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Titelseite
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Für Johanna,

Susi und Martin

»Sie leben eingesperrt in Boxen,
sie, die die Weite lieben.

Sie sind einsam hinter Gittern,
sie, die Geselligkeit lieben.

Sie beugen sich Trense und Kandare,
sie, die die Freiheit lieben.

Sie begegnen unserer Gewalt,
sie, die sich nicht wehren können.

Wir sind tief in ihrer Schuld.«

Alle Mädchen hatten sich versammelt und schauten gebannt in die Reithalle. Cindy war sogar extra auf eine leere umgedrehte Sprudelkiste gestiegen, damit sie sich nicht so strecken musste. Die anderen konnten bequem über die zweiflügelige Holztüre sehen, die in die Bahn führte.

»Der kam extra angereist«, flüsterte Kaya und fühlte fast so etwas wie Stolz, obwohl es ja gar nicht um sie ging. In der Bahn stand ein Mann, wie man ihn sich als Reitlehrer nur wünschen konnte – groß und stattlich, mit einer braunen Lederjacke und einer braunen Cordhose. Seine Augen blickten freundlich, das Gesicht war eher rundlich, und seiner Haut sah man an, dass er viel an der frischen Luft sein musste. Und dann war da seine ganz besonders angenehm und kräftig klingende Stimme. Ohne große Mühe drang sie bis in den letzten Winkel und erreichte Jo auch am anderen Ende der Halle, wo sie mit ihrem Pony gerade eine Schulter-vor-Länge einleiten sollte. Es war unglaublich, aber wahr – Jos Trainer war aus Westfalen angereist, um Jo und ihr Pony Andy die ersten Tage hier in ihrer neuen Heimat zu trainieren. Die beiden waren die amtierenden Deutschen Meister in der Pony-Vielseitigkeit, und nachdem Jos Vater wegen seines Berufes in den Süden umziehen musste, stand auch für seine Familie ein Ortswechsel an. Kaya hatte sich wahnsinnig darüber gefreut. Sie hatte Jo bei den German Friendships, einem internationalen Jugendturnier in Herford, kennengelernt und war mächtig von ihr und ihrem Pony beeindruckt. Als Willkommensgruß hatten Kaya und ihre Freundinnen Jo eine ganze Geländestrecke mit Hindernissen gebaut, die sie beim Ausprobieren allerdings gleich mal selbst zerlegt hatten. Trotzdem – Jo hatte sich gewaltig darüber gefreut. Es sei der Wille, der zähle, hatte sie gesagt und gelacht. Und Andy fand die Karotten, die sie ihm zur Begrüßung in die Box gelegt hatten, ebenfalls ganz großartig.

»Das ist so ein edles Pony, schaut mal, wie der geht!«, flüsterte Cindy und zog an einer ihrer roten Korkenzieherlocken.

»Na, wie schon. Wie ein Pony halt«, sagte Minka etwas unwirsch, denn sie besaß mit Luxury Illusion selbst ein hübsches und begabtes Pony und wollte ihren Luxy nicht so schnell entthront sehen. Kaya sagte gar nichts. Sie seufzte bloß kurz. Das war eben eine ganz andere Kategorie. Sie liebte ihren Sir Whitefoot, den ihr ihre Eltern zu Weihnachten geschenkt hatten, aber in diese Klasse würde er nie aufsteigen können. Ihr Sir Whitefoot war ein wildes freches Bürschchen, mutig und voller Bewegungsfreude, aber wie Andy hier vor aller Augen so elegant und locker seine Aufgaben meisterte, das war schon etwas anderes. Und Jo – sie saß ja quasi in ihrem Pferd, nicht auf ihm. Die beiden waren wie verwachsen miteinander.

»Nun gut, jetzt haben wir einen Deutschen Meister im Stall«, brummelte Reni neben ihr. »Jetzt wird unser Stall berühmt, yeah!« Reni war von den fünf Freundinnen körperlich die Kräftigste und auch die Stärkste. Sie spielte nebenher noch Handball und hob auch gern mal beim Schmied die Hufe auf. Reni powerte ständig bei allem, was sie tat, verbrauchte sie mächtig viel Energie, und deshalb hatte sie auch immer Hunger.

»Bloß ist Jo mit 16 Jahren im nächsten Jahr eben aus dem Ponyalter raus und damit auch aus dem Kader«, warf Fritzi ein. Sie dachte immer etwas weiter. Das musste bei ihr in den Genen liegen, ihr Vater war Lehrer.

»Dann kannst du ja nachrücken, du bist schließlich erst 14«, zog Kaya sie auf, schauderte aber trotzdem. Jo ritt im Bundeskader, höher ging es nicht. Sie selbst hatte den Rang der Talentierten Junioren am Ärmel ihres Turnierjacketts, was sie schon mächtig stolz machte. Aber dafür musste sie auch regelmäßig auf Turniere gehen, was sie aber nicht mehr konnte, seitdem sie Dreamy nicht mehr ständig ritt. Möglicherweise würde sie dadurch nun ihre Kaderzugehörigkeit verlieren. Sie wollte gar nicht daran denken.

Andy wechselte gerade im Galopp durch die Länge der Bahn. »Der kann ja sogar fliegende Galoppwechsel«, staunte Cindy und stand plötzlich auf Zehenspitzen auf der Kiste.

»Der muss ein Vermögen gekostet haben«, nickte Minka, die sich von allen am wenigsten beklagen durfte. Ihr Vater fuhr sie mit Luxy regelmäßig zu Turnieren in der Umgebung und auch zu Lehrgängen, wo sie manchmal sogar übernachten durfte.

»Es liegt eben auch am Training und somit auch am Trainer«, sagte eine dunkle Stimme hinter ihnen und Kayas Herz machte einen Sprung. Wenn sie diese Stimme hörte, fuhr ihr jedes Mal sofort ein warmer Schauer durch den ganzen Körper. Chris! Ihre ganz große Liebe! Sie holte einmal tief Luft, bevor sie sich zu ihm umdrehte. Nur nicht aufgeregt erscheinen und vor allem nicht rot werden.

»Ach«, sagte sie, »bist du wegen Jo da oder wegen ihres Trainers?«

Er lächelte sie an und seine blauen Augen katapultierten sie direkt in eine andere Sphäre. Am liebsten hätte sie sofort seine Hand gegriffen und wäre mit ihm verschwunden – oder hätte sich ihm zumindest in die Arme geworfen. Aber zum einen standen ihre Freundinnen um sie herum und zudem durfte er von ihren überschwänglichen Gefühlen ja nichts wissen. Zumindest nicht wirklich.

»Wegen dir«, antwortete er und sofort spürte sie die neugierigen Blicke der Mädchen auf sich gerichtet. Jetzt bekam sie doch einen roten Kopf. Teufel noch mal, sie merkte, wie ihre Ohren heiß wurden. Musste das jetzt sein?

»Wegen mir?«, fragte sie schnell, um von ihrer Gesichtsfarbe abzulenken.

»Ja, meine Mutter hat mal wieder ein Schnäppchen gemacht – zwei Satteldecken zum Preis von einer – sie will wissen, ob du eine für Sir Whitefoot haben magst!«

Das war gelogen. Kaya war das sofort klar. Das Reitsportcenter würde einen Teufel tun! Zwei Satteldecken zum Preis von einer, nie im Leben! Simone Waldmann wollte ihre gute Tat einfach ein bisschen herunterspielen, das war alles.

