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W. A. Hary, W. K. Giesa

TEUFELSJÄGER 175-176: Erfolgsaussichten Null

„Es gibt kein Entrinnen, doch die Hoffnung stirbt zuletzt!“


Nähere Angaben zum Autor siehe Wikipedia unter Wilfried A. Hary: http://de.wikipedia.org/wiki/Wilfried_A._Hary


BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

Wichtiger Hinweis

Diese Serie erschien bei Kelter im Jahr 2002 in 20 Bänden und dreht sich rund um Teufelsjäger Mark Tate. Seit Band 21 wird sie hier nahtlos fortgesetzt! Jeder Band (siehe Druckausgaben hier: http://www.hary.li ) ist jederzeit nachbestellbar.

 

TEUFELSJÄGER 175/176

 

W. A. Hary und W. K. Giesa

Erfolgsaussichten Null

Es gibt kein Entrinnen, doch die Hoffnung stirbt zuletzt!“

 

Das Urreich ist das Zentrum des Daedrareichs. Hier hat alles seinen Ursprung. Und ausgerechnet hier ist es dem Kriegsgott Mars gelungen, die Ordnung zu stören. Vor allem in dem, was Donnergott Thor die Monsterstadt nennt.

Und wir sind mittendrin: Zwei gegen die geballte Macht des Bösen, ohne Aussicht, dem jemals wieder entkommen zu können, geschweige denn für mich, die Erde wiederzusehen…

 

Impressum

Alleinige Urheberrechte an der Serie: Wilfried A. Hary

Copyright Realisierung und Folgekonzept aller Erscheinungsformen (einschließlich eBook, Print und Hörbuch) by www.hary-production.de

ISSN 1614-3329

Copyright dieser Fassung 2018 by www.HARY-PRODUCTION.de

Canadastr. 30 * D-66482 Zweibrücken

Telefon: 06332-481150

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eMail: wah@HaryPro.de

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung jedweder Art nur mit schriftlicher Genehmigung von Hary-Production.

 

Titelbild: Stefan Böttcher

 

Coverhintergrund: Anistasius

 

Anmerkung des Autors:

W. K. Giesa ist vor Jahren von uns gegangen. Körperlich, aber sein geistiges Erbe lebt! Er hat eine Unmenge von Ideen hinterlassen, die ich die Ehre habe, hier und heute in meine Serie TEUFELSJÄGER fest einzubauen!

Euch damit genauso viel Spaß wie ich ihn hatte beim Schreiben!

Herzlich euer W. A. Hary

 

 

1


„Ich bin Zihrp und habe euch noch nie hier gesehen, ihr seltsamen Wesen. Dabei kann ich behaupten, viel herumgekommen zu sein!“, sagte eine Stimme aus dem Halbdunkel der überbauten Gasse, kaum dass wir hier aus dem unterirdischen Tunnelsystem von Monsterstadt gestiegen waren.

Thor und ich schauten umher. Wir sahen beide nichts und niemanden.

Da bewegte sich etwas am Ausgang der Gasse, wo sie in eine weitere Gasse mündete, die quer verlief: Eine Riesenspinne mit haarigen Beinen schob sich in unser Blickfeld. Sie war so schwarz wie die Dunkelheit, aus der sie krabbelte. Ihr Körper hatte einen Durchmesser von einem halben Meter. Die langen, pechschwarzen Haare verbargen die Form des Körpers. Zehn Beine wuchsen im oberen Drittel heraus, nicht acht wie bei irdischen Spinnen. Nun, die waren ja auch nur höchstens handtellergroß.

Die zehn Beine schabten über den schuppenförmigen Boden.

Das rote Auge der Spinne thronte ganz oben und sah auf den ersten Blick wie eine geschwollene Blutzyste aus.

„Was gafft ihr mich so an?“, fragte die Spinne. „Ich scheine euch genauso fremd zu sein wie ihr mir.“

„In der Tat!“, würgte ich hervor.

Wir hatten uns unterirdisch kaum fünfzig Meter von jenem lebenden Palast mit Namen Saft-satt entfernt. Niemand war uns in dem Tunnelsystem begegnet. In diesen unruhigen Zeiten schienen sich die meisten Bewohner von Monsterstadt lieber zu verkriechen. Nicht allein die Flugwesen.

