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Kurzbeschreibung:

Schluss mit Liebe – Millionär gesucht!

Diesen Vorsatz haben die drei Freundinnen Alex, Jess und Miranda gefasst, um auch einmal auf der Sonnenseite des Lebens zu stehen.

In Monte Carlo gibt sich Alex als reiche Gräfin aus, damit sie Eingang in die High Society findet. Ein charmanter Prinz verdreht ihr den Kopf. Doch wie wird er reagieren, wenn er erfährt, wer sie wirklich ist...?

Lily Taylor

Millionär gesucht: Monte Carlo

Roman




Edel Elements

1

Nachdenklich lehnte Alex an der Kaimauer und blickte hinaus auf den Port Hercule, den größten Hafen von Monte Carlo.

Es war ein strahlender Frühsommertag Anfang Juni, die wundervollste Jahreszeit an der Côte d’Azur. Nicht zu heiß und nicht zu kalt, ohne diese drückende Schwüle, die die Sommerhitze oft mit sich brachte.

Ein wolkenloser, tiefblauer Himmel wölbte sich über der Bucht. Das Meer funkelte und glitzerte im Sonnenschein wie ein geschliffener Diamant. Weiße Segel und schlanke Jachten sprenkelten die Wasseroberfläche. Die Häuser und Villen, die sich an den Felsen von Monaco schmiegten, wirkten wie ein impressionistisches Gemälde.

Monte Carlo.

Die Stadt der Reichen und Schönen.

Hotspot des Jetsets.

Glamourmetropole am Mittelmeer.

Die Chancen, einem Millionär über den Weg zu laufen, standen hier vermutlich besser als an irgendeinem anderen Ort der Welt.

So weit, so gut.

Alex schoss ein Foto vom Hafen und postete es in ihrer Snapchat-Gruppe mit der Unterschrift: „Bin in Monte Carlo angekommen. Die Stadt ist wunderschön, meine Aussichten sind es weniger. Eine billige Unterkunft habe ich zwar gefunden, aber jetzt brauche ich einen Job, sonst wird es ein kurzer Aufenthalt.“

Die Snapchat-Gruppe trug den Namen „Millionär gesucht“, und genau das war Alex‘ Ziel. Das hatte sie sich gemeinsam mit ihren Freundinnen geschworen, damals in ihrer WG in East Croyden im nebelverhangenen London.

„Wir, die Mitglieder des Clubs der zukünftigen Millionärinnen, schwören feierlich, nicht eher zu rasten und zu ruhen, bis wir einen Millionär fürs Leben gefunden haben.“

Zu dritt hatten sie den feierlichen Schwur geleistet: Alex Champion, Miranda Davis und Jessica Thompson. Drei Freundinnen und aufstrebende Schauspielschülerinnen, die sich vorgenommen hatten, mehr aus ihrem Leben zu machen als das, was es ihnen bisher geboten hatte. Alle drei kamen sie aus einfachen Verhältnissen. Und alle drei träumten sie den Traum von Luxus und Erfolg. Entweder in ihrem Beruf oder aber mit dem richtigen Mann an ihrer Seite.

Alex seufzte. Sie war es gewesen, die dieses Versprechen (und den dazugehörigen Spruch) initiiert hatte. Als Tochter eines Kneipenbesitzers aus Liverpool war ein Millionär für sie stets der Inbegriff eines wundervollen Lebens gewesen. Doch bis jetzt war sie der Erfüllung ihres Traumes noch nicht allzu nahegekommen, weder auf die eine noch auf die andere Art.

Nachdem sie die Camden School for Music and Dramatic Arts in London abgeschlossen hatte, wo ihre Freundschaft mit Jess und Miranda begann, war es ihr gelungen, ein Engagement bei einer jungen Theatertruppe zu ergattern. Gemeinsam waren sie mit einer modernen Fassung von Shakespeares Sommernachtstraum auf Tournee gegangen, erst in Großbritannien und dann in Frankreich. Ein halbes Jahr lang waren sie durch die französische Provinz getingelt, hatten in Schulen, Altenheimen und auf Dorffesten gespielt. Doch die Einnahmen deckten kaum ihre Ausgaben, und als vor vierzehn Tagen der letzte Cent für ein gemeinsames Abendessen ausgegeben worden war, hatte sich die Truppe aufgelöst.

Ganz auf sich allein gestellt, hatte Alex sich wieder an den alten Schwur erinnert.