Trotzdem tat sie so, als ob sie sich freute. »Au ja, wirklich?«, sagte sie und drehte sich nun ganz zu ihm um. »Und wo sind sie?«

»Im Wagen. Kannst dir eine aussuchen!«

Kaya zwinkerte ihren Freundinnen zu und ging dann ganz nah neben Chris durch den Hof. Sir Whitefoot stand in seinem Paddock und schnaubte sofort, als sie um die Ecke bog.

Chris lachte. »Na, den hast du wirklich erobert. Der liebt dich mit Haut und Haaren!«

Fast hätte Kaya »Du wärst mir aber lieber« gesagt, konnte es sich jedoch gerade noch so verkneifen. Und überhaupt wäre das dann Sir Whitefoot gegenüber ungerecht gewesen. Der strengte sich im Vergleich zu Chris wenigstens an. Chris kam nur, wenn seine Mutter ihn schickte – so wie jetzt.

Sie schaute ihn kurz von der Seite an. Allerdings – jetzt war er hier. Jetzt musste sie sich was einfallen lassen.

»Und was läuft bei dir zurzeit so?«, fragte sie, um irgendwie ein Gespräch in Gang zu bringen.

»Meinst du in der Schule? Bei den Pferden? Oder sexuell?«

Das war klar. Jetzt wollte er den coolen 16-Jährigen und welterfahrenen Kerl raushängen lassen.

»Sexuell!«, sagte sie schnell, bekam aber keine Antwort mehr, weil sie schon auf dem Parkplatz angelangt waren, wo Chris’ Mutter gerade aus dem Auto sprang. Simone hatte Jeans und ein grünes Poloshirt an und sah eher wie Chris’ ältere Schwester aus, aber bestimmt nicht wie eine erfolgreiche Juristin.

»Hallo, Kaya. Na, wie geht’s? Lange nicht mehr gesehen!«

Das stimmte nicht ganz, es war erst eine Woche her, aber vielleicht hatte Frau Waldmann das ja vergessen.

Sie riss schwungvoll den Kofferraum auf, holte zwei Schabracken heraus, sagte »Springschabracken« und lächelte dabei.

Das waren beides keine Sonderangebote, sondern die Schabracken aus der neuesten Kollektion, was Kaya sofort klar war. Die eine war dunkelbraun und am hinteren Teil mit einer Krone aus Glitzersteinchen geschmückt.

»Die sieht ja scharf aus«, entfuhr es Kaya und Simone hielt ihr die Decke hin. Das Sonnenlicht spiegelte sich in der Krone und funkelte in allen möglichen Farben. Kaya drehte und wendete die Schabracke und gab sie Simone strahlend zurück. »Cool!«, sagte sie.

Die zweite war dunkelgrün und hatte eine zweifarbige Zierborte. Sie sah nicht so besonders auffallend aus. Kaya war schon klar, was sich Simone beim Kauf gedacht hatte.

»Und wenn ich jetzt die grüne möchte?«, fragte Kaya spitzbübisch und schaute Chris verschmitzt an. »Nimmst du dann die mit der Krone?«

Chris zuckte die Schultern. »Solange mein Pony gewinnt, nehme ich sogar rosa!«

Kaya musste lachen. Chris, so wie er da vor ihr stand, mit Jeans, schwarzem T-Shirt, blonden Surferhaaren und den blauen Augen. Der auf einem rosa herausgebrachten Pony. Zumal Wild Thing ja nun auch keine Schönheitskönigin war – das alles zusammen käme wohl ziemlich absurd rüber.

»Das möchte ich sehen!«, sagte sie und lachte und auch Simone musste lachen.

»Kriegst die passenden rosa Bandagen dazu!«, frotzelte sie.

Kaya hielt die braune Schabracke wieder in die Sonne und bewunderte das Krönchen. »Und ich darf mir die wirklich aussuchen?«, fragte sie noch einmal zweifelnd, denn das hier war wie ein Geburtstagsgeschenk und nicht einfach mal so nebenbei.

Simone nickte. »Sie hat mir einfach gut gefallen. Und deinem Fuchs steht das Dunkelbraun bestimmt sehr gut. Charlotte möchte auf ihrem Pony eine helle Farbe

Charlotte war Chris’ kleine Schwester, und Dreamy, ihr Pony, stand ebenfalls im Stall bei Claudia. Chris’ zwei Ponys dagegen waren im Nobelstall der Stadt untergebracht. Dort habe er mehr Trainingsmöglichkeiten, behauptete er.

»Kann ich irgendetwas dafür tun?«, wollte Kaya wissen. »Vielleicht Dreamy bewegen, wenn Sie in die Sommerferien fahren?«

Simone schüttelte nur den Kopf. »Nein, es ist einfach ein Geschenk, liebe Kaya. Einfach so. Du hilfst unserer Charlotte ja ohnehin immer, also mach dir keine Gedanken.« Sie schaute ihren Sohn an. »Und außerdem stellt sich noch die Frage, ob wir in den Sommerferien überhaupt wegkönnen – Lina hat sich angesagt. Sie plant eine Deutschlandreise und wird bei uns ein paar Tage Station machen.« Sie stockte kurz. »Aber bis zu den Sommerferien ist es ja noch eine Weile hin …«

Lina?

»Lina?« Jetzt schaute auch Kaya schräg, dann aber schoss es ihr wie ein Blitz durch den Kopf. Lina! Mist! Lina!

Konnte ein Mensch solche Gefühlsstürze überhaupt aushalten? Eben noch schierer Jubel und jetzt der eiskalte Schreck. Sie spürte, wie ihr die Farbe aus dem Gesicht wich und wie ihre Beine wackelig wurden.

»Aber warum das denn?«, fragte sie einigermaßen hilflos. »Was will sie denn hier?«

Das war ja die perfekte Katastrophe! Bei den German Friendships, dem internationalen Jugendturnier in Herford, war Lina die Partnerin von Chris gewesen. Gemeinsam hatten die beiden ein Team gebildet, so wie alle anderen Deutschen mit je einem ausländischen Gast auch. Und das Los hatte Chris Lina zugesprochen, dieses äußerst attraktive Mädchen aus Brasilien. Kaya war damals nach dem Turnier froh gewesen, dass sie diesen Albtraum überstanden hatte – und jetzt sollte er von Neuem beginnen, sollte er sie verfolgen.

Simone hatte die grüne Schabracke in den Wagen zurückgelegt und die Tür bereits wieder geschlossen.

»Und? Was machst du in den Sommerferien?«, fragte sie Kaya.

»Nichts«, sagte sie automatisch. »Ich trainiere ein bisschen mit Sir Whitefoot, und vielleicht kann ich auch zu einem kleinen Turnier mitfahren – mal sehen, was Claudia so vorhat.« Sie konnte das ja nicht alleine bestimmen, sie hatte keinen Pferdehänger. Und ihre Eltern hatten am Wochenende nie Zeit, weil sie das Restaurant nicht einfach alleine lassen konnten. Kaya wurde die ganze Misere bewusst, und sie spürte, wie die Tränen in ihr aufstiegen.

