Time of passion

Erotischer Roman

Sita Torasi


ISBN: 978-3-95573-330-8
1. Auflage 2015, Bremen (Germany)
Klarant Verlag. © 2015 Klarant GmbH, 28355 Bremen, www.klarant.de

Titelbild: Unter Verwendung des Bildes 129595112 (shutterstock).

Sämtliche Figuren, Firmen und Ereignisse dieses Romans sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit echten Personen, lebend oder tot, ist rein zufällig und von der Autorin nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf - auch auszugsweise - nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Inhalt

1. Kapitel

Helen ließ ihren Blick über den Eingangsbereich des Hotel Miramare schweifen, während der Taxifahrer ihr Gepäck aus dem Kofferraum seines Wagens nahm. Der erste Eindruck war doch schon mal vielversprechend. Üppiges Grün und wundervolle blühende Büsche rechts und links der kleinen Hotelanlage wirkten sehr einladend. Ihren Trolley hinter sich herziehend trat Helen durch die gläserne Eingangstür und strebte dem Empfangstresen zu, hinter dem ein äußerst gut aussehender junger Mann stand, der sie erwartungsvoll anlächelte. Hm, der sah wirklich zum Anbeißen aus und vermutlich schwärmten etliche weibliche Hotelgäste heimlich für diesen tollen Kerl.

„Herzlich willkommen im Hotel Miramare“, grüßte der junge Mann, nachdem er einen Blick auf ihren Hotelgutschein geworfen und erkannt hatte, dass sie aus Deutschland kam. „Was kann ich für Sie tun?“

„Mir hoffentlich ein ruhiges und angenehmes Zimmer geben“, sagte Helen und zwinkerte ihm lächelnd zu.

„Dann wollen wir mal sehen. O, Sie bleiben nur drei Tage? Das ist sehr bedauerlich und eindeutig viel zu kurz für unsere schöne Insel.“

„Ja, das bedauere ich auch. Aber leider kann ich nicht mehr Zeit erübrigen und nicht länger als für eine Stippvisite bleiben.“ Sie lächelte ihn an. Wenn er wüsste, weshalb sie hier war, wäre er vermutlich weniger freundlich – oder er würde sich beinahe vor Freundlichkeit überschlagen. Er würde den Grund ihres Aufenthaltes nicht erfahren, und der Rest der Belegschaft, einschließlich des Hoteldirektors, ebenfalls nicht. Sie war inkognito hier.

„Ich kann Ihnen Zimmer acht geben. Es liegt in der ersten Etage mit Blick auf die Gartenanlage.“

„Kein Meerblick?“

„Bedaure.“ Er zuckte mit den Schultern und wirkte sehr betrübt. „Unsere Einzelzimmer haben leider keinen Meerblick.“

„Macht nichts, ich bin sowieso nicht hier, um die Tage im Zimmer zu verbringen.“ Sie nahm ihren Schlüssel entgegen.

Der Portier strahlte sie an. „Ihren Koffer lasse ich Ihnen aufs Zimmer bringen.“

Helen hatte bereits den Griff ihres Trolleys herausgezogen. „Nicht nötig, das schaffe ich allein. Er ist nicht schwer.“

„Dann bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als Ihnen einen angenehmen Aufenthalt in unserem Haus zu wünschen. Sollte es irgendwelche Probleme geben, dann scheuen Sie sich nicht, mich zu informieren. Wir sind stets bemüht, unseren Gästen zu einem unvergesslichen Urlaub zu verhelfen.“

Helens feine Antennen fuhren aus. „Danke schön, das werde ich mir merken.“ Wie war wohl dieser Hinweis gemeint? Eine höfliche Floskel, oder schon mal vorab ein dezenter Hinweis darauf, dass es durchaus Probleme, welcher Art auch immer, geben könnte?

Den Aufzug ignorierte Helen und wandte sich der Treppe zu. Bis in die erste Etage würde sie ihr Gepäck ohne Probleme hinauf bekommen. Doch nach ein paar Stufen wurde ihr Arm gefühlt immer länger. Dabei hatte sie gar nicht so viele Kleidungsstücke dabei. Blöderweise wog der Trolley leer schon beinahe zwei Kilogramm, das war eindeutig ein Fehlkauf gewesen. Auf der Hälfte der Treppe stoppte sie und atmete tief durch. Es wäre besser gewesen, sie hätte den Aufzug benutzt oder sich den Koffer aufs Zimmer bringen lassen. Von oben kam jemand eilig die Treppe hinuntergelaufen.

