XIIIDanksagungen

In den sechs Jahren, seit die letzte Auflage dieses Buches erschienen ist, hat sich vieles verändert. Ich lebe jetzt in Palo Alto (Kalifornien) in einem Wohnkomplex für Senioren in der Nähe meines Sohnes Peter – der nun auch mein Kollege und Co-Autor geworden ist. Das Leben im Silicon Valley durch die Augen der 25-jährigen Erfahrung meines Sohnes kennenzulernen, der sowohl mit verschiedenen Start-ups als auch mit alteingesessenen Firmen gearbeitet hat, hat mir eine neue Perspektive bezüglich Organisationskultur und Führungsfragen eröffnet. Aus diesem Grund bin ich Peter sehr dankbar, der nun auch mein Partner in unserem Institut für Organisational Culture and Leadership Institute (OCLI.org) geworden ist. Ebenso dankbar bin ich vielen Freunden und Klienten, mit denen ich arbeiten durfte. Jamie Schein, Peters Frau, hat viele Erkenntnisse zu diesem Buch aus ihrer Führungsrolle in der Verwaltung an der Stanford Graduate School of Business beigetragen.

Besonders danken möchte ich Google, Human Synergistics, Genentech, dem Stanford Hospital, IDEO, The Institute of the Future, Intel und dem Silicon Valley Organization Network, die mir zahlreiche Möglichkeiten gegeben haben, davon zu lernen und etwas dazu beizutragen, was hier auf diesem fantastischen Fleckchen Erde passiert. Mein Fokus richtete sich zunehmend auf das Feld der Medizin, was zu wichtigen Erkenntnissen insbesondere über Kulturen in verschiedenen Berufen geführt hat – daher möchte ich Mary Jane Kornacki, Jack Silversin, Gary Kaplan und den weiteren Mitgliedern der Sommer-Workshops danken, an denen ich über viele Jahre hinweg bei Mary Jane und Jack auf Cape Ann teilgenommen habe. Hier in Kalifornien danke ich James Hereford und den Mitgliedern der improvisierten Mittagstreffen, an denen ich mit einer Gruppe aus Ärzten und Verwaltern im Stanford Hospital teilnehmen durfte. Andere, die mein Wissen um die Komplexität der Medizin großartig bereichert haben, sind Marjorie Godfrey, Kathy McDonald, Diane Rawlins, Dr. Lucian Leape, Dr. Tony Suchmann und mein Schwiegersohn und Chirurg Dr. Wally Krengel.

In meinem neuen Leben hier bin ich weniger Lehrer, als vielmehr Schriftsteller und Coach. In dieser Hinsicht möchte ich mich bei Steve Piersanti und dem Berrett-Kohler Verlag für die Inspiration bedanken, die mir das Schreiben meiner drei neuen Bücher vereinfacht hat. Diese drei Bücher betreffen die Themen Helfen, Coaching und Consulting und ergänzen die wissenschaftliche Arbeit, die diesem Buch zugrunde liegt. Ich danke auch iUniverse dafür, dass sie mit mir an meinen Memoiren gearbeitet und mir dadurch einen erweiterten Blickwinkel über die Entwicklung von Kultur und Führung in meiner eigenen Karriere ermöglicht haben.

Im großen Spektrum der Organisationsentwicklung habe ich viel von neuen Kollegen hier vor Ort profitiert, insbesondere von Tim Kuppler, Kimberly Wiefling, Jeff Richardson, John Cronkite, Stu und Mary Winby und Joy Hereford.

XIVDas Netzwerk der Professoren, das die Trainingsgruppen für das Stanford Business School Leadership Programm leitet, hat mich willkommen geheißen und es mir ermöglicht, mit meiner früheren Welt des „experimentellen Lernens“ in Kontakt zu bleiben. Besonderer Dank gilt auch meinen Freunden und Kollegen in Übersee – Philip Mix, Michael und Linda Brimm, David Coghlan, Tina Doerffer, Peter und Lily Chen, Charles und Elisabeth Handy, Leopold Vansina, Joanne Martin und Michael Chen, der meine Kulturarbeit aktiv nach China bringt. Vielen Dank auch an meinen Freund und Kollegen Joichi Ogawa, der meine Arbeit in Japan verbreitet.

Meine drei Kinder, Louisa, Liz und Peter und deren Ehepartner Ernie, Wally und Jamie und meine sieben Enkel Alexander, Peter, Sophia, Oliver, Annie, Ernesto und Stephanie haben mir immer eine wichtige Perspektive auf kulturelle Angelegenheiten geboten. Besonders schätze ich ihre Beobachtungen, inwiefern sich Kultur verändert, wie sich die Welt über Generationen hinweg verändert und wie sie in einer ganz anderen Welt aufwachsen als ich damals. Die Organisationen heute unterscheiden sich von jenen, die ich kannte und die sozialen Werte, die heutzutage in der Welt diskutiert werden, sind andere als damals, viel tiefgehender. Ich erwähne all dies, weil es mich ermutigt hat, diese fünfte Auflage zu schreiben, um neue Perspektiven aufzuzeigen, welche Aspekte von Kultur und Führung morgen und in Zukunft beachtet werden müssen.

Zuletzt danke ich derzeitigen und früheren Kollegen und Wissenschaftlern, die mich die letzten sechs Jahre inspiriert haben – John van Maahnen, mit dem ich die neue Version von Career Anchors geschrieben habe; Lotte Bailyn, deren Weisheit nie zu versiegen scheint; Bill Isaacs und Gervaise Bushe, denen ich meinen Einblick in die dialogische Welt verdanke; Otto Scharmer, der mir immer wieder neue Welten des Denkens und Lernens eröffnet; David Bradford, der mir mit Rat und Tat sowie Inspiration zur Seite steht; Noam Cook, dessen philosophische Erkenntnisse wichtige Perspektive auf kulturelle Fragen werfen; Steve Barley, Warner Burke, Amy Edmondson, Jody Gittell, Charles O’Reilly III und Melissa Valentine, deren Forschung uns dringend notwendige, neue Dimensionen der kulturellen Analyse eröffnet.

Wie auch bei früheren Auflagen dieses Buches haben die Lektorinnen von Wiley, Jeanenne Ray und Heather Brosius erst wertvolles Feedback hinsichtlich einer Verbesserung dieses Buches gesammelt und anschließend die Veröffentlichung erheblich vereinfacht.

XVEinleitung

Die fünfte Auflage dieses Buches schreibe ich in Palo Alto, Kalifornien, im Herzen des Silicon Valley. Ich bin mir der Tatsache sehr bewusst, dass ich an einem anderen Ort und zu einer ganz anderen Zeit schreibe. Ich arbeite jetzt mit meinem Sohn zusammen, der über 25 Jahre die Veränderungen verschiedener Silicon Valley Technologie-Unternehmen miterlebt und die unterschiedlichsten Arten von Führungs- und Organisationskulturen erfahren hat. Es ist mir unmöglich, zu beschreiben, wie anders sich die Dinge hier und jetzt anfühlen, als damals in Cambridge, wo ich die vierte Auflage geschrieben habe.

