P. G. Wodehouse

Onkel Dynamit

Roman

Aus dem Englischen von
Thomas Schlachter

Suhrkamp

ERSTER TEIL

1. Kapitel

Auf der kleinen Nebenstrecke der Eisenbahn, die die Fahrgäste von Wockley Junction nach Eggmarsh St. John, Ashenden Oakshott, Bishop’s Ickenham und anderen verschlafenen Weilern Südenglands befördert, hatte sich der frühe Nachmittagszug soeben gemächlich in Bewegung gesetzt.

Die meisten Passagiere, derbe Söhne der Scholle, die der Eisenbahngesellschaft kein unnötiges Geld in den Rachen werfen wollten, hatten Fahrkarten der dritten Klasse gelöst. Für die Reichen und Schönen dagegen stand ein Erste-Klasse-Abteil zur Verfügung, in dem sich an diesem Tag zwei Personen aufhielten – ein sonnengebräunter, strammer Bursche mit offenen, arglosen Zügen und ein großer, schlanker und distinguierter Herr mit feschem grauem Schnurrbart und strahlenden, unternehmungslustigen Augen. Besagter Gentleman war etwa dreißig Jahre älter als sein Abteilgenosse und wirkte ganz so, als habe er jede Minute eines prallen Lebens in vollen Zügen genossen und gedenke dies auch fürderhin zu tun. Der Hut saß ihm schräg auf dem Kopf, und die Zigarre hielt er wie ein Panier.

Noch zehn Minuten nach Abfahrt des Zuges herrschte im Abteil jenes gesittete Schweigen, das dem reisenden Briten eigentümlich ist. Dann aber räusperte sich der junge Mann, der dem Mitreisenden wiederholt verstohlene Blicke zugeworfen hatte, und sagte »ehem«.

Der ältere Herr sah fragend auf. Errötend fuhr daraufhin der sonnengebräunte Bursche, der von eher schüchterner Wesensart war und sich bereits fragte, warum er überhaupt die Torheit begangen und den Mund aufgemacht hatte, fort.

»Ach, verzeihen Sie. Sind Sie nicht Lord Ickenham?«

»So ist es.«

»Prima.«

Der ältere Herr schien verwirrt.

»Mich freut das ebenfalls sehr«, räumte er ein. »Aber was läßt Sie darüber frohlocken?«

»Na ja, falls Sie’s nicht gewesen wären …«, antwortete der junge Mann und stockte entgeistert, denn ihm ging jählings auf, zu welch entsetzlichem Ungemach das unmotivierte Ansprechen eines Wildfremden hätte führen können. »Es ist nur so, daß ich Sie von früher her kenne. Ist schon Jahre her. Ich war mit Ihrem Neffen Pongo befreundet und spielte auch manchmal bei Ihnen drüben Tennis. Einmal haben Sie mir fünf Shilling zugesteckt.«

»So wird man sein Geld also los!«

»Bestimmt können Sie sich nicht mehr an mich erinnern. Bill Oakshott.«

»Und ob ich mich an Sie erinnere, guter Freund«, sagte Lord Ickenham so überschwenglich wie wahrheitswidrig. »Ich wünschte, ich hätte einen Zehner für jedes Mal, wo ich zu meiner Frau sagte: ›Was mag nur aus dem guten Bill Oakshott geworden sein?‹«

»Nein, tatsächlich? Prima. Wie geht es übrigens Lady Ickenham?«

»Prima.«

»Prima. Sie hat mir mal eine halbe Krone zugesteckt.«

»Sie werden allgemein feststellen, daß Frauen weniger spendabel veranlagt sind als Männer. Das hat wohl irgendwas mit der Anatomie ihrer Schädel zu tun. Ja, ich darf stolz behaupten, daß meine werte Gattin nach wie vor das blühende Leben selbst ist. Gerade habe ich sie in Southampton aufs Schiff gebracht. Sie ist unterwegs in die Karibik.«

»Nassau?«

»Nein, sie zahlt selbst.«

Die menschliche Tomate hatte daran eine Weile zu kauen, schien bereits »prima« sagen zu wollen, überlegte es sich dann jedoch anders und erkundigte sich nach Pongo.

»Pongo«, antwortete Lord Ickenham, »ist in Hochform. Die Welt liegt ihm förmlich zu Füßen. Ich übertreibe nicht, wenn ich behaupte, daß Moab sein Waschbecken ist und er seinen Schuh über dieses andere Dingsda streckt. Vor kurzem hat ihm doch glatt so ein verstorbener Pate in Amerika einen Riesenhaufen Geld vermacht, und deshalb kann er seinem Schneider nun wieder furchtlos in die Augen blicken. Verlobt hat er sich übrigens auch.«

»Schön.«

»Ja«, sagte Lord Ickenham, einigermaßen verdattert über den unerwartet großen Wortschatz, der sich hier offenbarte. »Ja, er ist deswegen außer sich vor Freude. Meine eigene Begeisterung hält sich ehrlich gesagt in Grenzen. Ich weiß nicht, ob Ihnen das auch schon aufgefallen ist, Bill Oakshott, aber nichts auf dieser Welt verläuft jemals zur vollen Zufriedenheit aller Beteiligten. Während zum Beispiel A den Hut in die Luft wirft und in Jubelgeschrei ausbricht, sehen wir B skeptisch die Stirn runzeln. Und nicht anders ergeht es X und Z. Nehmen wir etwa Pongos Romanze. Eigentlich hatte ich gehofft, er heirate einmal ein anderes Mädchen, ein mir ganz besonders ans Herz gewachsenes, dessen Heranreifen vom Kind – von einem überaus faszinierenden Kind wohlgemerkt – zur anmutigsten, charmantesten und charakterfestesten jungen Frau ich verfolgt habe, einer Frau, der es meines Erachtens an nichts fehlt. Es gehört zu ihren zahlreichen Vorzügen, daß sie Verstand für zwei hat, und das scheint mir genau das Quantum zu sein, das die Gattin von Reginald (›Pongo‹) Twistleton in die Waagschale werfen muß. Na ja, es hat nicht sollen sein. Aber betrachten wir die Sache doch einmal von der positiven Seite. Einverstanden?«

»Oh, durchaus.«

»Gut. Positiv ist nämlich, daß ich diese neue Frau zwar noch nicht kennengelernt habe, daß sie aber ganz in Ordnung zu sein scheint. Und das Beste daran ist nun selbstverständlich, daß der Galgenstrick endlich unter die Haube kommt und häuslich wird, wodurch die Gefahr gebannt wäre, daß er uns eines Tages in Begleitung eines jungen Dings mit platinblonden Haaren und Oxfordakzent, das er auf der Promenade in Blackpool aufgegabelt hat, in die gute Stube stolpert. Sie wissen doch selbst, daß er dem schwachen Geschlecht noch nie widerstehen konnte.«

»Ich habe Pongo nicht mehr gesehen, seit wir Kinder waren.«

»Aber er ist doch schon damals wie ein flatterhafter Schmetterling von einer Blume zur anderen gehuscht. Herausgeputzt wie ein kleiner Prinz kam er immer zur Tanzstunde, wo er ein wahrer Don Juan und sein Herz eine offene Tür war, auf deren Fußmatte ›Hereinspaziert‹ stand.«

»Damit wird er jetzt wohl ein für allemal Schluß machen.« »Wir wollen’s hoffen. Aber wie sagte noch gleich jemand? Kann auch ein Leopard seine Flecken wandeln oder ein Mohr seine Farbe? Oder war’s die Haut? Aber wo wir schon von Mohren reden«, sagte Lord Ickenham nun in persönlicherem Tonfall, »hat man Sie über der Glut gegart, oder haben Sie sich ohne Ihr Parasol in die pralle Sonne begeben?« Bill Oakshott lächelte verschämt.