»Ja, gut, dann kannst du mit den beiden doch bestimmt mal ausreiten oder sonst was Schönes unternehmen«, verkündete Simone beschwingt, umarmte Kaya kurz und stieg in ihren Wagen ein. Chris blieb noch kurz neben ihr stehen, aber offensichtlich wusste auch er nicht, wie er reagieren sollte. »Ich ruf dich an«, sagte er, drückte sie kurz am Oberarm, nickte zur Schabracke hin, die Kaya unter den Arm geklemmt hatte, und meinte: »Ihr beide seht damit bestimmt toll aus.« Dann war auch er im Auto verschwunden.

»Ja, bestimmt«, erwiderte sie gedämpft. »Das war eine coole Aktion von deiner Mutter, vielen Dank!«

Sie schaute dem Geländewagen nach, bis er nicht mehr zu sehen war, und stand immer noch an der Straße, als sie Hufgeklapper hinter sich hörte.

»Na, träumst du deinem Prinzen nach?« Es war die rauchige Stimme von Jo. Kaya drehte sich zu ihr um. Jo kam von der Halle herübergeritten, sie wollte nach dem Training noch im Schritt »ausdampfen« lassen, wie sie es immer nannte. Viel Schritt vorher und viel Schritt nachher, erklärte sie jedes Mal. Ein Marathonläufer würde ja auch nicht einfach so losrasen und sich im Ziel direkt ins Gras werfen. Der muss seine Muskeln und Sehnen auch erst warm machen und hinterher entspannen. Und so geht’s beim Reiten auch, sonst wäre der Traum vom gesunden Pferd bald ausgeträumt.

»Ausdampfen lassen?«, fragte Kaya lustlos.

»Ja, ich mach noch einen kleinen Schrittausritt. Magst du mit?«

»Auf dem Gepäckträger?«

Jo lachte. »Quatsch. Ich steige ab, dann spazieren wir einfach.«

Kaya schüttelte den Kopf. »Nein danke. Ich glaube, ich mag jetzt allein sein!«

Jo tätschelte Andys Hals, der feuchte Stellen aufwies. Sie zeigte auf die Schabracke. »Hast du die gerade bekommen?«

»Ja. Zusammen mit der Nachricht, dass Lina im Sommer kommt.«

»Lina?« Jo beugte sich etwas zu ihr herunter.

»Lina. Seine Partnerin aus …!«

»Ah«, Jo unterbrach Kaya und grinste breit. »Der brasilianische Feger. Der mit den schönen Zähnen und dem ungezügelten Temperament!«

Kaya verzog den Mund. »Du sagst es!«

»Und was will die hier?« Andy stand wie ein Denkmal. Kaya kam nicht umhin, ihn zu bewundern. Sir Whitefoot hätte schon längst zur anderen Straßenseite hin gedrängt, zu den Koppeln und zum Reitweg. Andy dagegen stand ruhig am langen Zügel mit gespitzten Ohren, so als ob er mitreden würde.

»Sie macht eine Deutschlandreise und Station bei Waldmanns. Ist das nicht toll?«

»Ja, spitze!« Sie blickten sich beide in die Augen. »Wart’s ab«, beruhigte sie Jo dann. »Die ist sicher absolut harmlos.«

»Harmlos. Genau«, wiederholte Kaya kopfnickend. »Das glaub ich auch!«

»Und bis zu den Sommerferien dauert es ja noch eine Weile, wer weiß, was bis dahin alles passiert!«

»Ja, wer weiß …« Kaya nickte wieder.

»Gut.« Jo deutete mit ihrem Kopf den Reitweg rauf. »Wir gehen dann mal. Bis nachher!«

Kaya klopfte Andy leicht auf die Hinterhand. »Ich gehe nach Hause«, sagte sie, »hab heute keine Lust mehr!«

Sie verstaute die Schabracke, gab Sir Whitefoot eine Rübe zum Abschied und winkte ihren Freundinnen von Weitem zu. »Ich muss heim«, rief sie und sah auch auf die Entfernung, dass die Mädels sich ungläubig anschauten. Sie war sonst immer die Letzte, die heim musste. Und wenn sie es sich jetzt so recht überlegte, müssen musste sie eigentlich nie heim. Ihre Eltern machten ihr ja keine Vorgaben, sie wussten, dass Kaya sowieso immer rechtzeitig kam, weil sie einfach unausgeschlafen war, wenn sie abends zu spät ins Bett ging. Das würde ihr sonst den ganzen nächsten Tag nachhängen.

Oh Mann, was bin ich für ein langweiliger Teenager, dachte sie, als sie sich auf ihr Rad schwang. Ich könnte längst mit Chris gehen, wenn ich nicht immer so höflich zurückhaltend wäre. Wo habe ich das bloß her? Sie grübelte, während sie die Straße hinunterfegte. An ihrem Geburtstag, ja da sah es noch ganz anders aus. Da schmuste er mit ihr im Heu, nachdem sie bei der Geburt der Fohlen geholfen hatten.1 Aber hatte sie etwas daraus gemacht? Am nächsten Tag wollte er mit ihr ins Kino, aber sie konnte nicht, weil der Film erst ab 16 war. Dummerweise hatte ihre Mutter in der Zeitung nachgesehen. Wie ein junges Küken war sie sich vorgekommen – und bingo, danach hat er gar nicht mehr versucht, sie einzuladen. Sie hätte einfach gehen sollen und Mutter Mutter sein lassen, hatte es sich aber nicht getraut.

Ein Wagen nahm ihr die Vorfahrt und sie wäre fast gestürzt. »Idiot!«, schrie sie ihm nach und legte all die Ungerechtigkeit ihrer Welt in dieses Wort. Sicherlich brauchte diese blöde Lina nur wieder mit dem Hintern zu wackeln und er würde dahinschmelzen. Dabei war es doch nur so ein aufgesetztes Getue von der und hatte rein gar nichts mit wirklichen Gefühlen zu tun, so wie bei ihr!

Sie war so sauer, dass sie daran dachte, ihren Kleiderschrank aufzuräumen. Irgendeine sinnvolle Betätigung, bei der sie sich abreagieren konnte, brauchte sie jetzt.

Sie knallte ihr Fahrrad gegen die Hauswand, und es war ihr auch egal, dass es mit dem Vorderrad wegrutsche und auf dem Lenker liegen blieb. Selbst Schuld, dachte sie. Hätte auch stehen bleiben können! Durch das Fenster sah sie, dass ihr Vater schon wieder in der Restaurantküche arbeitete. Dann konnte ihre Mutter auch nicht weit sein. Sollte sie gleich ins Privathaus rübergehen oder sollte sie sich zumindest kurz sehen lassen?

Unentschlossen blieb sie stehen und schaute ihrem Vater zu. In einem kleinen Topf köchelte eine Sauce und eben schöpfte er breite Nudeln ab. Sofort meldete sich ihr Magen. Damit war die Sache klar. Und anschließend ein Eis, dachte sie. Irgendwie fühlte sie sich sofort besser. Und als ob er ihren Blick in seinem Rücken gespürt hätte, drehte sich ihr Vater jetzt um und winkte ihr zu. Sie winkte zurück. Na gut, dachte sie. Dann musste der Schrank eben warten.

