Angeline Bauer

 

Von der Kunst,

einen Liebesroman zu schreiben

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Ich wollte nur einen Liebesroman in ganz kurzen Sätzen schreiben –

Also das Schwierigste, was es gibt.

(Frédéric Beigbeder)


Impressum

Copyright © 2017 by arp

Herausgeber by arp, Ledererstraße 12, 83224 Grassau, Deutschland

Ausgabe September 2017

Alle Rechte vorbehalten

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt und darf auch auszugsweise nur mit Genehmigung des Herausgebers wiedergegeben werden.

Covergestaltung by arp

Besuchen Sie uns im Internet: http://www.by-arp.de

 

Inhaltsverzeichnis:

Gedanken zur Liebe

Warum wir Liebesromane brauchen

Was ist ein Liebesroman

Von den viele Möglichkeiten, über die Liebe zu schreiben

Die Kurzgeschichte

Die Novelle

Der literarische Liebesroman

Der Heftroman

Historische Liebesromane

Regency Romane

Der Nackenbeißer

Zeitreiseromane

Der erotische Liebesroman

Die erotische Kurzgeschichte

Der Jugendroman

Sechs Wege zur guten Story

Die Idee

Die Bühne schaffen

Die Personen bekommen eine Biographie

Der Sprachrhythmus

Den Spannungsbogen ausarbeiten

Die Überarbeitung

Wie schreibe ich ein gutes Exposé

Die Covergestaltung

Von Kreativität, Schreibblockaden und Inspiration

Vom Traum, Schriftsteller zu sein

Mehr aus unserem Verlag


Gedanken zur Liebe

Es sind mehr Arten wie man liebt,

als es im Ozean Wogen gibt …

(Mellin de Saint Gelais)

Gesetzt den Fall, man will einen Roman schreiben, der sich rund um das Thema Autorennen rankt. Dann wird man zuerst einmal recherchieren und alles Wissen über Autorennen zusammentragen. Wenn man einen Liebesroman schreibt, sollte man sich vorab auch mit dem Thema Liebe auseinandersetzen. Denn es wäre doch vermessen zu glauben, schon alles über die Liebe zu wissen, nur weil man bereits verliebt war, noch liebt oder schon einmal im Liebeskummer versank. Schreiben setzt Wissen voraus, und darum will ich Ihnen vorab auch in Theorie das Thema Liebe näherbringen.

Es gibt viele Arten von Liebe - leidenschaftliche Liebe, hingebungsvolle Liebe, besitzergreifende Liebe, abhängige Liebe, unterwürfige Liebe, enttäuschte Liebe, Liebe aus Hass, kindliche Liebe, erotische Liebe, homosexuelle Liebe, platonische Liebe, Eigenliebe, Liebe um der Liebe willen. Nichts ist so vielfältig und hat so viele Schattierungen wie die Liebe. So viele Menschen existieren, so viele Liebesgeschichten gibt es.

Das Wesen der Liebe hat Dostojewski sinngemäß etwa so beschrieben: Einen Menschen lieben heißt, ihn so zu sehen, wie Gott ihn gemeint haben könnte.

Kehren wir diesen Gedanken um, erkennen wir, warum die Liebe für uns so wichtig ist: Werden wir geliebt und so gesehen, wie die Schöpfung uns gemeint haben könnte, erfahren wir uns als wertvoll, ganz und schön.

Wir brauchen die Liebe so sehr wie essen und trinken, schlafen, das Licht, die Sonne. Ohne sie sind wir keine Menschen, denn sie macht das Menschsein aus. Nicht dass anderer Lebewesen keiner Gefühle der Zuneigung mächtig wären. Aber das, was wir Liebe nennen, kennen sie nicht, denn zur Liebe in unserem Sinne gehört das Ich-Bewusstsein.