Ich freue mich darüber, dass Peter mit mir an dieser neuen Auflage arbeitet und mir dabei hilft, etwas, das wir beide fühlen, zu erfassen – nämlich einen Einblick darin, wie sich die Organisatiobskultur während der letzten Jahrzehnte verändert hat. Dank seiner Erkenntnisse und dank unserer gemeinsamen Erfahrungen während der letzten paar Jahre, gelingt es mir besser, durch die unterschiedlichen „Kulturbäume“ zu navigieren, ohne den Wald als Ganzes aus den Augen zu verlieren.

Viel Neues in diesem Buch spricht Peter in seinem Vorwort an. Doch bevor Sie das lesen, lassen Sie mich ein paar Worte darüber verlieren, was – wie ich glaube – an dieser Auflage gleichgeblieben ist und was anders, in gewissem Sinne „neu“, ist. Mein 3-Ebenen Modell zur Definition von Kultur und dem Denken darüber hat sich bewährt und bleibt das starke „Skelett“ dieses Ansatzes zur Kulturanalyse. Neu ist, dass wir dieses Denken in diesem Buch auf eine größere Ebene, die multikulturelle Welt, anwenden. Aus diesem Grund habe ich ein Fallbeispiel hinzugefügt, meine Studie über das Economic Development Board (Wirtschaftsentwicklungsrat) in Singapur und anschließend in zwei Kapiteln die Probleme der Analyse von und des Arbeitens mit Makro-Kulturen beschrieben, wie zum Beispiel mit Nationen oder weltweiten Konzernen. Ich habe betont, dass jede Organisationskultur in andere, meist größere Kulturen eingebettet ist; und dass jede Subkultur, Task Force, oder Arbeitsgruppe in eine größere Kultur eingebettet ist, die sie beeinflusst. Ich beschreibe die Diskussion, wie man über nationale Kulturunterschiede hinweg zu arbeiten beginnen kann.

Obwohl das keine neue Erkenntnis ist, beschäftige ich mich in dieser fünften Auflage schwerpunktmäßig damit, wie unsere eigenen sozialisierenden Erfahrungen verschiedene Schichten von Kultur in uns aufgebaut haben. Wir müssen diese Kulturen in uns verstehen, weil sie unser Verhalten bestimmen und gleichzeitig unterschiedliche Möglichkeiten, wie wir uns in verschiedenen sozialen Situationen verhalten, zur Kenntnis nehmen. Die Wahl zwischen diesen Möglichkeiten kann nur teilweise der „Persönlichkeit“ oder dem „Temperament“ zugeschrieben werden; vielmehr ist sie abhängig von unserem Verstehen der Situation, das uns durch soziale Erfahrungen gelehrt worden ist. Daher habe ich eine Beschreibung eingeführt, die ein wesentliches Element für Führungsentscheidungen XVIdarstellt, die sozialen „Beziehungsebenen“, die wir alle im Laufe unserer Erziehung erfahren haben. Wir können förmlich, persönlich oder intim sein und können dieses Verhalten je nach Situation anpassen. Dies bedeutet, dass das Erkennen und der Umgang mit unseren inneren Kulturen eine wichtige Fertigkeit für Führungskräfte ist.

Es fasziniert mich immer noch, dass die Kultur als Konzept dabei hilft, Schemata in unserem Sozialverhalten zu erkennen. Aus diesem Grund habe ich aktuelle Forschungen außen vorgelassen, die (1) nur eine oder zwei kulturelle Dimensionen behandeln, (2) diese auf ein gewünschtes Ergebnis hin analysieren und (3) dann behaupten, dass Kultur eine Rolle spielt. Das wussten wir schon immer. Nichtsdestotrotz verdienen das wachsende Interesse daran, diese Schemata aufzubrechen, die wir in Nationen und Organisationen sehen und die unterschiedlichen Typologien von Kulturen, die entstanden sind, eine Analyse in dieser Auflage. In dieser Hinsicht ist es wichtig, einen Unterschied zwischen quantitativ-diagnostischen Studien und qualitativ-dialogischen Frageprozessen zu machen und, mithilfe meines Sohnes, auch über aktuellere, „schnelle“ Diagnoseverfahren zu berichten.

Mein Fokus in diesem Buch liegt auf der Kultur, die von der Gruppe erlernt wird, der Erklärung, wie Unternehmensführung und die Entstehung von Kultur zwei Seiten ein und derselben Medaille sind und dass die Rolle der Führung sich mit Alter und Wachstum eines Unternehmens verändert. Diese Punkte bleiben gleich und bilden das Herz dieses Buches. Ich habe versucht, diese Auflage zu kürzen, indem ich Punkte, die sich wiederholten oder nicht mehr relevant waren, gestrichen habe, um die Vorschläge für den Leser interessanter zu gestalten.

Ich glaube weiterhin, dass Kultur eine ernsthafte Angelegenheit ist, aber sie wird nur dann ein nützliches Konstrukt für uns sein, wenn wir sie wirklich beobachten, analysieren und begreifen.

Anmerkunng des Verlags:

Wenn wir in diesem Buch von Kollegen, Mitarbeitern oder Führungspersonen sprechen, so meinen wir gleichermaßen Frauen und Männer.

XVIIVorwort

Ed und ich arbeiten seit ein paar Jahren zusammen, um eine größere Leserschaft zu erreichen, sein Consulting voranzutreiben und weitere Möglichkeiten für das Helfen und Lernen zu erschließen. Es ist mir eine große Ehre, in diesem Vorwort einige meiner Gedanken zu diesem Buch beizutragen, das auch Namensgeber für dieses Projekt ist, das Organizational Culture and Leadership Institute (OCLI.org).

Als Ed in den frühen 1980er-Jahren mit diesem Buch begann, war Unternehmenskultur ein relativ neues Konzept. Heutzutage wird dieses Konzept weltweit anerkannt, diskutiert, diagnostiziert, geformt, „verändert“, beschuldigt usw. All das ist innerhalb einer einzigen Generation geschehen. Als ich 1983 meinen Bachelor in Sozialanthropologie absolvierte, beendete Ed die erste Auflage von Organizational Culture and Leadership. Zu Beginn des Jahres 2006, als Eds Enkelin (meine Tochter) ihren Bachelor in Wirtschaftswissenschaften machte und sich auf die Arbeit in einem internationalen Management Consulting Unternehmen vorbereitete, fragte Ed sie nach der Firmenkultur. Die Frage war vielleicht etwas vermessen von Ed, weil sie nur einen Sommer lang dort ein Praktikum gemacht hatte. Und trotzdem, sie zögerte kaum, als sie Schlüsselaspekte und Firmenwerte beschrieb. Wir schlossen daraus, dass sie in den wenigen Monaten bei diesem Unternehmen dieser Kultur in einem Maß ausgesetzt, ja, vielleicht sogar indoktriniert worden war, dass sie sie beschreiben und – im Idealfall – darin aufgehen konnte.

