Cover

Fürstenkrone Classic
– 24 –

Ein Prinz flieht vor der Liebe

… dennoch fand Prinz Bodo sein Glück

Melanie Rhoden

Impressum:

Epub-Version © 2019 KELTER MEDIA GmbH & Co. KG, Sonninstraße 24 - 28, 20097 Hamburg. Geschäftsführer: Patrick Melchert

Originalausgabe: © KELTER MEDIA GmbH & Co.KG, Hamburg.

Internet: https://ebooks.kelter.de/

E-mail: info@keltermedia.de

Dargestellte Personen auf den Titelbildern stehen mit dem Roman in keinem Zusammenhang.

ISBN: 978-3-74095-574-8

Weitere Titel im Angebot:

»Ein wunderschönes Märchen«, flüsterte Baroneß Amata und ließ ihre Fingerspitzen seitlich der Bootswand in das Seewasser tauchen. Es war mild und weich wie die Nacht. Der Mond stand, umgeben von silbrigen Schäfchenwolken, auf einem samtigen dunkelblauen Himmel.

Ein leiser Windhauch kräuselte manchmal den Silberspiegel des Wassers und zerstörte für Sekunden das tanzende Bild des Mondes im See.

Lautlos zog Prinz Bodo die Ruder durch die Silberwellen und malte damit schwarze Kreise in den See. Wie auf einer mächtigen Drehscheibe zogen die Ufer vorbei. Bodo von Podenstain vermochte nicht den Blick von dem wunderschönen, bezaubernden Märchenbild zu lösen: Amata saß halb, lag halb auf der mit einer Decke ausgestatteten Bank. Auch in ihrem goldblonden Haar lag ein Schimmer des Mondlichtes. Das reine, unschuldsvolle Gesicht verriet ein bißchen Trotz zwischen Kind und erwachender Frau. Sogar in der Nacht strahlten ihre hellgrauen Augen noch wie zwei Lichter. Sie lockten zu Liebe und Seligkeit, wie es sie nur im Märchen geben dürfte. Ihre kirschroten Lippen waren leicht geöffnet. Zwischen ihnen schimmerten die Zähne wie Perlen. Jetzt formten sie sich zu einem Kußmund.

Prinz Bodo flüsterte ergriffen: »Du bist so wunderschön, Amata. Niemand soll dich lieben dürfen, nur ich!«

»Ich liebe dich, mein Märchenprinz«, antwortete sie. Es klang sehr lieb, auch innig, vielleicht aber doch nicht ganz glaubwürdig.

Prinz Bodo merkte es nicht. Sein Blick glitt über die Gestalt des achtzehnjährigen Mädchens im weißen Kleid. Es war sehr schlank, hatte mädchenhaft knospende Formen, schmale Hüften und lange makellose Beine.

Seine zärtliche Verliebtheit war frei von allem Begehren, und dennoch spürte er sie fast schmerzhaft körperlich. Sein Herz schlug heftig, als müßte es ihm die Brust sprengen. Auf Amatas romantischen Ton bereitwillig eingehend, antwortete er: »Ich liebe dich, meine Märchenprinzessin!«

Amata von Blanken lachte glockenhell auf. »Ich bin eine Prinzessin? Lieber Bodo, dich täuscht das Mondlicht, das Plätschern der Wellen und der ganze romantische Zauber hier. Ich bin keine Prinzessin, sondern schlicht die Tochter des Barons von Blanken: uralter Adel seit 1910, nur weil mein Herr Opa damals als Heereslieferant gewisse Verdienste erwarb. Später sagten sie, er wäre ein Kriegsgewinnler gewesen. Das ist die nüchterne Wirklichkeit!«

»Schäme dich!« wies Bodo sie in scherzhafter Entrüstung zurecht. »Du zerstörst meine Märchenwelt. Und ich will, daß sie wenigstens auf Schloß Podenstain noch heil bleibt.«

Sie lächelte ihn nachsichtig an. Um elf Jahre war sie jünger als er, halb noch ein Kind und doch viel nüchterner. Sehnsüchtig öffnete sie ihm die Arme und bat: »Küß mich, Bodo, ich habe dich so lieb!«

Er ließ sich auf die Knie vorsinken und kauerte sich zu ihren Füßen hin. Zärtlich nahm er ihre schmale Hand, führte sie an die Lippen und liebkoste sie, indem er sanft darüberküßte. Eine Fingerspitze nach der anderen. Dann setzte er sich neben sie auf die Bootsbank und zog sie in die Arme. Sie überließ ihm ihren Mund, den er nur sehr behutsam küßte. Das Blitzen ihrer hellgrauen Augen im Mondlicht bezauberte ihn, faszinierte, verhexte ihn. Wie in Trance flüsterte er: »Ich werde dich immer lieben, meine kleine Prinzessin!«

»Immer«, wiederholte sie seufzend an seinen Lippen, erwiderte seine Küsse voll mädchenhafter Scheu und doch erwachendem Verlangen. Als sie merkte, wie gefährlich diese romantische Stimmung werden könnte, zerstörte sie rasch den Zauber.