»Ich habe mir wohl einen leichten Sonnenbrand geholt, was? Ich war in Brasilien und komme gerade vom Schiff.«

»Sind Sie denn hier in der Gegend ansässig?«

»In Ashenden Manor.«

»Verheiratet?«

»Nein. Ich lebe bei meinem Onkel. Das heißt, im Grunde lebt er bei mir.«

»Und wo liegt da der Unterschied?«

»Ich will damit sagen, daß Ashenden eigentlich mir gehört, doch als mein Vater starb, war ich erst sechzehn, und da kam mein Onkel aus Cheltenham angerauscht und übernahm das Kommando. Er hat sich fest eingenistet und lebt seither dort. Schmeißt den Laden. Wenn man ihn so sieht, könnte man meinen«, sagte Bill, den die Erinnerung an das ihm widerfahrene Unrecht zu ungewohnter Mitteilsamkeit hinriß, »daß das ganze verdammte Anwesen ihm gehört. Nur ein Beispiel: Er hat sich das beste Zimmer im ganzen Haus für sein verfluchtes afrikanisches Kuriositätenkabinett unter den Nagel gerissen.«

»Er sammelt afrikanische Kuriositäten? Großer Gott!«

»Und das ist nur der Anfang! Wer hat das schönste Schlafzimmer? Ich? Nein! Onkel Aylmer. Wer schnappt sich die Morgenzeitung? Ich? Nein! Onkel Aylmer. Wer kriegt zum Frühstück das braune Ei?«

»Sagen Sie’s nicht. Ich möchte raten. Onkel Aylmer?«

»Ja. Hol ihn der Geier!«

Lord Ickenham strich sich über den Schnurrbart.

»Eine gewisse Reserviertheit in Ihrer Haltung, Bill Oakshott«, sagte er, »läßt mich argwöhnen, daß Ihnen die ständige Anwesenheit Ihres Onkels Aylmer in Ashenden Manor nicht zusagt. Liege ich da richtig?«

»Jawohl.«

»Und warum setzen Sie ihn dann nicht an die frische Luft?« Das Ungestüm in Bill Oakshotts Auftreten wich kleinlauter Verlegenheit. Wohl wäre ihm die Beantwortung der Frage möglich gewesen, doch dazu hätte er seine große Liebe zu Hermione, der Tochter seines Onkels, eingestehen müssen, und obschon Lord Ickenham ein liebenswürdiger alter Knabe war, glaubte er ihn dafür doch nicht gut genug zu kennen.

»Na ja«, sagte er und scharrte betreten mit einem Schuh von der Größe eines Geigenkastens über den Boden des Abteils. »Nein, ich wüßte nicht, wie ich das anstellen sollte.«

»Es gäbe Komplikationen?«

»Jawohl, Komplikationen.«

»Ich verstehe.«

Lord Ickenham spürte gleich, daß er an ein heikles familiäres Problem gerührt hatte, und taktvoll verzichtete er auf weitere Nachfragen. Statt dessen nahm er seine Times zur Hand und wandte sich dem Kreuzworträtsel zu, derweil Bill Oakshott durchs Fenster in die vorbeiziehende Landschaft starrte.

Doch dort gewahrte er mitnichten die vertrauten Felder und Hecken, sondern einzig und allein das liebreizende Antlitz seiner Cousine Hermione. Es stieg vor ihm auf wie eine Vision von strahlendster Schönheit. Schon bald, sinnierte er, würde er es nicht mehr nur mit dem Auge seiner Einbildungskraft sehen. Jawohl, jetzt, da er wieder in England war, konnte es ihm jederzeit widerfahren, daß er in ihre schönen Augen schaute oder, sollte sie sich gerade zur Seite gedreht haben, ihr makelloses, ja vollkommenes Profil betrachtete. Wie aber wäre in einem solchen Moment vorzugehen? Würde er wie früher einfach mit offenem Mund dastehen und von einem Fuß auf den anderen treten? Oder würde er vielmehr, gestärkt und gefestigt durch die drei Monate in Brasilien, endlich seine jämmerliche Schüchternheit abwerfen und all seinen Mut zusammennehmen, um eine heimliche Leidenschaft zu offenbaren, die ihn seit nunmehr neun Jahren ohne Unterlaß verzehrte?

Das hoffte er, doch zugleich mußte er sich eingestehen, wie unwahrscheinlich ein solcher Ausgang war.

Ein Klaps aufs Knie ließ ihn aus seinen Grübeleien hochfahren.

»Nächster Halt: Ashenden Oakshott«, erinnerte ihn Lord Ickenham.

»Was? Ach ja. Stimmt genau, tatsächlich.«

»Sie gürten jetzt besser Ihre Lenden.«

»Ja«, sagte Bill, erhob sich und hievte den Koffer aus dem Gepäcknetz. Doch als der Zug rauchend und stampfend aus dem Tunnel kam, blieb Bill mit einem jähen Aufschrei und starren Blicks stehen. Als traute er seinen Augen nicht recht, kniff er sie in rascher Folge zweimal zusammen. Doch sie hatten ihn nicht getäuscht. Noch immer sah er, was er gesehen zu haben glaubte.

Unter normalen Umständen gibt es auf dem Bahnhof von Ashenden Oakshott wenig bis gar nichts, was das Gemüt in Wallung bringen oder die Seele durch die Erweckung von Furcht und Mitleid reinigen könnte. Hat man erst einmal des Bahnhofsvorstehers Backenbart gesehen, der von viktorianischer Buschigkeit ist und einen glauben läßt, er sei unter Glas gezogen worden, dann hat man der Station bereits alles entlockt, was sie in Sachen Nervenkitzel zu bieten hat, es sei denn, man gehöre zu jenen leicht erregbaren Naturen, die schon den Anblick eines kleinwüchsigen Gepäckträgers, der sich mit einer Reihe großer Milchkannen abplagt, als hochdramatisch empfinden. »Beschaulich« ist das Wort, das einem unwillkürlich in den Sinn kommt.

Doch an diesem Tag war alles anders, und ein einziger Blick machte deutlich, daß ganz Ashenden Oakshott auf den Beinen war. Vom Verkaufsautomaten am hinteren Ende bis zum Schuppen, in dem der Gepäckträger seine Besen und Eimer aufbewahrte, färbte ein wahres Menschenmeer den Bahnsteig schwarz. Gut und gerne vierzig Personen hatten sich versammelt.

Zwei von ihnen, denen auf Grund von Muskelkraft und Stehvermögen diese Aufgabe zugefallen war, hielten mit Stangen ein Spruchband in die Höhe, auf das eine liebevolle Hand, die mit dem Platz allzu verschwenderisch umgegangen war, die Worte geschrieben hatte:

WILLKOMMEN IN DER HEIMAT, MR. WILLM.