Nichtsdestotrotz, das ist nicht überraschend; gereifte Unternehmen (in diesem Fall, Unternehmen die Geschäftstipps anbieten) wissen um ihre Kultur und haben eine Bildsprache, Metaphern und das Vokabular, mit dem sie diese beschreiben und lehren. Ist es überraschend, dass diese kulturelle Immersion – oder Indoktrinierung – Teil eines Sommerpraktikums ist? Der Sinn eines Ferialpraktikums ist es, zu testen, ob Unternehmen und Individuum zusammenpassen, ob die Chemie stimmt. Daher macht es also absolut Sinn für beide Seiten, die Bereiche Industrie sowie Ausbildung und Jobausrichtung zu testen. Die Unternehmenskultur ist ein Schlüsselelement, wenn es um ein gegenseitiges Kennenlernen geht – ja, sie ist ein wichtiger Aspekt zu Beginn jeden Arbeitsverhältnisses.

Wie auch immer – sollte ich überrascht sein, dass meine Tochter diese offene Frage über die Kultur ihres zukünftigen Arbeitsgebers so leicht beantworten konnte? Sie ist, wie ich, in einem Haushalt aufgewachsen, in dem, auch im erweiterten Familienkreis, immer wieder über solche Dinge gesprochen wurde. Es liegt in den Genen, daher war so eine Frage für sie nie seltsam oder aus der Luft gegriffen. Und trotzdem: Die Leichtigkeit, mit der sie die Frage beantwortete, war für mich außergewöhnlich. Ich bin mir ziemlich sicher, hätte Ed mir diese Frage über meinen ersten Arbeitgeber gestellt, hätte ich mich gewunden und zu XVIIIartikulieren versucht, was ich erlebte. Ich konnte genauso viel Unternehmenskultur beobachten, doch nichts davon wurde ausgesprochen und ich hatte das Vokabular nicht, um sie zu beschreiben.

Im Laufe der vier Auflagen von Organizational Culture and Leadership haben wir uns von einer Unternehmenskultur, von der jeder im Unternehmen eine vage Ahnung hatte, die das Verhalten regelte und Entscheidungen betraf, hin zu einer Unternehmenskultur entwickelt, die mit einer gemeinsamen Sprache verstanden und beschrieben werden konnte, die das Aushängeschild und der Stolz einer Firma geworden ist und die zuerst verändert werden muss, wenn es um eine strategische Neuausrichtung geht. Die Kultur in dieser expliziten Führungsrolle im Bewusstsein unseres Arbeitslebens ist heutzutage Untersuchungsthema zahlreicher rein analytisch umfragebasierter Diagnostiksysteme genauso wie einfacher „App“-basierter Dashboard-Instrumente (von denen so manche einige Millionen Dollar Start-up-Investment von hochrangigen Unternehmen erhalten haben). „There’s money in them thar hills“1, dieser Ausdruck gilt heute zweifelsohne für die Diagnose, Analyse und Veränderung der Unternehmenskultur. All das ist innerhalb einer einzigen Generation passiert.

Meine Sicht auf Unternehmenskultur ist hauptsächlich von meinen rund 25 Jahren im Silicon Valley geprägt. Egal ob bei Apple in den frühen 1990ern, Internet-„Start-ups“ im Web 1.0 oder Sun Microsystems in den 2000er-Jahren, ich habe erkannt, dass sich kulturelle Normen in technologischen Unternehmen natürlich auch von anderen Unternehmen unterscheiden und bezüglich Kategorien ebenfalls anders funktionieren als andere Industriezweige. Eine der ersten expliziten Beschreibungen der technologischen Kultur die ich hörte, ließ sich mit einer einfachen Frage zusammenfassen: „Ist es eine Pinguin- oder eine Bärenkultur?“ Ich wusste nicht, was es damit auf sich hatte, nahm aber an, es sei besser in einer „Bärenkultur“ zu sein.

Ob es möglich ist, ein deskriptives Kulturmodell zu schaffen, das wertneutral und nicht normativ geprägt ist, ist hier nicht die Frage – außer der Anmerkung, dass die Systematik des Modells je simpler sie ist, in eine – wie auch immer geartete – Richtung tendiert. In diesem Fall unterscheiden sich die beiden in der Beschreibung, wie ein Unternehmen oder eine Gruppe mit der Herausforderung umgeht, die ein unfähiges oder schwaches Gruppenmitglied darstellt. Bären versuchen, dem schwachen Mitglied ihres Rudels wieder zu Gesundheit zu verhelfen – also das schwache Gruppenmitglied zu verbessern. Das war aber nicht der Grund für meine Neigung zur Bärenkultur, den ich erwartet hatte, bevor ich die Erklärung hörte. Ich nahm an, dass es etwas mit Stärke und Dominanz, gepaart mit Intelligenz zu tun haben müsse. Stattdessen ging es darum, Geschwächte zu versorgen. Pinguine hingegen hacken den Schwachen in ihrem Schwarm zu Tode. Ganz im Gegensatz zu unserer niedlichen Vorstellung von Pinguinen geht es bei dieser Kultur um brutales Durchsetzungsvermögen.

Wenn ich über dieses Kontinuum vom Pinguin zum Bär nachdenke, finde ich die Beschreibung von Technologieunternehmen sehr treffend, angeordnet in XIXdieser helfenden bis zur brutalen Dimension. Doch wenn wir an Kulturmodelle denken, zeigt dieses einfache Beispiel zwei weitere Themen auf, auf die Ed in dieser Auflage ausführlich eingehen wird. Erstens fühlen wir uns von einfachen, ansprechenden Modellen und Schemata angezogen. So stellt zum Beispiel Camerons und Quinns OCAI (Organizational Culture Assessment Instrument) ein interessantes Kulturmodell dar, das auf einem Rahmen von wetteifernden Werten basiert (man könnte sagen, Bär gegen Pinguin sind konkurrierende Werte). Was mir am OCAI am besten gefällt, sind die Sprache und die Metaphern: Kulturen werden als „Klan“, „flexible Organisationsform“, „Hierarchie“ oder „Markt“ bezeichnet. Diese Beschreibungen hallen in uns nach; sie sind sinnvoll und wir merken sie uns, um zu verstehen oder zu beschreiben, was wir erleben.

