Band 5

Hexen, Teufel, Ketzer

 

 

Was ist Aberglauben?

 

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(Folterinstrument: Fingerpresse)

 

von

Bruno Emil König

 

 


Cover, Design, Layout und Satz aischab

ISBN 978-3-946182-47-4

 

© Copyright aischab Münster 2017

Layout, Gestaltung und Arrangement sind von Ulrike Bauer.

 

 

1. Neuauflage 2016 (ISBN 978-3-943312-57-7) im Verlag EMPIRE Münster, Erstausgabe erschienen im Verlag U. Bock 1893 Rudolstadt unter dem Originaltitel: „Ausgeburten des Menschenwahns im Spiegel der Hexenprozesse und der Auto da fe‘s“.

 

 

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EINFÜHRUNG

 

Der Aberglaube ein Ersatz zum Gottesglauben?

Viele Zusammenhänge sind auf Handlungen, auf Unterweisungen durch Priester, Pfarrer und Interpretationen biblischer Texte zurück zu führen.

Die nachfolgenden Kapitel sind dem ursprünglichen Band über Aberglauben entlehnt, aber nicht alle Kapitel wurden aufgeführt.

Allein die Tatsache, dass Menschen nicht lesen und schreiben konnten, stets auf das Wort des anderen bedacht waren, hat die Grundlage geschaffen und aufrechterhalten, das anzunehmen, was der andere gesagt hat.

Und doch? Der Aberglaube ist immer noch wirklich und nur anders verpackt. Allein Wissenschaften beherrschen nun das Feld der Tatsachen, Wirklichkeiten. Alles kann nachgewiesen, belegt werden. Wirklich alles?

Der religiöse Glaube findet sein Fundament in allen moralischen Manifesten, die wissenschaftlich nie bewiesen werden konnten noch können. Aber ohne Moral? Allein Regeln, Gesetze können ein menschliches Zusammenleben nicht bewältigen.

Was bleibt jedem in dieser Situation?

Der eigene Blickwinkel, der eigene Standpunkt, das eigene Engagement… Das heißt nicht, dass dieses Bild dem Anspruch der Wahrheit entspricht. Der andere kann dies durchaus anders erleben! Was aber ist dann wahr?

So bleibt ein Rest Ungewissheit, die immer vom eigenen Glauben oder dem, was einem die anderen vermitteln, besetzt werden wird.

Keiner ist davon befreit. Auch Wissenschaftler nicht. Somit behält sich der Aberglauben einen Rest in jedem Menschen vor. Keiner ist frei davon.

Der Herausgeber

 

 

 

 

Des Aberglaubens alte Rechte

Erstrecken sich auf jedes Haupt:

Noch ist im menschlichen Geschlechte

Ihr Einfluss größer, als man glaubt.

 

Buch vom Aberglauben 1791

 

 

TEUFELEIEN UND MYSTERIEN

 

Es konnten in der Vorzeit kein öffentlicher Aufzug, kein Schausiel zur Zufriedenheit der Zuschauer, ja nicht ein lebhafte christliche Kirchendarstellung gegeben werden, in der nicht der Teufel eine Hauptrolle spielte. Beim Kirchenfeste am Himmelfahrtstage zogen mehrere vermummte Teufel in die Kirche ein und bildeten eine ganze Hölle, aus welcher sie um sich warfen, um sich gegen das von Geistlichen getragene Kreuz zu wehren. Deshalb musste auch der Nürnberger Schönbart seine Hölle und seine Teufel haben.

 

In Schernbecks Mysterie: Das Spiel von Frau Jutten im Jahre 1480 erscheinen nicht nur acht Teufel von denen ihrer zwei Spiegelglanz und Federwisch hießen – sondern auch des Teufels Großmutter, Frau Lillis. Sie sangen in einem Rundgesang:

 

Luziver, in deinem Throne,

Rimo, Rimo, Rimo,

Warest Du ein Engel schone,

Rimo, Rimo, Rimo,

und bist nun ein Teufel greulich,

Rimo, Rimo, Rimo pp.