Daneben war eine Blaskapelle zu sehen sowie mehrere Pfadfinder, ein Polizist, ein Geistlicher, eine Delegation von Dorfbewohnern beiderlei Geschlechts, Kinder, die Blumensträuße hielten und aussahen, als kämen sie gerade aus dem Bibelkreis, und eine imposante Gestalt mit mächtigem weißem Schnurrbart, unter deren Zepter die ganze Veranstaltung zu stehen schien.

Bill Oakshott verharrte steif und offenen Mundes beim Fenster, als wäre er eine verhexte Märchengestalt, und so unmißverständlich war sein Gebaren, daß Lord Ickenham die Situation auf Anhieb erfaßte.

Was sich ihm hier darbot, war ein junger Mann von schüchternem und verschlossenem Wesen, der das Auge der Öffentlichkeit scheute und schon beim bloßen Gedanken erbebte, im Mittelpunkt zu stehen. Aus unerfindlichen Gründen hatte aber irgendwer diesen überwältigenden Empfang für ihn ins Werk gesetzt, weshalb Mr. Willm. auch wie ein von Hunden gestellter Hirsch dastand.

Lord Ickenham dagegen war öffentlichem Aufsehen nie abhold gewesen, ja, er genoß es geradezu. Hätten ihn Blaskapellen und Pfadfinder am Bahnhof begrüßt, wäre er mit Freudengeheul vom Waggon gesprungen und hätte sich schon mit den ersten Verbeugungen bedankt, bevor der Zug überhaupt zum Stillstand gekommen wäre. Doch ganz augenscheinlich war sein junger Freund von anderem Schlag, und so sah er dessen innere Nöte voller Mitgefühl.

Der hilfsbereite Aristokrat war schon immer ein praktisch denkender Mensch gewesen. In dieser heiklen Lage begnügte er sich nicht, wie andere dies vielleicht getan hätten, mit einem mitleidigen Seitenblick oder stummem Händeringen. »Husch, husch, unter die Bank!« empfahl er.

In Bills Ohren klang dies wie eine Stimme des Himmels. Es war, als stünde ihm sein Schutzengel in dieser Stunde höchster Gefahr unverhofft mit einem rettenden Vorschlag zur Seite. Sogleich befolgte er den Rat, und kurz darauf gab es einen Ruck und einen Stoß, und der Zug setzte sich wieder in Bewegung.

Als Bill hervorkroch und sich die staubigen Hände abwischte, stellte er fest, daß sein Mitreisender ihn mit offener Bewunderung betrachtete.

»Ich habe noch nie erlebt, daß sich jemand überzeugender in Luft aufgelöst hätte«, sagte Lord Ickenham warmherzig. »Als wäre eine Zirkusrobbe einem Stück Fisch nachgesprungen. Sie haben das doch schon öfter gemacht, Bill Oakshott. Nein? Sie erstaunen mich. Ich hätte schwören können, daß Sie seit Jahren in Schnellzügen üben. Jedenfalls haben Sie die anderen ganz schön verblüfft. Eine derart fassungslose Blaskapelle habe ich noch nie gesehen. Als hätte eine Rotte erwartungsfroher Wölfe gerade einen Pferdeschlitten überholt und darauf keinen russischen Bauern vorgefunden – das Entsetzlichste, was man sich überhaupt vorstellen kann. Für die Wölfe, versteht sich.«

Bill Oakshott zitterte noch immer. Ehrerbietig sah er seinen Wohltäter an und dankte ihm mit bebender Stimme für den geistreichen Rat.

»Nichts zu danken, guter Freund«, antwortete Lord Ickenham. »Das ist doch nicht der Rede wert. Ich bin wie dieser Bursche in Damon Runyons Geschichte, der es stets als wundervolle Tat ansah, wenn es ihm nur irgendwie gelang, ein bißchen Freude in das Leben anderer zu bringen. Licht und Sonne in alle Herzen zu zaubern, genau dies habe ich mir zur Lebensaufgabe gemacht.«

»Das werde ich Ihnen jedenfalls nie vergessen, niemals«, sagte Bill ernst. »Ist Ihnen bewußt, daß ich sonst eine Rede hätte halten und bestimmt auch all die gräßlichen Kinder mit den Blumen hätte abküssen müssen?« Ihn schauderte heftig. »Haben Sie sie gesehen? Tausende, und alle mit einem Sträußchen!«

»Und ob ich sie gesehen habe. Und der Anblick hat mir nur bestätigt, daß Sie es seit den Tagen, als Sie bei mir Tennis spielten, weit gebracht haben müssen. Ich bin genug in der Welt herumgekommen, um zu wissen, daß sich kleine Kinder mit Blumensträußen nicht für jeden dahergelaufenen Hinz oder Kunz hinstellen. Ich bin ja selbst ein recht illustrer Zeitgenosse, ein lupenreiner Graf mit allem Drum und Dran, aber haben mir je kleine Kinder Sträuße hingehalten? Was haben Sie, Bill Oakshott, bloß angestellt, um diese Begrüßung, was sage ich, diesen Galaempfang zu verdienen?«

»Ich habe nicht das Geringste angestellt.«

»Tja, wirklich seltsam. Das Ganze wurde doch Ihnen zu Ehren veranstaltet, nicht wahr? Man hätte doch nicht ›Mr. Willm.‹ hingeschrieben und jemand anderen gemeint.«

»Nein, das stimmt.«

»Irgendeinen Verdacht, wer der Rädelsführer sein könnte?« »Ich vermute, daß mein Onkel dahintersteckt.«

»War er der imposante Schnurrbartträger, der aussah wie Clemenceau?«

»Ja. Bestimmt hat er das Ganze inszeniert.«

»Aber warum?«

»Das weiß ich nicht.«

»Durchforschen Sie Ihr Gedächtnis. Fällt Ihnen nichts ein, was Sie in letzter Zeit vollbracht haben, um Anspruch auf Blaskapellen und Pfadfinder anmelden zu können?«

»Na ja, ich war auf dieser Amazonas-Expedition.«

»Ach, Sie waren also auf einer Expedition, und dazu auch noch im Amazonasgebiet? Das wußte ich ja gar nicht. Ich habe angenommen, Sie hätten in Brasilien nur geschäftlich mit Paranüssen oder so zu tun gehabt. Natürlich, das wäre eine Erklärung. Und was hat Sie zu dieser tollkühnen Unternehmung verleitet? Bestimmt haben Sie versucht, von einem Mädchen loszukommen, wie?«

Bill errötete. Tatsächlich hatte ihn die anscheinend hoffnungslose Liebe zu seiner Cousine Hermione in diese freiwillige Entziehungskur getrieben, die sich, wie zu erwarten, als völlig wirkungslos erwiesen hatte.