Ihr Vater hatte heute richtig gute Laune. Er lächelte ihr entgegen, und Kaya fand wieder einmal, dass er für seine 44 Jahre unglaublich jung aussah. Oder war jung der falsche Ausdruck? Er hatte etwas Jungenhaftes an sich. Vielleicht weil er gern Unsinn machte und vieles nicht so ernst nahm, worüber ihre Mutter sich aufregen konnte. Der Kinobesuch zum Beispiel. Er hätte garantiert nicht in der Zeitung nachspioniert.

»Heute ist die Bude voll«, begrüßte er sie und stellte ihr auch gleich einen Teller auf den kleinen Tisch, an dem sie so gern saß. »Aber am großen Tisch haben sie sich zum Glück auf dasselbe Menü geeinigt, das bedeutet weniger Arbeit und mehr Geld. Ist das nicht toll?« Er zwinkerte ihr zu. »Damit ist die Miete für deinen Sir Whitefoot jedenfalls schon mal gesichert!«

Kaya nickte zufrieden und holte sich Besteck. Ja, auch darin unterschieden sie sich von Chris. Während die Waldmanns viel Geld hatten und sich solchen Luxus wie die edlen Schabracken einfach mal so nebenbei leisten konnten, mussten ihre Eltern noch den Umbau des Restaurants und des Wohnhauses abbezahlen. Dass sie Sir Whitefoot überhaupt bekommen hatte, grenzte schon an ein Wunder – auch wenn es an Weihnachten gewesen war. Und das war jetzt schon über sieben Monate her …

»Worauf hast du Appetit?«, wollte ihr Vater wissen.

»Auf einen großen Teller mit Gemüse und Salat«, kam die Antwort von dort, wo die Schwingtüre zum Restaurant führte. Ihre Mutter war mit einigen aufeinandergestapelten Tellern hereingekommen. »Grüß dich, mein Schatz. Wie war ’s reiten? Und was macht die Schule? Vergiss bitte vor lauter Pferden deine Schulaufgaben nicht. Und Klassenarbeiten schreibt ihr doch bestimmt auch? Gibt’s da was, was ich nicht weiß? Nicht dass ich bei der nächsten Elternversammlung wieder …«

»Karin!«, schnitt Harry ihr das Wort ab und drohte ihr mit dem Kochlöffel. »Lass das arme Kind doch erst mal essen!«

»Na«, sie seufzte und hielt mitten in der Bewegung inne. »Ich sehe schon. Die große Verschwörung ist wieder im Gange. Breite Nudeln und Spickzettel.«

Kaya grinste und auch ihr Vater schnitt eine Grimasse.

»Wenn du wenigstens ein bisschen Salat isst, dann habe ich eine Überraschung für dich!« Karin hatte das Geschirr abgestellt und fuhr sich mit ihren Fingern durch das schwarze Haar. Sie war hübsch, hatte eine sportliche Figur und trug im Service meist dunkle Hosen und helle Blusen. Jetzt verschränkte sie abwartend die Arme und warf Kaya einen herausfordernden Blick zu.

Heute schien wirklich absolut der Tag der Überraschungen zu sein, fand Kaya. Würde sie noch eine ertragen?

»Nur wenn es eine nette Überraschung ist«, sagte sie vorsichtig und fügte noch schnell hinzu: »Und außerdem ist das Erpressung!« »Stimmt!«, erklärte Karin und bedeutete ihrem Mann per Fingerzeig, dass zu den Nudeln noch was Grünes auf den Teller musste.

Kaya schaute misstrauisch. »Und was bitte?«, fragte sie und zog die Nase kraus. Das hatte sie sich aus ihrer Kinderzeit herübergerettet. Wie Mogli im Dschungelbuch.

»Isst du das dann auch?«, wollte Karin wissen und lud silberne Brotkörbe und Schmalztöpfe auf ein Tablett.

»Ja, gut, versprochen!«, kapitulierte Kaya und nickte.

»Also. Eben hat Klemens Nachtigall einen Tisch reserviert. Er kommt mit Jo. Und laut Jo sollst du dich dazusetzen. Jos Mutter kommt auch mit!«

Was sollte sie da? Jos Mutter hatte ein zupackendes Wesen, in ihrer Nähe war ihr nie so ganz wohl zumute, weil sie immer dachte, dass sie sicherlich irgendetwas falsch machte. Jo und ihre Eltern waren schließlich halbe Profis. Wie sonst hätten Jo und Andy Deutscher Meister werden können?

Kaya zögerte.

»Ja, willst du denn nicht?«, fragte ihr Vater, während ihre Mutter mit dem Tablett hinausging.

»Doch, schon.« Sie überlegte. »Ich bin bloß so, so … gar nichts im Vergleich.«

Harry schaute sie kurz an, schob einige Töpfe ein kleines Stück von den Gasflammen weg und setzte sich dann mit einem Teller voller Nudeln und drei Salatblättern in üppiger karamellfarbener Sauce zu ihr.

»Was ist denn los?«, wollte er wissen und schob ihr den Teller vor die Nase. Kaya verzog das Gesicht. Dann holte sie tief Luft und sagte: »Ich weiß auch nicht. Wahrscheinlich habe ich eine Depression!«

»Soso, eine Depression.« Harry schüttelte den Kopf und fasste über den Tisch nach ihrer Hand. »Hat dich dein Pony abgeworfen? Oder hast du eine Arbeit verhagelt? Oder hast du Liebeskummer?«

Kaya zupfte an einem Salatblatt und steckte es sich mit den Fingern in den Mund. »Diese blöde Brasilianerin kommt«, sagte sie kauend. »Die von den German Friendships. Und dann habe ich eine Schabracke geschenkt bekommen. Und der Andy geht so gut, das wird Sir Whitefoot nie schaffen. Und ich kann einfach nicht gut genug reiten. Und überhaupt, alles ist Mist!« Sie leckte sich die Fingerspitzen ab. »Und Chris ist ein Trottel!«

»Ah!«, sagte Harry und nickte ernsthaft. »Das sind alles schwerwiegende Argumente. Gab es heute vielleicht auch ein schönes Erlebnis? Eines, an dem du dich erfreuen kannst?«

Kaya stützte ihr Kinn auf. »Wenn es eines gab, ist es an mir vorbeigegangen. Ich habe es jedenfalls nicht bemerkt!«

»Diese neue Schabracke auch nicht?«

»Die zeigt mir ja bloß, dass wir …«, sie brach mitten im Satz ab. »Ach, nichts.«

»Okay, das ist Weltschmerz«, erklärte ihr Vater. »Das geht vorbei. Wir können dir vielleicht nicht jede neueste Pferdeausstattung kaufen, aber immerhin bekommt dein Sir Whitefoot jeden Tag feinste Bio-Karöttchen aus meiner Küche. Und meinst du nicht, dass ein Pferd das jeder noch so tollen Satteldecke vorzieht?«

Kaya musste lachen. »Ja, das glaube ich allerdings. Besonders Sir Whitefoot, der ist so verfressen, der hing schon mal kopfüber im großen Futterkasten. Da war nur noch sein dickes Hinterteil zu sehen!«

Jetzt lachte sie wirklich. Und ihr Vater auch.