»Du wirst mich lieben, bis du merkst, daß ich gar keine Prinzessin, sondern ein ganz gewöhnliches Mädchen bin, das nicht zaubern und nicht hexen und nicht einmal kochen kann!«

Er verschloß ihre Lippen mit Küssen. Dann antwortete er ihr aber doch: »Für mich bist du meine Prinzessin, auch wenn du in Wirklichkeit nur Aschenputtel sein solltest. Du bezauberst mich. Vor anderen Hexenkünsten hätte ich ohnehin Angst, und für die Küche werden wir uns wahrscheinlich eine Köchin leisten können. Was, Herzallerliebste, könnte doch gegen eine Heirat sprechen?«

»Das auch noch!« lachte sie auf, setzte sich etwas steiler hin und schob seine zärtlichen Hände von ihrer Mitte.

Ihre unerwartete Rückkehr zur Nüchternheit nahm auch ihm die Kraft zum Träumen. Manchmal enttäuschte ihn Amata von Blanken, weil sie um so viel vernünftiger war als er. Zielbewußt führte sie ihn stets noch rechtzeitig aus seinen Träumen zur Wirklichkeit zurück, was er ihr nur mit besonderer Groß­mütigkeit verzeihen konnte. Manchmal etwa bei Mondschein, silbrigen Schäfchenwolken, plätscherndem See und dem sanften Dahingleiten in einem Ruderboot, fand er ihre Nüchternheit unverzeihlich.

»Liebster, wir müssen zurück«, mahnte Amata. »Ich versprach Mama, nicht länger als eine Stunde auf dem See zu bleiben. Du wirst ihre Sorgen verstehen, denn immerhin…«

»Amata!« wies er sie fast zornig zurecht. »Ich weiß doch, was ich dir schulde! Du darfst zu mir Vertrauen haben. Schon ein Kuß von deinen wunderschönen Lippen macht mich glücklich. Ein liebes Wort, eine Zärtlichkeit und das Geständnis, daß du mich liebst. Immer lieben wirst!«

»Immer, bis zum Ende unserer Episode!« gelobte sie mit erhobener Hand, und damit erregte sie seinen Zorn, weil sie abermals bestätigte, daß sie nicht an die Dauer ihrer Liebe glaubte.

»Fahren wir zurück!« entschied er enttäuscht.

Mit einem raschen Schritt, der das Boot heftiger zum Schwanken brachte, erreichte er die Ruderbank. Kräftig und gleichmäßig trieb er das Schiffchen zurück zum Bootssteg. Als sie um die kleine, mit Schilf bestandene Halbinsel lenkten, erkannten sie beim Bootshaus einige Gestalten, die ihnen zuwinkten. Sie wurden bereits erwartet.

*

Baronin Carola von Blanken und ihre Tochter kehrten unverzüglich mit dem Auto auf das Jagdschlößl zurück, das sie während der Sommermonate bewohnten. Als sich Prinz Bodo dafür entschuldigte, daß er den Damen nicht das Geleit geben konnte, erregte das ein belustigtes Lachen der Baronin.

»Erstens, lieber Bodo, werden Sie jetzt auf Podenstain dringender gebraucht. Zweitens sind Amata und ich keine hilflosen Zierpflänzchen, sondern Damen, die mit beiden Beinen im Leben stehen. Ich lenke meinen Sportwagen wenigstens ebenso sicher wie Ihr Chauffeur Ihren Bentley. Drittens sind wir mit dem Auto gekommen und müssen es wieder heimfahren. Danke, lieber Prinz, auch wenn Sie das Angebot, uns heimzugeleiten, nur symbolisch gemeint haben sollten.«

Amata ärgerte ihn sogar noch ein wenig, weil sie ihm zuflüsterte: »Du siehst, Bodo, daß wir Blankens ganz in der Realität leben. Aber es ist wunderschön gewesen, sich von dir ein bißchen in die Märchenwelt entführen zu lassen. Danke, Durchlaucht!«

Sie deutete scherzhaft einen tiefen Hofknicks an. Dann verbat sie sich sogar, daß er sie noch zum Auto begleitete. Amatas wiederholte Betonung, ein emanzipiertes Mädchen zu sein und keines Schutzes zu bedürfen, schrieb Bodo ihrer Jugend zu. Immerhin war er doch erleichtert, an diesem Abend unverzüglich zum Schloß zurückkehren zu dürfen. Franz, der älteste Diener des Hauses, stand mit vorwurfsvoll unbeweglichem Gesicht einige Schritte abseits. Mit ihm ging Prinz Bodo den Waldweg etwa hundert Meter weit.

