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© 2016 JUMBO Neue Medien & Verlag GmbH, Hamburg

Die deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme

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Inhalt

Familie Janssen

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

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Die Meeresluft roch nach Abenteuern.

Emma und Lukas warteten voller Vorfreude auf die Fähre nach Juist. Drei Tage allein ohne ihre Eltern in der Villa am Deich! Für die beiden Geschwister war das wie Weihnachten, Geburtstag und Ferienbeginn auf einmal.

Das Schiffshorn ertönte und die Frisia IX lief in den Hafen von Norddeich-Mole ein.

Touristen drängelten sich am Fähranleger.

Emma beobachtete einen Jungen mit blau-weißem Schalke-Trikot und Mütze, der gierig eine große Tüte Pommes frites mit Mayonnaise und Ketchup verdrückte.

Er wurde dabei von drei Silbermöwen belauert. Eine saß auf einer Dalbe, einem Holzpfahl, und zwei kreisten über ihm. Der Junge warf den Möwen eine Fritte zu und lachte, weil sie sich in der Luft darum stritten.

„Nicht!“, rief Emma dem Jungen zu.

„Die Möwen darf man nicht füttern!“

„Hä, wieso nicht?“, maulte der Junge und tippte sich an die Stirn. In dem Moment attackierte ihn eine große Möwe von hinten. Ihr Flügelschlag traf ihn wie eine Ohrfeige. Erschrocken riss er die Arme hoch, um seinen Kopf zu schützen. Dabei ließ er die Pommes fallen. Wie aus dem Nichts waren plötzlich fünf Möwen mit Kiu-Kiu-Schreien zur Stelle und stürzten sich darauf. Die Vögel ließen nichts zurück, außer rot-weißen Flecken auf der blau-weißen Schirmmütze.

Sogar die Papiertüte nahmen sie mit.

Emma grinste den Jungen an und zuckte mit den Schultern. „Tja, das sind eben Raubvögel!“

Sarah Janssen sah ihre Kinder besorgt an. „Ist das wirklich eine gute Idee, euch drei Tage allein in dem großen Haus zu lassen?“

Genervt verdrehte Lukas die Augen.

„Mama! Wir sind doch keine Babys mehr.“

Mick Janssen ordnete seine vom Wind verstrubbelten roten Locken und beruhigte seine Frau: „Mach dir keine Sorgen, Sarah.

Unsere Kinder sind sehr selbstständig, verantwortungsbewusst und klug. Die wissen sich in allen Lebenslagen zu helfen. Das haben sie von mir.“ Er zwinkerte Emma und Lukas verschwörerisch zu.

„Ah ja!“, scherzte Mama Janssen und grinste. „Und die Bescheidenheit haben sie auch von dir geerbt?“

Emma umarmte ihre Mama. „Wir finden es ganz toll, dass du Papa auf seiner ersten Lesereise über die ostfriesischen Inseln begleitest.“

Dann sprang sie an ihrem Vater hoch und küsste ihn. „Und du wirst bald ein ganz berühmter Schriftsteller, Papa!“ Lukas zückte so cool wie möglich sein Handy. „Außerdem haben wir doch zur Sicherheit unser Smartphone.

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Falls irgendetwas sein sollte.“ Dann machte er ein Selfie von der ganzen Familie. Sarah Janssen drückte Emma und Lukas fest an sich. „Und vergesst das Essen im Kühlschrank nicht! Außerdem habe ich euch für jeden Tag kleine Portionen vorgekocht und eingefroren.“

„Hoffentlich sieht mich keiner aus meiner Klasse so“, dachte Lukas.

Er löste sich aus der Umarmung.

„Ja, Mama, ich weiß. Das Essen reicht für mindestens vier Wochen. Ihr seid gerade mal drei Tage weg.“

Sarah Janssen flüsterte ihrem Sohn ins Ohr: „Und pass auf, dass sich deine kleine Schwester warm anzieht, bevor sie rausgeht. Bei dem Wind soll sie immer eine Mütze aufsetzen.“

Empört stemmte Emma ihre Hände in die Hüften. „Das hab ich genau gehört, Mama!“

Die Fähre aus Juist wurde an der Hafenmauer angeleint. Urlauber strömten vom Schiff. „Jetzt genießt die Zeit einfach!“, sagte Lukas. „Und viel Spaß an eurem Hochzeitstag!“

Ein Herr mit Bierbauch kam strahlend auf Mick Janssen zu. „Wir freuen uns schon auf Ihre Lesung heute Abend! Wir haben bereits von zu Hause aus Karten vorbestellt. Meine Frau ist ein Fan von Ihnen. Ich selbst – muss ich zugeben – habe noch nichts von Ihnen gelesen.“

Dann fiel sein Blick auf Sarah Janssen.

„Und Sie kenne ich doch auch. Sie sind doch Schauspielerin.“

Er griff sich an den Kopf. „Jetzt habe ich blöderweise Ihren Namen vergessen.

Aber ich glaube, ich kenne Sie aus einem Spielfilm. Ach nein, war das nicht die Shampoo-Werbung?“

Sarah Janssen war das peinlich.

„Das ist schon Jahre her, wissen Sie.

Ich mache eigentlich kein Fernsehen mehr, sondern spiele Theater“, erklärte sie.

Lukas konnte seine Eltern nicht schnell genug loswerden.

„So, Mama, Papa, ab mit euch auf die Fähre!“

Aber Mama Janssen hatte Mühe, sich zu trennen. „Emma, vergiss für die Übernachtung heute deinen Schlafsack nicht. Deinen Rucksack habe ich gepackt.

