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ALEXANDER KERN

ALFRED BIOLEK

– KLEINE ANEKDOTEN AUS DEM LEBEN EINES GROSSEN ENTERTAINERS –

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Originalausgabe

1. Auflage 2019

© 2019 by riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

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Fax: 089 652096

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Redaktion: Susann Harring

Umschlaggestaltung: Isabella Dorsch

Umschlagabbildung: imago images/Jürgen Hanel

Satz: Helmut Schaffer, Hofheim a. Ts.

Druck: Druck: GGP Media GmbH, Pößneck

eBook: ePubMATIC.com

ISBN Print 978-3-7423-1143-6

ISBN E-Book (PDF) 978-3-7453-0931-7

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-7453-0932-4

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Inhalt

Vorwort

Vertreibung aus dem Paradies

Frühes Talent als Gastgeber

Biolek auf großer Fahrt

Alfred und die Schnapspralinen

Biolek und das Studentenkabarett

Alfred und die Schnecken-Ingwer-Limonade

Als Volljurist zum Zweiten Deutschen Fernsehen

Alfred unter Mainzelmännchen

Alfred und die Damen von Welt

Umzug nach München: Biolek und die Boheme

Alfred Biolek und der Heilige Gral der Comedy

Biolek und Carrell – TV-Legenden unter sich

Wer kommt, kommt

Bio versteht Bahnhof … wie kein Zweiter

Auf neuen Gleisen

Offen, nicht öffentlich

Boulevard Bio – Ein Bollwerk der gepflegten Unterhaltung

alfredissimo! – Minutiöse Lockerheit

Biolek als UN-Sonderbotschafter

Das Alter

Quellen

Vorwort

Bio hieß früher Öko. Jedenfalls ist ›Bio‹ erst seit 2007 ein durch die EG-Öko-Verordnung geschützter Begriff; erst 2010 wurde ein EU-weit verbindliches Bio-Siegel eingeführt, das biologisch hergestellte Lebensmittel kennzeichnet. Der Mann, den Deutschland Bio nennt, war damals bereits Mitte Siebzig und seit mehreren Jahrzehnten sein eigenes Gütesiegel, das wie kaum ein anderes für gelungene TV-Unterhaltung stand.

Mit seinen zum Markenzeichen gewordenen runden Brillengläsern, hinter denen die Augen intelligent und fast immer ein wenig amüsiert blitzen, ist Alfred Biolek eine Ikone unter den deutschen Fernsehmoderatoren. Man nennt ihn in einem Atemzug mit Kulenkampff und Carrell, mit Rosenthal und Gottschalk. Zahlreiche Sendungen, die Fernsehgeschichte geschrieben haben, gehen auf die Kappe dieses Mannes. Bio’s Bahnhof, Boulevard Bio und natürlich alfredissimo! – das sind wohl die drei wichtigsten Meilensteine in seiner Karriere. Die beiden letztgenannten Formate liefen jeweils zwölf Jahre über die Bildschirme der Bundesrepublik, und beendet hat Biolek sie nicht wegen sinkender Quoten, sondern weil er das Gefühl hatte, sie seien auserzählt. 2007, nachdem die letzte von 459 Folgen alfredissimo! gesendet war, verabschiedete er sich mit 72 Jahren vom Fernsehen.

Sein Weg war alles andere als vorgezeichnet: Er kommt aus einem konservativen, streng katholischen Haushalt. Der Vater engagiert sich in der CDU, Alfred selbst arbeitet mit Begeisterung als Ministrant. Eigentlich soll er – der jüngste von drei Söhnen – die Kanzlei des Vaters im ländlichen Waiblingen übernehmen. Also studiert Biolek nach dem Abitur Jura, 1962 wird er zum Dr. iur. promoviert. Schließlich entscheidet er sich jedoch gegen die Kanzlei. Und nach einem kurzen Intermezzo in der Rechtsabteilung des neu gegründeten Fernsehsenders ZDF beginnt seine Laufbahn als TV-Macher.

Zunächst ist er hauptsächlich hinter den Kulissen tätig – als Produzent wird er Mitte der Siebziger vor allem mit der von Rudi Carrell moderierten Show Am laufenden Band einen riesigen Erfolg feiern –, aber zunehmend wird es ihn auch vor die Kameras ziehen. Mit dem Kölner Treff und schließlich mit der neuartigen Musiksendung Bio’s Bahnhof gelingt es ihm, Sendungen zu etablieren, für die er inhaltlich die Verantwortung trägt und die er auch selbst präsentiert.