Technikinnovatoren im Silicon Valley verwendeten von Beginn an auch gerne Metaphern, um den nicht „Initiierten“, den Unwissenden, ihre bahnbrechende Technik zu erklären und zu verkaufen. So helfen uns PC-Verwendern zum Beispiel das „Fenster“ und der „Navigator“ dabei, Interfaces und Internetbrowser zu verstehen. Mit den richtigen Metaphern können wir uns auf standardisierte Weise auf etwas beziehen unterschiedliche Artefakte erklären, weil sie in ein Modell passen. Der Begriff „Betriebssystem“ bedeutet heute viel mehr als nur OS X oder Linux; diese Betriebssystem-Abstraktionen und Standardisierungen ermöglichten Geschäftskunden sowie Privatkunden, Nutzen aus diesen hoch komplexen Maschinen zu ziehen. Und hier schließt sich der Kreis: Wir nutzen persönliche Computer-Metaphern, um Unternehmensstrukturen und -funktionen zu beschreiben. Das „Betriebssystem“ bietet Metaphern und eine Sprache, um die Beschreibung, wie eine Organisation funktioniert, zu standardisieren. Die Unternehmenskultur ist eine Abstraktion, die wir heute als Bestandteil ihres „Betriebssystems“ akzeptieren. Im Silicon Valley wurden Dimensionen, Zuschreibungen und Fakten in nette, attraktive Modelle verpackt, die in einprägsamen Metaphern genügend Details eines durchgängigen Modells eines komplexen menschlichen Systems darstellen. Auch diese Entwicklung ist innerhalb nur einer einzigen Generation entstanden.

Warum beharre ich so auf diesem Fortschritt innerhalb einer einzigen Generation? Ganz einfach: Es stellt sich die Frage „Können oder sollen wir uns vorstellen, was die nächste Generation zum Verstehen von Unternehmenskultur, Führung und Veränderung beitragen wird?“ Ich bin kein Futurist, doch die Antizipation zweier Aspekte ist besonders bedeutsam. Erstens, wie bereits erwähnt, gibt es viele Mittel und Wege und neue Schemata werden derzeit geschaffen, um Kultur und Unternehmensklima zu beschreiben. Allgemein gesprochen können wir vorhersehen, dass das, was in unserem Arbeits- und Privatleben geschieht, zunehmend gemessen und bewertet werden wird, alles um unser Leben zu verbessern und das „Fine-Tuning“ voranzutreiben. Mit endlosen Netzwerken, starken Schwachstromsensoren, mit denen man praktisch alles machen kann, sowie unlimitiertem Cloud-Computing und Speicherplatz, gibt es keinen Grund, warum nicht beinahe jeder Aspekt unseres Berufs- und Privatlebens in jeder Sekunde erfasst werden sollte. „Big Data“ ist ein vielseitiges Phänomen, das die meisten Dimensionen von Führung umfasst, einschließlich Kultur und Klima.

XXEs gibt in zunehmendem Maße die Vorstellung: Warum nicht kürzere, genauere Intervalle studieren, wo wir doch so viel von unserer Produktivität instrumentalisieren und analysieren können? Dieses Vorgehen könnte uns ermöglichen, Muster und Interaktionen in Daten, bei denen wir nicht im Entferntesten ahnten, dass sie zusammenhängen, zu finden (versuchen, die „unbekannten Unbekannten“ zu entdecken). Sollten wir nicht ein System erwarten, das uns Instrumente liefert, die uns ermöglichen, Individuen, Teams, Interaktionen, Konflikte und Lösungen so zu studieren, dass wir Kulturanalyse in Echtzeit betreiben können? Ja, das ist eine schauerliche Idee, deshalb gehe ich davon aus, dass jeder, der diese Systeme produziert, viele Sponsoren und finanzielle Möglichkeiten haben wird. Wir leben in einer Kultur, die alles misst, in der Maßstäbe und Wertungen – besonders wenn sie standardisiert sind – eine magnetische Anziehungskraft auslösen, während es gut möglich ist, dass sie potenziell die Vernichtungskraft einer Atombombe haben.

Hieß es früher „mehr und besser“, heißt es heute „schneller – mehr – besser“. Sollten wir da nicht eine Steigerung in der Beliebtheit von Kulturmodellen und Kulturanalysen erwarten, die dieses schneller mehr vom Besseren mit positiver Veränderung vorantreiben? Ob wir Kultur schneller, mehr und besser verändern können, werden wir noch längere Zeit nicht belegen können und jene, die argumentieren, dass nur das Klima wirklich schneller verändert werden kann, werden in ihrem Elfenbeinturm bleiben. Abgesehen davon stellen Umfragen, die 5-Punkt Standard Messwerke nutzen, ein Instrument dar, genauso wie die Aufnahme und Entschlüsselung natürlicher Sprache (z. B. Interview-Transkripte) sowie Ja/Nein-Felder zum Draufklicken in Smartphone-Apps. Wir werden häufiger erfassen, decodieren, analysieren, speichern und Kultur und Klima von neuem analysieren, indem wir alle aktuellen, großen Dateninstrumente anwenden, bis hin zu einem Punkt, an dem die Erträge zurückgehen. Und ich denke, dass wir uns jetzt noch nicht einmal in der Nähe dieses Punktes befinden.

Befinden wir uns auf dem Weg zurück in die Zukunft, mit aktualisiertem Taylorismus (Stichwort: „scientific management“) und Zeit-und-Bewegungsanalyse, indem wir große Mengen an Daten für Wissenschaftler nutzen, weil mehr – besser – schneller am Ende für alle Vorteile bringt? Der Grund für den Einsatz jedes dieser Instrumente und der schnellen Analyse ist, dass wir positive Veränderung wollen, die dann typischerweise nach ROI Messwerten beurteilt wird; Unternehmen analysieren ihre Kultur, um positive Veränderung hervorzurufen die sich schließlich in gesteigerter Profitabilität zeigt. Gibt es auch einen altruistischen Grund, um Unternehmenskultur zu analysieren, der nicht unmittelbar mit einer Verbesserung der Leistungsindikatoren verbunden ist? Profitabilität durch gesteigerte Produktivität und Engagement und deren Aufrechterhaltung? Ed wurde schon viele Male gebeten, Unternehmen mit einer „Kulturstudie“ zu helfen. Ich glaube nicht, dass er jemals seine Hilfe mittels einer Kulturstudie angeboten hat, wenn er das zugrunde liegende Problem nicht kannte. Es ergibt nur wenig Sinn, sich mit Ethnographie, Diagnostik und Analyse auseinanderzusetzen, wenn man nicht erkennt, was das wahre Problem der Geschäftsführung ist. Gleichermaßen sinnlos sind Kulturstudien, in denen XXIsich verändernde Motivationen und sich entwickelnde Normen der Angestellten nicht berücksichtigt werden.

Im Jahr 2016 gibt es viel Spekulation darüber, wie die „Millenials“ (also jene, die zwischen 1980 und 1995 geboren wurden) die gesamte Arbeitswelt verändern würden. (Ich sollte an dieser Stelle anmerken, dass die Generation Z2 im Allgemeinen als andere Altersgruppe betrachtet wird; in dieser Diskussion werde ich den Begriff der Generation Z weiter fassen.) Abgesehen davon, dass die Baby-Boomer und die Generation X3 auch anders wirkten, haben viele darauf hingewiesen, dass Millenials „anspruchsberechtigt“ und durch andere Themen als den Unternehmenserfolg oder sogar persönlichen Profit motivierbar scheinen.