»Hm, ja. So ähnlich war’s.«

»In meiner Jugend ging man noch in die Rocky Mountains und schoß Grizzlybären. Wie kamen Sie nur auf Brasilien?« »Zufällig sah ich in der Times eine Annonce, in der für eine Expedition geworben wurde, die unter der Leitung eines gewissen Major Plank zum Unterlauf des Amazonas aufbrechen sollte, und da hielt ich es für eine gute Idee, mich anzumelden.«

»Aha. Hätte ich das bloß eher gewußt. Ich hätte ganz schön damit rumprotzen können, daß ich Sie schon als kleinen Jungen kannte. Doch in ein, zwei Minuten treffen wir in Bishop’s Ickenham ein, und es stellt sich nun die Frage, was Sie zu tun gedenken. Wollen Sie auf den nächsten Zug zurück warten? Oder soll ich Sie mitnehmen, Ihnen einen Schluck zu trinken geben und Sie dann in meinem Wagen nach Hause fahren lassen?«

»Würde das denn keine Umstände machen?«

»Ganz im Gegenteil. Nichts paßt mir besser ins Konzept. Das wäre also geklärt. Wir müssen nun über eine Sache reden, die meines Erachtens unsere volle Aufmerksamkeit verdient. Welche Geschichte wollen Sie Ihrem Onkel denn auftischen, um zu erklären, wieso Sie bei dem Festempfang durch Abwesenheit glänzten?«

Ein nachdenklicher Ausdruck überschattete Bill Oakshotts Miene. Er zuckte leicht zusammen, als hätte sich ein brasilianischer Alligator am fleischigen Teil seines Beins zu schaffen gemacht.

»Das habe ich mich auch schon gefragt«, gestand er.

»Ohne jeden Zweifel bedarf es einer guten und stichhaltigen Geschichte. Bestimmt wurmt es ihn gewaltig, daß Sie nicht leibhaftig erschienen sind, und auf mich hat er wie ein Exemplar einer gefährlichen Spezies gewirkt, wie ein Mann mit einem todbringenden Biß. Was ist er denn? Ein Freistilringer? Oder einer von denen, die Ratten mit den Zähnen töten?«

»Er war früher Gouverneur einer dieser Kronkolonien.«

»Dann müssen wir unser Augenmerk jetzt ganz darauf richten, wie wir ihn günstig stimmen können. Ich kenne diese Ex-Gouverneure. Das sind alles Eisenfresser. Übrigens haben Sie mir seinen Namen noch gar nicht verraten.«

»Bostock. Sir Aylmer Bostock.«

»Was!? Der ist das? Nicht zu fassen!«

»Kennen Sie ihn?«

»Ich habe ihn zwar seit mehr als vierzig Jahren nicht mehr gesehen, doch davor habe ich ihn ganz gut gekannt. Wir sind zusammen zur Schule gegangen.«

»Ach, tatsächlich?«

»Mugsy, so nannten wir ihn damals. Er war etwa drei Jahre jünger als ich, einer dieser vierschrötigen, frechen Rabauken, die die Großen finster anstarren und die Kleinen schikanieren. Ich habe ihm mal mit dem Schlagholz eine gehörige Tracht Prügel verpaßt, um ihm solche Späße auszutreiben. Tja, das Geheimnis jenes Bürgerempfangs wäre somit gelüftet. Mugsy tritt, so stand in meiner Zeitung, zu den kommenden Parlamentswahlen an und hat sich zweifellos einiges von seinem Erscheinen an der Bahnstation versprochen. Wie ich will auch er aus seiner Bekanntschaft mit einem Mann Profit schlagen, der die Grenzen der Zivilisation überschritten hat.« »Ich habe die Grenzen der Zivilisation nicht überschritten.« »Unsinn! Todsicher haben Sie diese nicht nur überschritten, sondern sind meilenweit über sie hinausgeschossen. Doch wir verlieren aus dem Auge, welche Geschichte Sie erzählen wollen. Wie wäre es denn, wenn Sie einfach behaupten, es sei so heiß gewesen, daß Sie eingedöst sind und sich, als Sie aufwachten, zu Ihrem Schrecken bereits in Bishop’s Ickenham befanden?«

»Prima.«

»Gefällt sie Ihnen? Auch ich finde sie nicht schlecht. Einfach, und das ist immer gut. Unwiderlegbar, und das ist noch besser. Zudem hat sie den Vorteil, daß es dafür einen Präzedenzfall gibt, wie Sie sich vielleicht erinnern, nämlich denjenigen der Lady aus dem Lied, die nach Birmingham wollte und schließlich in Crewe landete. Ja, ich glaube, die Geschichte nimmt man Ihnen ab. Das war also der kleine Mugsy, wie?« fragte Lord Ickenham. »Es überrascht mich schon ein bißchen, daß aus ihm etwas derart Ehrfurchtgebietendes wie der Gouverneur einer Kronkolonie geworden ist. Da haben wir es wieder mal: Man kann nie wissen.«

»Wie lange, sagten Sie, haben Sie ihn nicht mehr gesehen?« »Am kommenden Erntedankfest sind’s zweiundvierzig Jahre. Warum?«

»Ich wundere mich nur, daß Sie ihm nie begegnet sind. Wo er doch ganz in Ihrer Nähe wohnt.«

»Das will ich Ihnen gern verraten, Bill Oakshott. Es ist mein eherner Grundsatz, um meine Nachbarn einen großen Bogen zu machen. Vermutlich ist Ihnen auch schon aufgefallen, daß die britische Nervensäge auf dem Lande besonders prächtig gedeiht. Meine Gemahlin versucht mich immer wieder zu allerlei Gesellschaften und Gelagen mitzuschleppen, doch dann paffe ich nur ein paar Rauchkringel in ihre Richtung und rühre mich nicht vom Fleck. Oft denke ich mir, daß das ideale Leben darin bestünde, genügend Tabak zu haben und von der Grafschaft geschnitten zu werden. Was nun aber Ihren Onkel angeht: Wenn ich zurückblicke in die Vergangenheit und Mugsy, den Knaben, sehe, dann erkenne ich nichts, was mich dazu verleiten könnte, mit Mugsy, dem Mann, freundschaftlichen Umgang zu pflegen.«

»Da ist was dran.«

»Er hat nicht gerade die Natur eines Elfchens, dieser Mugsy. Ich fürchte, Pongo ist sich gar nicht bewußt, auf was er sich mit einem solchen Schwiegervater einläßt. Er hat sich nämlich ausgerechnet mit dessen Tochter Hermione verlobt, und mir scheint, dem armen Kerl stehen düstere Zeiten bevor. Ach, da wären wir ja schon«, sagte Lord Ickenham, als der Zug die Fahrt verlangsamte. »Also gut, genehmigen wir uns einen Schluck. Es ist durchaus möglich, daß wir Pongo im trauten Heim antreffen. Heute morgen hat er am Telefon angekündigt, er wolle bei mir übernachten. Er möchte nämlich Ashenden Manor einen Besuch abstatten, um den Herrschaften vorzuführen, was für einen Prachtkerl sie sich mit ihm eingehandelt haben.«

Behende hüpfte er auf den Bahnsteig und plapperte fröhlich weiter, wobei ihm vollkommen entging, daß er gerade einem achtbaren jungen Mann einen sauberen Haken auf die Kinnspitze verpaßt hatte. Den kurzen, jähen und würgenden Grunzlaut, der Bill Oakshott beim Stichwort »verlobt« entfahren war, als wäre er eine Bulldogge, die mitten im Verspeisen eines Hammelkoteletts einen Tritt in die Rippen erhält, hatte er irrtümlich als Schluckauf interpretiert.

