Gershom Scholem

Poetica

Schriften zur Literatur
Übersetzungen
Gedichte

Herausgegeben und kommentiert von Herbert Kopp-Oberstebrink, Hannah Markus, Martin Treml und Sigrid Weigel unter Mitarbeit von Theresia Heuer

Jüdischer Verlag im Suhrkamp Verlag

Inhalt

Der literarische Scholem

I.  Klage und Klagelieder

1.  Über Klage und Klagelied

2.  Die Klagelieder

I.

II.

III.

IV.

V.

3.  Luthers Übersetzung von Hiob 30,8-31

4.  Hiobs Klage

5.  Klage

6.  2. Samuelis 1,17-27

7.  Das Klagelied Amarti sche'u mini des Kalonymus ben Jehuda über die גזרה von 1096

8.  Ein mittelalterliches Klagelied

9.  Ezechiel Kapitel 19: Klagelied um die letzten Fürsten Israels

10.  Das Buch Joel

11.  Das Klagelied Eli Zion weracha des Salomo ibn Gabirol

12.  Kohelet 6,6-7,2

13.  Jesaja 1-52

Quinah über Moab

Kinah über Phönizien

Der Weltuntergang und die neue ewige Zeit

II.  Übersetzungen religiöser Texte

1.  Das Hohe Lied. Alt-Hebräische Liebeslyrik

V.

XI.

2.  Moaus Zur

3.  Übersetzung einer Habdala des Juda Halevi

4.  Das Buch Jona

5.  Ein Lied zu Sabbatausgang

6.  Juda Halevi: Keroba zu Sabbath Chason

7.  Mosche ben Nachman: Hymnus vom Schicksal der Seele

8.  Übersetzung der Hymne Adon olam des R. Salomo ibn Gabirol

9.  Übersetzungen der Psalmen 1-21, 37, 38, 57

[Ms 1] Psalm 1

Psalm 19

[Ms 2] Psalm 37

[Ms 3] Psalm 57

III.  Sprach- und Übersetzungstheoretisches

1.  Zum Problem der Übersetzung aus dem Jidischen Auch eine Buchbesprechung

1a. Zum Problem der Übersetzung aus dem Jidischen Erwiderung

1b. Antwort

1c. Zum Problem der Übersetzung aus dem Jidischen

2.  Über das Hohe Lied

3.  Die Kunst des Verschweigens im Talmudischen Stil

4.  Eine falsche Ansicht über die Beziehung der jüdischen Dichtung zur Bibel

5.  Zur neuhebräischen Lyrik, mit Übersetzungen zu Jakob Cahan

[Ms 1] Trost

[Du o Heimat o klinge ‌…]

[Ms 2] Am Rheinfall

[Ms 3] J. Cahan: Thirza II, S. 25

[Ms 4] Versuch einer getreuen Übertragung eines neuhebräischen lyrischen Gedichtes unter möglichster rhythmischer Mimik: von Jakob Cahan בלב היער

Eine Strophe aus ליל סדר im genauen Rhythmus:

6.  Journalismus und Musivstil

7.  Wie soll man Hebräisch lernen?

8.  Über die jüngste Sohar-Anthologie

8a. Jankew Seidmann: Entgegnung

8b. Zum Schlusse meiner Seidmann-Kritik

9.  Das Problem des Aramäischen als Sprache der jüdischen Mystik

10.  Januar 1925: Das Selbe wie stets

11.  Die neue Genesis, eine Übersetzung

12.  Bekenntnis über unsere Sprache Mit einer Vorstufe

12.a. [Ms 1] 1925 Sprachbekenntnis

12.b. [Ms 2] Bekenntnis über unsere Sprache

13.  12. April 1926 Die Verzweiflung des Siegenden

14.  Wenn die Sprache ein relativistisches Werkzeug der Erkenntnis wäre

15.  Bei der Wanderung der Sprache vom Buch ins Leben ist die »Seele« verloren gegangen

16.  An einem denkwürdigen Tage

17.  Sprache

IV.  Chaim Nachman Bialik und Samuel Josef Agnon

Übersetzungen   1.  Chaim Nachman Bialik Halacha und Aggada

2.  Chaim Nachman Bialik משרי עם

3.  S. ‌J. Agnon Die Geschichte von Rabbi Gadiel dem Kinde

4.  S. ‌J. Agnon Aufstieg und Abstieg

5.  S. ‌J. Agnon Die Geschichte von Asriel Mosche dem Bücherwart

6.  S. ‌J. Agnon: Die große Synagoge

Kritiken 7.  Zur Halacha-Aggada-Streitfrage

8.  Brenner wirft es Bialik vor, daß er »abstrakt« und theoretisch rede

9.  Am Übergang der Geschlechter steht der einsame Bewahrer der Tradition

10.  Rundfrage zum hebräischen Buch

11.  Impressionen und Reflexionen Zum 60. Geburtstag S. ‌J. Agnons

12.  Die kabbalistischen Quellen der Geschichte von Rabbi Gadi'el dem Kinde von S. ‌J. Agnon

13.  Über einen Roman von S. ‌J. Agnon

14.  Agnon in Deutschland Erinnerungen

15.  S. ‌J. Agnon – der letzte hebräische Klassiker?

V.  Literatur und Kritik

1.  Gedanken über Mörikes Maler Nolten

2.  Über Rainer Maria Rilkes Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge

