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Vanessa Mayer

Soulmate- Seelenverwandte

Das Geheimnis um Lill


An alle, die gerne Mysterien lesen. An meine Schule, die meine Bücher zu schätzen weiß.


BookRix GmbH & Co. KG
81371 München

Soulmate -Seelenverwandte Das Geheimnis um Lill

Soulmate- Seelenverwandte

 

 

Das Geheimnis um Lill

1. Karottenbrei

 

Aufstehen. Du kommst zu spät zur Schule“, rief meine Mutter und zog mir die Decke weg. „Hmm“, knurrte ich und wollte mir die Decke zurückholen, doch meine Mutter hatte aus den Erfahrungen der vorigen Jahre gelernt. Nun fiel das helle Licht durch mein Fenster auf mein Gesicht. „Hier, deine Schuluniform ist gebügelt und liegt auf deinem Stuhl.“ Müde hob ich mich aus dem Bett, nachdem meine Mutter das Zimmer verlassen hatte. Eigentlich hatte ich nichts gegen Schule, nur etwas gegen das frühe Aufstehen. Jeden Morgen musste ich schon um fünf Uhr aufstehen, obwohl die Schule erst um sieben anfing, nur weil wir uns keine Busfahrkarte leisten konnten. Meine Mutter und ich wohnten nämlich in einem schönen Holzhaus in der Nähe des Dorfes. Im Sommer fuhr ich immer mit dem Rad zur Schule, aber im Schnee ging das schlecht.

Meine Schuluniform bestand aus einem typisch blauen Ton. Der Rock war dunkelblau, dazu trug ich eine weiße Bluse und im Winter einen blauen Pullover darüber, dass die Beine keinen Kälteschock erlitten, zog ich eine warme Strumpfhose und Stulpen an. Als Schuhe wählte ich meine neuen schwarzen Stiefel. Mein langes feuerrotes Haar band ich heute zusammen und zog mir eine Mütze auf. „Frühstückst du heute?“, wollte meine Mutter wissen. „Ja.“ „Was möchtest du mit in die Schule?“ „Ich esse mit Kate in der Kantine“, antwortete ich. „In Ordnung.“

Nach dem Frühstück zog ich meinen Wintermantel und den blauen Wollschal an, den Oma mir zu meinem 13. Geburtstag geschenkt hatte. Meine lederne Schultasche war heute mal wieder besonders schwer. Als ich die Haustür geöffnet hatte, stieg mir die kalte Luft in die Lungen. Mit der Schneeschaufel schob ich den Schnee von gestern Nacht von dem Gehweg. Da wir außerhalb des Dorfes wohnten, bekamen wir auch nicht oft Besuch, doch wenn, sollte alles ordentlich sein. Der Einzige, der uns gelegentlich aufsuchte, war der Postbote, der uns dann aber nur etwas in den blauen Kasten am Zaun warf.

Hinter unserem Haus erstreckte sich ein langer, dunkler Wald. Früher waren wir oft darin spazieren gegangen, doch aus irgendeinem Grund, den Mum mir nicht sagen wollte, taten wir das nicht mehr.

Am Tor angekommen lugte ich noch schnell in den Briefkasten, bevor ich dann über die Landstraße ging. Unser Haus lag so abgelegen, dass noch nicht einmal eine ausgebaute Straße dort hin führte.

Nach einer halben Stunde erreichte ich das kleine Dorf. „Huhu“, rief meine Freundin Kate aus dem Elternhaus heraus. Das Haus war blassgelb gestrichen und hatte im Sommer immer Blumenranken getragen. Kate kam durch den Schnee im Vorgarten zu mir gerannt und zusammen gingen wir, wie jeden Morgen zur Schule.

Vor dem riesigen Tor blieben wir kurz stehen. Ein Tor aus Eisengittern, das die Schule wie ein Gefängnis wirken ließ. Einmal hatten wir nur so aus Spaß eine Pyjamaparty veranstaltet. Alle hatten zum Schluss Angst bekommen und ließen sich von ihren Eltern abholen, denn das Gebäude war schon mehrere Jahrhunderte alt und irgendwie unheimlich.

Wir betraten das riesige Gebäude, indem wir die meiste Zeit unseres Lebens verbrachten.