Die Annahme, dass die „zielgerichteten“ Millenials unberechenbare Arbeits- und Karrierewege wählen könnten, macht den Leitern kleiner sowie großer Unternehmen Angst. Ist es denn möglich, dass die Ausrichtung und Kultur eines Unternehmens kein rationales, eigennütziges Verhalten bei jenen hervorrufen, die auf den Arbeitsmarkt strömen? Formgebende Produkte und Events rund um die Kernwerte, die neu „indoktrinierte“ Mitarbeiter motivieren, sind überlebenswichtig für den Erhalt und das Wachstum einer Firma. Man nimmt an, dass für die meisten – wenn nicht alle – Mitarbeiter eines Unternehmens wirtschaftliches Eigeninteresse gegeben ist und dieses daher zum Vorteil der Organisation genutzt werden kann. Wenn jedoch wirtschaftliches Eigeninteresse für die Millenials weniger wichtig ist, als umweltbezogene, spirituelle oder gemeinsame Interessen, kann es passieren, dass die DNA eines Unternehmens – Produkte, Events und Annahmen – nicht mit den Interessen der jüngeren Angestellten übereinstimmt.

Engagement ist zum neuralgischen Punkt für die Führungsebene aller Unternehmen geworden, insbesondere jener, die jüngere Arbeitskräfte beschäftigen. Viele Unternehmen im Software-Bereich (Stichwort: software-as-a-service) bieten Anreize für besonderes Engagement und besonderen Einsatz. Diese Maßnahme ist das Resultat des Wissens um die Motivation der Angestellten, die hier eine Hebelwirkung für den Erhalt des Unternehmens und das Anwerben neuer Mitarbeiter darstellt – ganz abgesehen von einer verbesserten Produktivität und optimierten Organisationsdesigns (zum Beispiel „Holokratie“)4. Engagement-Umfragen können sehr effizient sein (schnell und smartphone-basiert), sie sind die Musterschüler von mehr – schneller – besser – Wege, um das Arbeitsleben zu verbessern – eben angepasst an wahrgenommene Veränderungen in den Motivationen der Millenials. Eine Engagement-Umfrage misst typischerweise die Reaktion eines Individuums auf eine Reihe von Aussagen, die sich auf das Betriebsklima und das Unternehmen im Allgemeinen bezieht. Auch wenn man methodologische Bedenken bezüglich schneller Online-Umfragen außen vorlässt, es sind immer noch individuelle Umfragen die sich auf individuelle Haltungen XXIIbeziehen. Ein zentraler Punkt in der Unternehmenskultur – Ed wird in dieser Ausgabe darauf eingehen – ist das Argument, dass Umfragen, die sich nur auf eine individuelle Haltung in eben jenem Augenblick beziehen, Gefahr laufen, zwei fundamental wichtige Aspekte der Unternehmenskultur und des –klimas zu übergehen: (1) Gruppen-Haltungen und Reaktionen auf Herausforderungen und (2) jene Ereignisse, die zur gegenwärtigen Situation geführt haben – mit anderen Worten, die Geschichte ist immer präsent.

Vielleicht sollte man nicht nur das Engagement individueller Millenials analysieren, sondern versuchen, herauszufinden, was sie als Gruppe (als Subkultur) ausmacht – mit Bezugnahme auf ihr frühes Arbeitsleben. Deal, Levenson (und Gratton) fassen in ihrem exzellenten Werk What Millenials Want From Work (2016) zusammen, dass es zum Verstehen der Kultur jener, die zwischen 1980 und 1995 geboren worden sind, wichtig ist, ihr Erwachsenwerden zu analysieren, um jegliche aktuelle Motivation zu begreifen. Jene, die in diesem Jahrtausend in die Arbeitswelt kommen, wissen schon lange, wie man mit dem Internet umgeht (Smartphones bieten sofortige Verbindung zu Fakten, Menschen und Meinungen weltweit). Und eben diese Altersgruppe hat mehr Terrorismus und Rezession erfahren, als die vorhergehenden Generationen (ausgenommen 1930-1950). Ist es ein „Anspruchsberechtigt-Sein“ oder ist es Durchsetzungsvermögen, entstanden aus der Kraft der aktuellsten Informationen und globaler persönlicher Netzwerke, gemischt mit berechtigten Zweifeln an der Dauerhaftigkeit von Arbeitsplätzen, Unternehmen, Ländern und Lebensstilen? Wenn die Umfragen ein „Gefühl des Anspruchsberechtigt-Seins“ in dieser Gruppe berufstätiger Menschen wiedergeben, muss teilweise die gemeinsame Geschichte dieser Gruppe zum Teil miteinbezogen werden, um zu verstehen, wie sie auf die kulturelle DNA eines Unternehmens reagiert.

Ein weiterer Aspekt bei den Millenials ist, dass sie durch ihren Zugriff auf die digitale Welt nicht mehr an Zeit und Zeitzonen gebunden sind. Die ständige Verfügbarkeit bedeutet einen vollkommen anderen Arbeitstag (> 16 wache Stunden versus 9 bis 17.00) für einen Millenial, insbesondere, wenn die Arbeits- und Privatnummer und Email-Adresse die gleiche ist. Es ist nur wahrscheinlich, dass dies eine ganz andere Haltung gegenüber der Vermischung von Arbeits- und Privatleben bei dieser Altersgruppe hervorruft. Wenn jedoch die Arbeitgeber diese verschwimmenden Grenzen ausnutzen, kommt es zu Unzufriedenheit und sogar Kündigungen. Die Millenials sind auch grundlegend mit der „gig economy“5 verbunden. Ob freiwillig gewählt oder nicht, ein Mittdreißiger wird im Jahr 2016 oder 2026 damit rechnen müssen, eine gewisse Zeit seiner Karriere mit unterbezahlten Werkverträgen zu verbringen.

Unternehmen haben während der vergangenen Generation gelernt, wie profitabel es ist, ihre Produktivität durch Werkverträge zu verbessern. Diese Variante reduziert Risiken bei gleichzeitig niedrigen Kosten. Doch es gibt auch Nachteile: Der größte ist wohl, dass das Wissen und die Ausbildung, das der durch den Vertrag gebundene Geschäftspartner erworben hat, mit ihm die Firma verlässt, wenn der Auftrag abgeschlossen ist. Abgesehen von den Kosten und Vorteilen XXIIIder wachsenden Gig Economy ist es wichtig, sich eine Tatsache vor Augen zu halten: Die Millenials haben sich nicht an diese Veränderung angepasst, sie wurden in diese Wirtschaftsform hineingeboren. Und viele bevorzugen sie aufgrund der Freiheit, Flexibilität und weil sie mit vielen neuen Menschen, neuen Unternehmen und neuen Netzwerken in Kontakt kommen. Ein Millenial kann sich in mehrere Aufträge vertiefen und der aktuelle Vertrag ist vielleicht gar nicht unter diesen Aufträgen, trotz all der Betonung der Kreation einer Motivationskultur bei der Arbeit.