„Wir, die Mitglieder des Clubs der zukünftigen Millionärinnen, schwören feierlich, nicht eher zu rasten und zu ruhen, bis wir einen Millionär fürs Leben gefunden haben.“

Wenn man es nicht gerade schaffte, in Hollywood Karriere zu machen, war die Schauspielerei eine ziemlich brotlose Kunst, und von der Hand in den Mund hatte Alex lange genug gelebt. Mit ihren sechsundzwanzig Jahren wollte sie endlich auch einmal ein Stück vom großen Kuchen. Und wo waren die Kuchen größer und saftiger als in Monte Carlo? Wenn es ihr hier nicht gelang, sich einen Millionär zu angeln, wo dann?

Mit ihrem letzten Geld hatte sie sich in den Zug Richtung Monaco gesetzt. In einer kleinen Pension am Hafen fand sie ein Zimmer. Bevor sie sich auf die Jagd nach ihrem Millionär machen konnte, musste sie allerdings sehen, dass sie einen Job fand, um ihren Aufenthalt in Monte Carlo zu finanzieren. Die Stadt war ein teures Pflaster.

Ihre Freundin Jess schickte einen ironischen Kommentar zurück: „Wie wäre es mit Tellerwaschen? Kann ich sehr empfehlen!“

Dazu postete sie ein Foto von einem Tablett voll schmutzigen Geschirrs. Jess hatte sich vor ein paar Monaten in einen französischen Musiker verliebt und war ihm in seine Heimat gefolgt. Leider war die Beziehung zerbrochen, seitdem verdiente Jess sich ihren Lebensunterhalt als Kellnerin in einem Café in Nizza.

Miranda meldete sich ebenfalls zu Wort: „Wenn ich einen Nummer-Eins-Hit lande, stelle ich euch als meine persönlichen Assistentinnen an.“

Bevor Alex eine Antwort schicken konnte, fiepte ihr Handy erneut, um sie an den Termin für ihr Vorstellungsgespräch zu erinnern. Eine Bar in der Altstadt von Monaco-Ville suchte eine Sängerin. Das war zwar eher Mirandas Metier, aber auch Alex hatte eine ganz passable Stimme. Und ein paar Chansons zum Besten zu geben, war eindeutig besser, als schmutziges Geschirr zu spülen.

Zu Fuß machte Alex sich auf den Weg zum „Rocher“, wie der Fürstenfelsen von den Einheimischen genannt wurde. Die Altstadt von Monaco war ein charmantes Gewirr von engen Gässchen mit Gaststätten, Bars und Souvenirläden. Zwei Schilder hingen in der Auslage der Bar mit dem Namen „Rose Club“: Sängerin gesucht und Barkeeper gesucht.

Resolut drückte Alex die Klinke der Eingangstür nieder und trat ein. Im Inneren der Bar herrschte ein schummriges Zwielicht, das nicht darüber hinwegtäuschen konnte, dass der Laden ziemlich heruntergekommen wirkte. Die roten Plüschbezüge der Clubsessel waren abgewetzt und speckig, die Tische an den Kanten abgeschlagen und der große Spiegel, der über der Bar hing, war halb blind.

Dabei war die Lage des Lokals nicht schlecht. Allerdings brauchte es dringend ein paar Renovierungsarbeiten und eine deutliche Verjüngungskur, um das richtige Publikum anzulocken. Alex erfasste all das mit geübtem Blick. Als Tochter eines Kneipenbesitzers war sie in solchen Etablissements praktisch großgeworden.

Auf dem Tresen ihres Vaters hatte sie ihre ersten Auftritte absolviert. Als Fünfjährige hatte sie Gedichte vorgetragen und mit heller Kinderstimme alte Gassenhauer zum Besten gegeben, um dafür von den Gästen mit ein paar Pennys belohnt zu werden.

Damals war ihr klargeworden, dass die Bühne ihr Leben war. In verschiedene Rollen zu schlüpfen und so die Menschen zu unterhalten machte ihr mehr Spaß als irgendetwas sonst auf der Welt.

Als ihre Augen sich an das Halbdunkel gewöhnt hatten, bemerkte Alex, dass ein Mann ihr von der Bar zuwinkte. „Mademoiselle Champion? Kommen Sie nur! Kommen Sie!“

Der Mann schüttelte ihre Hand. „Ich bin Bertrand Noël, der Besitzer des Lokals. Aber sagen Sie Papa Noël zu mir! Das tun alle hier!“

Papa Noël – Weihnachtsmann! Alex konnte nur mit Mühe ein Kichern unterdrücken. Vor allem, weil der Mann, dem sie gegenüberstand, so gar keine Ähnlichkeit mit dem Weihnachtsmann hatte. Er war groß und hager, mit einem schmalen, eingefallen wirkenden Gesicht und tiefen Augenringen.