„Kaliméra.“ Und dann folgte ein Schwall vermutlich griechischer Worte, von denen sie keines verstand.

„Sorry, ich versteh nicht“, murmelte sie und sah auf. Neben ihr stand der wohl attraktivste Mann, der ihr je in ihrem Leben begegnet war. Ihr wurde heiß und kalt gleichzeitig und sie schluckte. Nervös schob sie sich eine Haarsträhne hinters Ohr. Mit einem Mal war sie froh, die Treppe benutzt zu haben.

„Nicht zu fassen, dass Sie sich mit Ihrem Koffer abmühen müssen“, sprach er in einem harten Deutsch weiter. „Hat Ihnen niemand angeboten, Ihr Gepäck aufs Zimmer zu bringen?“ Ohne ihre Antwort abzuwarten, nahm er den Koffer und stieg damit die Treppe hinauf. „In welchem Zimmer wohnen Sie?“, fragte er über seine Schulter hinweg.

„Zimmer acht, erste Etage.“ Sie räusperte sich. „Doch, das hat mir der nette junge Mann unten am Empfang angeboten, aber ich war der Meinung, ich würde das problemlos allein schaffen.“ Auch wenn es den Mann, der vor ihr die Treppe erklomm, nichts anging, hatte sie das Empfinden, den jungen Mann unten in Schutz nehmen zu müssen.

Vor der Zimmertür stellte dieser Wahnsinnstyp den Koffer ab und nahm ihr einfach den Schlüssel aus der Hand. Er schloss auf und schob die Eingangstür weit auf. „Bitte sehr. Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt im Miramare.“

„Danke schön“, murmelte Helen und schenkte ihrem Helfer ein Lächeln. „Wie kann ich mich revanchieren?“ Helen, was redest du da?

Der Mann vor ihr zog sichtlich überrascht eine Augenbraue empor und schaute sie einen Moment lang wortlos an. Ein heftiges Kribbeln zog durch Helens Körper, so intensiv war sein Blick. Dann lächelte, nein grinste er und zwinkerte ihr zu. „Schon in Ordnung, schönen Frauen helfe ich gern.“

Meine Güte, hoffentlich glaubte er nicht, dass sie ihm ein unseriöses Angebot machen wollte. Hilfe, das konnte er doch nicht denken, oder? Aber wieso hatte er so frech gegrinst? Ja, es war eindeutig ein Grinsen gewesen.

„Ich muss dann auch“, sagte er und nickte ihr zu. „Vielleicht sieht man sich. Es wäre mir ein großes Vergnügen.“

Ehe Helen antworten konnte, machte er kehrt. Sie sah ihm nach, als er zur Treppe eilte. Dort drehte er sich um und winkte ihr zu, als wäre ihm von vorneherein klar gewesen, dass sie ihm nachschauen würde. Schnell huschte Helen ins Zimmer und schloss die Tür. Tief durchatmend lehnte sie sich dagegen. Puh! Was für ein Mann. Helens Herz raste, was kaum vom Koffertragen kommen konnte. Obwohl ihre Begegnung nur kurz gewesen war und er vor ein paar Minuten schon gegangen war, spürte sie seine Präsenz, als stände er dicht neben ihr.

Erst der schnuckelige Typ am Empfang – okay, ein bisschen jungenhaft, aber durchaus eine Augenweide. Und dann dieses Prachtexemplar von eben. Männlich, markant, vielleicht sogar ein wenig dominant, so schätzte sie ihn ein. Auf jeden Fall versprühte er pures Testosteron. Wie würde es sich anfühlen, in seinen Armen zu liegen? Von ihm geküsst zu werden? Was für Gedanken. Helen, komm zu dir!

Sie stieß sich von der Tür ab und versuchte sich auf den Grund ihres Aufenthaltes auf Korfu zu besinnen.

Das Zimmer war überraschend geräumig. Kleiner als ein Doppelzimmer, aber großzügiger als so manches Einzelzimmer, in denen sie in den vergangenen Jahren gewohnt hatte. Das Bad dagegen war ziemlich altmodisch. Hier war eindeutig Handlungsbedarf.

Nachdem sie ihren Koffer ausgepackt und sich frisch gemacht hatte, notierte sie sich ihre ersten Eindrücke in einem Notizbuch. Nach Abschluss der Reise würde sie einen genauen Bericht schreiben.