Dann tauchte schon die bizarre Silhouette des alten Wasserschlosses gegen den mondhellen Nachthimmel auf. Der Prinz folgte damit der Bitte Mamas, möglichst bald zurückzukehren, da sich der Fürst nicht ganz wohl fühlte.

»Franz, hat man nach Doktor Dagow telefoniert?« fragte der Prinz.

Der weißhaarige alte Diener hob beide Händ, als ob er bewegte Meereswogen beschwören wollte. Er hatte schon einige Stürme des Lebens im Dienst des Fürsten Podenstain überstanden, den Prinzen als Kind auf seinen Knien geschaukelt und neben den schönen Tagen auch schwere miterlebt. Nun beruhigte er den jungen Herrn: »Keine besondere Gefahr, Durchlaucht. Wenn ich mir diesen Vergleich erlauben darf: Seine Durchlaucht ist in meinem Alter, und da spürt man einen Wetterumsturz in allen alten Knochen. Verzeihung, Durchlaucht, das mit den alten Knochen bezog ich nur auf mich! Aber Seine Durchlaucht hat ebenfalls im Frühjahr den Sechziger feierlich begangen. Ab nun… Eine Unpäßlichkeit, würde ich sagen.«

»Mama sorgt sich seit dem ersten Schlaganfall!« Das Gespräch verlief vertraut. Prinz Bodo mochte den alten Diener, der in schweren Zeiten sogar bereit gewesen wäre, sein Leben für jenes der Herrschaft in die Waagschale des Schicksals zu werfen.

Bodo von Podenstain betrat das Schloß über die alte Zugbrücke, die aber seit über hundert Jahren nicht mehr hochgezogen worden war. Vom Brückenturm aus kam er in die elegante, große Halle und über einen Korridor, einen ehemaligen Wehrgang, in den Südflügel, wo die Fürstengemächer lagen. Er fand die Eltern im kleinen Salon. Mama saß am Flügel und phantasierte nach einem Lied von Schubert; Papa saß in einem Sessel am Einlegetischchen aus Rosenholz. Er las die Abendausgabe einer Zeitung. Ohne ihr Spiel zu unterbrechen, lächelte die Fürstin ihrem Sohn zu. Tonlos formten ihre Lippen das Wort: »Papa!«

Das bedeutete, daß sich Fürst Egon vorhin nicht wohl gefühlt haben mochte. Nun wirkte er ruhig und freundlich. Nur tiefere Schatten unter den Augen verrieten noch, daß er einen leichten Herzanfall überstanden hatte. Er blickte von der Zeitung auf, entdeckte den Prinzen und lud ihn zu einem »Schlummertrunk« ein. Mama ermahnte ihn von ihrem Klavier her: »Egon, heute bitte nicht!«

Der Fürst dankte ihr lächelnd für ihre Besorgtheit und versprach: »Ich nehme in mein Glas herzstärkenden Tee, aber Bodo hat noch Anrecht auf ein Glas Chabouillet 56. Soll ich Franz…«

»Nein, Papa, ich mache das gern selbst«, sagte Bodo rasch.

Gewissenhaft füllte er den köstlich geschliffenen Kelch des Fürsten mit Tee, seinen mit blutrotem Wein. Sie hoben die Gläser, ließen sie scherzhaft aneinander klingen. Fürstin Anna-Maria beobachtete die Szene mit argwöhnischen Blicken, weil sie den Leichtsinn ihrer »beiden Männer« kannte. Sie meinte, Bodo lebte mit seinen neunundzwanzig Jahren noch immer in einer Traumwelt, und ihr geliebter Egon war in einem glücklichen Winkel seiner Seele auch nach seinem sechzigsten Geburtstag ein romantischer Träumer geblieben.

Aber an diesem Tag überraschte der Fürst seinen Sohn mit einer sehr unromantischen Forderung.