Von allen Lebewesen ist sich nur der Mensch seiner selbst bewusst. Nur er weiß, dass es nach der Trennung vom Mutterleib nie wieder die vollkommene Einheit geben wird, nur er ist sich seiner Machtlosigkeit gegenüber Naturgewalten bewusst, denkt in Dimensionen von Vergangenheit, Jetzt und Zukunft - und nur er kennt den Tod. Doch diese Abgetrenntheit des Ich vom Du und das Bewusstsein, dass sein Leben nicht endlos währt, er seinen Tod nicht verhindern kann und entweder vor seinen Lieben gehen oder ohne sie zurückbleiben wird, macht den Menschen in seinem Innersten unglaublich einsam.

So alleine und verloren in dieser Welt würden wir wahnsinnig werden, gäbe es nicht das, was wir Liebe nennen und was es uns ermöglicht, unserer Einsamkeit und unserer Angst vor dem Tod wenigstens zeitweise zu entfliehen.

Ich kenne keinen psychisch gesunden Menschen, der durch die Welt liefe und darum bäte, nicht geliebt zu werden. Auch ein Kind, das sich durch Unartigkeiten immer wieder negative Zuwendung verschafft, tut dies, so paradox es erscheinen mag, nur aus einem Grunde: Es will geliebt werden. Und selbst Menschen, die sich in die Luft sprengen und andere mit sich reißen, tun es letztendlich, weil sie in einer Gruppe Zuwendung erfahren haben und ihnen versprochen wurde, im Jenseits mit der unerschöpfliche Liebe ihres Gottes belohnt zu werden.

In der Zuwendung eines anderen finden wir uns selbst und finden wir die Geborgenheit, in der wir wenigstens für eine Weile das Getrenntsein und die Angst vor dem Tod überwinden können.

Erich Fromm schreibt dazu in seinem Buch die Kunst des Liebens: Die Liebe des Menschen ist eine aktive Kraft, die die Mauern durchbricht, durch die der Mensch von seinen Mitmenschen getrennt ist, und die ihn mit den anderen vereint. Die Liebe lässt ihn das Gefühl von Isolation und Getrenntheit überwinden, erlaubt ihm aber, sich selbst treu zu bleiben und seine Integrität, sein So-Sein zu bewahren. In der Liebe ereignet sich das Paradox, dass zwei Wesen eins werden und doch zwei bleiben.

Vier von fünf Erwachsenen und 94% aller deutschen Jugendlichen glauben an die große Liebe. Das sind weit mehr, als an Gott glauben. Und 69% der Erwachsenen wollen die große Liebe gar erlebt haben. Diese Umfrageergebnisse (recherchiert im Internet) zeigen vor allem eines: Trotz (oder gerade wegen?) des technischen Fortschritts, der Aufklärung und der fortschreitenden Individualisierung brauchen wir die Liebe!

Wir brauchen sie, um ganz zu sein, um uns im anderen zu finden, um nicht zu vereinsamen. Aber warum trennen sich dann so viele Paare, die noch gestern behauptet haben, füreinander die große Liebe zu empfinden?

In Zeiten, in denen die große Liebe noch nicht zum Kernstück des Lebens hochstilisiert wurde, waren die Ansprüche an eine Beziehung realistischer. Lebenspartner versuchten lösbare Konflikte zu lösen, unlösbare hinzunehmen und zu lassen und zwischen beiden zu unterscheiden. Sie hatten gemeinsame Interessen und Visionen, waren fähig, Durststrecken des Beziehungsalltags auszuhalten und das Verlöschen der Leidenschaft durch Vertrauen und Achtung zu ersetzen.

Heute ist das anders. Mehr als jede Generation vor uns sind wir genuss- und erlebnisorientiert. Es gibt keinen Raum für die Leere und das (zeitweilige) Erlöschen der Leidenschaft, die so unabdingbar zu unserer ‘modernen’ Vision vom Glück gehört. Statt die eigenen Ansprüche an die Beziehung zu hinterfragen, kreiden wir unsere innere Einsamkeit und den Frust über die Unerfüllbarkeit unserer überzogenen Liebesvorstellungen dem Partner an, mühen uns gar nicht mehr lange mit ihm ab, sondern ersetzen ihn durch einen neuen ‘Geliebten’, mit dem wir wieder in ‘berauschende Höhen der Glückseligkeit’ entschwinden können.