»Na, siehst du«, sagte er. »Und deine Brasilianerin hat bestimmt auch ein dickes Hinterteil, das haben dort nämlich fast alle – und Chris wird das gar nicht gefallen. Und schon geht es dir wieder gut, stimmt’s?«

Das stimmte zwar nicht, Lina war leider extrem gut gebaut, aber die Vorstellung gefiel ihr. Und vielleicht war Lina in den letzten Monaten ja auch aus der Form geraten, schließlich war sie schon über 16. Für den Moment schien der Tag doch noch gut zu enden.

20 Minuten später saß sie draußen an einem runden Tisch, den ihre Mutter für Jo, deren Trainer, deren Mutter und sie hübsch gedeckt hatte. Jos Mutter sprühte vor guter Laune und nahm Kaya sofort das leichte Unbehagen, indem sie kleine Geschichten aus ihrem Reiterleben erzählte. Es machte Kaya wirklich Spaß, ihr zuzuhören. Klemens, der in Westfalen einen eigenen Stall führte und nun mit Jos Umzug eine seiner besten Reiterinnen verlor, war stiller, aber er wirkte so gutmütig und warmherzig, dass sich Kaya neben ihm wohlfühlte. Jo saß derweil grinsend am Tisch und futterte fast das ganze Brot mit dem Griebenschmalz weg.

»Wer trainiert dich denn?«, wollte Klemens plötzlich wissen. Kaya verstand erst nicht, dass er sie meinte, schaute dann aber erstaunt hoch. »Nun, Claudia gibt mir Reitunterricht. Früher, als ich noch ein anderes Pony ritt, das sehr gut sprang, hatte ich noch einen Kadertrainer. Fritz Lang hieß der. Aber Sir Whitefoot ist noch nicht so weit.« Sie zögerte. »Ich bin mir überhaupt nicht sicher, ob er jemals ein richtiges Springpony wird!«

»Ach so? Warum nicht?«, wollte der Trainer wissen und auch Susan, Jos Mutter, hörte jetzt aufmerksam zu.

»Na ja, mit 140 Zentimetern ist er nicht gerade groß!«

»Ja, schon richtig. Aber wenn er gerne springt und Sprungvermögen hat, ist das zumindest am Anfang kein Hindernis!«

Kaya nickte, zuckte dann aber gleich mit den Achseln und sagte: »Er hat mich schon ein paar Mal abgesetzt. Wenn es nicht passt, springt er nicht.«

»Da hat er doch recht. Dann mach es ihm halt passend!« Susan lächelte ihr aufmunternd zu.

»Tja, das ist es doch. Dazu fehlt mir die Erfahrung, ich habe einfach den Blick nicht dafür.« Sie überlegte. »Zumindest nicht richtig. Dreamy hat sich das immer irgendwie passend gemacht. Ich habe vor dem Absprung zwar immer mitgezählt, aber manchmal hab ich mich auch verschätzt – und es hat trotzdem geklappt!«

Susan und Klemens schauten sich an. »»Na, das testen wir morgen doch mal. Hast du Lust?«, wollte Klemens von ihr wissen, und Kaya spürte augenblicklich, wie ihr Herz in die Hose rutschte. Du lieber Himmel. Klemens wollte ihr eine Springstunde geben? Und das vor allen anderen im Stall. Was würde wohl Claudia dazu sagen – und was ihre Freundinnen? Minka zum Beispiel, die mit ihrem Luxy doch viel mehr hergeben würde. Und wenn Sir Whitefoot sie absetzte? Wäre schließlich nicht das erste Mal! Schon bloß der Gedanke trieb ihr die Röte ins Gesicht.

»Ich bin für so was gar nicht gut genug«, wehrte sie ab.

»Dummes Zeug«, wischte Susan ihren Einwand weg. »Jeder fängt mal an. Und jeden Reiter kann man verbessern – auch die großen trainieren täglich und lassen sich noch was sagen. Das hört nie auf.«

Kaya nickte und schaute Jo an.

»Da kommst du bei meiner Mutter an die Richtige«, sagte sie und grinste schon wieder.

»Du musst deinen Sir Whitefoot eben gut vorbereiten«, erklärte Susan und schaute sie eindringlich an. »Gute Pflege, Motivation, Muskelaufbau – all das muss stimmen, dann springt er über Häuser!«

Kaya nickte schon wieder.

»Hast du ordentliche Springgamaschen? Braucht er Vorderzeug?«

»Gamaschen habe ich schon«, sagte sie. »Aber Vorderzeug?« Sie war sich nicht sicher, ob Sir Whitefoot so etwas brauchte.

»Macht nichts«, erklärte Susan schnell. »Wir schauen uns das an, sonst bekommst du was von uns!«

Mein Gott, dachte Kaya, spürte ihren Puls nach oben schnellen und gleichzeitig wurde ihr am ganzen Körper heiß. Das würde sie alles nicht überleben.

»15 Uhr?«, wollte Susan wissen, und Kaya schaute hilfesuchend ihrer Mutter entgegen, die die Vorspeisen brachte.

»Was magst du noch essen?«, fragte sie ihre Tochter mit einem Lächeln im Gesicht.

»Eis«, sagte Klemens. »Ich glaube, sie muss abkühlen.«

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Am nächsten Tag war Kaya schon lange vor ihrer ersten Springstunde bei Klemens im Stall. Jetzt galt es. Jetzt musste sie einen super Eindruck hinterlassen. Wenn schon alles schiefgehen würde, dann wenigstens mit einem astrein gepflegten Pony. Sie striegelte Sir Whitefoot doppelt so gründlich wie sonst. Das tat nicht nur ihm gut, sondern ihr auch – zumindest spürte sie, dass die Arbeit ihre Aufregung bremste.

Und zur Feier des Tages nahm sie sich auch noch ihre Stiefel vor. Oje, bei genauem Hinsehen hatten die es auch nötig. Sie putzte und wienerte, bis das Leder richtig glänzte. Hoffentlich machte sie sich damit bei den anderen nicht lächerlich, die Freundinnen waren alle eher nachlässig, jedenfalls was deren eigene Ausstattung anging. Aber gut, das hier war ihr Ding, für sie war diese Stunde bei Klemens etwas Besonderes. Und sicherlich hätten alle anderen gern mit ihr getauscht.

Sie dachte nach. Die Trense und der Sattel! Und das Gebiss! All das musste super sauber sein. Sie hatte mal gehört, dass manche Trainer äußerst streng auf gepflegtes Sattelzeug achteten. Zumindest das konnte sie Klemens bieten – sie steigerte sich richtig ins Putzen hinein.

Um fünf vor drei kam Susan zu ihr und begrüßte sie mit dem wirklich blöden Spruch: »Fünf Minuten vor der Zeit ist des Soldaten Pünktlichkeit!«

Kaya nickte und war froh, dass sie so früh angefangen hatte. Jetzt war wirklich alles perfekt.

»Der sieht ja fantastisch aus!«, erklärte Susan dann auch anerkennend und fuhr über Sir Whitefoots Fell. »Picobello, der Kleine! Und schau, hier ist eines von Jos Vordergeschirren. Sie braucht’s im Moment nicht. Es ist zum Ersatz, wenn ihr anderes während einer Vielseitigkeit mal reißt.«

Susan ging gleich handfest ans Werk und baute dem etwas verdattert dreinschauenden Sir Whitefoot das Vorderzeug an. Es war ein wenig zu klein geschnallt, denn Andy war ja doch ein bisschen schmaler, aber Susan und Kaya machten es schnell passend.