Als Bioleks Fernsehmoderatoren-Karriere so richtig in Fahrt kommt, ist er bereits Mitte Vierzig. Er ist ein klassisches Gewächs des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, und einen Großteil seiner Karriere bestreitet er in Konkurrenz zu den immer beliebigeren, zynischeren Formaten des Privatfernsehens. Insofern ist Biolek seit jeher auch ein Anachronist. Während die mal mehr, mal weniger inszenierten Talkshows von RTL und ProSieben vorgeben, der Bevölkerung aufs Maul zu schauen – was meist bedeutet, dass man einander zu absurd-abgeschmackten Themen betreut ankeift –, bietet Biolek bei Boulevard Bio gepflegte Unterhaltung alter Schule. Er ist als witziger und schlagfertiger, aber auch einfühlsamer und interessierter Zuhörer bekannt. Die Gäste öffnen sich ihm, der oft so entwaffnend simple Fragen stellt. Und sie freuen sich mit ihm, wenn er mal wieder laut keckernd auflacht. Und wen hat er nicht alles interviewt in seinen vierzig Jahren beim Fernsehen: Karl Lagerfeld und Helmut Kohl, Sammy Davis Jr. und den Dalai Lama.

Alfred Biolek war immer schon ein kreativer Kopf und insbesondere ein geborener Gastgeber und – im ursprünglichen Sinne des Wortes – Moderator. Das lateinische moderari bedeutet: mäßigen, regeln, lenken. Seine Fragen geben sich mit dem scheinbar Einfachen zufrieden, und wenn er merkt, dass sein Gegenüber im Eifer des Augenblicks bereit ist, mehr von sich preiszugeben, als gut wäre, wechselt Biolek auch schon mal dezent das Thema. Niemand muss bei ihm fürchten, mit peinlichen Details aus dem Intimleben öffentlichkeitsgeiler Prominenz behelligt zu werden.

Jetzt, 13 Jahre nachdem er sich aus dem Fernsehbusiness verabschiedet hat, haben sich die Zeiten natürlich geändert. Wenn man sich die heutigen Shows anschaut, kommt man kaum umhin zu beklagen, dass es Figuren wie Biolek schlicht nicht mehr gibt. Selbst bei der ARD würde man ihn heute nicht mehr nehmen, sagte Biolek kürzlich. Und bereits 2003 kommentierte der Medienjournalist Stefan Niggemeier anlässlich der letzten Folge von Boulevard Bio bedauernd: »So einer wie Biolek würde es heute nicht mehr schaffen.«

Biolek selbst, mittlerweile 85 Jahre alt, sieht diese Veränderungen gelassen. Früher war ihm viel von dem, was im Fernsehen lief, zuwider. Heute akzeptiert er, dass diese Veränderungen zum Lauf der Zeit gehören. In seiner Kölner Wohnung zappt er durch die Programme, manches gefällt ihm ganz gut, aber die Fernbedienung hat er stets in der Hand, um im Bedarfsfall schnell umschalten zu können. »Es gibt nichts, was ich nicht verpassen könnte«, sagte er der Süddeutschen Zeitung in einem ausführlichen Interview. Es gibt im Fernsehen eben auch niemanden mehr wie ihn.

Vertreibung aus dem Paradies

Geboren wird Alfred Franz Maria Biolek am 10. Juli 1934 in Oberschlesien, genauer gesagt in Freistadt – später Fryštát, das heute ein Teil der Bezirksstadt Karviná ist –, in der damaligen Tschechoslowakei, an der Grenze zu Polen. Freistadt ist überwiegend polnisch besiedelt, aber rund ein Drittel der Gemeinde ist deutschsprachig. Diese Menschen fühlen sich der k.-u.-k.-Monarchie Österreich-Ungarns traditionell näher als der ersten deutschen Republik. Beide sind indes bereits Geschichte, als der kleine Alfred das Licht der Welt erblickt: die k.-u.-k.-Monarchie bereits seit 1918, als nach dem Ersten Weltkrieg erst in Ungarn und wenig später auch in Österreich eine jeweils eigene Republik ausgerufen wird, die Weimarer Republik seit nunmehr fast anderthalb Jahren, seit der Machtergreifung durch Adolf Hitlers NSDAP am 30. Januar 1933, um genau zu sein. Gerade einmal fünfzehn Jahre währte der Frieden in Europa. Nun zeigt in vielen Ländern der Faschismus sein hässliches Gesicht.

Nemec

1946 wird die Familie nach Deutschland deportiert, zunächst noch ohne den Vater und den ältesten Bruder, die aber später nachkommen können. Zwar ist die Sehnsuchtsstadt der Bioleks Wien, dessen alter Kultur man sich tief verbunden fühlt, aber dort hatte der Krieg zu stark gewütet, als dass man sich ein neues Leben hätte aufbauen können. Und so landet die Familie schließlich in Schwaben, in Waiblingen bei Stuttgart, wo der Vater wieder Arbeit als Anwalt findet und Alfred seine Jugendjahre verlebt.

Auch wenn er den Krieg nur am Rande miterlebte und ihm größere Unbill erspart blieb: Alfred empfindet die Vertreibung aus dem Paradies seiner Kindheit als Zäsur. Seine Eltern werden Zeit ihres Lebens nicht mehr nach Fryštát zurückkehren, und für Alfred bleibt die Stadt eine abgekapselte Erinnerung, ein Ort, mit dem er nicht mehr viel anfangen kann, als er mehr als 60 Jahre später zum ersten Mal zurückkehrt. Es bleibt bei einer kurzen, etwas befremdlichen Stippvisite.