Offensichtlich fühlte Papa Noël sich nicht allzu wohl. Wie zur Bestätigung zog er ein schmales Tablettenröhrchen aus seiner Jackentasche und schüttelte eine kleine weiße Pille in seine Handfläche.

„Dieser verdammte Magen“, brummte er. „Ich sollte den Laden verpachten und mich auf Aruba zur Ruhe setzen. Aber wer will heutzutage noch ein Lokal führen? Ich kann ja nicht einmal einen anständigen Barkeeper finden. Einen, der nicht ständig seine Finger in der Kasse hat. Aber was soll’s. Plage ich mich eben noch eine Weile länger. Dann legen Sie mal los, Mademoiselle!“

Er deutete auf ein Klavier in der Ecke des Lokals. Alex hatte sich, nachdem ihr die Anzeige über den Weg gelaufen war (oder besser gesagt, sie der Anzeige), ein kleines Repertoire an französischen und amerikanischen Songs zurechtgelegt.

Nun gab sie La vie en rose zum Besten, einen Klassiker, der immer ankam. Ihr Französisch, das immer schon recht passabel gewesen war, hatte sie im letzten halben Jahr perfektioniert, sodass sie kaum von einer Einheimischen zu unterscheiden war.

Dementsprechend begeistert zeigte sich Papa Noël, als sie fertig war mit ihrem Vortrag. „Magnifique! Mit dem Timbre in der Stimme und dem Anblick …“, er ließ einen anerkennenden Blick über Alex‘ kurvige Figur in ihrer engen Jeans gleiten, „… werden unsere Gäste Sie lieben! Wenn Sie wollen, können Sie morgen Abend schon anfangen! Sie sind der Vorabend-Act mit einem halbstündigen Auftritt zwischen 20 und 21 Uhr. Einverstanden?“

„Einverstanden.“ Alex drückte seine Hand.

Nachdem sie den Vertrag unterschrieben hatte, überreichte Papa Noël ihr einen Stapel Noten. Am nächsten Morgen sollte sie sich mit dem Pianisten treffen, um das Programm festzulegen und zu proben. Als Alex wieder auf der Straße stand, schoss sie rasch noch ein Foto von dem Lokal. Dazu schrieb sie:

„Einen Job habe ich ergattert. Morgen fange ich an. Und heute Abend geht es ins Casino! Wünscht mir Glück!“

Der erste Schritt war geschafft.

Der Zweite benötigte noch ein wenig mehr Vorbereitung.

Wenn Alex in ihren sechsundzwanzig Lebensjahren eines gelernt hatte, dann, dass reiche Männer sich bevorzugt mit ebenso reichen Frauen umgaben (oder mit Pornostars, aber das war eine andere Geschichte). Das Märchen vom Aschenputtel, das sich einen waschechten Prinzen angelt, hatte sie schon mit fünf nicht mehr geglaubt. Millionäre blieben gerne unter sich, in ihren exklusiven Clubs und Discos, in die man nur mit einer entsprechend teuren Eintrittskarte Einlass fand.

Deshalb hatte Alex beschlossen, ihrem Glück etwas auf die Sprünge zu helfen. Wozu war sie schließlich Schauspielerin? Sie war überzeugt davon, dass es ihr nicht schwerfallen würde, eine schwerreiche französische Gräfin darzustellen, um so Einlass in die High Society zu finden.

Aus dem Fundus der Theatertruppe hatte sie das Glitzerkostüm der Titania zurückbehalten, das sie mit etwas Geschick in ein passables Abendkleid umfunktionierte. Und der Ausschnitt, der bis knapp über den Bauchnabel reichte, sollte ja wohl ausreichen, um von allzu neugierigen Fragen nach ihrer adeligen Herkunft abzulenken.

Ihr Handy zeigte eine Snapchat-Nachricht an. Es war das Foto einer Rollbahn, darunter hatte Miranda geschrieben: „Alles Gute für heute Abend, Al! Ich steige gleich in den Flieger nach Miami. Drückt mir die Daumen, dass alles klappt!“

Mit einer Aufnahme ihres Abendkleides schickte Alex ein „Daumen hoch“-Zeichen zurück. Miranda war schon ein Stück weiter als sie. Sie flog auf Einladung eines bekannten Musikproduzenten, der sie in London auf der Bühne gesehen hatte, nach Miami. Ihr Traum von einer Musikkarriere schien sich tatsächlich zu erfüllen.