3.  Lyrik der Kabbala?

4.  Der Prozess von Kafka

5.  Im Schatten der Angst

6.  Tucholskys Briefe

7.  Ich habe Else Lasker Schüler nur flüchtig gekannt

8.  Loblied auf den Detektivroman

9.  Was man aus dem Schicksal eines jüdischen Dichters lernen kann, der in Sprachen der Diaspora schrieb Zum Gedächtnis an A. ‌M.-Sperber

10.  Zu Philip Roths Roman Portnoys Beschwerden

10a.  Wie die Dinge wirklich liegen Zu Philip Roths Roman Portnoys Beschwerden

10b.  Sozialkritik – nicht Literaturkritik Noch einmal zu Philip Roths Roman Portnoys Beschwerden

11.  Lea Goldberg Dichterin des einsamen Leidens

12.  Zehn unhistorische Sätze über Kabbala: X

13.  Eine Bemerkung zu Gustav Meyrinks Engel vom westlichen Fenster

14.  Zum Verständnis innerer Prozesse

15.  Die Spürnase von Slabodka

VI.  Gedichte von 1914 bis 1974

1.  Komme, du göttlicher Schlaf

2.  Die Internationale

3.  An Theodor Herzl!

4.  Ich gab wohl dahin

5.  Auch ein Kriegsgedicht!

6.  Wir kommen und nehmen

7.  Aufruf zur Tat I

8.  Martin Buber

9.  Von der anderen Seite

10.  Novembersturm

11.  Chanukah

12.  Der Weg zu Gott

13.  An einen Abtrünnigen

14.  Nachträgliches zum Golem

15.  Nationalhymne der Quietisten

16.  Tisch'a b'ab

17.  מנשה חיים

18.  Menasche Chajim

19.  Das Tagebuch

20.  Nach einer Ethik

21.  Sieben Sonette an drei Freundinnen

[II] Abschied / An ein junges Mädchen I

[V] IV

22.  Zum 15. Juli

23.  Der Ball

24.  W. ‌B.

25.  An Grete

26.  מי עור כמשולם

27.  Lehrgedicht von der messianischen Zeit

28.  Die Zerstörung (Als Grete ein ? hinter sie machte)

29.  Edgar Blum Er starb an seinem 20. Geburtstag

30.  Ludwig Strauß: Oden

31.  Gruß vom Angelus

32.  Traurige Erlösung

33.  AMTLICHES LEHRGEDICHT der Philosophischen Fakultät der Haupt- und Staats-Universität Muri

C

O

X

34.  Begegnung mit Zion und der Welt (Der Untergang)

35.  Media in Vita

36.  An mich oder sie?

37.  An Karl und Kitty Mit einem Exemplar der »Einbahnstraße«

38.  Mit einem Exemplar von Kafkas »Prozeß«

39.  Bialik

40.  Vae Victis oder der Tod in der Professur (in ein Exemplar von Major Trends)

41.  Die Sirenen

42.  Jerusalem (Sommer 1948)

43.  An Georg Halpern (zum 1. ‌12. ‌1948)

44.  Die Senatssitzung

45.  Fania, Zürich am 10. Oktober 1962 morgens um 6 Uhr

46.  An Frau Eva Ehrenberg Replik auf ihre Antwort an Herrn Gershom Scholem auf seinen Brief »Wider den Mythos vom deutsch-jüdischen Gespräch«

47.  An Ingeborg Bachmann nach ihrem Besuch im Ghetto von Rom

48.  Nach der Genesung von einem Nierensteinanfall 22. ‌6. ‌1972

49.  Ernst Simon zum 75. Geburtstag

50.  Der Assimilant und der Zionist

51.  Hoffnung über jede Schickung

52.  Leah

Zur Edition

Bibliografie

Glossar

Abbildungsverzeichnis

Der literarische Scholem

Gershom Scholem (1897-1982), der über die judaistischen Fachgrenzen hinaus vor allem als Experte der jüdischen Mystik bekannt ist, wird mit dieser Edition von einer bislang weitgehend unbekannten literarischen Seite vorgestellt. Nur wenige wissen, dass derjenige, der vielen Wissenschaftlern als einer der Begründer der Historiografie der Mystik und als Entdecker der häretischen Kabbala gilt, zeitlebens auch als Übersetzer und als Autor von Gedichten und Aufsätzen zu Sprache, Literatur und Übersetzung tätig war. Manche Kritiker sagen, Scholem habe »viele Gesichter« (vgl. Abrams 2015). Dieser Band zeigt dasjenige Gesicht, das in der Öffentlichkeit nur gelegentlich sichtbar wurde – mit Ausnahme der Öffentlichkeit der jüdischen Jugendbewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts, in die sich der junge Student mit seinen Beiträgen in den Zeitschriften Der Jude und Blauweisse Brille als radikaler Kritiker einmischte (Weiner 1984). Der ältere Scholem trat eher als Gelehrter auf, als Professor für Jüdische Mystik, einer akademischen Disziplin, von der er überzeugt war, er habe sie erfunden (vgl. Abrams 2000), und dann, zusammen mit Theodor W. Adorno, als Herausgeber der Briefe Walter Benjamins, des wahlverwandten Freundes, der ihn so sehr geprägt hatte und mit dem er doch zeitlebens um eine jüdische Sicht der Dinge rang (Mosès 2006). Mit dieser Edition wird Scholem nun als Übersetzer, Sprach- und Dichtungstheoretiker, als Intellektueller und Kritiker vorgestellt. Und durch die Übersetzungen etlicher hebräischsprachiger Texte wird deutschsprachigen Lesern, die des Hebräischen in der Regel nicht mächtig sind, erstmals der Kritiker gezeigt, der sich engagiert in der israelischen Öffentlichkeit zu Wort meldete, um sich in die zeitgenössischen Debatten um Autoren im Lande und in der Diaspora einzumischen.