2. Kapitel

Der Sommernachmittag war in mildes Dämmerlicht übergegangen, und Bill Oakshott hatte sich samt seiner wunden Seele längst von hinnen begeben, als Pongo Twistleton am Wohnsitz seiner Ahnen eintraf. Eine jener rätselhaften Pannen, die Zweisitzern gern zustoßen, hatte ihn unterwegs aufgehalten. Ihm blieb gerade noch Zeit, sich zum Abendessen umzuziehen. Um Punkt acht Uhr saß er seinem Onkel im eichengetäfelten Eßzimmer gegenüber und frischte nach einem strapaziösen Tag seine Lebensgeister auf.

Lord Ickenham, der sich über Pongos Kommen freute, war ein heiterer und überschäumender Gastgeber, doch während des Essens machte die Anwesenheit eines allgegenwärtigen Butlers jedwede Konversation privater Natur unmöglich, und so beschränkte sich das Gespräch auf allgemeine Themen. Pongo sprach über New York, von wo er vor kurzem zurückgekehrt war, nachdem er Fragen rund um den Nachlaß seines Paten geklärt hatte, und Lord Ickenham erwähnte, daß Lady Ickenham nach Trinidad abgereist sei, um an der Hochzeit der Tochter einer alten Freundin teilzunehmen. Lord Ickenham beschrieb seine Begegnung mit Pongos ehemaligem Kumpel Bill Oakshott, und Pongo, der zwar eingestand, daß er sich nur noch vage an Bill erinnern könne – »dralles Bürschchen mit rötlichem Gesicht, falls ich den richtigen meine« –, zeigte sich erfreut über die Aussicht, die alte Freundschaft bei seiner Ankunft in Ashenden Manor erneuern zu können.

Sie erörterten auch Themen wie das Wetter, Hunde, Zweisitzer und deren Pflege in guten wie in schlechten Zeiten, die Außenpolitik der Regierung, Jujubes Gewinnchancen beim Goodwood Cup sowie die Pongos jüngsten literarischen Studien entspringende Frage, was zu tun sei, wenn man eines schönen Morgens in der Badewanne eine Leiche vorfinde, die mit nichts als einem Kneifer und einem Paar Gamaschen bekleidet sei.

Erst als der Kaffee serviert worden war und die Zigarren brannten, setzte Lord Ickenham dazu an, mehr ins Detail zu gehen.

»Jetzt wird’s gemütlich«, sagte er zufrieden. »Was für eine Erleichterung es doch ist, wenn der Butler abschwirrt. Da wird einem dann der tiefere Sinn jener schönen Zeilen bewußt, ›Friede herrschet allerort, endlich sind die Lieben fort‹. Nicht, daß ich Coggs gerade lieben würde. Eigentlich handelt es sich eher um distanzierte, von Respekt getragene Sympathie. Also, Pongo, es freut mich außerordentlich, daß du hier hereingeschneit bist. Ich wollte mit dir sowieso einmal in aller Ruhe über deine Pläne und alles weitere reden.«

»Aha«, sagte Pongo.

Er klang zurückhaltend. Dieser gutaussehende, schlanke Bursche hatte zitronengelbes Haar und ein hübsches Gesicht, und auf diesem Gesicht hätte ein scharfer Beobachter nun einen strengen, wachsamen Ausdruck entdeckt, wie er sich einst wohl auch auf demjenigen des heiligen Antonius abgezeichnet hatte, bevor es zu den bekannten Versuchungen gekommen war. Er hegte den Verdacht, daß er jetzt, wo sie allein waren, gegenüber seinem Onkel standhaft sein und dessen heimtückischen Schlichen mit eiserner Entschlossenheit entgegentreten müsse.

Der junge Mann hatte das Familienoberhaupt während des Essens nicht aus den Augen gelassen und deshalb gesehen, wie in dessen Blick, kaum daß die Rede auf die Reise seiner Gemahlin in die Karibik kam, ein verstohlener Glanz getreten war, wie man ihn auch bei kleinen Jungen wahrnimmt, die allein zu Hause sind und wissen, wo sich der Schlüssel zum Marmeladenschrank befindet. Diesen Glanz sah er nicht zum erstenmal, und stets hatte er Kalamitäten der Extraklasse angekündigt. Schon beim Auftragen der Suppe konnte man ein Funkeln in den Augen erkennen, und als deren Besitzer nun an seiner Zigarre zog, war es markanter denn je. Pongo wartete kühl darauf, daß sein Gegenüber fortfahre.

»Wie lange gedenkst du denn deinen Bostocks zur Last zu fallen?«

»Ungefähr eine Woche.«

»Und danach?«

»Danach geht’s wohl zurück nach London.«

»Gut«, sagte Lord Ickenham mit Nachdruck. »Genau das wollte ich hören. Genau darüber wünschte ich mir Gewißheit zu verschaffen. Du kehrst also nach London zurück. Prächtig. Ich werde dich dort besuchen, woraufhin wir einen unserer vergnüglichen und lehrreichen Nachmittage verbringen.«

Pongo erstarrte. Zwar sagte er nicht gerade »Ha!«, doch der Ausruf schwang in dem stechenden Blick mit, den er über den Tisch warf. Sein Verdacht war also begründet gewesen. Nachdem er vorübergehend der liebevollen Aufsicht durch seine Gattin entzogen war, trieb es Frederick Altamont Cornwallis, den fünften Grafen von Ickenham, wieder in die freie Wildbahn.

»Ihr wollt von mir wissen«, hatte ein altgedientes Mitglied des Drones Club einst im Rauchsalon sinniert, »weshalb Pongo Twistleton, kaum vernimmt er den Namen seines Onkels Fred, der Schreck in die Glieder fährt und er sich hurtig ein paar hinter die Binde kippt? Ich will’s euch verraten. Weil nämlich sein Onkel Dynamit im Leibe hat. Immer, wenn er sich in Pongos Gesellschaft befindet und ihm der Lebenssaft kräftig durch die Adern rauscht, unterzieht er den jungen Unglücksraben hanebüchenen Prüfungen, indem er ihn aus seinen vier Wänden lockt und in aller Öffentlichkeit ausgiebigst und nach allen Regeln der Kunst auf den Putz haut. Denn obwohl dieser Knilch schon in ziemlich vorgerücktem Alter ist, wird er bei solcher Gelegenheit wieder so jung, wie er sich fühlt, also ungefähr zweiundzwanzig. Ich weiß nicht, ob euch bekannt ist, was man unter ›Exzessen‹ versteht, aber genau zu solchen schwingt er sich unweigerlich auf, wenn man ihn nicht an die Kette legt. Laßt euch von Pongo einmal den Tag schildern, an dem sie zusammen zum Hunderennen gingen.«

Es handelte sich hierbei um eine Kritik, deren grundsätzliche Berechtigung Lord Ickenham, wäre sie ihm je zu Ohren gekommen, wohl als erster eingestanden hätte. Von Kindesbeinen an verfügte er über ein frohes und unbeschwertes Naturell, und noch im Herbst seines Lebens bewahrte er sich nicht nur eine jugendliche Taille, sondern auch die helle Begeisterung und die frische, unverdorbene Lebenseinstellung eines leicht angesäuselten Studenten. Mit seinem Neffen hatte er in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe ungemein erfreulicher Ausflüge unternommen, und ihm war durchaus bewußt, daß er dabei jeweils so ausgiebig und nach allen Regeln der Kunst auf den Putz gehauen hatte, wie ein Mann es sich nur wünschen kann, namentlich am Tag des Hunderennens. Allerdings, so betonte er immer wieder, hätte es ein weiserer Polizist bei einem bloßen Verweis bewenden lassen. »Wie dir bekannt ist, sofern du vorhin beim Essen meine Ausführungen nicht verschlafen hast«, nahm er den Faden wieder auf, »hat deine Tante mich für ein paar Wochen allein gelassen, und du kannst dir bestimmt vorstellen, welche Höllenqualen ich leide. Ich fühle mich wie einer der in den Gedichten des frühen neunzehnten Jahrhunderts besungenen Burschen, die ihren lieben Gazellen nachtrauern. Dennoch …«

»Jetzt hör mal zu«, sagte Pongo.