Da ist auch noch ein extra Kissen drin und etwas zu trinken.“

Emma lächelte. Schon seit Wochen freute sie sich auf diese Nacht mit ihrer Schulklasse im Norddeicher Waloseum.

Das Museum befand sich im Osterlooger Weg, nicht weit von der Villa Janssen entfernt. Dort war ein echtes Wal-Skelett ausgestellt. Emma fand das sehr spannend. Sie zeigte mit einem Daumen nach oben.

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„Danke, Mama! Hast du auch an deine Lesebrille gedacht? Und an dein Textbuch?“ Sarah Janssen griff in ihre Handtasche.

„Mist! Ich habe meine Brille nicht dabei.

Ich muss doch für das neue Theaterstück üben.“

Grinsend zog Emma das Brillenetui aus ihrer Jackentasche und hielt es ihrer Mutter hin. „Das hast du auf dem Küchentisch liegen lassen, Mama!“ Papa Janssen zog seine Frau am Arm.

„Komm, Sarah, jetzt müssen wir aber an Bord.“

Mick Janssen freute sich auf die drei Tage mit seiner Frau. Heute Abend sollte sie ihn zum ersten Mal live bei der Vorstellung seines neuen Kriminalromans erleben. Sein Verlag hatte eine Lesereise über alle sieben ostfriesischen Inseln für ihn organisiert. Auf Borkum, Baltrum, Langeoog und Norderney hatte Sarah ihn nicht begleitet. Nach einer langen Theatertournee war sie froh und glücklich gewesen, endlich mal wieder Zeit mit ihren Kindern zu verbringen. Aber auf Juist, Spiekeroog und Wangerooge wollte sie unbedingt mit dabei sein.

Schließlich feierten sie und Mick übermorgen ihren 10. Hochzeitstag.

„Sturmfreie Bude!“, freute sich Lukas.

Er wollte so schnell wie möglich in die alte Villa zurück. Aber Emma hielt ihn fest.

„Bleib hier, du Stoffel. Ich will Mama und Papa noch winken.“

Emma hielt sich eine Hand an die Stirn und suchte das Außendeck der Fähre ab. Bald entdeckte sie Mama und Papa.

Die beiden standen an der Reling.

Es sah aus, als würden sie einen Möwenschwarm füttern. In Wirklichkeit winkten sie nur. Mama hielt sogar ein weißes Taschentuch in der Hand.

Langsam entfernte sich die Frisia IX vom Hafen. Die Sicht war klar. Lukas und Emma konnten bis nach Juist und Norderney sehen.

„Endlich sind wir alleine!“, lachte Lukas. Er hatte heute Abend noch einiges vor. Aber Emma war bei aller Freude auch ein bisschen mulmig zumute.

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Wilhelm Kunschewski mochte weder Kinder noch Tiere. Der miesepetrige Nachbar hatte in seinem Garten mehrere batteriebetriebene Spieße in die Erde gesteckt. Diese Geräte machten ganz schreckliche Töne und vertrieben so Maulwürfe und Wühlmäuse.

Die ganze Familie Janssen war genervt.

Denn im Garten ihrer Villa tummelten sich jetzt sämtliche Maulwürfe, die von Kunschewskis Grundstück geflohen waren. Die Wiese der Janssens sah aus wie frisch umgegraben: ein Maulwurfshügel neben dem anderen.

Aber Sarah und Mick wollten keinen Streit mit Herrn Kunschewski und viel lieber den Ball flach halten. Deshalb verschoben sie es ständig, ihren Nachbarn darauf anzusprechen.

Lukas hatte beschlossen, die Sache nun selbst in die Hand zu nehmen.

Seine Eltern würden stolz auf ihn sein, hoffte er.

Heute Nacht würde er aus jedem einzelnen Maulwurfschreck die Batterien entfernen. Es gab nur ein Problem: Kunschewskis Grundstück war mit mehreren Bewegungsmeldern gesichert.

Sobald jemand nur in die Nähe seines Hauses kam, schaltete sich eine Flutlichtanlage ein, und der Eindringling wurde mit Videokameras gefilmt. Um nicht erkannt zu werden, musste Lukas sich etwas einfallen lassen.

„Komm, Lukas. Wir können los“, sagte Emma und packte eine Flasche Wasser in die Satteltasche ihres Fahrrades.

Sie konnte es kaum erwarten, im Waloseum zu übernachten.

„Hast du auch wirklich alles, Emma?“, fragte Lukas und klemmte eine Luftmatratze auf dem Gepäckträger fest.

Emmas Schlafsack hatte er bereits verstaut.

„Mann, ich brauche echt keinen Babysitter“, maulte Emma. „Du kannst ruhig hier bleiben. Ich fahr allein zum Waloseum.“

Lukas schüttelte den Kopf. „Das kannst du voll vergessen. Ich hab’s Mama fest versprochen.“

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Emma durchwühlte ihren Rucksack. „So ein Mist! Wo ist denn mein roter Elefant?“ „Jetzt heul bloß nicht rum wegen deines Stofftieres“, sagte Lukas. „Der Elefant ist eh total versifft und müsste mal gewaschen werden.“

Emma schluchzte: „Stimmt gar nicht, du Doofkopf! Und ohne Rüssel will ich da nicht übernachten.“

Emma und Lukas suchten das ganze Haus nach dem Stofftier ab, aber sie fanden Rüssel nicht.

„Mist, es ist schon kurz vor sechs!“, schimpfte Emma. „Die anderen sind bestimmt schon da. Dann nehme ich wenigstens Mamas Kopfkissen mit.

Das riecht so gut.“

„Okay!“, stöhnte Lukas.

Emma rannte ins Schlafzimmer ihrer Eltern und schnappte sich Mamas Kissen.