2. Kapitel

Helen hatte ihren ersten Hotelrundgang beendet und setzte sich auf die Terrasse, die direkt auf einer Klippe mit atemberaubendem Blick auf die Bucht lag. Kaum, dass sie saß, kam ein Ober und erkundigte sich nach ihren Wünschen. Sie bestellte einen Eiskaffee, der ihr Minuten später serviert wurde. Während sie an ihrem kalten Getränk nippte, ließ sie ihren Blick schweifen. Sie gestand sich ein, dass sie nach dem atemberaubenden Mann Ausschau hielt, der ihr seit ihrer Begegnung nicht aus dem Kopf ging. Ja, schon während ihres Rundgangs hatte sie gehofft, ihn wiederzusehen. Sicher hielt er sich bei der Hitze am Strand auf, vermutlich mit einer schönen Frau an seiner Seite. Aber sie war sowieso nicht hier, um nach einem Mann Ausschau zu halten, sondern weil sie einen Auftrag zu erfüllen hatte. Außerdem gab es da noch David. Wobei, eigentlich hatten sie gar keine Beziehung, waren bisher nur ein paar Mal miteinander ausgegangen. Okay, sie hatten vor zwei Wochen eine Nacht zusammen verbracht, aber die hatte sie nicht wirklich berührt. Seitdem hatten sie sich nur noch einmal an einem Abend in einer Bar getroffen, weil sie durch ihre Arbeit sehr eingespannt gewesen war. Ob und wie es mit ihnen weitergehen würde, stand in den Sternen. Und neben dem Bild des Mannes, der seit Kurzem durch ihre Gedanken geisterte, sah David eindeutig blass aus.

„Haben Sie sich schon ein bisschen umgesehen?“, sprach sie eine männlich markante Stimme an. Gehörte die etwa …? Helen drehte sich um und ihr Herz machte einen aufgeregten Hüpfer, als sie ihren Kofferträger neben sich entdeckte.

„Ähm … ja, zumindest teilweise. Das Hotel liegt wirklich zauberhaft.“

„Ja, die Lage ist einmalig. Wir sind sehr stolz darauf.“

„Wir?“ Helen sah ihn irritiert an.

„Entschuldigen Sie, ich habe vorhin versäumt mich vorzustellen.“ Er verbeugte sich kurz und reichte ihr die Hand. „Nikos Karakidis, ich leite das Miramare.“

Nicht zu fassen. Der Hoteldirektor höchstpersönlich, und er hatte sogar ihren Koffer getragen. Das sprach für ihn, und dafür, dass er mit anpackte, wenn es nötig war. Oder hatte es daran gelegen, dass sie eine alleinreisende Frau war?

„Was führt Sie ausgerechnet in unser bescheidenes Domizil?“ Er zog einen Stuhl heran. „Darf ich mich einen Augenblick zu Ihnen setzen?“

„Sehr gern.“ Helen war sich zwar nicht sicher, warum er das wollte, aber ihr sollte es recht sein. So kam sie vielleicht an Insiderinformationen, die ihr sonst verwehrt geblieben wären. Außerdem konnte sie so noch eine Weile seinen Anblick genießen, ohne dass es zu auffällig wirkte. Wenn er lachte, kamen rechts und links seiner Mundwinkel kleine Grübchen zum Vorschein, die irgendwie süß aussahen.

„Es war Zufall, dass ich dieses Hotel entdeckte.“ Die Notlüge kam ihr, ohne zu zögern, über die Lippen. Der wahre Grund ihres Aufenthaltes musste geheim bleiben, damit sie sich ein objektives Urteil bilden konnte. Komme, was wolle.

„Wie lange bleiben Sie bei uns?“

„Leider nur zwei Nächte.“ In dem Moment, wo sie es aussprach, bedauerte Helen, dass sie nicht länger bleiben konnte. Wer wusste schon, was sonst … Schluss mit solchen Gedanken, schalt sie sich. Bloß, weil der wahr gewordene Traum vermutlich tausender Frauen vor ihr saß, musste sie nicht gleich verrücktspielen.