»Dennoch kann das geübte Auge bei genauem Hinsehen in jeder Wolkenformation so etwas wie einen Silberstreif erkennen, mag er auch noch so schmal sein, und so wird die Scheußlichkeit meiner Lage teilweise von der Aussicht gemildert, daß ich nun wieder zur mobilen Truppe zurückkehren darf. Deine Tante ist die liebste Frau der Welt, und niemand könnte ihr treuer ergeben sein als ich, doch manchmal empfinde ich ihre Gegenwart schon als etwas … wie soll ich sagen … einengend. Du weißt ja, daß sie leicht verschrobene Ansichten über mein sogenanntes Herumvagabundieren in London hat, und das macht es mir unmöglich, mich nach Lust und Laune zu entfalten. Wirklich ein Jammer. Wenn man ständig in einem ländlichen Totenhaus wie Bishop’s Ickenham hockt, rostet man leicht ein und verliert den Anschluß an das Gedankengut unserer Zeit. Ich könnte dir wohl heute im ganzen West End keinen einzigen Rausschmeißer mehr mit Namen nennen, und dabei kannte ich sie früher alle miteinander. Aus diesem Grund …«

»Jetzt hör mal zu.«

»Aus diesem Grund mag die Tatsache, daß sie eine Zahnbürste eingepackt hat und nach Trinidad abgedampft ist, zwar mein Leben in tiefe Finsternis stürzen, doch es gibt auch weniger tragische Aspekte. So öde und leer das Dasein für mich geworden ist, darf man doch nicht ganz vergessen, daß ich mich nun nach Lust und Laune austoben kann. Gib mir Bescheid, sobald du wieder in London bist, und ich eile dir im Sauseschritt entgegen. Bei meiner Seel’, wie jung ich mich dieser Tage fühle! Das muß am Wetter liegen.«

Pongo klopfte die Asche seiner Zigarre ab und nahm einen Schluck Brandy. Seine Miene war kalt und streng.

»Jetzt hör mal gut zu, Onkel Fred«, sagte er, und seine Stimme klang wie Musik in den Ohren jenes Engels, der die guten wie die bösen Werke aufschreibt und hier sofort registriert hätte, daß eine gute Tat angekündigt wurde. »Das alles ist gestrichen.«

»Gestrichen?«

»Gestrichen, jawohl! Ich lass’ mich von dir zu keinem Hunderennen mehr abschleppen.«

»Von Hunderennen war eigentlich gar nicht die Rede. Obwohl sie sich vorzüglich zum Studium der menschlichen Seele eignen.«

»Und auch nicht zu einem deiner anderen grauenhaften Ausflüge. ›Hebe dich von mir‹, so könnte man es in etwa zusammenfassen. Falls du mich in London aufsuchst, bekommst du ein Mittagessen in meiner Wohnung und danach ein gutes Buch. Sonst nichts.«

Lord Ickenham seufzte und schwieg ein Weilchen. Er meditierte über den Fluch des Reichtums. In der guten alten Zeit, als Pongo noch ein mittelloser junger Student der Jurisprudenz gewesen war und ab und zu versucht hatte, seinen Onkel um einen dringend benötigten Fünfer anzupumpen, hätte man sich auf dem Blumenpfad der Lust keinen verständnisvolleren Begleiter wünschen können. Doch sein neuer Wohlstand schien ihn von Grund auf verändert zu haben. Das alte Lied, so wollte es Lord Ickenham scheinen.

»Na schön«, sagte er. »Wenn das deine Meinung ist …«

»Und ob sie das ist«, versicherte Pongo. »Schreib’s dir hinter die Ohren. Und es hat auch keinen Zweck, wenn du jetzt eine Jeremiade anstimmst, denn ich gedenke meine Haltung mit eiserner Entschlossenheit zu verfechten. Bei Hermione ist mein guter Ruf ohnehin gefährdet – sie rümpft die Nase über meine Mitgliedschaft im Drones Club –, und schon beim geringsten Hinweis auf skandalträchtige Sperenzchen wäre ich bei ihr endgültig unten durch. Zudem weiß sie leider alles über dich.«

»Mein Leben ist ein offenes Buch.«

»Sie hat gehört, was für ein verrückter Kerl du bist, und scheint zu glauben, das könnte vererbbar sein. ›Hoffentlich schlägst du nicht deinem Onkel nach‹, sagt sie immer wieder mit versonnener Miene.«

»Da hast du dich bestimmt verhört. ›Hoffentlich schlägst du deinem Onkel nach‹, hat sie vermutlich gesagt. Oder: ›Schatz, versuch doch bitte deinem Onkel etwas mehr nachzuschlagen.‹«

»Folglich muß ich aufpassen wie ein Schießhund, daß ich keinen Fehler mache. Denn sollte sich in ihrem Köpfchen der leiseste Argwohn festsetzen, daß ich nicht hundertprozentig seriös und solide bin, kann ich es mir glatt abschminken, je in den Hochzeitsfrack zu schlüpfen und Hermione zum Altar zu führen.«

»Dann kommt es für dich also nicht in Betracht, daß ich dich als Kammerdiener nach Ashenden begleite, auf daß wir uns mit dieser kleinen List ein paar vergnügliche Stunden machen?«

»Großer Gott!«

»War ja nur ein Vorschlag. Und umsetzen läßt er sich ohnehin nicht. Dazu müßte ich nämlich erst meinen Schnurrbart abrasieren, an dem ich sehr hänge. Einem Mann, der sonst nichts mehr hat vom Leben, ist sein Schnurrbart lieb und teuer. Sie ist also ein Mädchen von der Sorte, wie?«

»Was soll das heißen, ›von der Sorte‹?«

»Von edler Gesinnung. Von ehernen Grundsätzen. Eine Zierde britischer Weiblichkeit.«

»Oh, durchaus. Ja, sie ist umwerfend. Wer sie nicht mit eigenen Augen gesehen hat, glaubt es nicht.«

»Ich freue mich schon darauf, sie zu sehen.«

»Ich habe eine Fotografie hier, falls du einmal einen Blick auf sie werfen möchtest«, sagte Pongo und zog ein Bild im Kabinettformat aus der Brusttasche – wie ein Zauberkünstler, der ein Kaninchen aus dem Zylinder holt.

Lord Ickenham griff nach der Fotografie und betrachtete sie eine Weile.