»Bodo, ich erwarte, daß du dich spätestens in den nächsten zwei Jahren vermählst. Erst heute wieder hat mich ein unangenehmer Herzanfall daran erinnert, daß diese kleine Maschine in meinem Körper etwas defekt ist.«

Die Fürstin brach ihr Klavierspiel ab und setzte sich ebenfalls an das Tischchen. »Einer Unpäßlichkeit wegen darf man nicht so sprechen!« verwies sie ihren Gatten.

Aber Fürst Egon winkte nachsichtig ab. »Liebste Anna-Maria, wir wollen auf dem Boden der Realität bleiben. Zwei Jahre halte ich es bestimmt noch auf dieser wunderschönen Welt aus. Deshalb bat ich soeben Bodo, sich in etwa dieser Zeit zu vermählen. Ich will nicht nur möglicherweise meine Enkelkinder noch sehen, sondern denke an die gesicherte Erbfolge.«

Prinz Bodo lächelte zustimmend. »Papa, ich bin ganz deiner Meinung. Allerdings nicht deshalb, weil ich Sorgen um deine Gesundheit haben müßte, sondern einfach, weil ich… mich in eine bezaubernde junge Dame verliebt habe, die ich gerne zur Frau nehmen würde.«

»Bodo, daraufhin brauche auch ich ein Glas Wein. Wie konnte mir solch eine wichtige Entwicklung entgangen sein?« fragte Fürstin Anna-Maria ein wenig schockiert.

Der Prinz servierte Mama ein Glas Chabouillet, aber nun führte es Fürstin Anna-Maria nur bis an die Lippen. Über den Glasrand hinweg beobachtete sie ihren Sohn. In dieser Situation war sie eine Mutter wie jede andere auch, um das Glück ihres einzigen Sohnes besorgt. Die Gedanken des Fürsten allerdings führten etwas weiter. Er war sich der Verantwortung für das Schicksal von immerhin gut dreitausend Menschen bewußt.

Prinz Bodo erklärte: »Ich liebe Amata, und sie liebt mich. Euer Einverständnis vorausgesetzt, werde ich mir erlauben, um Amatas Hand zu bitten.«

»Amata?« durchforschte der Fürst etwas verwirrt sein Gedächtnis.

»Die Baroneß Blanken«, half ihm Anna-Maria. Schon aus ihrer Stimme erkannte Bodo, daß seine Wahl keinesfalls ihre Zustimmung fand.

Auch der Fürst wischte mit einer unbestimmten Geste durch die Luft und entschied: »Die kleine Blanken ist eine bezaubernde Person, ein entzückendes Kind. Ich erinnere mich, daß sie einmal die Mondscheinsonate auf dem Flügel spielte. Recht geschickt. Allerdings: Für eine Fürstin von Podenstain fehlt ihr einiges an Format!«

»Papa, verzeih, wenn ich eine andere Meinung vertrete. Amata ist noch sehr jung, erst achtzehn. Innerhalb von zwei Jahren könnte sie ihre Persönlichkeit so weit entwickeln…«

»Sie wird immer eine von Blanken bleiben!« wandte nun auch die Fürstin ein. »Lieber Bodo, denk nur ja nicht, daß ich etwas gegen die Familie des Barons habe. Nichts, überhaupt nichts! Aber sie ist eben keine Familie, aus der eine künftige Fürstin erwachsen könnte!«

»Mama!« wehrte Prinz Bodo ab. Noch einmal betonte er: »Ich liebe Amata von Blanken, und sie liebt mich.«

Mit einer versteckten Bewegung holte Fürst Egon eine herzstärkende Tablette hervor. Er wollte nicht, daß sein Sohn dies beobachtete, weil es ihm fern lag, durch sein Leiden die Meinungsbildung auf unfaire Weise zu beeinflussen. Deshalb stellte er auch klar: »Bodo, ich will dich zu nichts zwingen, zu nichts überreden, sondern dich einfach davon überzeugen, daß dieses ebenso bezaubernde wie unbedeutende Kind niemals jene Fähigkeiten entwickeln könnte, die die Position an deiner Seite erfordern würde.«

Und Fürstin Anna-Maria ergänzte mit weiblicher Logik: »Junge, du bist in sie verliebt, was ich bei dem Liebreiz dieses Mädchens durchaus verstehe. Dank meiner mütterlichen Liebe für dich kann ich auch begreifen, daß Amata sich in dich verliebt hat. Aber das ist keine Liebe, die ein Leben lang über alle Stürme bestehen könnte!«

Es half Prinz Bodo wenig, daß er die Schönheit, die Jugendfrische, die Unberührtheit der Baroneß immer wieder ins Treffen führte. All dies gestand das Fürstenpaar dem jungen Mädchen ebenfalls zu. Nur die Ewigkeit der Liebesgefühle füreinander wurde in Zweifel gezogen.

