Harald Fuchs

Laila weint nicht
mehr

Das Ende der NGO`s?

Die

Widmung

zu diesem Buch konnte

Claus-Peter Reisch

Kapitän der Lifeline

aus Zeitgründen leider nicht selbst verfassen.

Mit dem Prozess in Malta am 23. August, Presseterminen, Ansprache auf Seebrückeveranstaltung und dem heutigen Termin beim Ministerpräsidenten des Freistaates Thüringen, Bodo Ramelow, fand sich in seinem Terminkalender kein Platz mehr dafür.

Claus-Peter wünscht bestes Gelingen in der Hoffnung, dass dieses Buch zum besseren Verständnis für die Belange der Seenotrettung beitragen möge.

29.08.2018

Inhaltsverzeichnis

Vorwort:

Flüchtlinge

1.1 Woher kommen sie?

1.2 Warum verlassen sie ihre Heimat?

1.3 Wie werden sie angeworben?

1.4 Wie verläuft ihre Reise nach Libyen?

1.5 Was erwartet die Flüchtlinge in Libyen?

1.6 Wie werden die Flüchtlinge auf die Boote gebracht?

1.7 Wie sterben die Flüchtlinge auf See?

1.8 Wie werden die Flüchtlinge auf dem Meer gerettet?

1.9 Wohin werden die Flüchtlinge gebracht?

1.10 Was passiert mit den Flüchtlingen, die von der LCG zurückgebracht werden?

1.11 Sklavenhandel oder Rückführung?

1.12 Was sind die Grundlagen und Pflichten für die Seenotrettung?

1.13 Internationales Flüchtlingsrecht bei der Seenotrettung

1.14 Kritische Stimmen zur Seenotrettung

1.15 Wer sind die Menschenhändler?

1.16 Wo landet das Geld der EU?

1.17 Warum finden die Erschießungen immer freitags statt?

1.18 Warum werden libysche Massenmörder nicht vor Gericht gestellt?

1.19 Ghandi, Kamal, Doaa und Ahmed

1.19.1 Ghandi

1.19.2 Kamal

1.19.3 Doaa

1.19.4 Ahmed

1.20 Das Ende der NGO`s?

Regierungsaktivitäten und Organisationen

2.1 Außereuropäisch UNO – UN - USA - NATO

2.2 Europa

2.2.1 Organe der EU

2.2.2 Deutschland

2.2.2.1 Regierung der Bundesrepublik Deutschland

2.2.2.2 Bundeswehr

2.2.3 Spanien

2.2.4 Holland

2.2.5 Frankreich

2.2.6 Italien

2.3 Afrika und naher Osten

2.3.1 Libyen

2.3.2 Tunesien

2.3.3 Syrien

2.3.4 Niger

2.9.5 Israel

2.3.6 Libanon

2.3.7 Jordanien

2.3.8 Gazastreifen

2.3.9 Westjordanland

2.3.10 Burkina Faso, Mauretanien

Seenotrettungsorganisationen

3.1 Government Organisationes - Regierungsorganisationen

3.1.1 Mare Nostrum

3.1.2 Mission Themis von Frontex

3.1.3 EU Task EUNAVFOR Mediterranean - Operation SOPHIA EU

3.2 NGO`s (Non Government Organisations) – Nicht-Regierungs-Organisationen

3.2.1 Sea-Watch

3.2.2 Sea-Eye

3.2.3 Aquarius – Ärzte ohne Grenzen

3.2.4 Open Arms

3.2.5 Mare Liberum

3.2.6 AlarmPhone

3.2.7 Orient for Humanitarian Relief

3.2.8 action medeor in Kooperation mit AWO International

3.2.9 CADUS Seenotrettung

3.2.10 Lifeline

3.2.11 Moas

3.2.12 Juventa

3.2.13 Open Arms

3.2.14 Aquarius von Ärzte ohne Grenzen

3.2.15 Moonbird

3.2.15 Colibri

3.2.16 Seebrücke

3.2.17 German Eritrean Training Partnership

3.2.18 Sosolya Undugo Family Academy

3.2.19 1 Euro für eine Brille

3.2.20 Viele Dutzend weitere NGO`s

3.3 Bedrohung der NGO`s durch die Libyan Coast Guard

Personen die helfen

4.1 Claus-Peter Reisch

4.2 Thomas Nuding

4.3 Clemens

4.4 Michael Kraus

4.5 Simon S

4.6 Pia Klemp

4.7 Jens Röw

4.8 Laila Kroos

4.9 Roland Treinzen, Martin Ernst, Iason Apostolopoulos und viele andere

5. Lösungsansätze

5.1 Langfristige Ziele

5.1.1 Bildung

5.1.2 Eindämmung der Korruption

5.1.3 Kultur und Religion

5.1.4 Entwicklungshilfeprojekte fördern

5.1.4.2 Kleinprojekte - Ein Münchner bohrt Brunnen in Sierra Leone