In der nachkriegsdeutschen Öffentlichkeit war Scholem zum wichtigsten Gesprächspartner der Deutschen über Israel und das Judentum geworden und wirkte als Stimme Israels und als Kritiker einer umstandslosen Versöhnung im jüdisch-deutschen bzw. jüdisch-christlichen Dialog. Schon einige der in diesem Kontext entstandenen Reden und Essays, die in den Bänden der in den 1960er Jahren begonnenen Reihe der Judaica veröffentlicht wurden und damit die großen Monografien über die Symbolik der Kabbala, die Hauptströmungen der jüdischen Mystik und den »mystischen Messias« Sabbatai Zwi ergänzen, greifen immer wieder auch literarische Themen auf. Interessierten Lesern seiner autobiographischen Schriften, seiner Tagebücher und Briefe wird nicht entgangen sein, wie häufig darin philologische Fragen und literarische Lektüren zur Sprache kommen. Dabei macht sein literarisches Interesse nicht bei den Autoren der neuhebräischen Literatur halt; es gilt auch der modernen Literatur (Sparr 1997). Für diejenigen, die sich für ihn als Freund und Briefpartner Walter Benjamins interessieren, bestand ohnehin kein Zweifel daran, wie stark Scholem am Zusammenspiel religiöser und literarischer Fragen interessiert war. Doch mit dieser Edition seiner Poetica erhalten nicht nur seine Judaica ihre lange schon fällige Ergänzung; indem hier nun ein überwiegender Teil seiner Übersetzungen, Gedichte und Schriften zu Sprache und Literatur versammelt und kommentiert ist, wird der Stellenwert dieser Fragen in Scholems Arbeiten erstmals in allen Facetten sichtbar und damit auch, welche Bedeutung sie für den Autor bahnbrechender Werke der Judaistik haben. Mit dem vorliegenden Band wird eine wichtige Lücke in der Scholem-Forschung geschlossen; dies stellt zugleich einen Beitrag zur Wissenschaftsgeschichte des deutschen Judentums dar.

Mit Ausnahme von zwei thematisch zusammenhängenden Gruppen – 1. Abteilung Übersetzungen und Theoretisches zu Klage und Klagelied, IV. Abteilung Übersetzungen von und Kritiken zu Bialik und Agnon –, sind die edierten Texte hier nach Genres gruppiert: II. Abteilung Übersetzungen religiöser Texte, III. Abteilung Sprach- und Übersetzungstheoretisches, V. Abteilung Literatur und Kritik, VI. Abteilung Gedichte. Mit ausführlichen Kommentaren versehen und um Einführungen in die sechs Abteilungen ergänzt, werden die sprachlichen und literarischen Grundlagen seines wissenschaftlichen Werks und dessen eigene literarische Gestalt – Robert Alter spricht von der »Kraft poetischer Beschwörung«, die Scholems wissenschaftlicher Prosa eigne (Alter 1995, 157) – erstmals in einem bisher weitgehend übersehenen Zusammenhang erkennbar. Manche arkane Texte, arkan nicht im Sinne der Geheimhaltung, sondern aufgrund ihrer schwierigen Lesbarkeit (vgl. Weidner 2003, 145ff.), werden in dem hier eröffneten Horizont besser verständlich. Die Texte, die in dieser Edition versammelt sind, ermöglichen den Blick auf den genealogischen und sachlichen Zusammenhang zwischen den »vielen Gesichtern« von Scholems Werk: zwischen den wissenschaftlichen, philologisch fundierten Analysen, seinen theoretischen Auseinandersetzungen mit der jüdischen Mystik, den eigenen Positionierungen in den Debatten um das Judentum und den literarischen und literaturkritischen, den poetischen und poetologischen Schriften. Eine in der Forschung kontrovers bewertete Besonderheit von Scholems Arbeitsweise besteht in den fließenden Übergängen zwischen dem Wissenschaftler und dem engagierten Zeitgenossen des Judentums (Dan 1995). Scholem selbst war immer daran gelegen offen zu legen und zu bestimmen, welchen Standpunkt er selbst und welchen andere »hinsichtlich der religiösen und politischen Kontroversen« einnehmen, die die Juden der »jeweiligen Generation spalteten«, wie er in der späten Kritik zum Philosophiehistoriker Harry Wolfson schreibt (V, 15).