»Hey Kaya!« Jo kam vorbeigeritten, hielt kurz an und tätschelte ihren Andy, der schon freudig darauf zu warten schien, dass die Reitstunde endlich losging. »Kommst du gleich in die Halle? Ich reite schon mal ein bisschen Schritt.«

Kaya nickte. »Klar! Ich bin sofort da!« Sie holte noch schnell ihre Springgerte aus dem Spind und lief dann mit Sir Whitefoot zur Halle. Auf dem Weg dahin kam ihr Claudia entgegen, die demonstrativ einen Daumen drückte. »Das ist eine gewaltige Chance für dich«, sagte sie. »Er ist als Trainer wirklich angesehen!!«

»Ja, ich weiß«, sagte Kaya. »Ich schwanke auch zwischen Furcht und Freude!«

Außer Jo schien noch niemand da zu sein. Kaya schaute sich kurz um und entschied sich dann, schon mal aufzusitzen. Schritt, hatte Jo gesagt, das galt bestimmt auch für sie und Sir Whitefoot. Doch gerade als sie ihr Bein über den Sattel geschwungen hatte und Sir Whitefoot wie immer ein paar Schritte anlief, bevor sie richtig saß, dröhnte plötzlich die laute Männerstimme aus der hintersten Hallenecke an ihr Ohr. »Das wird aber sofort noch mal wiederholt!«

Vor Schreck fiel Kaya fast aus dem Sattel. Was war denn jetzt falsch? Die Reitstunde hatte noch nicht einmal richtig angefangen und schon gab’s Ärger? Sie verstand nur noch Bahnhof. Sir Whitefoot war stehen geblieben, und beide schauten sie Klemens entgegen, der aus der anderen Hallenecke herüberkam.

»Dein Pony darf doch nicht einfach loslaufen, wenn du gerade aufsteigst. Das ist die erste Gehorsamsübung einer jeden Reitstunde, dass dein Pony so lange stehen bleibt, bis du fest im Sattel sitzt und die Hilfe zum Losreiten gibst.«

Okay, das wusste sie von Claudia auch, aber Sir Whitefoot hatte es bisher noch nicht verstanden. Kaya stieg also noch mal ab und von Neuem auf, wobei Klemens sich vor Sir Whitefoot stellte, damit der nicht gleich wieder ein paar Schritte machte.

Dann machte sich Klemens daran, Sprünge aufzubauen, wobei ihm Susan fleißig half. Kaja und Jo nutzten die Gelegenheit, noch ein paar Runden im Schritt zu reiten. »Und wie geht es dir?«, wollte Jo wissen.

Kaya hatte einen trockenen Hals. Sie musste sich räuspern und Jo winkte ab.

»Musst dir wirklich nichts bei denken!« Sie grinste. »Oh Mann, ich weiß noch, wie meine erste Stunde bei Klemens war! Als sei es gestern gewesen! Ich war ja noch ein Knirps … vielleicht fünf oder sechs, aber ich wollte unbedingt springen und so setzte Klemens mich auf Hansi. Hihi, das war ein kleines Schimmelpony, schon 23 Jahre alt! Der hatte schon so einige kleine Kinder durch die erste Springstunde getragen. Mit dem leichten Sitz hatte ich das nicht so richtig raus … Klemens sagte immer, ich sollte mich hinter der Mähne verstecken. Ich bin schon beim dritten kleinen Kreuz runtergepurzelt. Hansi war so brav, der blieb direkt neben mir stehen, und als ich dann so weinend auf dem Boden saß, kam Klemens und hat mich einfach falsch herum wieder auf Hansi draufgesetzt. Da musste ich echt lachen, und so bin ich immer weitergeritten und hab mit der Zeit alles von Klemi gelernt, was ich heute so kann!«

Kaya hatte völlig fasziniert zugehört. Komisch, irgendwie hatte sie geglaubt, Jo wäre schon immer so gut gewesen. Aber klar, ihr war das auch nicht vom Himmel zugefallen. Irgendwann hatte sie auch mal klein angefangen. Aber so früh – und dann direkt mit so einem Trainer …

»Also«, fuhr Jo fort, »du brauchst dir echt keine Sorgen zu machen, Klemens reißt keinem den Kopf ab, wenn’s mal nicht so klappt. Nur Mut!« Sie machte eine kurze Pause. »Und jetzt bin ich ja mal gespannt, was Sir Whitefoot uns heute zeigt.«

Ach ja, das hätte sie ja fast vergessen. Sie musste ja springen. Bevor sie weiter darüber nachdenken konnte, gab Jo das Kommando zum Antraben.

Susan und Klemens hatten inzwischen einen Parcours aufgebaut und vor einen der Sprünge legte Klemens nun eine Stange auf den Boden und sagte: »So, wenn ihr die Pferde gelöst habt, trabt ihr einfach mal gegen diesen Trabsprung.«

Kaya winkte Jo, beim Warmspringen wollte sie ihr den Vortritt lassen. Schließlich wusste Jo am besten, wie es in Klemens’ Reitstunden so vor sich ging. Andy ging locker voraus und Sir Whitefoot schloss sich mit einigem Abstand an. Er war gut drauf und ging den Sprung fröhlich an. Klemens hatte erstaunlich wenig an ihm und ihr auszusetzen. Das beruhigte sie ein wenig und jetzt konnte sie schon viel zuversichtlicher an die Sache rangehen.

Nun sollten sie nach dem einzelnen Trabsprung aus dem Trab über eine kleine Reihe von niedrigen Hindernissen kommen. »Das sind Gymnastikübungen«, erklärte Klemens und Sir Whitefoot kam dabei richtig in Fahrt. Er buckelte jedes Mal los, sobald sie über die vier eng aufeinanderfolgenden Sprünge hinweggesprungen waren. Kaya hatte das Gefühl, dass es ihrem Pony richtig Spaß machte.

»Jetzt wird er erst mal richtig warm.« So wie Klemens das sagte, schien es ihn zu freuen.

Als es aber an den Parcours ging, spürte Kaya die Aufregung wieder in sich hochsteigen. Du lieber Himmel! Klemens hatte sich einen so langen Parcours ausgedacht, den würde sie sich doch nie merken können. Für Jo schien das dagegen alles völlig normal zu sein, und mit einem »Mmh, okay« machte sie Klemens deutlich, dass sie seine knappe Parcoursbeschreibung verstanden hatte. Locker ritt sie los.

»Du kannst dir den Parcours bei Jo erst noch einmal anschauen«, erklärte Klemens, und Kaya dachte, dass sie das auch dringend musste, weil sie überhaupt nichts begriffen hatte. Und hoffentlich schaute auch Sir Whitefoot zu, dann waren sie wenigstens zu zweit! Möglicherweise würden sie’s ja gemeinsam kapieren. Aus der Ecke heraus beobachtete Kaya, wie Andy mit Jo über den Parcours ging. Klemens hatte eine Kombination aufgebaut, sogar eine dreifache Kombination, doch Jo kannte alle diese Anforderungen und Andy sprang mit der Leichtigkeit eines kleinen Vollgummiballs über alles hinweg. Das sieht bei denen so einfach aus!, dachte Kaya und streichelte Sir Whitefoot über den Hals. »Schau dir das genau an, mein Süßer, wir machen das jetzt genauso.«

»Gut, Jo! Gleich noch eine höhere Runde«, rief Klemens, als Jo den Parcours beendet hatte. »Und jetzt du, Kaya.«

Kaya galoppierte aus dem Schritt heraus an. Das tat Sir Whitefoot zwar nicht immer ganz perfekt, aber so ein bisschen erfahren wollte sie sich schon geben – zumal Klemens vorhin gesagt hatte, dass ein Springreiter, wenn das Pferd gelöst sei, nicht mehr im Trab starte.