»Ein bemerkenswertes Gesicht.«

»Sieh dir diese Augen an.«

»Hab’ ich schon.«

»Und auch die Nase.«

»Hab’ ich ebenfalls. Sie macht einen intelligenten Eindruck.«

»Und wie! Sie schreibt Romane.«

»Gütiger Himmel!«

Ein ungeheuerlicher Verdacht stieg in Pongo auf.

»Magst du sie etwa nicht?« fragte er ungläubig.

»Na ja, ich will’s mal so formulieren«, tastete sich Lord Ickenham mit größter Behutsamkeit vor. »Ich sehe durchaus, daß sie eine außergewöhnliche junge Frau ist, aber mir scheint, daß sie als Ehefrau nicht die richtige für dich ist.« »Und warum nicht?«

»Meines Erachtens gerätst du bei ihr zu sehr unter den Pantoffel. Hast du dir diese Gesichtszüge einmal genauer angesehen? Dieses Kinn ist ein entschlossenes Kinn. Diese Augen sind funkelnde Augen.«

»Und was hast du gegen funkelnde Augen?«

»Verdammt unangenehm, so was ständig bei sich zu Hause zu haben. Um mit funkelnden Augen zurechtzukommen, muß man ein Mann von eisernem Willen sein. Bist du ein Mann von eisernem Willen? Nein. Genau wie ich bist du ein lieber Kaffeekurier.«

»Was bin ich?«

»Unter einem Kaffeekurier verstehe ich einen Mann – und es gibt kein nobleres Geschöpf –, der nichts lieber tut, als seiner Gemahlin jeden Morgen das Frühstückstablett ans Bett zu bringen und mit ihr zu schnäbeln und zu turteln, während sie tüchtig reinhaut. Und was nun der Kaffeekurier braucht, ist beileibe keine Romanautorin mit energischem Kinn und funkelnden Augen, sondern ein patentes süßes Ding, das, wenn er schnäbelt, zurückschnäbelt wie ein Schnabeltier und sich auf sein Geturtel einläßt, wie es sich für eine richtige Turteltaube gehört. Ich gebe jedem jungen Mann, der sich auf die Suche nach einer Lebenspartnerin macht, den guten Rat, sich nach einem Mädchen umzusehen, das er kitzeln darf. Kannst du dir vorstellen, Hermione Bostock zu kitzeln? Die würde sich doch zu ihrer vollen Größe aufrichten und entsetzt ›Sir!‹ sagen. Deine Idealpartnerin wäre selbstverständlich Sally Painter gewesen.«

Wie so häufig bei der Nennung von Namen aus der dunklen Vergangenheit erstarrte nun auch Pongos Gesicht, als dieser Name fiel, zur Maske, und eine dünne Eisschicht schien sich um ihn zu legen. Ein empfindsamerer Mensch als Lord Ickenham hätte sich seine wollenen Wintersachen bringen lassen.

»Leidet Coggs unter Ballenentzündung?« erkundigte sich Pongo kühl. »Sein Gang machte auf mich den Eindruck, als quälten ihn die Füße.«

»Seit sie in England ist«, sagte Lord Ickenham, der sich nicht ablenken und ins Reich der Spekulationen führen lassen wollte, mochten diese auch noch so faszinierend sein, »habe ich immer gehofft, du würdest dich schließlich mit Sally zusammentun. Und eines Tages hast du mir ja dann auch verkündet, die Sache sei geritzt. Doch eines anderen Tages, verdammter Mist«, fuhr er fort und hob im Sturm der Gefühle die Stimme ein wenig, »hast du mir dann verkündet, die Sache sei geplatzt. Und mir ist vollkommen schleierhaft, wie du, nachdem es dir tatsächlich gelungen war, dich mit einem Mädchen wie Sally Painter zu verloben, so idiotisch sein konntest, die Beziehungen abzubrechen. Es war doch bestimmt alles deine Schuld, oder?«

Pongo hatte sich eigentlich bis zum Abschluß des leidigen Themas in eisiges Schweigen hüllen wollen, doch dieser ungerechte Vorwurf lockte ihn aus seiner stolzen Reserve.

»Ganz und gar nicht, verflixt und zugenäht! Vielleicht darf ich dich mit den Tatsachen vertraut machen.«

»Ja, sei doch bitte so gut. Es wird allmählich Zeit, daß jemand das tut. Aus Sally habe ich kein Wort rausbekommen.«

»Dann hast du sie also getroffen?«

»Sie kam vor zwei Wochen mit Otis hierher und gab mir eine ihrer Büsten in Gewahrsam. Ich weiß auch nicht, wieso. Dort drüben in der Ecke steht sie.«

Pongo warf der Büste einen kurzen und achtlosen Blick zu. »Und sie hat dich nicht mit den Tatsachen vertraut gemacht?«

»Sie sagte, die Verlobung sei geplatzt, was ich bereits wußte, aber das war auch schon alles.«

»Ach? Na schön«, sagte Pongo und schnaubte aufgebracht durch die Nase, als er diese Leiche aus dem Keller der dunklen Vergangenheit holte, »vorgefallen ist Folgendes: Bloß weil ich etwas nicht tun wollte, was sie von mir verlangte, nannte sie mich einen jämmerlichen Hasenfuß.«

»Vermutlich meinte sie es als Kompliment. Ein Hasenfuß kann doch etwas sehr Schönes sein.«

»Harsche Worte folgten. Ich sagte dies und das, und sie sagte dieses und jenes. Und noch am selben Abend wurden Ring und Korrespondenz samt aller Beilagen von einem Botenjungen zurückgebracht.«

»Ein harmloser Zank zwischen Liebenden. Ich habe fest damit gerechnet, daß ihr die Sache schon am nächsten Tag wieder einrenken würdet.«

»Tja, und genau das haben wir nicht getan. Im Grunde brachte dieser Hasenfußausspruch das randvolle Faß ja nur noch zum Überlaufen. Wir lagen uns auch zuvor ständig in den Haaren, und irgendwann war der Karren eben endgültig gegen die Wand gefahren.«

»Worin haben sich denn die Meinungsverschiedenheiten in erster Linie geäußert?«

»Da wäre einerseits ihr verfluchter Bruder. Ich kann ihn nicht riechen!«

»Zugegeben, Otis ist nicht jedermanns Kragenweite. Inzwischen soll er laut Sally Verleger geworden sein. Vermutlich fällt er damit genauso auf den Bauch wie damals mit seinem Antiquitätenladen. Hast du ihr gesagt, daß du ihn nicht riechen kannst?«

»Ja. Sie geriet etwas in Rage deswegen. Erschwerend kam hinzu, daß ich von ihr verlangte, die Bildhauerei an den Nagel zu hängen.«

»Was hast du denn dagegen gehabt, daß sie sich bildhauerisch betätigt?«

»Es war mir zuwider, daß sie sich in Chelsea mit dieser zwielichtigen Bagage umgab. Bärtige Burschen«, sagte Pongo und schüttelte sich heftig. »Manchmal habe ich sie in ihrem Atelier besucht, wo dann Hunderte dieser Kerle, zugewachsen bis zu den Augenbrauen, aus sämtlichen Löchern krochen.«

Lord Ickenham zog nachdenklich an seiner Zigarre.