Der Wegfall der Zeitzonen ist von Bedeutung, entstanden durch persönliche Netzwerke aus technologisierten Menschen, ist global geworden und schließt Raum und Zeit mit ein. Soziale Netzwerke bringen Gruppen hervor, die von der Diskussion kultureller und nationaler Unterschiede leben. Diese globalen Gruppen sind mächtige Schichten, die subkulturelle Haltungen Gleichgesinnter formen oder verändern, egal wo sie arbeiten und leben. Es kann gut sein, dass die Millenials mit einem globalen interkulturellen Bewusstsein zur Arbeit kommen, was für Manager und Führungskräfte bedeutet, dass sie darauf achten müssen, sie im Lichte ihres diffusen Fokus auf ihre Welt und ihr Leben zu halten, die sich beide auf der ganzen Welt abspielen.

Kulturelle Stereotypen (Normen) können wie Licht für die Insekten sein, attraktiv in ihrer Klarheit, stark in ihrer Einfachheit und mit einem bösen Ende für jene, die dem Licht zu nahegekommen sind. Uns ist bewusst, dass wir die Millenials nicht einfach in ein strenges Regelkorsett zwängen können, damit sie sich wie erwartet verhalten. Doch wenn „anspruchsberechtigt sein“ und „wenig Engagement“ gewohnheitsmäßig mit dieser Altersgruppe in Verbindung gebracht werden, werden Manager und Führungskräfte die Verhaltensweisen analysieren müssen und dabei nach Mustern suchen, die verstanden und generalisiert werden können. Die Schaffung von Stereotypen ist nur ein weiterer Weg, Informationen im Interesse der Unternehmenseffektivität zu ordnen. Wenn all die mehr – besser – schneller – Umfragen nur Echos von Stereotypen wiedergeben, können die Reaktionen des Managements, die durch die Umfrage vorgeschlagen werden, negative Folgen haben. Subkulturelle Sedimente, von Alter (oder Jugend), Geschichte über Geographie und Technologie sind subtiler und ihre Untersuchung braucht mehr ethnographische und abwägende Studien, als von mechanischen Datensammelansätzen, die sich auf individuelle Mitarbeiter fokussieren, gezogen werden können.

Peter A. Schein

1 Ein alter, umgangssprachlicher Ausdruck, der so viel bedeutet wie „Hier ist Gold zu holen“ (Anm. d. Üb.).

2 Auch Post-Millenials genannt: jene Generation, die zwischen der Mitte der 1990er und den frühen 2000er-Jahren geboren wurde (Anm. d. Üb.).

3 Geboren in den späten 1970er- bis frühen 1980er-Jahren (Anm. d. Üb.).

4 Eine von dem amerikanischen Unternehmer Brian Robertson entwickelte Systematik, die Entscheidungsfindungen durch Transparenz auf allen Ebenen erleichtert (Anm. d. Üb.).

5 Eine Wirtschaft ohne feste Anstellung, in der nach Auftrag (gig) abgerechnet wird (Anm. d. Üb.).

XXVDie Autoren

Ed Schein ist Professor Emeritus der Massachusetts Institute of Technology (MIT) Sloan School of Management. Er studierte an der University of Chicago, der Stanford University und der Harvard University, wo er auch seinen Doktortitel in Sozialpsychologie erwarb. Er hat vier Jahre lang am Walter Reed Army Institute gearbeitet und ging anschließend ans MIT, wo er bis 2005 unterrichtete.

Er veröffentlichte viele Bücher, darunter Organizational Psychology, 3rd ed. (1980), Process Consultation Revisited (1999), ein Buch über Karrieredynamik (Career Anchors, 4th ed. mit John Van Maanen, 2013), Organizational Culture and Leadership, 4th (2010), The Corporate Culture Survival Guide, 2nd ed. (2009), eine kulturelle Analyse des Wirtschaftswunders Singapur (Strategic Pragmatism, 1996) und ein Buch über den Aufstieg und Fall der Digital Equipment Corporation (DEC is Dead; Long Live DEC, 2003).

Im Jahr 2009 publizierte er Helping, ein Buch über die allgemeine Theorie und Praxis des Hilfeleistens und -bekommens. Darauf folgte 2013 Humble Inquiry, das der Tatsache auf den Grund geht, warum das Helfen in unserer westlichen Kultur so eine schwierige Angelegenheit ist. Für dieses Buch erhielt er 2013 den Business book of the year award vom Department of Leadership der University of San Diego. Ed hat gerade Humble Consulting veröffentlicht (2016), in dem er das gesamte Modell des Coachings und des Consultings auf neue Füße stellt. Zurzeit arbeitet mit seinem Sohn Peter an dem Buch Humble Leadership (2017), das unsere aktuellen Theorien bezüglich Unternehmensführung und Management hinterfragt.

Er ist weiterhin in beratender Funktion bei zahlreichen nationalen und internationalen Organisationen bezüglich Organisationskultur und Karriereentwicklungsfragen tätig, sein Fokus liegt dabei auf Sicherheit und Qualität im Gesundheitswesen, der Atomindustrie und dem US Forest Service. Bei dieser neuen Form von Consulting liegt der Schwerpunkt auf der Interaktion beruflicher und organisationsgebundener Subkulturen und darauf, wie diese mit Karriereankern interagieren um die Effektivität und die Sicherheit von Organisationen zu bestimmen.

Im Jahr 2009 wurde Ed der Distinguished Scholar-Practitioner Award der Academy of Management verliehen, 2012 war er Recipient of the Life Time Achievement Award der International Leadership Association. 2015 wurde ihm der Life Time Achievement Award in Organization Development des International OD Network verliehen, außerdem ist er Dr. h.c. der IEDC Bled School of Management in Slowenien.

Peter Schein ist Organisationsentwicklungs- und Strategie-Coach im Silicon Valley. Er hilft Start-ups und Technologieunternehmen, die expandieren wollen.

Peters Know-how stammt aus über 20 Jahren Erfahrung in Business, Marketing und Unternehmensentwicklung bei technologischen Pionieren. Zu Beginn XXVIseiner Karriere entwickelte er neue Produkte und Dienstleistungen by Pacific Bell und Apple Computer, Inc. (inklusive eWorld und Newton). Er zeichnete verantwortlich für Produktmarketingerfolge bei Silicon Graphics Inc., Concentric Network Corporation (XO Communications) und Packeteer (BlueCoat). Peter eignete sich Expertenwissen und eine Leidenschaft für die Internetinfrastruktur an, als die Web-Ära Mitte der 1990er-Jahre in Gang kam.