Sir Whitefoot schien sich auch wie ein Profi zu fühlen, denn der Parcours klappte super. Kaya war ganz beschwingt, als sie zu der dreifachen Kombination, dem letzten Hindernis, kamen. Gleich würden sie es geschafft haben, dachte Kaya, und eigentlich fühlte sie sich bereits im Ziel angekommen, da blieb Sir Whitefoot plötzlich im letzten Moment ruckartig vor dem Sprung stehen.

»Hooo, jetzt keine Aufregung!«, kam es von Klemens. »Das war doch mal ein typischer Reiterfehler. Da konnte dein Pony überhaupt nichts dazu. Du hast schon vor dem letzten Hindernis an das Ziel gedacht und dich gar nicht mehr auf deine Wegführung konzentriert! Da weiß doch dein kleiner Weißfuß gar nicht mehr, wo er überhaupt hinspringen soll! Du musst gerade auf das Hindernis zureiten. Und schön in der Mitte und in der Wendung am Reiten bleiben. Den Rhythmus nicht abbrechen.«

»Und das soll ich alles gleichzeitig machen?«, platzte es aus Kaya heraus. Das konnte sich doch niemand merken!

»Das schaffst du«, sprach ihr Klemens Mut zu. »Versuch dich bloß auf deine Linienführung zu konzentrieren.«

Kaya galoppierte erneut an und holte diesmal ein ganzes Stück weiter aus als vorher. Klemens half ihr dabei noch, indem er sich so hinstellte, dass sie genau um ihn herum reiten musste, sodass sie dann die richtige Richtung zum Sprung hatte. Sir Whitefoot gab ihr schon in der Wendung das Zeichen, dass er nun wusste, was zu tun war. Er spitzte seine Ohren und zog das Hindernis an. Und kaum dass sie sich versahen, waren Kaya und Sir Whitefoot schon über alle drei Sprünge hinweg.

»Na super«, rief Klemens erfreut. »Das kannst du gleich noch mal wiederholen.«

Jetzt, da Kaya den richtigen Weg kannte, fiel es ihr auch viel leichter, den Rhythmus zu halten, und es schien, als fände Sir Whitefoot die passende Distanz zum Sprung nun schon fast von alleine.

»Na, hast du den Unterschied gemerkt?«, wollte Klemens wissen.

Kaya war völlig hingerissen. »Das war ja toll! Als könnte Sir Whitefoot das alles allein!«

»Das kann er auch! Du musst ihm nur die Chance geben, den Sprung richtig zu sehen. Dann weiß das Pferd selbst, wann es abspringen muss. Wenn du dann noch den Rhythmus in der Wendung beibehältst, hat dein Kleiner genug Schwung, um über Häuser zu springen. Er hat ganz sicher gutes Potenzial und eine absolut nette Manier.«

»Wirklich?« Aber das war eigentlich keine Frage, sie sagte es mehr zu sich selbst, denn sie spürte schon, wie sie vor lauter Stolz wuchs! Ihr Sir Whitefoot! Ein solches Lob von Jos Trainer!

Klemens lief auf den nächsten Sprung zu und sagte: »Dann bauen wir doch gleich mal ein bisschen hoch.«

Sofort sackte Kaya wieder in sich zusammen. Gerade hatte sie die größte Herausforderung geschafft und nun sollte sie etwa noch höher springen?

»Und dieses Mal fängt Kaya an. Sie ist gerade so gut in Gang.«

Na prima, dachte Kaya, damit wäre meine Frage ja beantwortet. Jetzt zeig keine Schwäche, ermahnte sie sich. Beiß die Zähne zusammen! Nur die Härtesten schaffen es! Im Kopf ging sie noch einmal durch, was sie eben gelernt hatte. Und dann hob sie den Blick, um den Parcours zu checken. Oje, das war nun wirklich schon ein ganzes Stück höher. Auf geht’s, gab sie sich das Kommando und ritt los. Klemens hatte recht, Sir Whitefoot und sie waren nun wirklich gut in Gang. Sie meisterten den Parcours ohne Probleme.

»Und nie vergessen: Konzentration bis nach dem Ziel!«, sagte Klemens, als Kaya ihr Pony mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht locker austraben ließ, damit es seinen Hals noch einmal schön strecken konnte.

»Na, besser hätte es doch nicht laufen können«, meinte Jo, nachdem auch sie den höheren Parcours gesprungen hatte. Sir Whitefoot war allerdings mindestens doppelt so nass geschwitzt wie Andy. Kaya fuhr mit der Hand über seinen feuchten Hals. Na ja, war ja irgendwie auch klar, dachte sie, eine solch enorme Kondition wie Andy konnte er ja nicht haben. Woher auch.

»Zuerst habe ich gedacht, ich kann mir das nie merken«, sagte Kaya zu Jo und schüttelte den Kopf. Jo lachte.

»Gut, dann verrate ich dir was«, sagte sie mit einem Seitenblick zu Klemens, der sich gerade mit Susan unterhielt. »Zu Hause mussten wir immer absteigen und unsere Pferde eine halbe Stunde an der Hand führen, wenn wir mal nicht das gemacht haben, was Klemens gesagt hat. Das prägt sich ein. Nachher hört man deutlich genauer hin, wenn er etwas erklärt.« Sie zwinkerte ihr zu. »Du hast das echt klasse gemacht. Vor der Stunde wollte ich dir übrigens nicht sagen, dass Klemens einen übel strengen Ruf hat. Dabei finde ich ihn gar nicht so streng. Er ist nur sehr konsequent und das muss ein Reitlehrer ja schließlich auch sein.«

»Ich fand ihn auch nicht streng«, sagte Kaya. »Im Gegenteil, es hat total Spaß gemacht! Und ich hab richtig was gelernt!«

Kaya stieg ab und merkte erst, als die Füße den Boden berührten, dass sie doch ganz schön fertig war. Ihre Beine zitterten jedenfalls. Daran musste die Aufregung schuld sein, dachte sie, denn so richtig kämpfen hatte sie ja nicht müssen.

Sir Whitefoot hatte nicht nur einen nass geschwitzten Hals, auch an seinen Flanken zeichneten sich dunkle Flecken ab. So etwas hatte er noch nie erlebt, zugegebenermaßen sie aber auch nicht.

Draußen kamen nach und nach ihre Freundinnen zögerlich zu ihr heran.

»Hey, das ging ja richtig gut!« Reni klopfte Sir Whitefoot auf den Hals und Minka nickte mit bewundernder Miene.

»Die haben echt was auf dem Kasten«, stellte sie fest. »Frag doch mal diesen Klemens, ob er nicht hierbleiben will. Das wäre doch für uns alle super!«

Kaya lachte. »Ja, das schon.« Sie senkte die Stimme: »Aber dann hätte unser gemütliches Lotterleben auch ein Ende.« Sie blickte sich um, hoffentlich hatte er es nicht gehört.