 

Zuweilen haben die Verfasser im Personen Verzeichnis bei der Angabe von vier, sechs, acht Teufel hinzugesetzt: „allhie mag man auch wohl mehr Teufel verordnen.“

Oft schreiben sie auch ihre Bekleidung vor. Die Teufel hatten ihre besonderen Stimmtöne, rasselten mit Ketten, klingelten mit Schellen und schrien mit fürchterlichem Zischen, Brummen, Brüllen, Heulen: Hoho, hoho! Huhahu, burrurrr, brurrur, rur! Russihususch, briix, braarx!“ usw.

Geistliche und Mönche wurden dabei gar oft als Tiere vorgestellt. So sah man den Fuchs, Meister Reinecke, erst als einen gemeinen Pfaffen, wie er eine Epistel sang, nachher als Bischof, dann als Erzbischof, dann als Papst. Dabei verspeist er unausgesetzt alte und junge Hühner und anderes. Kam der Teufel zu einer solchen Szene, so gab es Spaß für die Zuschauer.

Solcher deutsche Volkshumor mag der Geistlichkeit bisweilen unbequem gewesen sein und Papst Innozenz VIII. wenig behagt haben. Nach Einführung des „Hexenhammers“ wurde es fürchterlicher Ernst und mit Feuer und Schwert bekämpft.

 

 

TEUFEL UND HÖLLE

 

Die Schauspieldichter jener Tage taten das ihre in Erschaffung der verschiedenartigsten Teufel für ihre Stücke, und die Theologen erkannten entweder die waltende Hand eines Teufels bei jedem Laster oder sie machten das Laster selbst zu einem Teufel. Da erschienen dann Bücher, deren Titel Teufelsnamen zierten wie Tanzteufel, Fluchteufel, Saufteufel, Jagdteufel, Eheteufel, Hoffartentteufel, Spielteufel, Hofteufel, Eidteufel, Hosenteufel usw., die alle gefielen, so dass schließlich der Buchhändler Siegmund Feyerabend zu Frankfurt im Jahre 1575 davon eine Sammlung veranstaltete und unter dem Titel „Theatrum Diabolorum“ herausgab.

Nun wurde der Teufel das Modethema der Schriftsteller. Alle seine Ränke wurden geschildert und die Hölle aufs eingehendste beschrieben. Die Hölle sollte sogar ihre Küche haben. Oberkoch ist Beelzebub. Er röstet die Verdammten gleich Schweinen am Bratspieß und begießt dann den leckeren Braten mit Essig und Galle. Dem höchsten Teufel soll aber das Gericht nicht gemundet haben.

Besonders machte sich damals durch diese infernalische Topographie der Jesuit Hieronymus Drexel bekannt, der auch von den Höllenstrafen zu sprechen wusste in seinem Buche: „Infernus Damnatorum carcer et rogus aetermitatis“ (1631). Nach ihm hat die Hölle sieben Gemächer und drei Pforten. In jeder Wohnung sind sieben Feuerflüsse und sieben Flüsse von Hagel. In jeder Wohnung befinden sich 7000 Löcher, in dem Loche 7000 Risse, in jedem Riss 7000 Skorpionen, deren jeder sieben Gelenke hat und in jedem Gelenk seien 1000 Tonnen Gift.

Man hatte auch Rezepte gegen die Hölle, so das nachstehende aus dem Jahr 1718:

Ernstlich nimm 5 Lot Traurigkeit, 10 Lot Geduld, 15 Lot Mäßigkeit, 20 Lot Keuschheit, 125 Lot Demut und 30 Lot Freigebigkeit. Diese Ingredienzen stoßen wohl durcheinander in dem Mörser des Glaubens mittels des Stempels der Stärke. Alsdann gieße darauf ein Vierteil Hoffnung, siede es in der Pfanne der Gerechtigkeit bei dem Feuer der christlichen Liebe, rühre es oft um mit einem andächtigen Gebet und bewahre es dann in dem Geschirr der Beständigkeit, auf dass der Schimmel der Eitelkeit nicht dazu komme. Mit dieser Salbe salbe dich dann täglich, morgens und abends ein. Es hilft wieder die Hölle.

