Duden

Arztgespräche richtig führen

So mache ich mich verständlich

Von Kirsten Khaschei

Dudenverlag
Berlin

Inhaltsverzeichnis

Geleitwort

EINLEITUNG »Was habe ich wohl?«

Warum sind gute Arztgespräche so wichtig?

KAPITEL 1 Meine Rolle als Patient/-in

Was zeichnet mich als Patientin oder Patient aus?

KAPITEL 2 Das gute Gespräch

Wie führe ich ein hilfreiches und zufriedenstellendes Arztgespräch?

KAPITEL 3 Bei der Hausärztin

Wie rede ich über Gesundheit und Krankheit?

KAPITEL 4 Beim Facharzt

Wie spreche ich über Untersuchung, Ergebnis und Behandlung?

KAPITEL 5 In der Klinik

Wie bereite ich mich auf mein Behandlungsgespräch vor?

ANHANG Was jetzt noch gut zu wissen ist

Das kleine Abc fürs Sprechzimmer

Webseiten und Tipps zum Weiterlesen

Rund um den Arztbesuch – Alle Formulierungshilfen und Gesprächstipps im Überblick

Geleitwort

Ärzte sind keine Hellseher. Vor allem sind sie nicht die Halbgötter, für die sie von vielen lange gehalten wurden. Diese Bewunderung mag dem einen oder anderen geschmeichelt haben. Geholfen hat sie niemandem – weder dem Arzt noch dem Kranken. Einigen Patientinnen und Patienten hat diese falsche Ehrfurcht geradezu die Sprache verschlagen. Manchmal ist das leider auch heute noch so. In dem Moment, in dem Menschen eine ärztliche Praxis oder ein Krankenhaus betreten, erleben sie eine ihnen vollkommen fremde Welt. Sie fühlen sich beklommen darin und wissen oft kaum mehr, was sie eigentlich sagen wollten.

Mir ist es als Kind, und auch noch als jungem Mann, sehr oft selbst so ergangen. Zu meinem Schmerz und der Angst vor der Krankheit oder der drohenden Spritze kam noch meine Furcht vor der Autorität des Arztes hinzu. Das saß mir, dem damals Hilfesuchenden, wie der sprichwörtliche Kloß im Hals oder ließ mich schwindelig werden. Diese Unsicherheit mit dem ärztlichen Alltag habe ich selbst in vielen Gesprächen von Patienten und Patientinnen erfahren.

Wir Therapeuten sind – abgesehen von plötzlichen Unfällen oder Organversagen – grundsätzlich darauf angewiesen, zuerst zu erfahren, wie es den Menschen geht, die unsere Hilfe suchen. Es ist wichtig, dass wir uns mit ihnen besprechen können, von ihnen erfahren, was sie bedrückt und wann, unter welchen Umständen sie wo Schmerz empfinden. Wir sollten auch wissen, was ihnen Sorgen bereitet, wovon sie sich körperlich oder auch seelisch beeinträchtigt fühlen. Nur so besteht für uns von Anfang an die Chance einer möglichst gezielten Diagnose und Behandlung.

Auch für das oft unvermeidliche Ausprobieren verschiedener Therapieansätze sind wir Ärztinnen und Ärzte angewiesen auf das, was wir im Gespräch von den Menschen in unserer Sprechstunde erfahren. Die Aussicht auf eine gute medizinische Versorgung ist umso größer, je stärker Arzt und Patient zusammenwirken. Je konkreter beide miteinander reden, desto mehr werden beide einander verstehen können.

Verfolgt man die Geschichte der Heilkunst, war das Befragen des Patienten – das sogenannte Anamnesegespräch – der Beginn jeder ärztlichen Konsultation. Erst in jüngerer Vergangenheit – seit wir begonnen haben, auf die naturwissenschaftlich fundierte Hightech-Medizin zu vertrauen – legten Ärztinnen und Ärzte weniger Wert auf die sprechende Medizin. Heute veranschlagen einige Ärztinnen und Ärzte für ein Patientengespräch nur drei Minuten. Es bedrückt mich, dass sich in dieser knappen Zeitspanne der eine erklären und der andere ihn verstehen soll. Es ist schlichtweg ein Ding der Unmöglichkeit – überfüllte Wartezimmer hin oder her! Der von den Kassen ausgeübte Sparzwang und die mangelnde Honorierung können diesen Zustand ebenso wenig rechtfertigen wie die Tatsache, dass sich viele Patienten ihrerseits nur dann am besten versorgt fühlen, wenn sie mit größtem technischen Aufwand behandelt werden.