Die Schriften des hier zu entdeckenden ›literarischen Scholem‹ umfassen ein breites Spektrum: zahlreiche Übersetzungen aus dem Hebräischen ins Deutsche, darunter Texte der Heiligen Schrift, Klagelieder und Hymnen aus der jüdischen Überlieferung (I. und II. Abteilung) sowie einige Texte der zeitgenössischen neuhebräischen Literatur der Autoren Chaim Nachman Bialik und Samuel Josef Agnon (IV. Abteilung); zudem Kommentare zu diesen Übersetzungen und theoretische Überlegungen zur Aufgabe der Übersetzung aus dem Jiddischen und dem Hebräischen und zur hebräischen Sprache (II. und III. Abteilung); ferner Aufzeichnungen zu biblischen und mittelalterlichen Klageliedern (I. Abteilung), Kritiken und Auseinandersetzungen mit zeitgenössischen Autoren (IV. und V. Abteilung) wie auch Besprechungen und Würdigungen von Kollegen (V. Abteilung) und schließlich eine große Zahl von Scholems eigenen Gedichten. Der vorliegende Band enthält all dies, wenn auch nicht immer erstmalig, so doch bisher Verstreutes in versammelter, thematisch strukturierter und kommentierter Form. Während in der Gruppe der Gedichte aus dem Konvolut der Juvenilia sehr stark ausgewählt wurde, bringen die anderen Abteilungen das meiste, was für die jeweilige Gruppe an zusammenhängenden Ausführungen vorliegt – auch wenn keine Vollständigkeit angestrebt ist, da es sich nicht um eine historisch-kritische Ausgabe handelt. Die Edition will interessierten Lesern einen bisher wenig bekannten Scholem zugänglich machen – Scholem, der Klassiker, er will auch gelesen sein. Zugleich will sie der Wissenschaft einen bisher noch nicht systematisch erschlossenen Arbeitskomplex des Autors aufschließen.

Ein großer Teil der hier versammelten Texte, und zwar 44 der insgesamt 119 aufgenommenen Texte – manches Entwürfe, Notate oder Fragmente, vieles aber abgeschlossene Aufsätze und Übersetzungen, ferner die meisten Gedichte –, ist bisher gänzlich unpubliziert und wird hier nach den Manuskripten bzw. Typoskripten editiert, die in Scholems Nachlass in der National Library of Israel, Jerusalem archiviert sind. Anderes war zerstreut an unterschiedlichsten Plätzen veröffentlicht, das meiste auf Deutsch, einiges auf Hebräisch und weniges auf Englisch, und wird hier erstmals im Zusammenhang sichtbar. Lediglich ein gutes Viertel der hier versammelten Texte hat Scholem selbst zu seinen Lebzeiten veröffentlicht. Während seines Engagements in der jüdischen Jugendbewegung sind einige Artikel (so der große Artikel Lyrik der Kabbala? und Debattenbeiträge zu einer neuen Sohar-Anthologie und zum Problem der Übersetzung aus dem Jiddischen), etliche Übersetzungen (Erzählungen Agnons, mittelalterliche Lieder und Bialiks Artikel Halacha und Aggada) und ein Anti-Kriegs-Gedicht erschienen, überwiegend in der Zeitschrift Der Jude. Später dann, ab den 1950er Jahren trat Scholem in israelischen Zeitungen wie Haaretz als Autor hebräischsprachiger Artikel auf (z. ‌B. über Agnon, Alfred Margul-Sperber, Lea Goldberg, Philip Roths Portnoy's Complaint) und mit einem Rückblick auf das eigene Schaffen anlässlich der Verleihung des Bialik-Preises an ihn. Er veröffentlichte aber auch gelegentlich in der deutschsprachigen Presse, speziell in der Neuen Zürcher Zeitung (über Agnon und zum Abschluss von Bubers Projekt der Bibelübersetzung), und vereinzelt auf Englisch, so eine umfangreiche kritische Würdigung seines amerikanischen Kollegen, des Historikers und Judaisten Harry Austryn Wolfson (1887-1974), die 1979 im Times Literary Supplement erschien. Hier wie in seinen zu Lebzeiten unpublizierten Texten zu Kurt Tucholsky und Else Lasker-Schüler (V, 6 und 7) wird deutlich, dass sich Scholem in seinen Artikeln und Kommentaren dieser Jahre fast ausschließlich für spezifisch jüdische Aspekte im Schaffen oder Leben der behandelten Autoren interessiert, die oft exemplarischen Charakter haben.

Eigene Gedichte hat Scholem kaum veröffentlicht, er hat sie eher als briefähnliche Adressierungen oder als Beilage zusammen mit einem Brief an Freunde und Kollegen verschickt. Am bekanntesten geworden ist davon das Gedicht Mit einem Exemplar von Kafkas »Prozeß« (1933/1935), in dem Scholem seine Lesart von Kafkas Roman formuliert und sie dem Freund Walter Benjamin auf diese Weise nahelegen möchte. Dieser Charakter ist durchaus typisch für Scholems Gedichte, von denen viele deutlich autobiographische Züge tragen und mit denen der Autor keinen Kunstanspruch verbindet; sie dienen ihm eher der Selbstreflektion und dem Gespräch über heikle oder kritische Fragen. Wenn aber ein Gedicht auf dem Umweg über den Adressaten trotzdem das Licht der Öffentlichkeit erblickte, war ihm das keineswegs unlieb (Weigel 2000).