»Ich lag falsch mit meiner Behauptung, du seist kein Mann von eisernem Willen. Offensichtlich hast du dich wie Fürst Großkotz aufgeführt.«

»Umgekehrt wird ein Schuh draus! Ständig hat sie versucht, mich rumzukommandieren.«

»Frauen tun das nun mal, gerade Amerikanerinnen. Ich weiß es, denn ich bin mit einer verheiratet. Das macht ja ihren Charme aus.«

»Alles hat seine Grenzen.«

»Und bei dir waren die wohl erreicht – aber weshalb denn? Du wolltest es mir gerade verraten. Was genau hat sie von dir verlangt?«

»Ich sollte Schmuck mit nach New York nehmen und dort durch den Zoll schmuggeln.«

»Herrlich! Diese Sally ist wirklich ein geschäftstüchtiges kleines Ding! Aber seit wann besitzt sie denn Schmuck?«

»Es war nicht für sie, sondern für eine ihrer reichen amerikanischen Busenfreundinnen, ein Mädchen namens Alice Soundso. Dieses doofe Frauenzimmer hatte sich in der Bond Street mit dem Zeug eingedeckt und konnte sich nicht mit dem Gedanken anfreunden, bei ihrer Ankunft in New York Zoll darauf zu bezahlen, und so verlangte Sally dann von mir, ich solle die Ware für sie durchschleusen.«

»Eine reizende Idee.«

»Eine hirnverbrannte Idee. Und das gab ich ihr auch deutlich zu verstehen. Schön blöd wäre ich dagestanden, wenn mich die Leute von der Hafenbehörde gefilzt hätten!«

Lord Ickenham seufzte.

»Verstehe. Tja, mir tut das ja leid. Ein wohlhabender Gatte wie du wäre ihr sehr zupaß gekommen. Ich fürchte, das Mädchen pfeift aus dem letzten Loch.«

Pongos Unterkiefer rastete einen Zacken tiefer ein. So tot die Liebe sein mochte, so weich war sein Herz.

»Jetzt mach mal ’nen Punkt!«

»Ich glaube, sie kriegt nicht genug zu essen.«

»So ein Humbug!«

»Das ist kein Humbug. Sie kam mir sehr mager vor, und es wollte mir überhaupt nicht gefallen, daß sie das Lamm und die grünen Erbsen wegputzte, als hätte sie seit Wochen nichts Vernünftiges mehr zwischen die Zähne gekriegt. Das Bildhauerhandwerk, wenn das denn der richtige Ausdruck ist, hat offenbar keinen goldenen Boden. Wer zum Kuckuck kauft schon Büsten?«

»Ach, mach dir deswegen keine Sorgen«, sagte Pongo erleichtert. »Sie ist nicht auf die Bildhauerei angewiesen. Eine Tante in Kansas City hat ihr etwas Geld vermacht.«

»Ich weiß. Dennoch frage ich mich, ob diesem Notgroschen nicht etwas zugestoßen sein könnte. Vor zwei Jahren ist sie Otis nach London gefolgt, und es wäre durchaus denkbar, daß er ihr diesen abgeluchst hat. Ein Schlawiner wie Otis schafft in zwei Jahren allerhand.«

»Dafür ist Sally viel zu clever.«

»Noch die vernünftigsten Mädchen erweisen sich oft als die größten Schussel, wenn ein geliebter Bruder im Spiel ist. Als ich ihr neulich in einem Brief mitteilte, daß ich hoffentlich in Kürze in London weilen und mich glücklich schätzen würde, wenn sie sich einen Abend freihalten könnte, um mit mir essen zu gehen, da erhielt ich von ihr die Antwort, daß sie sich über mein Kommen sehr freue, da sie mich in einer äußerst dringlichen Angelegenheit zu sprechen wünsche. Das ›äußerst‹ hatte sie unterstrichen. Der Ton dieses Schreibens gefiel mir gar nicht. Er hat mich an deine früheren Briefe erinnert, als die Beziehung zu deinem Buchmacher jeweils vorübergehend getrübt war und du bei mir ein kleines Darlehen lockermachen wolltest. Tja, ich sehe sie ja morgen und werde ihr dabei ein bißchen auf den Zahn fühlen. Arme kleine Sally, ich hoffe inständig, daß es ihr gutgeht. Was ist sie doch für ein bewundernswertes Geschöpf!«

»Ja.«

»So empfindest du doch weiterhin, oder?«

»Oh, durchaus. Ich mag Sally schrecklich gut leiden. Vor meiner Abreise nach Amerika wollte ich ihr noch einen Dienst erweisen. Hermione hatte mir nämlich erzählt, der alte Bostock wolle von sich eine Büste anfertigen lassen, um sie dem Bürgerverein zu schenken, und ich überredete sie dazu, daß sie ihm Sally empfiehlt. Ich glaubte, sie freue sich bestimmt über den Auftrag.«

»Na ja, einem impulsiven Mädchen rührt so etwas bestimmt ans Herz. Unbedingt. ›Der edelmütigste Mensch, den ich kenne‹, so kann man sie beinahe sagen hören. Wenn du deine Trümpfe geschickt ausspielst, kannst du sie bestimmt noch immer heiraten, Pongo.«

»Läßt du dabei nicht die Kleinigkeit außer acht, daß ich mit Hermione verlobt bin?«

»Empfiehl dich doch einfach auf französisch.«

»Pah!«

»Selbst deine besten Freunde würden dir dazu raten. Du bist ein launenhafter, introvertierter Bursche und neigst dazu, immer nur schwarz zu sehen. Nie vergesse ich, wie du dich damals beim Hunderennen aufgeführt hast. Trübsinnig ist das einzige Wort, mit dem man deine Stimmung beschreiben kann, als dich der Polizist am Wickel genommen hat. Du hast mich damals an Hamlet erinnert. Was du brauchst, ist eine lebenslustige Frau, die dich auf andere Gedanken bringt, und zwar eine von der Sorte, die sogar dem Bischof, falls der einmal bei euch übernachten sollte, einen Schabernack nach dem anderen spielt. Ich glaube nicht, daß deine Hermione Bostock in ihrem ganzen Leben je auch nur eine Bettfalle gebaut hat. Ich würde sie sausen lassen. Schick ihr doch ein liebenswürdiges Telegramm, in dem steht, du hättest es dir anders überlegt und das Ganze sei abgeblasen. In meinem Arbeitszimmer hätte ich ein Telegrammformular.«

Ein Ausdruck höchster Inbrunst schlich sich in Pongos Miene.

»Nur zu deiner Information, Onkel Fred: Keine zehn Pferde werden mich dazu bringen, meine Verlobung aufzulösen.«

»Höchst unwahrscheinlich, daß sie das versuchen.«

»Ich bete dieses Mädchen an. Es gibt nichts, was ich nicht für sie täte. Damit du dir eine ungefähre Vorstellung machen kannst: Ich habe ihr erzählt, ich sei Abstinenzler. Und weshalb? Weil sie eines Tages sagte, ich sei doch hoffentlich keiner von diesen jungen Schluckspechten, die man heutzutage von einer Kneipe in die andere ziehen sehe, wo sie sich auf die Schnelle die Gurgel schmierten. ›Ich?‹ sagte ich. ›Aber woher denn! Ich rühre dieses Teufelszeug niemals an.‹ So, jetzt weißt du Bescheid.«

»Und wenn du also nach Ashenden kommst …«