So froh wir über den technischen Fortschritt sein dürfen, allein mit dem massiven Einsatz der Gerätemedizin ist den Menschen auf Dauer nicht zu helfen! Das Ganze bleibt in den allermeisten Fällen Stückwerk. Erst wenn Menschen wieder miteinander im Dialog stehen, sich ein vertrauensvolles Gespräch zwischen Arzt und Patient aufbaut und der Kranke selbst ausreichend zu Wort kommt, erreichen wir einen würdevollen Umgang miteinander. Zudem realisieren wir so eine medizinische Versorgung, in der der Mensch im Mittelpunkt steht. Jeder hat das Recht, in der Sprechstunde darüber zu reden, was ihm oder ihr fehlt. Niemand sollte befürchten müssen, sich zu blamieren, nur weil er oder sie sich nicht technologisch exakt auszudrücken vermag. Meiner Meinung nach haben es gute Ärztinnen und Ärzte seit jeher verstanden, auf Augenhöhe zu kommunizieren.

Vertrauen gewinnt, wer sich auf den anderen einlässt. Das ist im Leben ebenso wie in der medizinischen Praxis. Wer seine Patientinnen und Patienten dagegen mit vorschnell geäußerten diagnostischen Vermutungen überrumpelt, sie gar wortlos mit einem Rezept oder einer Überweisung entlässt, läuft Gefahr, sie in die Irre zu führen. Wird das Gespräch unterbrochen, noch bevor sich herausstellen konnte, welche weiteren ärztlichen Einschätzungen sich aus zusätzlichen Informationen von Seiten des Patienten hätten ergeben können, verlieren beide. Denn auch dabei kann gegenseitiges Vertrauen verloren gehen und Rat für die Hilfe zur Selbsthilfe beim Patienten nicht ankommen.

Hier müssen Ärztinnen und Ärzte – nach Jahrzehnten eines technikdominierten Vorgehens – sicher auch wieder lernen, aufmerksamer zuzuhören. Im ärztlichen Alltag ist es notwendig, jeden Menschen als Wesen mit all seinen Hoffnungen, Wünschen und Ängsten zu begreifen und nicht bloß als »Organ« zu sehen. Denn wir alle leben als Einheit von Körper und Geist, vereinen das denkende und fühlende System in uns, den Körpergeist eben, dessen einzelne Komponenten untrennbar sind. So meine ich.

Diese ganzheitliche Anamnese fordert von Ärztinnen und Ärzten, dass sie sich in die individuelle Wahrnehmung, die persönlichen Lebensumstände und emotionalen Zustände ihrer Patienten hineinfühlen und -arbeiten. Gleichermaßen fordert sie von Patientinnen und Patienten, dass sie in der Sprechstunde auskunftsbereit und selbst willens sind, eigene Hemmungen zu überwinden. Spontan mag das vielen heute – in Zeiten einer vielfach vernetzten Wissensgesellschaft – leichter fallen als früher. Dank des Internets kann sich fast jeder Mensch vorab über seine Beschwerden, mögliche Krankheiten und Therapieoptionen informieren. Und dennoch – oder gerade deshalb – sind viele im Arztgespräch von der ungewohnten Situation oder durch ihre mitgebrachten »Dr. Google«-Ergebnisse so irritiert, dass sie vergessen, was sie eigentlich sagen wollten. Aber das ist genau das, was Arzt oder Ärztin wissen müssen, um sinnvoll helfen zu können. Dieser »Blackout« ist allerdings vermeidbar. Meiner Erfahrung nach hilft es sehr, wenn Patientinnen und Patienten sich Zeit nehmen, sich selbst auf den Arztbesuch und das Gespräch vorzubereiten. So wie ich es bereits in »Grönemeyers Hausbuch der Gesundheit« vor einigen Jahren exemplarisch für einzelne Krankheitsgruppen konkret vorgeschlagen habe.