Ein anderer Teil der in die Edition aufgenommenen Texte war erstmals postum an den unterschiedlichsten Stellen gedruckt, so beispielsweise in einem Gedenkartikel der Zeitschrift Hadarim 1984, der einige von Scholems Gedichten samt hebräischer Übersetzung brachte, oder aber integriert in verschiedene Editionen: einzelne Gedichte in unterschiedliche Briefeditionen, andere in die Edition der Tagebücher aus den Jahren 1913 bis 1923 (1995, 2000). In sie wurden neben den eigentlichen Tagebucheinträgen zahlreiche Artikel, Übersetzungen und eine kleine Auswahl an Gedichten aus der Zeit vor der Übersiedelung nach Palästina 1923 aufgenommen; allerdings ist deren thematischer Zusammenhang durch die kalendarische Ordnung des Tagebuchs nicht immer leicht zu erschließen. Die längere Arbeitsphase Scholems von seiner Übersiedelung 1923 bis zu seinem Tod 1982 fällt in die Zeit nach Abbruch der Tagebücher 1923; doch kamen die literarischen und philologischen Interessen und Arbeiten mit der Übersiedelung keineswegs zu einem Abschluss. Nur hat sich mit dem geographisch-kulturellen Perspektivwechsel auch der Schwerpunkt von Scholems Auseinandersetzung mit philologischen, poetischen und sprachtheoretischen Fragen verschoben.

Während seiner Jugend in Deutschland hoffte Scholem, mit seinen Übersetzungen aus dem biblischen Hebräisch und von Texten der religiösen Überlieferung – nach dem Motto »zurück zu den Quellen« – die erstarrte jüdische Tradition wieder zum Leben zu erwecken, und auf diese Weise jenes »Feuer« zu gewinnen, das dem ›kalten‹ Aktionismus der zionistischen Jugendbewegung in seinen Augen fehlte (Wiener 1984). Dieser Arbeitsphase verdankt Scholem Modell und Maßstab aller seiner sprachtheoretischen Überlegungen: die Würde und Strenge des biblischen Hebräisch, ein Ideal, das nach der Übersiedelung in ein kulturelles Umfeld, in dem Ivrit gesprochen wird, durch den profanen Gebrauch der biblischen Sprache herausgefordert wurde. Während die Übersetzungen ins Deutsche naturgemäß in den Hintergrund traten, nachdem Scholem Deutschland verlassen hatte, bildet die kritische Auseinandersetzung mit dem Ivrit, sowohl im alltäglichen Gebrauch als auch durch die neuhebräische Literatur, ein Leitmotiv seiner Artikel und Aufzeichnungen. Das wichtigste Zeugnis dieser kritischen Sicht auf die unbeabsichtigten Wirkungen und verborgenen Gefahren einer im Alltag gesprochenen heiligen Sprache, das an Rosenzweig adressierte Bekenntnis über unsere Sprache aus dem Jahre 1926, das erst spät veröffentlicht wurde (Mosès 1994, frz. 1992), ist derweil zu einem der bekanntesten Texte Scholems geworden. Dass dieses »Bekenntnis« kein singulärer Ausdruck einer momentanen Krise ist, wird hier durch weitere Aufzeichnungen zum selben Thema aus dem Umfeld erkennbar (III. Abteilung). Darüber hinaus zeigt sich auch, dass diese kritischen Überlegungen durchaus an frühere, noch in Deutschland formulierte Reflexionen anschließen. Was 1926 in Palästina als Gefahr »religiöser Gewalt«, die der biblischen Sprache innewohnt, reflektiert wird, ist vorbereitet durch das Motiv eines gefährlichen Erbes der Väter, dem, weil es bisher fast stumm geblieben sei, wie allem Unausgesprochenen, etwas »Unheimliches« innewohnt, so im Aufsatz Lyrik der Kabbala?: »Das populäre Bild unserer Vergangenheit, das selbst schon zur historischen Macht zu werden droht, als die es seine bedeutendsten Maler konzipiert haben, weist jenen feinen Schleier des im prägnanten Sinn Unheimlichen auf, in dem die Laster verwischt und die Tugenden rationell geworden sind, und das den Erben auf eine schwächliche Zukunft ohne Leidenschaft verweist.« (1921; V, 3) Dieses Motiv, das verborgene und unbewusste, das erstorbene und verschwiegene heilige Erbe im Leben der Juden wieder zum Sprechen, zum Bewusstsein und in die »Herzen« des modernen Judentums zu bringen, verbindet den engagierten Studenten mit dem Wissenschaftler, der sich besonders der mystischen Tradition verschrieben hat, wie auch mit der Stimme des Kritikers in der israelischen und deutschsprachigen Nachkriegsöffentlichkeit. Dabei war es allerdings nicht Scholems Ziel, die klassische jüdische Textkultur authentisch wiederherzustellen; er verstand seine Philologisierung und Kommentierung kabbalistischer Texte vielmehr als »säkularisierte Verlängerung der Tradition« (vgl. Weidner 2003) und somit als Verwandlung. Gleichwohl war diese Arbeit immer auch mit Zweifeln besetzt, ob dies gelänge oder ob es Zeiten gäbe, in denen die Tradition »nicht mehr überliefert werden kann und […] verstummt«, so in Der Name Gottes und die Sprachtheorie der Kabbala (1970, 69).