Vom Teufel kams nun auf die Erzählungen von seinen Teufelsstreichen an. Ein Hamburger Pfarrer, Peter Goldschmid mit Namen, gab im Jahr 1704 eine Sammlung dieser Art heraus unter dem Titel:

„Höllischer Morpheus“ und Erasmus Francis zu Nürnberg im Jahre 1708 seinen „Höllischen Proteus“. Man hatte sonach eine vollständige Teufelsliteratur. Alle diese Erzählungen zu entkräften, schrieb im Jahr 1751 ein Ungenannter ein Buch:

„Über die Werke des Teufels auf dem Erdboden.“

Bald kam indes der Teufel in die Hexengeschichten und die Sache wurde bitterernst. Und als über die Teufeleien gestritten und philosophiert wurde, mochte man nichts mehr davon wissen und der Spaß ging durch den Ernst verloren.

Von einer Erlösung aus der Hölle berichtet eine schlesische Chronik: Der König Georg von Böhmen hatte sich wegen seiner Ketzereien bei den Katholiken sehr verhasst gemacht. Der damalige Abt auf dem Sande zu Breslau ließ diesen König in einer neuen Kapelle seiner Kirche darstellen, wie er beim jüngsten Gericht von zwei Teufeln auf einer Düngertrage in die Hölle geschafft wurde. Der Sohn König Georgs, Herzog, Heinrich von Glatz, nahm dies gewaltig übel und drohte dem Abt, sowie allen Breslauern, dass er alle Klöster und Dörfer Schlesiens abbrenne, wenn jenes Bild nicht entfernt würde.

Der Abt fand sich endlich gezwungen, das Gemälde (1472) übertünchen und dadurch den König aus der Hölle erlösen zu lassen, wenn er nicht Gefahr laufen wollte, sich in die unangenehmsten Händel zu verwickeln. Da das Gemälde nur mit gewöhnlicher Leimfarbe übermalt worden war, so kam es bei Gelegenheit einer Renovation der Kapelle wieder zum Vorschein und wurde für eine Sammlung kopiert.

Selbstredend lebt der Teufel noch heute in unzähligen Sprichwörtern, so wie:

Der Teufel trägt allerlei Larven,

der Teufel guckt ihm aus den Augen,

der Teufel hat mehr als zwölf Apostel, der Teufel ist nie so schwarz, als man ihn malt,

der Teufel ist nie mehr zu fürchten, als wenn er predigt,

wem der Teufel einheizt, den friert‘s nicht.

Der Teufel hofiert nimmer auf den größten Haufen,

er nimmt’s überhaupt, wie der Teufel die Bauern,

was hilft’s, wenn ihn der Teufel holt und ich die Fracht bezahlen muss?

Er sieht aus, als hätte der Erbsen auf ihm gedroschen,

der Teufel ist schon alles gewesen, nur kein Schulmeister und kein Lehr Bube,

wo der Teufel nicht selbst hin will, schickt er einen Pfaffen oder ein altes Weib,

dem Teufel beichten,

wer den Teufel zum Freund hat, hat’s gut in der Hölle,

man braucht dem Teufel keinen Boten schicken,

ich habe den Teufel geladen, nun muss ich ihm auch Arbeit geben,

man muss den Teufel mit Beelzebub ausreiben,

wenn man den Teufel an die Wand malt, so kommt er usw.

DER ABERGLAUBEN VOM FESTMACHEN UND DIE PASSAUER KUNST