Tatsächlich spielt und spielte der Rausch immer schon eine große Rolle bei dem Versuch, das schmerzhafte Gefühl der inneren Einsamkeit zu überwinden. In früheren Kulturen praktizierten ganze Dorfgemeinschaften gemeinsam Riten, mit deren Hilfe sie in Trance verfielen. Ein beliebter Weg, um in Trance zu kommen, waren Trommelmusik, Gesang oder Tanz. Manchmal wurden aber auch Drogen eingesetzt, oder man feierte gemeinsam sexuelle Orgien. Solche orgastischen Erlebnisse gehörten zum Glaubensgefüge und zogen deshalb auch keine negativen Gewissensfragen nach sich. So konnten sie für einige Zeit helfen, die Getrenntheit zu überwinden. Kehrte das Gefühl von Angst und Spannung zurück, wurden neue Rituale gefeiert.

Auch in unserer modernen Zeit sind Tanz und Trommelmusik (Disco), Drogen (allen voran die Volksdroge Alkohol) und Sex beliebe Mittel, das Gefühl der inneren Einsamkeit wenigstens für kurze Zeit zu überwinden - wir sehen, die Zeiten haben sich geändert, der Mensch ändert sich im Wesentlichen nicht.

Kehren wir zu Dostojewski zurück - einen Menschen zu lieben heißt, ihn so zu sehen, wie Gott ihn gemeint haben könnte.

Ganz sicher ist das, was wir im Anderen zu erkennen glauben und was unsere Gefühle für ihn entzündet zum Teil Projektion. Zum anderen Teil sehen und lieben wir uns ganz narzisstisch selbst in ihm. Betrachten Sie einmal bewusst junge Liebespaare, und Sie werden erstaunt feststellen, wie verblüffend ähnlich sie sich oft sehen. Aber zu einem weiteren Teil, und das macht uns in der Liebe so reich, entdecken wir mit ‘verliebten Blicken’ seine für ihn und andere oft noch im verborgenen liegenden Begabungen. Durch das, was wir aus Liebe an ihm erkennen und ans Licht der Welt bringen, wird er über die Enge seines Soseins erhoben. Er erfährt sich neu, anders, wertvoller. Er wächst über sich hinaus. Da ist die Liebe sozusagen der Dünger, der den Boden reicher macht, in dem seine Wurzeln verborgen sind. Und die Früchte, die er dann dank der Liebe trägt, fallen an uns selbst zurück.

Ich kannte ein Paar das folgendes Problem in der Beziehung hatte: Sie war extrovertiert, ging auf Menschen zu und obwohl sie die Schule abgebrochen hatte, schaffte sie so ziemlich alles, was sie sich in den Kopf setzte. Er war eher introvertiert und folgte immer dem geraden Weg. Er studierte, schloss mit guten Noten ab und wurde Lehrer mit der Aussicht, diesen Job sein ganzes Leben lang machen zu müssen. Insgeheim beneidete er sie um ihre Spontanität und nahm ihr übel, dass sie sich ‘immer in den Mittelpunkt spielte’. Nur wenn er Musik machte - in seiner Freizeit spielte er in einer Band, und die Gruppe gab ihm Sicherheit und Selbstvertrauen - schaffte er es, aus sich herauszugehen. Es war für ihn äußerst wichtig, dass sie ihm hier nicht auch noch den Rang ablief. Also redete er ihr hartnäckig und mit Erfolg ein, sie sei vollkommen unmusikalisch. Sie war wirklich nie eine besonders gute und engagierte Sängerin gewesen, hatte aber doch immerhin einmal im Schulchor mitgesungen. Doch er verunsicherte sie so stark, dass sie sich auf einmal gar nicht mehr singen traute, ihre Stimme tatsächlich dünn klang und sie kaum einen richtigen Ton traf.

Die beiden trennten sich nach neun Jahren. Sie verliebte sich in einen anderen Mann, der ebenfalls gerne und gut sang. Manchmal, wenn sie wanderten, forderte er sie auf, mitzusingen, aber sie wehrte ab und sagte ihm, dass sie leider vollkommen unmusikalisch sei. Das ließ er nicht gelten. Er machte ihr Mut zu singen, und entdeckte, dass sie bei richtiger Atmung sogar eine ganz hübsche Stimme hatte. Inzwischen singt sie im selben Chor wie er bei den Altstimmen mit.