5.1.4.3 Globales Lernen

5.1.4.4 Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung

5.1.4.5 Fairness

5.1.1.5 Ausbeutung der Drittländer einschränken

5.2 Kurzfristige Ziele

5.2.1 Medien-und Dokumentationsschiffe in Nordafrika

5.2.2 Aufklärung durch Internet im Heimatland,

5.2.3 Positionspapier einer Missionsfahrt einer Crew von 2017 .

5.2.4 Aufeinander zugehen

6. Aktuelle Geschehnisse im Mittelmeer

6.1 Chronologische Stichpunkte der letzten Wochen bis Drucklegung

6.2 Angriffe der libyschen Küstenwache auf zivile Schiffe

6.3 Statement von 29 Akademikern, Le Monde, 22. März 2018

6.4 MRCC Rom unterbindet Lebensrettung durch falsche Angaben

6.5 Offener Brief an den Innenminister Deutschlands

6.6 Gedanken eines Retters des NGO-Schiffes Seefuchs

Filmlinks

7.1 Wo die Reise der Migranten in der Wüste beginnt

7.2 Rettungseinsätze von NGO`s

7.3 Rettungseinsätze von Frontex und anderen Regierungsorganisationen

7.4 Die Bundeskanzlerin führt Flüchtlinge in Folterlager zurück

7.5 Libysche Küstenwache – was ist das?

7.6 Schlagen und Töten von Schiffbrüchigen durch die Libyan Coast Guard

7.7 Foltern in den libyschen Lagern

7.8 Sklavenhandel mit Migranten

7.9 Von der neuen Außengrenze Europas und von Vergewaltigungen

7.10 Uneinigkeit in Europa

Anhang

8.1 Grafiken und Dokumente

8.2 Quellenangaben

8.4 Abküizungen

Epilog

Vorwort:

Der Titel “ Laila weint nicht mehr“ ist einen Tag nach Rückkehr von einem fast zweimonatigen freiwilligen Aufenthalt auf Malta entstanden. Die zwei Schiffe der NGO Sea Eye wurden in einer Werft instandgesetzt und eines davon ging von 13. bis 16. März zum ersten Mal in diesem Jahr mit mir als Crewmitglied auf Rettungseinsatz entlang der libyschen Außengrenze.

Am 23.03.2018 landete mein Flugzeug in Nürnberg und am 24.03.2018 war ich mit meiner Lebensgefährtin und mit Laila und ihrem Ehemann in Nürnberg essen. Laila ist Halbaraberin, spricht perfektes Deutsch. Sie lebt seit ihrer Kindheit hier und ist bei einem der größten Konzerne Deutschlands in guter Stellung beschäftigt. Laila lacht und strahlt Fröhlichkeit aus. Sie ist hier in Freiheit aufgewachsen und hat sich voll in unsere Gesellschaft integriert. Wenn sie von ihrem Vater erzählt, kann man ein paar Schatten in ihrer fröhlichen Ausstrahlung erkennen. Ihr Vater trägt als Andenken an das Bürgerkriegsland Libanon und der unsäglichen Zustände in den Siebziger Jahren immer noch Gedanken in sich, die er lieber missen möchte. Solche Zustände wollte er Laila ersparen und deshalb spricht sie auch kein arabisch, sie sollte eine freie Welt kennen lernen. Deshalb weint Laila nicht mehr – sie hat eine positive Ausstrahlung und ihr Lachen steckt an.

Dann gibt es noch die andere Laila. Die Laila, die noch nie in ihrem jungen Kindesleben ein Lächeln gesehen hat. Sie weiß nicht, was ein Lächeln bedeutet. Aber sie kennt die Angst in den Augen ihrer Mutter. Sie hört die Schreie in den Folterlagern der Libyer. Der Morgen beginnt mit Auspeitschen, Zähne ziehen mit Beißzangen vor eingeschaltetem Telefon, um Angehörige in weit entfernten Ländern zu noch mehr Geldzahlungen zu animieren. Frauen werden monatelang tagtäglich mehrfach vergewaltigt. Hochschwanger werden sie in seeuntüchtige Boote gesteckt, um sie zu entsorgen. Im libyschen Arabisch gibt es kein Wort für Farbige, Dunkelhäutige, … Das Wort dafür heißt Sklave. Und damit sind die Farbigen dem Rang nach Tieren gleichgestellt.