»Die kleine Blanken ist eines tiefen Gefühls überhaupt noch nicht fähig. Dazu fehlt ihr die seelische Reife.«

Jedes dieser Worte gegen Amata verletzten Bodo so sehr, daß er diese Aussprache brüsk beenden wollte. Er erhob sich und bat förmlich, geradezu zeremoniell formvollendet: »Mama, Papa, ich bitte um die Erlaubnis, Baroneß Amata von Blanken zur Frau nehmen zu dürfen!«

Mama tat dies mit der lachend hingeworfenen Bemerkung ab: »Bodo, mein Kind, du bist ein hoffnungslos romantischer Kavalier! Die Zeit ist nicht stehengeblieben, sondern erfordert heute andere Maßstäbe. Jugend, bezaubernder Charme und amüsante Plaudereien eines Baroneßchens genügen nicht, um den kulturellen Bereich rings um die Fürsten von Podenstain zu bewahren, möglicherweise sogar noch zu erweitern.«

Der Fürst ergänzte:

»Ganz abgesehen von dem wirtschaftlichen Imperium der Podenstains, das immerhin den Lebens­unterhalt für ungefähr dreitausend Familien sichern muß!«

Plötzlich verfärbte sich das Antlitz des Fürsten. Blässe wechselte mit hektischer Röte. Er verlangte in barschem Ton zu wissen: »Bodo, besteht ein zwingend verpflichtender Grund, die Baroneß zu heiraten?«

Auch die Fürstin verriet Erschrecken. Sie wußte, daß Egon ebenso wie Bodo der altüberkommene Ehrbegriff über alles gehen würde. Aber der Sohn erlöste beide mit der Erklärung: »Nein. Es gibt keinen zwingenden Grund, wie ihr ihn meint. Mich zwingt nur die Erkenntnis, daß ich Amata liebe und sie mir vertrauensvoll ihr unschuldiges junges Herz geschenkt hat.«

Fürstin Anna-Maria und Fürst Egon atmeten sichtlich erleichtert auf. Dann machte erstere jenen Vorschlag, der auch Bodo durchaus annehmbar erschien: »Mein Sohn, sprich doch erst einmal mit der Baroneß darüber. Sie ist achtzehn, ein sehr lebensfrohes Kind. Ich glaube nicht, daß sie bereit wäre, die Würde und Bürde eines großen Namens auf sich zu nehmen.«

Prinz Bodo trat auf die Fürstin zu, küßte liebevoll ihre Hand und schloß: »Mama, ich danke dir! Nun bin ich überzeugt, daß ich Amata für mich gewinnen kann!«

»Mein großes Kind!« lächelte die Fürstin gerührt.

Als Prinz Bodo den Raum verlassen hatte, protestierte Fürst Egon: »Liebste Anna-Maria, wie kannst du in ihm die Hoffnung erwecken, daß wir jemals dieser Heirat zustimmen würden? Die Ehe hätte keine Chance…«

Die Fürstin unterbrach ihn, legte ihre Hand auf die seine und behauptete großmütig lächelnd: »Keine Sorge, Egon. Wir Frauen sind die besseren Diplomaten.«

*

Zwei Tage später bat Prinz Bodo von Podenstain die Baroneß telefonisch um eine sehr dringende Aussprache. Amata lachte darüber und fragte scheinbar arglos: »Warum kommst du nicht einfach zu uns herüber? Mit dem Auto bist du in zehn Minuten da, zu Pferd in fünf, weil du die Abkürzung über den Waldweg nehmen kannst. Sogar zu Fuß…«

»Amata, ich muß dich unbedingt unter vier Augen sprechen. Es ist sehr wichtig, schicksalentscheidend. Könnten wir uns in einer Stunde bei eurem Bootshaus treffen?« drängte der Prinz.

»So wichtig?« Plötzlich verriet Amatas Stimme Unlust und den Widerspruchsgeist eines verwöhnten Kindes. »Es ist so heiß. Da sollte man keine ernsten Gespräche führen müssen!«

Einige Augenblicke lang blieb Bodo fassungslos und schweigsam, dann erwachte in ihm ein arger Verdacht, und er sagte es ganz unverblümt: »Mama hat mit dir gesprochen?«

Baroneß Amata versuchte überhaupt nicht, das zu leugnen, sondern berichtete: »Erst wollte Durchlaucht mich zu sich bitten, aber dann sprachen wir telefonisch. Das genügte auch. Ach, Bodo, es ist so heiß, daß man zu überhaupt nichts Lust hast!«