Trotzdem sollte Miranda vorsichtig sein, dachte Alex. Miranda war mit zweiundzwanzig das Nesthäkchen der Gruppe. Sie war die Stillste und Verträumteste der drei Freundinnen. Alles, was sie zu sagen hatte, sagte sie durch ihre Musik. Songs zu schreiben und zu singen war ihre große Leidenschaft. Doch das Musikgeschäft war vermutlich noch härter als die Schauspielerei. Alex machte sich Sorgen, ob Miranda ganz auf sich allein gestellt in den Staaten auch wirklich zurechtkommen würde.

„Gib auf dich acht!“, setzte sie mit einem Seufzen hinzu.

„Keine Bange, ich bin ein großes Mädchen“, schrieb Miranda zurück. Doch das Bild von ihrer Bordkarte war verwackelt, als würde ihre Hand zittern.

Alex seufzte. Da flog sie davon, ihre Kleine! Zumindest Jess war noch in ihrer Nähe. In Nizza, um genau zu sein. Alex hatte sie auf dem Weg nach Monte Carlo besucht. Es hatte gutgetan, wieder ein vertrautes Gesicht zu sehen und in Erinnerungen zu schwelgen. Und natürlich hatten sie ihren Pakt erneuert.

„Wir, die Mitglieder des Clubs der zukünftigen Millionärinnen, schwören feierlich, nicht eher zu rasten und zu ruhen, bis wir einen Millionär fürs Leben gefunden haben.“

Jess war allerdings genauso abgebrannt und ohne große Aussichten wie Alex. Sie jobbte als Serviererin in einem Café am Hafen. Auch wenn sie von diesem Mann geschwärmt hatte, den alle „Le Capitain“ nannten und der regelmäßig in ihr Café kam. Ein graumelierter Gentleman um die fünfzig, wie sie erzählte.

Alex rümpfte unmerklich die Nase. Das war ihr eindeutig zu alt. Aber Jess war immer schon wesentlich pragmatischer gewesen als sie. Oder zumindest etwas pragmatischer. Einem französischen Straßenmusiker, der keinen Cent in der Tasche hatte, nach Paris zu folgen, war nun auch nicht die allervernünftigste Entscheidung gewesen.

Aber offensichtlich hatte Jess aus diesen Erfahrungen gelernt und sich vorgenommen, in Zukunft auf Nummer sicher zu gehen. Und ein Gentleman mit eigener Jacht hatte ja durchaus seinen Reiz.

Prompt erschien eine Nachricht von Jess auf dem Display, zusammen mit einem Foto ihres Spinds. „Melde dich, sobald du angekommen bist. Ich will alles über Miami wissen!“ Offensichtlich teilte Jess Alex‘ Befürchtungen.

„Mach ich! Sobald ihr aufhört, mich wie ein Kleinkind zu behandeln!“, antwortete Miranda ein wenig beleidigt.

Jess konterte mit einem Selfie, auf dem sie ihnen die Zunge herausstreckte. „Du bist und bleibst eben unser Baby!“

Alex kicherte. Sie wünschte, die beiden wären bei ihr gewesen. Zu dritt schien alles halb so schwer zu sein. Aber wie Miranda gesagt hatte, sie waren jetzt große Mädchen und mussten ihr Leben selbst in die Hand nehmen.

Seufzend wandte sie sich wieder ihrer Näharbeit zu. Alles musste tipptopp sein. Und da war bei dem alten Kleid noch einiges zu tun. Trotzdem wanderten ihre Gedanken immer wieder zurück zu Miranda.

„Love you, baby, more than you will ever know“, summte sie unbewusst vor sich hin. Das war der Song, mit dem Miranda den großen Durchbruch in den Staaten schaffen wollte. Sie hatte ihn selbst getextet und komponiert.

Dieser Musikproduzent (wie war noch einmal sein Name? Randy? Andy?) wollte den Song für sie produzieren. Das war eine Riesenchance für Miranda. Trotzdem hatte Alex ein ungutes Gefühl bei der Sache. Sie hatte genug Erfahrungen mit Männern gesammelt, um zu wissen, dass kaum einer etwas umsonst tat …

Ein Blick auf ihre Uhr ließ sie aus ihren Gedanken hochschrecken. Gleich sieben Uhr! Sie musste sich beeilen. In Kürze würde sie ihren großen Auftritt haben! Wenn sie den verpatzte, bekam sie vielleicht keine zweite Chance mehr. Sie musste heute Abend einen erstklassigen Eindruck machen, wenn ihr Plan gelingen sollte!

5

Nach etwa einer halben Stunde Fahrt durch holpriges Gelände erreichten sie eine Lichtung, auf der ein malerisches Häuschen stand. Es war aus unregelmäßigen Steinen gemauert, das mit dunklen Schindeln gedeckte Dach wirkte geduckt, und eine hölzerne Veranda lief an der Vorderseite entlang.