Es ist wirklich keine Schande, in der Praxis einen Zettel aus der Tasche zu ziehen, auf dem zumindest drei für Sie persönlich wichtige Fragen stehen, die Sie unbedingt beantwortet bekommen möchten. Auch sich darauf Stichworte für das Arztgespräch zu notieren, ist absolut hilfreich. Ich selbst mache das genauso, wenn ich die Hilfe eines Kollegen brauche, und bin meinerseits froh über jeden Patienten, der so vorbereitet zu mir kommt.

Mit größter Freude empfehle ich Ihnen deshalb gerade dieses Buch: den ersten Patientenratgeber zur Kommunikation mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin für den nächsten Arztbesuch. Medizin auf Augenhöhe mit offenen Ohren, verständlicher Sprache, Zeit und liebevollem Herzen für die Patientinnen und Patienten – darum geht es. Denn nur zusammen mit Ihnen können wir Ärzte das tun, was der medizinische Fortschritt an Wohlergehen und an Heilung für Sie möglich macht. Wir sind Partner!

Mai 2019

Prof. em. Dr. med. Dietrich Grönemeyer

Lehrstuhl für Radiologie und Mikrotherapie
Universität Witten/Herdecke

EINLEITUNG

»Was habe ich wohl?«

Menschen, die krank sind, haben ein großes Informationsbedürfnis. Wahrscheinlich möchten auch Sie gern mehr über Ihren gesundheitlichen Zustand erfahren und besser verstehen, was Ihnen hilft.

Das Gute ist: Jedes Arztgespräch bietet die Möglichkeit zu so einem Informationsaustausch. Dazu schildern Sie Ihre Beschwerden. Erzählen, was Sie erwarten, worauf Sie hoffen oder was Sie bedrückt.

Hilfreich, wenn Sie für alle diese Informationen passende Worte finden, damit Ihr Gegenüber Sie richtig versteht und bestmöglich behandeln kann. Dabei will der vorliegende Ratgeber aus Patientensicht helfen.

Eine kleine Geschichte, die Mut macht

Stellen Sie sich vor, Sie sind krank und gehen zum Arzt. Sie bekommen sofort einen Termin. Die Zeit im Wartezimmer vergeht wie im Flug. Im Behandlungszimmer werden Sie freundlich von der Ärztin oder dem Arzt begrüßt. In einem vertrauensvollen Arztgespräch berichten Sie von Ihren Beschwerden. Sie fühlen sich verstanden und nach einigen ärztlichen Fragen, die Sie möglichst klar und ehrlich beantworten, sowie einer gründlichen Untersuchung verlassen Sie die Arztpraxis auch schon wieder. Sie sind erleichtert. Jetzt wissen Sie endlich, woran Sie erkrankt sind. Vielleicht haben Sie ein Rezept für ein bestimmtes Medikament bekommen, vielleicht eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, möglicherweise auch einen kleinen Notizzettel mit einem Folgetermin. Auf dem Heimweg besorgen Sie das Medikament. Zuhause angekommen nehmen Sie es ein. Sie legen sich hin, ruhen sich aus und am nächsten Tag geht es Ihnen schon ein bisschen besser.

Warum sind gute Arztgespräche so wichtig?

Wäre das nicht toll, wenn jeder Arztbesuch unkompliziert wäre? Jedes Arztgespräch angenehm? Und jede Behandlung erfolgreich?