Anschließend verbrachte Peter 11 Jahre in der Unternehmensentwicklung und der Produktstrategie bei Sun Microsystems. Bei Sun leitete Peter zahlreiche missionskritische Minderheitsbeteiligungen für das technologische Ökosystem. Er kaufte innovative Technologie, die sich für Sun als Multi-Millionen-Produktlinien erwiesen. Durch die Erfahrung, neue Strategien zu entwickeln und mehrere kleine Einheiten in ein großes Unternehmen zusammenzuführen, entwickelte Peter ein Faible für organisationskulturelle Herausforderungen, die das Wachstum in innovationsorientierten Unternehmen mit sich bringt.

Peter besuchte die Stanford University (BA Sozialanthropologie, Honors and Distinctions) und die Northwestern University (Kellogg MBA, Marketing und Information Management, Top-Student in Information Management).

48Kapitel 5: Eine regierungsgesteuerte Entwicklungsorganisation in Singapur

Kann dieses Kulturmodell auch auf eine andere Organisationsform angewendet werden? Um dies zu überprüfen, habe ich mich entschieden, eine gekürzte Version eines meiner Bücher mit hinein zu nehmen, in dem es um eine Kulturstudie geht, die ich in den frühen 1990ern als bezahlter Forscher in Singapur durchgeführt habe (Schein, 1996b).

Fall 3: Singapurs Wirtschaftsentwicklungsbehörde14

Innerhalb von 30 Jahren hat sich Singapur von einem Dritte-Welt-Land mit einem BIP von 500 Dollar pro Kopf zu einem Land mit einem BIP von 15.000 pro Kopf in ein Schwellenland verwandelt, das bald ein Industrieland sein wird. Kein Land hat sich jemals schneller entwickelt.

(Lester Thurow aus dem Vorwort zu Schein, 1996b)

Der Fall Singapur beschreibt die Struktur einer Kulturanalyse sehr gut, weil die sichtbaren Artefakte des diktatorischen und unterdrückenden politischen Systems, das dort entstanden ist, nicht verstanden werden können, wenn man nicht die als selbstverständlich geltenden grundlegenden Annahmen der Führungspersonen entschlüsselt, als sie in den 1960ern ein unabhängiges Singapur gründeten. Singapurs Geschichte beginnt mit einer Vision, die dessen politischer Anführer, Lee Kuan Yew, und seine in Großbritannien ausgebildeten Kollegen teilten. Sie nutzten diese Vision mit dem Ziel, aus dieser ehemals britischen Kolonie eine „globale Stadt mit unbegrenzten Geschäftsmöglichkeiten“ zu machen.

Diese geteilte Vision kann als „gewählte Überzeugungen und Werte“ des Kulturmodells verstanden werden. Was an diesem Fall besonders interessant ist, ist die Tatsache, dass es einen der wenigen Fälle darstellt, in dem Artefakte, gewählte Werte und Überzeugungen und die grundlegenden Annahmen gut miteinander harmonierten, sodass man sehen konnte, wie die drei Ebenen einander stützten.

Um diese Vision umzusetzen, entschieden Lee Kuan Yew und seine Kollegen im Jahr 1961, das Economic Development Board (EDB) zu gründen, eine quasi-staatliche Behörde, um Maßnahmen zu treffen, die Investoren aus dem Ausland anziehen sollten. In einer vorwiegend chinesischen Kultur, die jedes Versagen ablehnt, musste die EDB eine Organisation gründen, die „das Bestrafen jener, die im Rahmen der Austestung der Grenzen des Systems versagen, sondern jene bestraft, die inkompetent sind und nicht aus ihren Fehlern lernen. Decke 49Versagen auf; ändere, was nicht funktioniert; schaffe eine Umgebung, in der man lernt. Ein einfacher Rat – aber schwer umzusetzen, wenn man nicht eine Kultur entwickelt, die solche Haltungen unterstützt…schaffe eine weitreichende Vision, stelle ein Team zusammen, hole das Beste aus den Teammitgliedern heraus. Befiehl totale Loyalität zur Vision und 120 % Engagement von jedem. Biete den Kunden One-Stop Shopping15 in einer absolut professionellen Organisation, die sich Teamwork, offener Kommunikation und einer grenzenlosen Organisation verschrieben hat. Die Regeln sind klar, es gibt keine Korruption, nur totale Integrität (Thurow, Vorwort zu Schein, 1996b).

Das EDB war sehr erfolgreich und entschied im Jahr 1990, dass jemand seine Geschichte dokumentieren sollte. Die EDB Chefs stellten ursprünglich einen Journalisten ein, um diese Geschichte zu schreiben, entschieden aber, dass es ihre Kultur war, die ihnen den Schlüssel zum Erfolg lieferte, also suchten sie nach jemandem, der sich mit Kultur auskannte. Sie wandten sich an Lester Thrurrow, der der Direktor der MIT Sloan School war, an der ich unterrichtete. Dieser schlug vor, dass sie sich an mich wenden sollten und ich willigte ein, ihre Erfolgsgeschichte zu dokumentieren und zwar aus drei Perspektiven: (1) ihr Selbstbild, (2) die Sichtweise der verschiedenen Geschäftsführer, die sich entschieden hatten, in Singapur zu investieren, indem sie Fabriken und Forschungsstationen dort gebaut hatten, und (3) meine Analyse der Artefakte, gewählten Werte und grundlegenden Annahmen, die ich aus all diesen Daten ziehen konnte.

Das Selbstbild der EDBs erfuhr ich durch intensive Interviews mit allen Führungspersonen, die das EDB während der letzten drei Jahrzehnte geschaffen oder unterstützt hatten. Für diese Interviews verbrachte ich in den Jahren 1994 und 1995 mehrmals zwei Wochen in Singapur. Dabei machte ich so viele CEOs oder andere Führungskräfte ausfindig, die sich entschieden hatten, in Singapur zu investieren und interviewte sie, um herauszufinden, warum sie sich dafür entschieden hatten und wie es funktioniert hatte. Meine Analyse wurde durch meine direkte Beobachtung ergänzt: wie das EDB arbeitete. Ich nahm an mehreren Gruppen-Meetings teil, die ins Leben gerufen worden waren, um mich mit Informationen zu versorgen. Die Vorsitzenden des EDB waren eindeutig sehr stolz auf ihre Errungenschaften und wollten, dass die Studie die positiven Elemente ihrer Arbeit dokumentierte, machten aber auch sehr deutlich, dass sie von meiner Analyse lernen wollten, wo ihre Schwachpunkte lagen und was zukünftig gelernt werden sollte. Mit anderen Worten, ich sollte kritisch sowie positiv sein.

Die ganze komplexe Geschichte von 30 Jahren Entwicklung wird in meinem Buch Strategic Pragmatism: The Culture of Singapore’s Economic Development Board (1996b) beschrieben und wird in diesem Kapitel verkürzt dargestellt.

50Die in das EDB eingebetteten kulturellen Paradigmen

Das strukturelle Modell mit Artefakten, gewählten Werten und grundlegenden Annahmen war notwendig, um aus den Interviews und beobachteten Informationen, die ich im Laufe eines Jahres zusammengetragen hatte, jene Informationen zu ziehen, die ich benötigte.