Lange Zeit gab es unter den Erben und Nachfolgern der von Scholem geprägten Historiografie der jüdischen Mystik eine deutliche Reserve, wenn nicht ein Verdikt dagegen, diese Arbeiten wahrzunehmen oder gar ernst zu nehmen. »So erklärte zum Beispiel der Inhaber der Scholem-Professur für Kabbala an der Hebrew University in Jerusalem Teile von Scholems Werk, die andere wiederum am meisten faszinierten, für nebensächlich« (Smith 1995, 8), indem er behauptete, dass Scholem selbst seinen »Aussagen zu den jüdisch-deutschen Beziehungen, zur Bewegung der Wissenschaft des Judentums, zu Walter Benjamin und vielen anderen Themen« (Dan 1987) keine große Bedeutung beigemessen habe. Eine solche Behauptung hält weder der Überprüfung durch Scholems autobiographische Schriften noch dem Zeugnis seiner Briefe und Tagebücher stand, die ab den 1990er Jahren sukzessive herausgegeben wurden. Wesentlicher aber sind methodische Einwände; sie betreffen die fundamentale Bedeutung philologischer Fragen sowie die Rolle der Übersetzung für das Studium der Quellen, aber auch die Bedeutung der Literarizität und poetischen Form vieler Texte der religiösen Überlieferung, wie beispielsweise die Verwendung des Akrostichon, der Parallelismus der Verse und der Gebrauch verdeckter Zitate und Paraphrasen. In der Geschichte ihrer Tradierung sind die kanonischen Quellen zudem immer stärker in den Austausch mit unterschiedlichen kulturellen Umgebungen, deren Sprache und poetischen Gattungen getreten. So hat der junge Scholem, neben Studium und Übersetzung von Texten der Heiligen Schrift und der Klagelieder sich vor allem mit den liturgischen hebräischen Liedern, den Pijutim, beschäftigt, deren sogenannter Musivstil Zitate religiöser Quellen mit der poetischen Sprache der kulturellen Umgebung mischt. Der auch Melitsa genannte Mosaikstil, in dem biblische Bilder und Passagen aus der Traditionsliteratur aneinandergereiht werden, steht am Anfang der neueren hebräischen Literatur um 1750, viele Spuren davon finden sich auch noch in der späteren Literatur.

Die konzentrierte Auseinandersetzung mit der Stellung der Philologie in Scholems Arbeiten, nicht nur als Grundlage der Geschichtsschreibung zur jüdischen Überlieferung, sondern als Bestandteil der Tradition selbst, die sich die Berliner Tagung zu Gershom Scholem. Zwischen den Disziplinen 1992 zur Aufgabe stellte, war es denn auch, die die Entdeckung des literarischen Scholem vorbereitete (Schäfer/Smith 1995): »Es geht um die Frage, was die Philologie über die eigentlichen Triebkräfte der jüdischen Existenz und Geisteswelt zu enthüllen vermag.« (Smith 1995, 9). Übersetzung und Philologie stehen am Beginn von Scholems Engagement für die jüdische Tradition; mit ihrer Hilfe wollte er die »alten Bücher, die von wenigen Generationen verraten« waren und »ihrer besseren Sprache beraubt«, wiederbeleben, die beklagte Erstarrung durch eine »tiefer sehende und wieder einordnende Philologie überwinden«, so bereits programmatisch in dem Aufsatz Lyrik der Kabbala? aus dem Jahre 1921 (V, 3). Die Philologie war ihm eine Art Lebenselixier für die Quellen der Überlieferung, die in den Händen der »gelehrten Liquidatoren« der Wissenschaft vom Judentum ausgetrocknet seien (Scholem 1994, 147, vgl. Schäfer 1995).

Wenige Jahre nach der Berliner Tagung wurde die Frage nach Literatur und Rhetorik in Scholems Werk dann explizit zum Gegenstand einer weiteren Tagung, die anlässlich des 100. Geburtstags von Scholem 1996 in Potsdam stattfand. In diesem Zusammenhang gewann erstmals der ›literarische Scholem‹ Konturen, indem die autobiographischen Texte als genuiner Teil des Werks betrachtet (Mosès 2000) und das breite Spektrum seiner Poetica – bestehend aus Übersetzungen, Gedichten, dichtungs- und sprachtheoretischen Aufzeichnungen – in einem systematischen Zusammenhang untersucht wurden. Darin wurde beispielsweise deutlich, dass dem Wechsel im thematischen Schwerpunkt von der Kina beim jungen Scholem zur Konzentration auf das Studium der Kabbala ein Kontinuum in den sprach- und dichtungstheoretischen Reflexionen zugrunde liegt (Weigel 2000). Und von der Sprachtheorie der Kabbala führt eine direkte Spur zu einem modernen Autor wie Kafka, den Scholem als Erben der Kabbala liest, wie in dem 1973 hinzugefügten Teil der zehnten These aus den Zehn unhistorischen Sätzen über Kabbala (V, 12). In entstehungsgeschichtlicher Perspektive ging der ›Entdeckung‹ der jüdischen Mystik die eingehende Beschäftigung mit Klage und Klagelied voraus, die durch den Austausch mit Benjamin in Bern 1917 noch einmal beflügelt wurde (Weigel i. Dr.), wobei der Deutung der Kina nicht nur als Sprache der Tradition, sondern auch unter dichtungstheoretischen Gesichtspunkten (I, 1) die Auseinandersetzung mit dem poetischen Charakter der biblischen Sprache in der intensiven Arbeit an den Bibelübersetzungen und der Frage nach der Übersetzbarkeit der Bibel überhaupt vorausging. Diese Entwicklungen lassen sich am Material der Entwürfe und in den Tagebüchern der Jahre 1913 bis 1923 en detail nachvollziehen.