An diesem Beispiel sieht man: Es reicht nicht, dass eine Begabung vorhanden ist, sie muss auch erkannt werden. Und oft brauchen wir dazu jemanden, der sie aus uns ‘herausliebt’.

Eine wirkliche Liebe, die nicht eigennützig ist und uns mit offenem Herzen angetragen wird, erhöht und bereichert uns. Sie ist ein schöpferischer Akt. Und wenn der Glanz der beginnenden Liebe auch mit der Zeit verblasst, bleibt das, was sie bewirkt und aus dem Anderen ‘herausgeliebt’ hat weiterbestehen.

Es ist jedoch wichtig, zwischen Liebe und romantischer Liebe zu unterscheiden. Sowohl im persönlichen Leben, als auch als AutorIn von Liebesromanen. Romantische Liebe ist oft blinde Hingabe gepaart mit übergroßen Erwartungen, die der andere auf Dauer aber gar nicht erfüllen kann. Deshalb wird und muss sie früher oder später enttäuscht werden. Wirkliche Liebe hingegen hat auch Platz für das, was uns am anderen nicht so gut gefällt und stellt keine unrealistischen Forderungen an ihn und die Beziehung.

Die romantische Liebe sagt: „Du musst mich glücklich machen.“

Die wahre Liebe sagt: „Ich bin glücklich, dass es dich gibt.“

So ähnlich hat das Erich Fromm in einem seiner Bücher einmal definiert.

Die ‚Romantische Liebe‘ ist keine Erfindung der modernen westlichen Gesellschaft. Sie hat ihren Platz in der Literatur, den Epen und den Mythen der gesamten antiken Welt. Aber unsere Kultur ist die einzige in der Geschichte, die sie zum kulturellen Ideal erhoben und zur Grundlage jeglicher Paarbeziehung gemacht hat.

Die Idealisierung der Romantischen Liebe hat ihren Ursprung in der ‘höfischen Liebe’ des Mittelalters. Der Mythos Tristan und Isolde und die Liebeslieder und -gedichte des Troubadours sind erste Zeugnisse davon. Ein tapferer Ritter verehrt eine edle Frau (ausschließlich platonisch!), die für ihn zum Sinnbild von Vollkommenheit, Reinheit und Schönheit wird. Fortan inspiriert ihn (den ritterlichen Mann) das ‘Gute Weibliche’ zu Großmut, Läuterung und Spiritualität.

Doch was auf den ersten Blick so harmlos erscheint, zieht einiges Unheil nach sich. Denn mit dieser Verehrung der Reinen, Edlen, Schönen ist der Grundstein der ambivalenten Beziehung der Gesellschaft zum Weiblichen gelegt, die schließlich im Hexenwahn gipfeln und sehr viel Leid über Frauen bringen wird. Plötzlich ist das Weibliche in Gut und Böse aufgeteilt. Die Frau ist entweder oder - entweder Mutter oder Hure, entweder Jungfrau Maria oder Hexe. Eine fatale Entwicklung, denn keine Frau, kein Mensch kann so wenig nur gut sein wie er nur böse ist.

Einen weiteren Gesellschaftsschub hat die Idee der Romantischen Liebe zur Zeit der Industrialisierung erhalten. Vorher haben alle Familienmitglieder, ob jung oder alt, Mann oder Frau, durch ihre Arbeit zum Erhalt der Familie beigetragen. Gearbeitet wurde zu Hause (das galt nicht nur für Bauern, Handwerker oder Händler, sondern auch für Richter, Stadtschreiber und andere öffentliche Bedienstete), und Arbeitsstatt und Wohnung befanden sich immer unter einem Dach. Familie (dazu gehörten auch Mägde und andere Bedienstete) war sozusagen ein eigenständiger Betrieb, und wenn einer starb, wurde er möglichst schnell ‘ersetzt’.