„Aber das beantwortet nicht meine anfängliche Frage, ihr beiden. Wer seid ihr?“

„Menschen“, sagte Thor mit seiner grollenden Stimme, obwohl es auf ihn eigentlich überhaupt nicht zutraf. Er sah zwar entfernt menschenähnlich aus, aber war er nicht der leibhaftige Gott des Donners? „Was willst du von uns? Sag es schnell. Mein magischer Donnerhammer hungert nach Blut und hat auch schon ganz andere Wesen zerschmettert.“

Zihrp zeigte sich nicht beeindruckt.

„Wir sollten nicht zu streiten beginnen, Mensch. Ich habe euch nichts getan, sondern komme euch lediglich neugierig. Warum diese Drohung?“

Thor wog seinen Hammer in den Händen.

Die Spinne zuckte vor ihm zurück. Jetzt schien sie einzusehen, dass Thor nicht spaßte.

Ich für meinen Teil empfand die Vorgehensweise von Thor zwar als reichlich übertrieben, aber ich wandte nichts ein, sondern ließ den schwarzhaarigen Kriegsherrn und Donnergott an meiner Seite erst einmal mit den riesigen Muskelpaketen spielen. Wir hatten nun schon dermaßen viel in der Monsterstadt, der Stadt der Monster, ertragen müssen, dass wir wahrlich nicht vorsichtig genug sein konnten.

Der Donnerhammer zeigte auf das rote Auge.

„Es ist doch ziemlich ungewöhnlich, wenn einem einer plötzlich über den Weg krabbelt und dumme Fragen stellt. Du glaubst wohl, wir sind Greenhorns, die man gut einwickeln kann? Rede endlich: Was willst du von uns?“

Die Spinne war unglaublich schnell - schneller als Thor vermutet hatte.

Blitzschnell zog sie sich in das Dunkel der Quergasse zurück.

Aber auch Thor war schnell. Mit einem einzigen Satz setzte er nach. Distanzen von zehn Metern oder sogar mehr waren für ihn kein Problem. Und er kannte keine Furcht vor der Dunkelheit und vor dem, was sich darin verbergen mochte.

Ich sah, dass er noch im Sprung den Hammer hob.

In der Dunkelheit sauste er nieder und traf auf… Stein.

Blitze zuckten auf, ein Knattern erzeugend wie von einer Maschinengewehrgarbe.

Ich wusste, selbst wenn der Hammer nicht unmittelbar sein Ziel traf, konnten die magischen Blitze bereits alles im Umkreis vernichten.

Und prompt wurde etwas von den vernichtenden Blitzen voll getroffen und schlitterte kreischend aus der Quergasse hervor:

Die Spinne.

Zihrp hatte die Beine eng um den Körper geschlungen, um ihn damit komplett abzuschirmen, dass man nicht einmal mehr das rote Auge sehen konnte. Er war jetzt nur noch eine dicke, pechschwarze Kugel, die unkontrolliert weiter rollte und erst von der gegenüberliegenden Hauswand aufgehalten wurde.

Aber noch zwei weitere Wesen hatten dort auf der Lauer gelegen, wie es sich erwies, und wurden durch die Luft gewirbelt.

Das eine starb noch im Flug: Thors Hammer war erneut aufgezuckt und hatte es tödlich getroffen. Das Wesen ähnelte einer Weinbergschnecke mit vier Beinen, einem Affengesicht und zwei kräftigen Armen. Es kam auf dem Schneckenhaus auf, das durch den Aufprall auseinanderplatzte. Der Krummsäbel, mit dem es Thor ans Leder gewollt hatte, entglitt den schlaffen Händen.

Das zweite Wesen war ein Riesenkrebs. Er hatte seine Scheren verloren und lag zitternd neben Zihrp.

Thor kam zum Vorschein. Die Zornesader war auf seiner Stirn geschwollen. Das sah so bedrohlich aus, dass sogar ich davon eine Gänsehaut bekam.

Ein Glück, dass wir befreundet sind!, dachte ich sarkastisch.