Die erste Laila hat mir am 27.03. die Zusage gemacht, dass sie nach Rücksprache mit ihrem Vater als Abschluss der Personenvorstellungen unter Kapitel 4 ihre Geschichte und die Geschichte ihres Vaters schildern wird. Danke Laila!

Die zweite Laila (stellvertretend für alle kleinen Kinder und Frauen, die in den Folterlagern leben oder zur Welt kommen) soll irgendwann einmal das Weinen lernen können. Weinen, welches befreit. Aber vor allem: Sie soll lernen, was Lachen bedeutet.

Eine Laila habe ich als Skipper des Rettungsschiffes Seefuchs der Organisation Sea-Eye mit meiner Crew am Morgen des 12. Mai 2018 aus Seenot gerettet. Um 0.30 Uhr erhielten wir von der italienischen Küstenwache einen Notruf: Ein kleines blaues Boot mit 18 Männern und einer Frau befand sich in Seenot. Das Boot wurde von uns um 05.54 Uhr gesichtet und mit Hilfe der eingespielten Rettungscrew konnten wir die Menschen innerhalb einer Viertelstunde bergen und an Bord medizinisch versorgen. Ich hatte auf der Brücke navigatorische und administrative Arbeiten zu erledigen. Auf dem Hauptdeck wurden die Personen versorgt, Daten aufgenommen und Nahrung ausgeteilt. Als ich mir ein organoleptisches Bild auf dem Deck machte, fiel mir die Frau auf. Apathisch mit Blick in die Ferne saß sie etwas abseits von den Männern. In ihrem Gesicht war nicht die geringste Regung zu erkennen. Sie musste Furchtbares erlebt haben. Ich wollte nicht wissen, wie sie hieß, woher sie kam, wie alt sie war. Diese Daten hatte meine Crew schon längst aufgenommen. Für mich war sie Laila!

Die Seefuchs wurde nach Sizilien beordert, um dort die Gäste abzugeben. Wir fuhren eine Nacht mit dem Schiff durch, einen Tag und noch eine Nacht. Am letzten Morgen vor Ankunft in Augusta machte ich meine Runde über das Hauptdeck. Da sah mich Laila an. Lange! Ein Glanz war in ihren Augen zu erkennen. Und Dank! Lächeln konnte Laila bis dahin noch nicht. Aber plötzlich begann sie zu lächeln. Ja, es war die Lebensfreude in ihren Augen zu erkennen. Hoffentlich werden es noch viele Lailas lernen, was Leben bedeutet.

Wieder auf dem Rückflug von Malta nach Nürnberg saß ein maltesisches Ehepaar neben mir im Flugzeug, um ihre hier mit einem Deutschen verheirateten Tochter in Erlangen zu besuchen, die vor vier Wochen ihr erstes Kind geboren hat. Der Mann erzählte mir, dass sein Freund vor ein paar Tagen beim Fischen 10 km vor Malta eine Leiche im Netz hatte. Ob es Mann oder eine Laila war, konnte der Fischer nicht feststellen. Nach mehr als 350 km von der libyschen Küste entfernt bleibt von einem Menschen nicht mehr viel übrig.

Die Seefuchs wurde danach noch zwei weitere Male nach Italien beordert, um dort Flüchtlinge abzuliefern. Obwohl der Fischkutter nicht für den Transport von Menschen geeignet ist, wurde er auf Weisung des MRCC Rom (sicherlich auf Anordnung des Innenministers) nach Sizilien befohlen. Dabei wurde auch ein Geretteter wieder Opfer des Meeres und fand sein nasses Grab. Nachdem er erst vor dem Ertrinken gerettet wurde, spülte ihn eine Welle über Bord.

Einige Wochen später haben sich dann die Ereignisse überschlagen. Wie in allen Medien berichtet wurde, haben Italien und Malta ihre Häfen für alle Rettungsschiffe gesperrt. Die Aquarius musste ca. 600 Flüchtlinge nach Valencia in Spanien bringen. Die Lifeline lag tagelang mit über 230 Flüchtlingen an Bord fast eine Woche vor Malta.

Seit Ende Juni werden nun drei Schiffe aus fadenscheinigen Gründen festgehalten. Die Lifeline, die Seefuchs und die Seawatch 3. Alle anderen Schiffe waren mehrere Wochen in Tunesien, Spanien oder in Frankreich in Wartestellung, ehe sie wieder zu neuen Rettungseinsätzen aufbrechen konnten.

Schwandorf, den 29.08.2018

Harald Fuchs

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