Tatsächlich gibt es sie, diese guten Arztgespräche. Und sie scheinen gar nicht so selten zu sein. Aktuelle repräsentative Umfragen wie beispielsweise das Healthcare-Barometer 2018 und 2019 der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (s. Anhang ab Seite 138) zeigen, dass trotz verschiedener Kritikpunkte jeder dritte Bundesbürger mit der ärztlichen Behandlung rundum zufrieden ist. Das Vertrauen in das deutsche Gesundheitssystem ist groß: Mehr als die Hälfte aller Bürger zählen es zu den drei besten der Welt. Die Ausgangslage für zufriedenstellende Arztgespräche ist also eigentlich ganz positiv.

Als Psychologin und Autorin für Gesundheitsthemen weiß ich darüber hinaus aus zahlreichen Gesprächen mit Patienten und Ärzten: Auf beiden Seiten besteht ein großes Bedürfnis nach hilfreichen und klärenden Gesprächen – egal, ob es dabei in der Hausarztpraxis um Medikamente gegen Magenbeschwerden geht oder im Krankenhaus um die Narkose vor einer geplanten Operation.

Schließlich suchen kranke Menschen die Arztpraxis oder das Krankenhaus auf, um medizinische Hilfe zu bekommen und behandelt zu werden. Und Ärzte und Ärztinnen haben Medizin studiert und den Arztberuf ergriffen, um den Erkrankten zu helfen. Sie untersuchen, versorgen und behandeln ihre Patienten professionell und bestmöglich. Mit anderen Worten: Die Wünsche, Erwartungen und Ziele beider Gesprächspartner an ein Arztgespräch passen genau zusammen.

Nicht jedes Arztgespräch läuft automatisch zufriedenstellend für den Patienten

Andererseits zeigen Erfahrungen von Patienten aber auch, dass nicht jedes Arztgespräch von selbst erfreulich verläuft. Der positive und hilfreiche Austausch zwischen Patientin und Patient, manchmal auch den Angehörigen, und Arzt oder Ärztin gelingt nicht immer auf Anhieb.

Dafür kann es die verschiedensten Gründe geben: Die Ärztin oder der Arzt haben keine oder viel zu wenig Zeit. Für viele Patienten und ihre Angehörigen ist dieses der schwierigste Teil, der immer wieder für große Unzufriedenheit und auch für Irritationen sorgt.

Es kann auch sein, dass der Start in das Gespräch missglückt. Vielleicht sind Sie aufgrund Ihrer Krankheit stark verunsichert, und es fällt Ihnen schwer, sich Ihrem Gegenüber im Gespräch zu öffnen und anzuvertrauen.

Vielleicht sind auch Ihre Beschwerden nicht eindeutig, möglicherweise müssen weitere Untersuchungen erfolgen oder eine Diagnose ist noch nicht abschließend möglich. Der Untersuchungsbefund kann niederschmetternd sein, eine schwierige persönliche Entscheidung kann anstehen oder Sie müssen sich damit abfinden, an einer chronischen Krankheit, die eine langwierige Behandlung nach sich zieht.

Für chronische Erkrankungen gibt es oftmals keine Aussicht auf vollständige Heilung, wohl aber hilfreiche medizinische Ratschläge für einen erträglichen, vielleicht sogar positiven Umgang damit.

Sollten Sie durch Beschwerden oder Schmerzen verunsichert, von unerwarteten Komplikationen oder schwierigen Untersuchungsbefunden betroffen sein oder an einer chronischen Erkrankung leiden: In allen diesen Situationen ist es besonders wichtig für Sie, wirksam mit den behandelnden Ärztinnen und Ärzten ins Gespräch zu kommen.

Drei Gründe, gut miteinander im Gespräch zu sein

Das zentrale Instrument für ein hilfreiches Miteinander von Patientinnen und Patienten mit ihren Ärztinnen und Ärzten ist das Gespräch. In der »Anamnese«, dem Erstgespräch, stellen Ihnen die Ärztin oder der Arzt verschiedene Fragen zu Ihren Anliegen, Beschwerden und/ oder der Vorgeschichte Ihrer Krankheit. Mit dem »Aufklärungsgespräch« vor einer Operation bekommen Sie von Ihrem Gegenüber wichtige Informationen über Nutzen und Risiken eines bevorstehenden Eingriffs. Verlaufen die Gespräche zwischen Ihnen und Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt erfolgreich, so hat das gleich drei positive Effekte:

1. Gut miteinander im Gespräch zu sein ist die Basis für eine hilfreiche und vertrauensvolle Patient-Arzt-Beziehung. Solch eine positive Patient-Arzt-Beziehung wiederum spielt eine wichtige und unterstützende Rolle bei allen Fragen, Untersuchungen sowie Behandlungen. Sie ist ein solides und wirksames Fundament für alle Besserungs- und Heilungsprozesse.