Zu gleicher Zeit, als die beiden Tagungen sich jener Seite des Autors zuwandten, die bisher weitgehend im Schatten geblieben war, wurde durch die Herausgabe der Tagebücher – 1. Halbband 1913-1917 (1995) und 2. Halbband (2000) –, in die etliche Übersetzungen und theoretische Aufzeichnungen sowie fünfzehn Gedichte integriert sind, der Stellenwert des ›literarischen Scholem‹ sichtbar. Das sprach sich nun auch allmählich in einigen Kreisen der Scholem-Forschung herum und führte u. ‌a. zur ersten zweisprachigen (deutsch-englischen) Edition einer Sammlung mit 21 ausgewählten Gedichten (Wasserstrom 2003). Erschien Scholem manchem nun in »a new light« (Brenner 1996), so wird das vollständige Bild doch erst im Lichte der gesamten hier versammelten Texte kenntlich.

Scholem war ein ungemein produktiver Autor, geübt in vielen unterschiedlichen Schreibweisen. Er war ein intellektueller Magier – und Magie meint in der Dialektik der Säkularisierung immer auch die Zaubermacht der Gewissheit auf Verwandlung – und er war ein Magier der Sprache selbst. Deren poetische Kraft geht für Scholem auf die biblischen Ursprünge der hebräischen Sprache zurück, wie er in dem Aufsatz Der Name Gottes und die Sprachtheorie der Kabbala (1970) entwickelt. Als begabter Schriftsteller hatte Scholem ein Sensorium für Rhythmus und Melodie der Sprache, das vor allem seinen Übersetzungen zugutegekommen ist, wenn es nicht überhaupt durch die Übersetzungsarbeit geschärft wurde. Und Scholems Dichtungen und Übersetzungen sind ihrerseits dichtungs- und übersetzungstheoretisch gesättigt. Sein Deutsch bewahrt die Sprache vor der Nazizeit; doch ist es zugleich von dem Verlust der Muttersprache geprägt, welcher der deutschsprachige Autor durch die Emigration und mehr noch durch deren Zurichtung durch den Nationalsozialismus (Klemperer 1947) entfremdet war, wogegen das Hebräische für ihn durch eine andere Art des Verlusts gekennzeichnet war, durch das Verschwinden der Sprache der »alten Bücher« mit ihrem »Glanz der Offenbarung« in der Historie (III, 17).

Ein Ausgewanderter, dessen Alija, die Übersiedelung nach Palästina/Erets Jisrael, keine Flucht, sondern planvoller Entschluss war, wurde Scholems Hoffnung auf die Übersiedelung in eine bessere, weniger überlagerte jüdische Kultur bald getrübt. In den späten 1920ern und 1930ern zweifelte er mitunter heftig daran (vgl. Zadoff 2017, Engel 2017), nicht aber, weil er etwa meinte, er hätte besser in Deutschland bleiben sollen, sondern weil er das Palästina, das er vorfand, als nicht nach seinen Vorstellungen gestaltbar erfuhr. Gegen solche enttäuschten Hoffnungen bot Scholem seine Arbeit an den Überlieferungen der Väter und für die Wiederaneignung der Tradition auf. Aus einem solchen Interesse an der Tradition erklärt sich die besondere Stellung, die Samuel Josef Agnon für Scholem immer einnahm. Ihn betrachtete er als »letzten hebräischen Klassiker« und widmete dessen Literatur nicht nur umfangreiche Aufsätze; von diesem Autor stammen auch die meisten und umfangreichsten der von ihm angefertigten Übersetzungen jenseits der Übersetzungen religiöser Texte. Agnon ist für ihn der Letzte der Alten, weil er noch über ein Wissen um das Insgesamt der Tradition verfügte; zugleich ist er der Erste der Neuen, weil er ihren Verfall genau zu protokollieren vermochte. »Heimweh ist auch keine Lösung«, wie Scholem in einem Aufsatz über Agnon formuliert (IV, 15).