Das Konzept von Kulturen, die in andere Kulturen eingebettet sind, war unmittelbar offensichtlich – das EDB spiegelte sowohl die chinesischen Wurzeln ihrer Vorsitzenden als auch den Einfluss ihrer britischen Ausbildung und der Erfahrung als Kolonie wider.

Außerdem war Singapur ursprünglich in der Malaysian Federation, was nationale Spannungen auf interkultureller Ebene auslöste. Nachdem Singapur sich aus der Föderation löste und 1965 ein eigenständiger Staat geworden war, kam es zu einer Periode der ökonomischen gegenseitigen Abhängigkeit, weil Singapur keine eigene Wasserversorgung hatte.

Die grundlegenden Annahmen, die daraus gezogen und mit den „Insidern“ überprüft werden konnten, gehörten also zu einer „kontextuellen“ Reihe, die die Einbettung widerspiegelte und zu einer „organisatorischen“ Reihe, die zeigte, wie das EDB als Einzelorganisation seine externen und internen Beziehungen regelte. Das kontextuelle Paradigma bestand hauptsächlich aus einer Reihe von Annahmen, die Singapurs Anführer über wirtschaftliche Entwicklung hatten. Diese Annahmen teilte das EDB, aber sie boten auch einen breiteren Kontext innerhalb dessen das EDB arbeitete. Das organisatorische Paradigma bestand aus einer Reihe von Annahmen darüber, wie das EDB sich selbst strukturierte und managte.

1. Das kontextuelle Paradigma: Annahmen über die Rolle der Regierung beim Wirtschaftswachstum

Das kontextuale Paradigma besteht aus sechs ineinander verzahnten und miteinander verbundenen grundlegenden Annahmen, die die psychischen Modelle der frühen Anführer von Singapur widerspiegeln und die heute als selbstverständlich gelten. Diese Annahmen werden Singapurs Regierung im Allgemeinen geteilt, was einen kulturellen Kontext bietet, innerhalb dessen das EDB operiert. Diese Annahmen führten zur Einrichtung des EDB und lieferten die gewählten Werte, die beeinflussten, wie das EDB seine Mission definieren und sich selbst organisieren würde. Wir haben hier einen Fall, in dem gewählte Überzeugungen und Werte mit den beobachtbaren Artefakten übereinstimmen – die Arbeit des EDB.

1a. „Staatlicher Kapitalismus“. Singapurs Regierung und das EDB nahmen an – und sahen es als selbstverständlich an – dass die Regierung eine aktive, unternehmerische Rolle in Bezug auf wirtschaftliche Entwicklung spielen konnte und sollte. Aus diesem Grund sollte die Regierung ihre führende Kraft durch einen quasi-staatlichen gesetzlichen Ausschuss schaffen – wie die EDB.

51 1b. Absolute, langanhaltende politische Stabilität. Eine eng verbundene Kern-Annahme, die das Denken und Handeln in Singapur dominiert und in Wahrheit einen Cluster von drei miteinander verbundenen Annahmen bildet: Singapurs politische Führer nahmen an, (1) dass wirtschaftliche Entwicklung vor der politischen Entwicklung geschehen muss, (2) dass auf lange Sicht die wirtschaftliche Entwicklung nur wachsen konnte, wenn politische Stabilität herrschte und (3) dass politische Stabilität nur erreicht und erhalten werden konnte, indem eine strenge, aber gütige Regierung alle Segmente der Gesellschaft kontrollierte.

Dies war natürlich die am schwierigsten zu verstehende Annahme, weil sie die Grundlage für das diktatorische Regime war, das aufgebaut worden war und sich um das politische und zivile Verhalten kümmerte. So gab es zum Beispiel strenge Strafen für das öffentliche Wegwerfen von Müll oder dafür, wenn man in einen Lift urinierte. Die Begründung für die strengen Strafen war, dass sich westliche Geschäftsmänner in einer absolut sauberen Stadt wohler fühlen würden. Die Regeln und die drakonischen Strafen waren sichtbare Artefakte, doch nur wenige Beobachter verstanden wirklich, dass den Regeln und deren Umsetzung eine tief ökonomische Entwicklungs-Annahme zugrunde lag. Die grundlegende Annahme, dass ökonomischer Erfolg soziale Kontrolle rechtfertigt, wurde nie hinterfragt, solange Singapur seine wirtschaftlichen Entwicklungsziele erreichte.

1c. Zusammenarbeit der Sektoren. Singapurs politische Führer nahmen an, dass ökonomische Entwicklung nur dann gelingen konnte, wenn die Geschäftswelt, die Arbeitswelt und die Regierung aktiv mit dem gemeinsamen Ziel des Aufbaus der Nation („Singapore, Inc.“) zusammenarbeiteten.

Interorganisationale Zusammenarbeit wurde als essentiell angesehen, um jene Anreize und die Infrastruktur zu bieten, die Handwerksbetriebe einerseits und der Dienstleistungssektor andererseits brauchten – wie zum Beispiel Straßen, Kommunikationswerkzeuge, Land, finanzielle Unterstützung für Investment und Ausbildung, einen Pool motivierter und gut ausgebildeter Arbeitskräfte, Unterkünfte usw. Einer der auffälligsten Aspekte dieser Art zu denken war wohl die Entscheidung, der Gewerkschaft einige Verantwortung zu überlassen indem man sie zum Eigentümer und Betreiber einer Taxigesellschaft machte, zusätzlich war eine der Versicherungsgesellschaften in Singapur ebenfalls in der Hand der Gewerkschaft. So mancher Analytiker von industriellen Beziehungen mag dies als Untergrabung der Arbeiterbewegung betrachten, aber aus der Sicht der Führer von Singapur war es das wichtigste, die Arbeiter auf ihrer Seite zu haben, insbesondere mit der nahen nördlichen Grenze zum kommunistischen China.

1d. Ein nicht korrumpierbarer öffentlicher Dienst. Singapurs politische Anführer gingen davon aus, dass gute ökonomische Bedingungen für Investoren nur garantiert werden konnten, wenn die Regierung und der öffentliche Dienst kompetent und nicht korrumpierbar seien, weshalb sie mit einer Reihe an öffentlichen Regeln arbeiteten, welche streng überwacht und durchgesetzt wurden.

Hier sehen wir wieder die Einbettung, darin, dass die Annahme widerspiegelt, dass laut das chinesischem kulturellem Erbe ein Führer tugendhaft sein muss.

52Genauso sichtbar ist die britische Tradition eines „reines öffentlichen Dienstes“, ebenso wie die frühe Erkenntnis der Vorsitzenden von Singapur, dass ausländische Investoren nicht nur durch eine Entwicklungsnation mit stabilen politischen Verhältnissen, sondern auch durch eine kompetente Regierung, klare Regeln und nicht korrumpierbare Beamte angezogen würden.