt in den Suizid, wenn wir anderen gestatten, uns niederzumachen, uns einzureden, dass wir unzulänglich sind oder es nicht schaffen werden. Selbst der beste Kumpel oder die Busenfreundin kann so schnell zum Neider und Kontrahenten werden. Tun Sie sich selbst den Gefallen und bleiben Sie sich treu. Der Industrielle und Unternehmer Henry Ford soll dazu gesagt haben: »Ob du denkst, du kannst es, oder du kannst es nicht: Du wirst auf jeden Fall recht behalten.«5

Die Qual der Wahl

Wer der eigenen Sklaverei entrinnen möchte, muss wählen zwischen absoluter Freiheit und selbst aufoktroyierter Sklaverei. In unserer dualistischen Welt müssen wir diese Wahl treffen. Wir kommen nicht drum herum. Auch sonst wählen wir ja permanent. Wir wählen unseren Beruf, wir wählen unseren Partner, wir wählen die Partei dieses Landes, von der wir uns erhoffen, dass sie im Namen des Bürgers nicht alles gegen die Wand fahren wird. Wir wählen, ob die Meinungen anderer unser Leben bestimmen werden oder keinen Einfluss über uns erhalten. Wir wählen ununterbrochen, und das ohne das Recht auf Veto. Selbst das Veto ist ein Ja oder Nein und entspricht damit dem Dualismus. Doch wir haben ein Wahlrecht, auch wenn es nicht immer einfach ist, richtig zu wählen. Doch hinterfragen wir auch dieses einmal. Auf der nächsten Seite erzähle ich ihnen ein Beispiel aus meinem Bekanntenkreis.

Wir haben ein Wahlrecht, auch wenn es nicht immer einfach ist, richtig zu wählen.

Ein Bekannter von mir hat zu seinem Wahlrecht eine völlig eigene Theorie aufgestellt und seine eigenen Fragen entwickelt. Als er beruflich anfing erfolgreicher zu werden, wollte er sich den Traum erfüllen, einmal einen roten Sportwagen zu kaufen. Er konnte sich nicht zwischen zwei Modellen entscheiden, aber seinen Traum auf den nächsten Friedhof zu stellen, konnte er sich auch nicht zugestehen. Sich beide Fahrzeuge leisten konnte er allerdings auch nicht. Was also tun? Er fragte sich: »Wie kann ich mir beides leisten?« Statt zu wählen, kaufte er über einen seiner Kunden im Rennsportgeschäft zwei relativ günstige und ältere Rennautos, die für das Rennsportgeschäft nicht mehr zu nutzen waren. Er verkaufte diese weiter an seinen Autohändler und bot im Gegenzug für zwei Neuwagen einen Rabatt. Der Autohändler nahm das Angebot an und verkaufte die Autos von der Rennstrecke an Liebhaber profitabel weiter. Der Händler, der Rennsportveranstalter und mein Bekannter machten einen Gewinn. Er hat jetzt zwei weitere Autos in der Garage stehen. Jeder bekam, was er wollte, und das nur, weil jemand sich abends bei einer Flasche Rotwein fragte: »Wie kann ich beides haben?«

Eine ähnliche Frage stellte sich auch Kyle MacDonald. Er publizierte im Netz seine Anzeige mit dem Titel: »Tausche Büroklammer gegen Haus.« Eine irrwitzige Idee. Zuerst tauschte er seine Büroklammer gegen einen Stift, dann den Stift gegen einen Türknauf und den wieder gegen einen Grill. Nach einer Weile hatte er einen Kleinlaster, den er gegen einen Plattenvertrag eintauschte. Promis wurden auf die Aktion aufmerksam und stiegen mit in das Rennen ein. Ein Jahr später hatte er eine Filmrolle in Hollywood, welche er für ein Eigenheim eintauschte. Ökonomisch gesehen war es genial, zum einen, weil er innerhalb eines Jahres von null auf hundert niemals so viel hätte verdienen können, um mit dem Investment von einer 1-Cent-Büroklammer ein Eigenheim zu kaufen. Zum anderen, weil er mit minimalem Einsatz hervorragende Tauschgeschäfte abschloss. Das ist die Grundidee unseres Handels und des Spiels, das wir heute Business nennen. Kyle verstand weder von der einen noch von der anderen Sache etwas. Auch er hatte sich einfach nur eine Frage gestellt, die dem Dualismus widersprach: »Wie kann ich eine Büroklammer gegen ein Haus tauschen?« Später machten es ihm andere nach und tauschten Fahrräder gegen Ferraris. Die grandiose Idee war auf einmal ganz normal.

Tausche Büroklammer gegen Haus.