„Wie ich es geahnt habe“, grollte Thor abgrundtief. „Diese verdammte Spinne wollte uns mit ihrer sanften Stimme nur einlullen. Die Spinnen sind doch überall gleich.“

„Äußerst nützliche Tiere“, belehrte ich ihn jedoch. „Sie ernähren sich von Insekten. Ohne sie wären die Insekten eine tödliche Plage für uns.“

„Du musst es ja wissen - als ausgewiesener Teufelsjäger“, knurrte Thor respektlos, „aber ich konnte Spinnen noch nie leiden, egal wo und egal in welcher Größe.“

Er trat zu der schwarzen Kugel. Mit dem Donnerhammer stupfte er daran herum.

„He, Zihrp, oder wie du wirklich heißt, es nutzt nichts, wenn du dich einigelst. Willst du noch einmal Bekanntschaft machen mit meinem Hammer? Du hast immer noch nicht meine Fragen beantwortet. Hoffst du noch auf Hilfe? Die anderen sind abgehauen, sofern sie es konnten. Außer den beiden, die ich mit erwischt habe. Einer lebt zwar noch, aber für wie lange? Alle anderen sind schneller gerannt als die sprichwörtliche Polizei erlaubt. Die schlugen jeden Geschwindigkeitsrekord, glaube mir. Inzwischen werden sie schon die Schallmauer durchbrochen haben. Sie haben das nicht gehört, weil sie schon so weit weg sind.“

Ich grinste, als ich das hörte.

Kaum zog Thor seinen Donnerhammer zurück, als Zihrp seine Beine ein Stückchen öffnete, nur um mit dem einzigen roten Auge etwas sehen zu können. Ängstlich spähte er damit umher.

„Gnade, Menschen, Gnade!“, wimmerte es von irgendwoher aus dem schwarzen Ball. „Ich bin doch nur ein harmloser Werber.“

Werber?, fragte ich mich.

„Wer ist dein Herr?“, fragte Thor die bibbernde Spinne.

Ich hatte mich mit ihm auf dem Weg hierher abgesprochen. Unser Plan war denkbar einfach: Der Hauptgegner hielt uns für tot. Für die anderen Bewohner von Monsterstadt waren wir fremdartig, weil es außer uns hier keine Menschen gab und wohl auch nie gegeben hatte. Die gab es nur in einem anderen Bereich innerhalb von Urreich, wie wir von den Triklops wussten, deren Reich wir vom Bösen befreit hatten. Bevor wir in das Monsterland gekommen waren, mit Zentrum Monsterstadt. Falls es uns gelingen würde, Monsterstadt vom Bösen zu befreien, befreiten wir gleichzeitig auch sämtliche anderen Bereiche des Urreichs von Daedrareich, also auch das Land der Menschen. Ohne es selbst je gesehen zu haben.

Das Problem hier war vor allem, dass es unzählige unterschiedliche Interessengruppen gab.

Unterschiedliche Interessen- und somit Machtgruppen in der Stadt, das bedeutete, dass jede Gruppe ständig darum bemüht war, die eigenen Machtmöglichkeiten zu vergrößern - und sei es auch nur, um die Verteidigung weiter ausbauen zu können. Manch eine Gruppe bemühte sich darüber hinaus, den eigenen Machtbereich zu erweitern - obwohl allen die gemeinsame Gefahr des Bösen drohte.

Traurig, aber wahr!, dachte ich - nicht zum ersten Mal.

Der eigentliche Plan also: Wir mussten ständig den Monstren zeigen, dass wir zu kämpfen verstanden und dass man uns als Söldner begehren musste. Auf dieser Basis mussten wir versuchen, Kontakte zu schaffen und darüber letztlich konkurrierende Gruppen zusammenbringen. Denn nur vereint gab es wirklich eine Chance, Monsterstadt zu retten und somit alles andere auch.

Insgesamt gesehen jedoch ein Unterfangen, das genauer betrachtet eigentlich viel zu viel Zeit in Anspruch zu nehmen drohte – Zeit, die wir eigentlich gar nicht hatten. Aber uns war kein besserer Plan eingefallen, und wir mussten zumindest einmal einen Anfang machen. Anders ging es nicht.

Und diese Begegnung hier, das war zumindest ein solcher Anfang!

Wir mussten uns einen gewissen Rang erobern, weil wir noch Außenseiter waren und offiziell keiner Gruppe angehörten. Unser Ruf musste sich möglichst wie ein Lauffeuer in Monsterstadt verbreiten.