»Das glaube ich dir gern.« Fritzi nahm Sir Whitefoot den Sattel ab und fragte: »Und jetzt?«

»Jetzt schwamme ich ihn ab, und dann gehe ich ein bisschen mit ihm spazieren und erzähle ihm, was er heute für ein tolles Pony war!«

»Das war er wirklich!«, bestätigte Cindy. »Hat Claudia vorhin auch gesagt!« Sie sah so stolz aus, als ob sie selbst geritten wäre.

Kaya hatte die Trense gegen ein Halfter mit Führstrick getauscht und marschierte nun mit ihrem Pony über die Straße hinweg in Richtung Feldweg. »Viel Schritt«, hatte Susan gesagt. Vor und nach der Arbeit immer an die Pferdebeine und an die Muskulatur denken – das tat sie jetzt. Was war sie früher doch sorglos gewesen. Hatte gedacht, alles würde von selbst gehen. Nein, man musste was dafür tun. Sie schwor sich, in Zukunft ernsthafter an sich und Sir Whitefoot zu arbeiten.

Sir Whitefoot schien das allerdings gerade nicht so zu sehen. Links und rechts des Feldweges lagen die Koppeln und so blieb er alle zehn Meter an jedem neuen Koppeleingang stehen. Kaya hatte ihre liebe Mühe, ihn beständig im Schritt zu halten. Und nachdem die Koppeln hinter ihnen lagen und das freie Feld vor ihnen, fand er das hoch stehende Gras am Rand des Weges so anziehend, dass er Kaya ständig mitzog. Das Ganze drohte in einen Kampf auszuarten. Aber von Trixi, die bei Claudia Bodenarbeit machte, hatte sie gelernt, dass das Leittier am anderen Ende des Zügels zu sein hatte, und das war in diesem Fall sie. Bloß hatte sie nicht die Autorität einer Trixi, die vor allem mit Hengsten umging, und so musste sie sich nun überlegen, wie sie Sir Whitefoot klarmachen konnte, dass sie, Kaya, die Leitstute war. Der drängte sie einfach ab. Mit seinem kleinen, aber muskulösen Körper ging er auf Tuchfühlung mit ihr und schob sie langsam aber sicher nach links zur Wiese.

»Nein!«, schimpfte Kaya und drückte dagegen. Dann fielen ihr Trixis Worte ein. Das Kräftemessen der Hengste beginnt mit einer leichten, harmlos scheinenden Schubserei. Wenn du dem nicht gleich richtig entgegenwirkst, zeigt er dir das nächste Mal, dass er 500 Kilo mehr hat als du. Dann hast du verloren.

500 Kilo mehr hatte Sir Whitefoot zwar nicht, aber 300 waren es allemal. Sie ruckte kurz, aber heftig am Führstrick, um ihm zu zeigen, dass sie hier das Programm zu bestimmen hatte, da klingelte ihr Handy. Völlig unpassend, fand sie, aber als sie es herauszog und auf dem Display Chris’ Namen las, vergaß sie ihre Erziehungsmaßnahmen. Sir Whitefoot schob und zog sie direkt in die Wiese, und da stand sie nun neben ihm, während sie sich auf das Gespräch konzentrierte und bemüht war, mit völlig desinteressierter Stimme »Ja?« zu sagen. Sie hätte auch »Hey Chris« rufen können, aber dann hätte er ja sofort gewusst, dass sie seine Nummer gespeichert hatte. Und selbst wenn er es ahnte, er sollte nicht davon überzeugt sein.

»Hey Kaya«, sagte er. Schon allein der Klang seiner Stimme jagte ihr eine Gänsehaut über den Rücken.

»Ach, Chris – du bist es.« Sie sprach möglichst unterkühlt.

»Wo steckst du?«

»Mit Sir Whitefoot beim Auslaufen im Gelände. Wir hatten gerade eine Springstunde bei Jos Trainer!«

»Ach!«

Na, das war garantiert auch für Chris eine krasse Neuigkeit. Sie kam sich fast ein bisschen wie eine Angeberin vor.

»Da kam die neue Satteldecke ja gerade recht …«

Sie hörte sein Lächeln in der Stimme.

»Ja, wir sahen cool aus«, sagte sie voller Überzeugung. »Und es ging auch richtig gut!« Das war zwar nicht die komplette Wahrheit, aber so ein klein wenig sollte er sie ruhig bewundern.

»Na, dann kannst du in Donaueschingen ja gegen mich starten. Ich nehme an, ihr seid auch dabei?«

Sir Whitefoot zog sie noch weiter in die Wiese hinein, hin zu hohem saftigem Gras, und sie überlegte inzwischen, wovon er eigentlich sprach.

»In Donaueschingen?«, fragte sie. »Du startest doch bestimmt gegen Ehning und Beerbaum?« Sie versuchte es etwas ins Spaßige zu ziehen, denn sie hatte keine Ahnung, was er von ihr wollte, und Sir Whitefoot stapfte grasend voran und zog sie am Strick weiter hinter sich her.

Er lachte. »Na, ich meine das Mannschaftsspringen für Vereinsmannschaften am Donnerstag. Vorprogramm, wenn du so willst!«

»Ach so, ja!« Sie zögerte. »Klasse M, oder?«

»Quatsch! Da soll ja jeder mitmachen können, A natürlich!«

Aha, und weil da jeder mitmachen kann und weil es somit in seinen Augen keine besondere Anforderung war, fand er wohl, dass sie da locker mitmachen könne. Sie sagte mal besser nichts.

»Claudia hat doch sicherlich eine Vereinsmannschaft aufgestellt?«, fragte Chris und er klang schon fast etwas verwundert.

Kaya war völlig überfragt und das Gespräch begann ihr lästig zu werden. »Ich glaube nicht, dass Sir Whitefoot schon so weit ist!«

»Ja, aber du hast doch in den letzten Jahren viel dazugelernt, das müsstest du doch eigentlich schaffen.«

»Ohne Pferd schon!« Jetzt war sie wirklich sauer. Was dachte er sich eigentlich? Seine Eltern hatten ihm ein Springpony gekauft, das schon einmal bei einer Europameisterschaft platziert gewesen war. So ein Pony kostete irgendwas um die 100000 Euro. Und ihr Sir Whitefoot war ein Findelkind2, ihre Eltern mussten für dessen monatliche Stallmiete und all die anderen Dinge hart arbeiten und bestimmt verzichteten sie deshalb sogar auf manches. Wie konnte er so gedankenloses Zeugs daherreden!

»Na, mach dir nichts draus«, hörte sie ihn sagen. »Besser nicht starten, als sich zu blamieren. Ist schließlich auf dem original Donaueschinger Turnierplatz, mit Tribünen, internationalen Fahnen und allem Pipapo!«

»Das hatte ich alles in Aach3 auch schon mal«, sagte sie verschnupft, »und damals haben wir auch nicht schlecht abgeschnitten!«

»Tja, stimmt, dein dritter Platz mit Dreamy war damals eine kleine Sensation.« Er machte eine kurze Pause. »Im A-Bereich!«

»Du warst jedenfalls nicht platziert!«