Doch dann traten an Stelle von Spinnrad, Webstuhl, Backtrog, Nadel etc. plötzlich Maschinen. Es waren immer größere und komplexere Dinger, die bald schon keinen Platz mehr in den Haushalten hatten, äußerst kompliziert waren und nur von geschulten Arbeitern bedient werden konnten. Arbeitsplätze wie Fabriken entstanden. Die Männer verdienten den Lebensunterhalt mehr und mehr außer Hauses, die Frauen blieben mit den Kindern zurück.

Die Familie, vorher ein gut funktionierendes Gefüge, war plötzlich abhängig vom Mann, der durch seine Stellung als Verdiener und Ernährer neue Macht erhielt. Und damit brauchte man einen neuen Berechtigungsgrund für die Existenz und den Zusammenhalt der Familien, ein Bindeglied, das die ehemalige wirtschaftliche Abhängigkeit ersetzen konnte. So gewann die Liebe zwischen Mann und Frau aber auch zwischen Eltern und Kindern nach und nach ihre heutige Bedeutung: Nicht weil wir uns brauchen, um unser Überleben zu sichern, sondern aus Liebe ziehen wir zusammen und verbringen unser Leben miteinander bzw. sorgen wir für unseren Nachwuchs.

Selbstverständlich ist diese Entwicklung, die sich während mehrerer Jahrhunderte ereignete, hier sehr vereinfacht beschrieben und zusammengefasst, Historiker mögen mir das verzeihen. Es scheint mir aber wichtig zu verstehen, weshalb sich die Romantische Liebe zum größten Energiesystem der westlichen Psyche entwickeln konnte, und wie es sein kann, dass wir in unserer modernen, aufgeklärten Zeit immer noch die romantische ‘höfische’ Liebe des Mittelalters zur Grundlage unserer Paarbeziehungen machen. Trotz sexueller, psychologischer und theologischer Aufklärung halten wir geradezu starrköpfig an der Überzeugung fest, dass wahre Liebe in der ‘ekstatischen Anbetung’ eines Mannes oder einer Frau besteht, die für uns den Inbegriff der Vollkommenheit darstellt.

Die Romantische Liebe ist ein ‘Massenphänomen’, das alleine in den westlichen Ländern auftritt. Und wir sind so sehr mit der Idee der Romantischen Liebe verwoben, dass wir überzeugt sind, sie sei die einzig akzeptable und wahrhaftige Form der Liebe. Nur sie kann in unseren Augen Grundlage für Ehe und Beziehung sein. Dabei könnten wir von anderen Kulturen, in denen man dem Anderen nicht die Verantwortung für das eigene Glücklichsein aufbürdet und nicht diese überzogenen und oft ganz widersprüchlichen Erwartungen an ihn stellt, gerade in Beziehungsdingen so viel lernen.

Die westliche Idee von der Romantische Liebe ist nichts anderes als eine folgenschwere Verwechslung. Wir verwechseln die Liebe mit dem Gefühl des Verliebtseins, das uns manchmal so heftig übermannt, dass wir uns im siebten Himmel wähnen!

In einer Phase des Verliebtseins hat die Welt keine Angeln mehr. Wir haben das Gefühl, im Anderen gefunden zu haben, was uns fehlt und darum endlich ganz zu sein. Plötzlich glauben wir, den Sinn des Lebens zu erkennen. Alles ist von einer ungeheuren Intensität, die uns beflügelt und berauscht und weit über den Alltag hinaushebt. Wie wunderbar für den, der das erleben darf - wie folgenschwer und tragisch aber, wenn er erwartet, dies müsse nun für ein ganzes Leben so bleiben. Seine unbewusste Forderung, dass ihm der Geliebte und Partner dieses ekstatische Gefühl nun fortwährend zu verschaffen hat, ist das Aus für ein langes, anhaltendes, warmes Gefühl von Liebe und Geborgenheit. Er wird die Ekstase bei einem neuen Partner suchen, der sie ihm wieder verschaffen kann und nie erleben, was es heißt, in einer Beziehung zu einem Menschen, auf den er sich verlassen kann, zu Hause zu sein.