Durch die Zusammenstellung von seinen Artikeln und Kritiken im vorliegenden Band wird Scholem aber auch als engagierter Intellektueller in Israel sichtbar, der sich in zeitgenössische Debatten um Autoren im Lande und um solche in der Diaspora einschaltete. Es scheint, als hätte er davor gleichsam der Hölle ansichtig werden müssen. Denn von April bis Oktober 1946 führte ihn eine Reise ins zerstörte Europa, auch nach Deutschland. Er unternahm sie im Auftrag der Hebräischen Universität in Jerusalem, um die Reste der von den Nazis beschlagnahmten jüdischen Büchersammlungen und Bibliotheken zu sichten. Dort wurde er der Schrecken der Shoah und der Überlebenden unmittelbar gewärtig, eine Erfahrung, die ihn von der »zionistischen Krise« heilte. In einigen Kritiken der 1960er und 1970er Jahre sprach er sogar als Apologet Israels und des Judentums insgesamt, eine Position, die der junge Scholem stets heftig kritisiert hatte und die er noch in den 1960er Jahren in seiner Analyse der verfehlten deutsch-jüdischen Symbiose verworfen hatte.

Dank

Danken wollen wir vor allem Stefan Litt und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Handschriftenabteilung der National Library of Israel, Jerusalem (NLI) sowie Zvi Leshem, dem Leiter der gesondert aufgestellten nachgelassenen Forschungsbibliothek Scholems (NLI Jerusalem), und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern; besonders großer Dank gebührt der Übersetzerin Eva-Maria Thimme (Berlin), die uns auch in allen Hebraica immer schnell und genau beriet; für ihren häufigen, geduldig erteilten Rat und manche Hilfe danken wir Dani Abrams (Jerusalem), Hillel Ben-Sasson (Berlin), Daniel Boyarin (Berkeley), Federico Dal Bo (Barcelona/Berlin), Tali Konas (Tel Aviv), Elad Lapidot (Berlin), Menachem Lorberbaum (Tel Aviv), Thomas Meyer (Berlin), Angelika Neuwirth (Berlin), Martin Ritter (Berlin), Christoph Schmidt (Jerusalem), Galili Shahar (Tel Aviv), Amir Sommer (Tel Aviv), Ella Treml (Tel Aviv/Berlin), Moritz Treml (Berlin) und Elliot Wolfson (Santa Barbara); wir danken Yael Almog (Göttingen), Gal Hertz (Tel Aviv), Maryam Palizban (Berlin) und Christina Pareigis (Hamburg) als unseren früheren Kolleginnen und Kollegen am Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin (ZfL) für viele Diskussionen und Gespräche; der aktuellen Leitung des ZfL danken wir für die begleitende, dem BMBF für die finanzielle Förderung des Projekts; schließlich Thomas Sparr und Sabine Landes vom Suhrkamp Verlag für Geduld und Unterstützung bei Verfassen und Herstellung des Bandes.

Nachtrag zur Entstehung der Edition

Diese Edition hat eine lange Entstehungsgeschichte; Idee, Entwurf und Konzept liegen mehr als zwei Jahrzehnte zurück. Als ich auf Einladung von Stéphane Mosès als Fellow des Rosenzweig-Zentrums 1995 am Nachlass Scholems arbeitete und die ungehobenen Schätze der zahlreichen Aufzeichnungen zu Literatur und Sprache, die faszinierenden Übersetzungen und Gedichte entdeckte, entstand sofort der Plan zu einer Edition von Scholems Poetica, und ein erster kleiner Grundstock mit Manuskripten verschiedener Genres wurde zusammengestellt. Doch das Vorhaben stieß damals auf vielfältige Hindernisse, die eine Realisierung unmöglich machten. Als ich dann vor etlichen Jahren vor der Frage stand, welche Projekte ich in der letzten von mir verantworteten Phase des vom BMBF geförderten Forschungsprogramms zur Europäischen Kultur- und Wissensgeschichte am ZfL, dem Zentrum für Literatur- und Kulturforschung (Berlin), initiieren wollte, stand diese Edition ganz oben auf der Liste. Und so konnte ein fast schon zu den Akten gelegter Plan wieder aufgegriffen werden. Inzwischen hatten sich die Voraussetzungen gründlich geändert; zudem ließ sich Thomas Sparr vom Suhrkamp Verlag schnell von dem Vorhaben überzeugen.

Realisiert werden konnte die Idee aber nur, weil sich meine Kollegen, die Mitherausgeber dieser Edition, dafür sofort begeistern ließen und sich dann nachhaltig dafür engagiert haben: Martin Treml, Judaist und Religionswissenschaftler, dessen Kenntnisse die Entzifferung und Kommentierung der judaistischen Referenzen erst ermöglichten; Herbert Kopp-Oberstebrink, Philosoph und Mitherausgeber von Scholems Tagebüchern, der seinen genauen Einblick in den Nachlass Scholems in die Arbeit eingebracht hat; Hannah Markus, Literaturwissenschaftlerin, deren subtile Kenntnisse editionstheoretischer und -praktischer Fragen für die Arbeit im Archiv und für die Verwandlung von Archivzeugnissen in Textzeugnisse einer Edition unverzichtbar waren. Ihnen gelten mein großer Dank für die wunderbare Zusammenarbeit und die Anerkennung für das nicht nachlassende Engagement in den vielen Jahren der Arbeit an diesem umfangreichen Band.

Sigrid Weigel

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