2. Gut im Gespräch zu sein sorgt zwischen Ihnen, vielleicht auch Ihren Angehörigen und den Ärzten für den optimalen Austausch aller medizinisch relevanten Informationen. Dieser fördert Ihre Zufriedenheit mit der Behandlung und Sie werden sich sicherer fühlen.

3. Gut und positiv im Gespräch zu sein hilft Ihnen, Ihre Beschwerden besser zu verstehen und zu lindern. Verschiedene Studien zeigen, dass positive Worte und Informationen die Selbstheilungskräfte aktivieren sowie den Heilungs- und Genesungsprozess verbessern. In einem angenehmen Arztgespräch fühlen Sie sich verstanden und erfahren, was Sie selbst zu Ihrer Gesundung beitragen können. Je besser Sie Ihr Gegenüber verstehen, desto eher werden Sie die medizinischen Ratschläge auch umsetzen.

Neben dem persönlichen Bedürfnis nach einem hilfreichen und wirksamen Gespräch, welches Patienten und Ärzte führen, gibt es also auch starke medizinische Argumente für einen klaren und positiven Austausch. Über das richtige Verstehen aller medizinischen Zusammenhänge und Ratschläge hinaus, kann »sich verstehen« nämlich auch heißen, die eigenen Kräfte, Stärken und Ressourcen zu erkennen. Mit dem Entdecken und Wahrnehmen Ihrer eigenen Ressourcen leisten Sie selbst einen wichtigen Beitrag zu Ihrer Gesundung. Alle an einem Gespräch beteiligten Personen können also nur gewinnen.

Deswegen möchte ich Sie als Psychologin mit dem vorliegenden Ratgeber ermutigen, unbeirrt und kontinuierlich das positive Arztgespräch zu suchen und zu führen. So ein Gespräch ist eigentlich ganz einfach, wenn man weiß und versteht, wie das geht.

Hilfreich ist auf jeden Fall, wenn Sie sich Ihrer eigenen Rolle als Patientin oder Patient bewusst sind (Kapitel 1) und die wichtigsten sprachlichen und psychologischen Grundlagen für ein gutes Gespräch kennen (mehr dazu im Kapitel 2). Sprache ist der Generalschlüssel zum gegenseitigen Verständnis. Wichtige Informationen (mit)teilen, aufmerksam zuhören und wirklich verstehen, was Ihr Gegenüber sagt, stehen dabei im Mittelpunkt. So dient die Sprache dem wirksamen Miteinander von Patienten und Ärzten. Längst ist erwiesen, dass Worte positiv unterstützen und heilen können.

Wenn Sie Ihre Situation, Ihre Beschwerden oder Ihre Krankengeschichte klar darstellen, stellen Sie Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin damit wichtige Informationen zur Verfügung, sodass diese die optimalen nächsten Schritte oder eine Behandlung planen können.

Dies gilt in der Hausarztpraxis, beim Facharzt oder auch im Krankenhaus: Bereiten Sie sich sorgfältig auf das Arztgespräch vor und stellen Sie Ihre Fragen im Gespräch mit Bedacht. Sie gewinnen so mehr Sicherheit und Orientierung (Kapitel 3 bis 5).

Sprache ist der Schlüssel zum gegenseitigen Verständnis

Gleichzeitig ist Sprache auch ein wichtiger Schlüssel zum Verständnis der Welt – auch und gerade der Welt der modernen Medizin mit ihren strukturierten Abläufen und vielen komplizierten Fachbegriffen, die für Laien oft nicht verständlich sind. Deswegen liefere ich Ihnen für bestimmte Gesprächssituationen Orientierungshilfen, Checklisten und sprachliche Formulierungen – zum Beispiel rund um die Anamnese, Diagnose, um Untersuchungsbefunde, Behandlungs- und Therapiepläne oder Medikamente und ihre Wirkungen.