„Sehr schade. Wenn Sie so schnell wieder abreisen, werden Sie kaum Gelegenheit haben, in der Kürze der Zeit die Schönheiten unserer Insel zu entdecken.“

„Es geht leider nicht anders. Und ehrlich, ich bedauere schon jetzt, nicht länger bleiben zu können.“

Er legte den Kopf schief. „Wer weiß, vielleicht gefällt es Ihnen so gut, dass Sie eines Tages zurückkommen werden.“

„Ja, wer weiß …“

„Waren Sie schon unten an unserer Badebucht? Das Wasser ist herrlich. Glasklar, und jetzt in der Vorsaison angenehm erfrischend.“

Helen schüttelte den Kopf. „Noch hatte ich keine Gelegenheit, aber ich werde garantiert ein Bad im Meer nehmen. Gibt es hier gefährliche Strömungen?“

„Nein, die gibt es glücklicherweise nicht. Allerdings wird es schon nach ein paar Metern tiefer. Nicht ideal für Kinder, aber die sind auch eher selten in unserem Haus zu finden. Familien bevorzugen eher die größeren und flach abfallenden Strände.“ Ein Bimmeln ertönte. „Entschuldigung.“ Nikos zog sein Mobiltelefon aus der Hosentasche. Nach einem kurzen Gespräch erhob er sich. „Bedauere, die Pflicht ruft. Wir sehen uns sicher noch. Darf ich Sie auf einen Drink heute Abend an die Bar einladen?“ Seine dunkelbraunen Augen fixierten sie, als wollte er ihr auf diese Weise die richtige Antwort entlocken.

„Ich werde sicher am Abend in der Bar vorbeischauen“, sagte Helen unbestimmt. Wieso sagst du ihm nicht zu, flüsterte eine innere Stimme. Zier dich nicht, er gefällt dir doch.

Nikos zwinkerte ihr zu. „Ich freu mich drauf. Bis dann.“ Schon eilte er von dannen.

Ihr Eiskaffee war inzwischen lauwarm geworden, stellte sie fest. Die ganze Zeit, in der ihr Nikos gegenübergesessen hatte, hatte sie ihr Getränk nicht beachtet und nur Augen für ihn gehabt. Sie war sich nicht sicher, ob er nur Smalltalk gemacht hatte wie vielleicht auch bei anderen Gästen. Sie horchte in sich hinein. Und wenn es so wäre, was erwartete sie? Sie wünschte sich, dass er sich aus ehrlichem Interesse zu ihr gesetzt hatte. Vielleicht sollte sie seiner Einladung tatsächlich folgen. Dann konnte sie den Abend mit einem aufregenden Mann verbringen und vielleicht ganz nebenbei seinen Gründen auf den Grund gehen. Sie ließ den Rest ihres Getränks stehen und entschied sich, der Badebucht einen Besuch abzustatten.

Nikos hatte nicht übertrieben, die kleine sichelförmige Bucht mit dem weißen Sandstrand, der nur ab und zu von Kieselsteinen durchsetzt war, lag wirklich traumhaft. Im Rücken des Strandes erhob sich eine Felswand, davor ab und an Büsche, die für grüne Farbtupfer sorgten. An einer hoteleigenen Snack-Bar konnte man sich Erfrischungsgetränke und einen kleinen Imbiss holen und dort außerdem Handtücher für Strandliegen bekommen. Das war ein Service, den wahrlich nicht jedes Hotel anbot, und den konnte Helen als Pluspunkt notieren. In Reichweite war eine Plattform in der Bucht verankert, wo sich einige Badegäste sonnten. Zu dumm, dass sie gerade keinen Badeanzug dabeihatte. Ein schweres Versäumnis, wie sie jetzt feststellte, denn das Meer, das in einer Farbpalette von Türkis- bis zum tiefen Blau schimmerte, lud zum Schwimmen ein. Sie zog ihre Sandaletten aus, damit sie sich wenigstens die Füße kühlen konnte. Langsam schlenderte sie durch das seichte Wasser, das ihre Füße kühl, aber durchaus angenehm umspülte. Viel zu schnell kam sie am anderen Ende der Bucht an. Sie liebte ja eigentlich eher die langen Strandspaziergänge, wo sich die Strände weiter dahinzogen, als sie gucken konnte, aber andererseits versprühten so kleine Buchten wie diese hier ein ganz besonderes Flair und einen Hauch von Romantik.

An der Snack-Bar gönnte sie sich einen alkoholfreien Cocktail und schaute, während sie daran nippte, aufs Meer hinaus. Hier könnte sie stundenlang sitzen und träumen. Es war wirklich schade, dass sie so wenig Zeit hatte. Wieso hatte sie nicht darüber nachgedacht, ein paar Tage zu verlängern und einen privaten Kurzurlaub dranzuhängen? Jetzt im Nachhinein war eine Umbuchung des Rückflugs nicht mehr möglich, da sie einen Tag nach der Heimreise bereits für einen nächsten Auftrag erneut auf Reisen gehen musste.