Schnell hüpften wir die Holztreppen hinunter und rannten einen langen mit Mustern bedeckten Gang entlang und schlüpften in unseren Klassenraum. Schön warm war es darin. Die meisten Schüler saßen schon auf ihren Plätzen. Kate saß neben mir und las sich noch schnell das Königshaus von England durch. „Aufstehen, begrüßen, setzen. Schon sechs Jahre geht ihr nun auf unsere Schule und ihr wisst es immernoch nicht“, ertönte von vorne eine laute Stimme. Ich sah auf und entdeckte eine Frau vor uns. Sie hatte ungefähr die gleiche Größe, wie ein paar Mädchen aus unserer Klasse, deshalb hatte sie wahrscheinlich keiner bemerkt. Nun standen alle auf und begrüßten die Frau. „Wollen wir mal sehen, wer heute fehlt“, murmelte die Lehrerin und setzte sich. „Isabelle Anne.“ „Hier“, meldete sich ein blondes Mädchen. Das konnte ja schrecklich langweilig werden, wenn sie jetzt alle Namen vorlesen würde. „Elisabeth Baker, Jack Drake, Millie Evans, Kathrin Harris“, meine Freundin meldete sich. Dann musste ich wohl noch warten. In der Zeit, wo Frau... (sie hatte ihren Namen gar nicht erwähnt), die Klassenliste weiter durch ging, malte ich auf meinem Block. „Lillian Lowe?“ „Lill. Du bist dran“, flüsterte Kate mir zu. „Hier ich“, meldete ich mich. Nach fünf bunten Blättern, war die Lehrerin endlich fertig. Nur mussten wir jetzt Mathe machen. Ich hasste Mathe so früh. Mein Kopf schlief da immernoch. „Lill. Wie lautet die Antwortet?“, wollte die Lehrerin wissen. „Ich weiß nicht“, gab ich zu. „Ja? Nun was machen wir denn jetzt?“ „Wie wäre es, wenn sie uns ihren Namen verraten?“, fragte ich. „Der steht bereits an der Tafel.“ Nahm mein Gesicht etwa gerade die Farbe meiner Haare an? Nach dieser Panne musste ich eine ganze Schulstunde vor der Tür verbringen.

Endlich klingelte die Schulglocke. Pause. Meine Freundin brachte mir meine Jacke mit und gemeinsam gingen wir auf die Toilette. Dort ließ ich meinem Ärger Luft. „Das ist so gemein. Ich kann doch nichts dafür, wenn ich die Lösung nicht weiß.“ „Aber du hättest wissen können, wie die Lehrerin heißt“, bemerkte meine Freundin. Auf dem Schulhof holten wir uns dann einen kühlen Kopf und nasse Füße. Kein Wunder. Meine Stiefel waren wie mir scheint nicht wasserdicht.

Bimbam. Die Pause war vorbei und der Unterricht wurde nicht besser. Meine Füße erfroren und aus meinen Schuhen lief das Wasser in Strömen und bildete eine Pfütze unter meinem Stuhl.

In der zweiten Pause betraten wir die Kantine, wo wir jeden zweiten Tag eine warme Mahlzeit bekamen. Heute gab es Karottenbrei. Ganz schlimm orangefarbener Brei, den jeder essen musste. Dazu gab es noch Multivitaminsaft und einen Butterkeks. Normalerweise aß ich Karottenbrei gerne, aber nicht, wenn die Schulkantine ihn zubereitete. Kate, die bei dem Anblick von Karottenbrei oft ein Würgegefühl bekam, musste sich heute mal wieder zusammennehmen. Die Kantine war heute nicht so voll wie sonst. Wir bekamen sogar einen Platz am Fenster. Draußen hatte es wieder zu schneien angefangen und alle Kinder drängten sich durch das Tor, um nicht all zu kalt zu bekommen.

Aus dem kleinen Holzschrank im Wohnzimmer nahm ich zwei Suppenteller. In unserem Wohnzimmer brannte ein Feuer im Kamin. Vor dem Kamin befand sich ein rotes Sofa und davor ein Holztisch. „Liebling wo bleibt das Besteck?“, rief Mum aus der Küche. „Ich komme.“ Wir setzten uns und aßen den Karottenbrei. Mum machte einfach den besten der Welt. Ich fragte sie, ob ich nachher noch mit Kate rodeln gehen könne und sie erlaubte es mir, meinte jedoch übervorsorglich, wie immer, : "Aber zieh dich warm an!“