Im Anhang (s. Seite 133) finden Sie ein kleines Abc für das Sprechzimmer mit medizinischen Fachbegriffen.

Grundsätzlich möchte ich Sie mit diesem Ratgeber in jedem Arztgespräch zum direkten Austausch und zum Fragen und Nachfragen ermutigen: Fragen Sie Ihre Ärztin oder Ihren Arzt konsequent zu allen Fachbegriffen und Zusammenhängen, die Sie nicht verstehen. Das kommt Ihrer Gesundheit sowie Ihrem Wohlbefinden zugute.

Patientinnen und Patienten im deutschen Gesundheitssystem werden seit einigen Jahren zunehmend mit neuen Herausforderungen und Anforderungen konfrontiert, wie die Patienten-Universität der Medizinischen Hochschule Hannover festgestellt hat. Wichtige Zusammenhänge, die dort genannt werden, fasse ich hier zusammen. Für Sie als Patientin oder Patient sind dabei vor allem folgende Begriffe und Zusammenhänge wichtig:

 Verantwortung und Eigeninitiative
Patienten werden von Ärzten und medizinischen Fachkräften zunehmend als Partner gesehen, manchmal sogar als Kunden. Damit entstehen neue Verantwortungsbereiche: Patienten sollen sich zunehmend selbst informieren und organisieren.

 Qualität der Gesundheitsinformationen
Die Informationsflut über Gesundheitsthemen aller Art – ob im Internet oder in Büchern, Zeitschriften usw. – macht es für Patienten schwierig, seriöse und unabhängige Recherche-Quellen zu finden. Manche der gefundenen Informationen können auch verunsichern.

Vor diesem Hintergrund sollten Sie zwei Dinge auf jeden Fall tun:

1. Achten Sie darauf, dass Sie sich in unserem komplexen Gesundheitssystem als Mensch fühlen können und als Mensch behandelt werden.

2. Haben Sie selbst Recherchen über Ihre Beschwerden oder Ihre Erkrankung angestellt, teilen Sie dieses Wissen. Ihre Ärztin oder Ihr Arzt können diese Informationen fachlich fundiert einordnen. Studien haben gezeigt, dass ein Gespräch darüber die Arzt-Patient-Beziehung verbessert.

Wie wichtig und zukunftsweisend gute Gespräche zwischen Patienten und Ärzten für eine wirksame Beziehung und Behandlung sind, darauf weist auch der Weltärztebund (World Medical Association, WMA) deutlich hin. Dieser hat den »hippokratischen Eid« für Ärzte – das Genfer Gelöbnis aus dem Jahr 1948 – überarbeitet. Zwei Aspekte des neuen Versprechens sind für Patienten besonders wichtig, denn sie betreffen das heilsame Miteinander:

 Respekt und Achtung vor der Selbstbestimmung und Würde
Das bedeutet: Sie dürfen von Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt selbstverständlich erwarten, dass Sie respektvoll behandelt werden, dass Ihre Bedürfnisse und Wünsche geachtet und dass Sie als ganzer Mensch gesehen werden.

 Die Bereitschaft zum Teilen von medizinischem Wissen zum Wohl der Patienten
Das bedeutet: Medizinisches Wissen und medizinische Informationen spielen in der aktuellen und zukünftigen Informationsgesellschaft eine zentrale Rolle. Als Patientin oder Patient haben Sie ein Recht darauf, dass Sie alle für Sie wichtigen Informationen bekommen und auch verstehen.

Nehmen Sie diese Rechte in jedes Gespräch mit. Fordern Sie freundlich, zugewandt und beständig ein, dass Sie als ganzer Mensch gesehen, behandelt und verstanden werden wollen. Dazu möchte ich Sie von ganzem Herzen ermuntern.