„Nur darf der Gegner niemals auf die Idee kommen, dass es sich um die alten Feinde handelt, die den Angriff auf den guten Black überlebten, nämlich original um uns!“

Ich fand diesen Plan von Thor nicht schlechter als jeder andere Plan. Und ich hatte leider selbst nichts Besseres zu bieten und schloss mich deshalb dem Vorschlag des Kriegsherrn von Daedrastadt vorbehaltlos an.

Und jetzt waren wir auch schon auf einen sogenannten Werber gestoßen - schneller als erwartet.

Möglicherweise damit unsere Eintrittskarte in eine der konkurrierenden Gruppen!

Zihrp durfte nur nicht zum Lager des Bösen gehören. Das musste gewährleistet sein.

Von Magie hatten wir beide bis jetzt noch nichts gespürt, obwohl Zihrp in Lebensgefahr schwebte. Hätte er daedramagische Möglichkeiten besessen, hätte er sie gewiss schon eingesetzt.

„Pulk!“, sagte Zihrp zögernd. Er zitterte ängstlich.

Thor zeigte ihm den Donnerhammer, der zu glühen begann, um seine Bedrohlichkeit zu verdeutlichen.

„Pulk?“, wiederholte er.

„Ja, Fremder. Er ist der Mächtigste weit und breit. Ihm gehören die unterschiedlichsten Monstren. Er herrscht über Leben und Tod. Er ist einzig, weil es nichts Vergleichbares gibt.“

Das erschien uns beiden reichlich übertrieben.

„Ein Werber bist du also“, hakte Thor nach. „Wolltest uns wohl in die Falle locken, damit man uns zusammenschlägt und später auf die Verwendbarkeit als Söldner prüft?“

„Äh, es war nicht meine Idee, gewiss nicht. Ich – äh…“

„Du solltest nicht lügen!“, sagte Thor drohend.

Zihrp verstummte sofort.

„Nun, was ist?“, mischte ich mich ein. „Willst du uns nun endlich zu deinem Herrn führen oder nicht?“

„Wie? Ihr wollt jetzt doch noch zu Pulk? Aber warum?“, rief Zihrp alarmiert. Er ahnte mit Recht eine Teufelei. „Wollt - wollt ihr mich denn bei ihm anschwärzen?“

„Na, noch schwärzer kannst du gar nicht werden, mein Spinnenfreund“, meinte Thor hart. „Du bist schwarz wie deine Seele. Werber sind die mieseste Sorte, die ich kenne.“

„Unsere Arbeit mag vielleicht nicht ganz sauber sein, aber sie ist notwendig und dient der Gemeinschaft!“, verteidigte sich Zihrp prompt.

„Entfalte lieber die Beine und mach dich auf den Weg. Dein Freund hier mit den zitternden Gliedern braucht auch Hilfe. Er ist vor Angst halb wahnsinnig und hat nicht einmal mehr Zangen, um sich zu verteidigen. Kann man ihm neue besorgen?“

„Pulk kann alles!“, schwärmte Zihrp und entfaltete tatsächlich, wie empfohlen, die schwarzen, haarigen Beine.

„Fast alles!“, schränkte Thor ein. „Wenn ich dir meinen Donnerhammer überbrate, macht er gar nichts daran.“

„Oh, nein, bitte nicht!“

„Los, weiterkrabbeln, aber dalli! Vorlaute Spinnen müssen immer damit rechnen, dass sie mal mit meinem Hammer abgeklopft werden und zwar ordentlich.“

„Nein, Mensch, du wirst doch nicht einen hilflosen, unbewaffneten…?“

„Und ob, Spinnenfreund. Willst du wohl endlich die Schnauze halten und nur etwas sagen, wenn du gefragt wirst?“

„Ja, tu ich ganz bestimmt.“

„Ich habe…“

„Du hast mich gefragt!“, sagte Zihrp beharrlich. Er wandte sich an mich. „Nicht wahr? Und wenn er mich fragt, darf ich reden.“

Auch Thor wandte sich an mich.

„Jetzt hör dir das mal an. Eine richtige Quasselstrippe. Kein Wunder, dass Pulk den als Werber auf die nichtsahnenden Monstren loslässt. Der quatscht doch jedes um den letzten Überrest von Verstand.“