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Nr. 96

 

Der Anti

 

Das Schicksal eines Sternenreiches – in den Händen eines Diebes!

Das 7. Atlan-Abenteuer!

 

von K. H. SCHEER

 

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Als im Jahre 1971 mit der Entdeckung des auf dem Mond gestrandeten arkonidischen Forschungsraumers der Grundstein zur Vereinigung der irdischen Menschheit und dem aus dieser Vereinigung erwachsenden Solaren Imperiums gelegt wurde, ahnte noch niemand – auch nicht Perry Rhodan, der Begründer des terranischen Sternenreiches – welche Anstrengungen und Nervenkraft es im Laufe der Jahre kosten würde, dieses Reich gegenüber Angriffen von innen und außen zu erhalten.

Perry hat jedoch eines klar erkannt: Die Weiterentwicklung der Menschheit kann nur möglich sein, wenn in der Galaxis selbst Friede herrscht!

Auch Atlan, der Unsterbliche, der erst vor kurzem die gigantische Maschine abgelöst hatte, die mit ihren unerbittlich zuschlagenden Robotflotten jede Revolution gegen die arkonidische Zentralgewalt im Keime zu ersticken pflegte, will den Frieden.

Atlan, jetzt Imperator Gonozal VIII genannt, und Perry Rhodan, der Administrator des Solaren Imperiums, unterstützen sich – schon aus reinem Selbsterhaltungstrieb – gegenseitig bei ihren Bemühungen.

Im Zuge des zwischen Arkon und Terra geschlossenen bilateralen Beistandspaktes kam es auch schon zu einigen wichtigen Hilfsaktionen.

Wenn nun Perry Rhodan nach seinem zweiten »Ausflug in die Unendlichkeit« wieder zur Erde zurückkehrt, so trägt er doch Atlans prekärer politischer Situation Rechnung, indem er John Marshall, den Leiter des Mutantenkorps, als Verbindungsoffizier zu Atlan abkommandiert.

Als Perry Rhodan diesen Befehl erteilte, wusste er noch nichts von der Existenz des ANTI ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Atlan – Nur knapp 60 Stunden verbleiben dem Unsterblichen, um seine Unsterblichkeit zu bewahren.

John Marshall – Es hat seine Gründe, dass ein Telepath als terranischer Verbindungsoffizier auf Arkon fungiert.

Perry Rhodan – Administrator des Solaren Imperiums.

Segno Kaáta – Chef des Báalol-Kultes auf Arkon.

Iwan Iwanowitsch Goratschin – Ein wichtiges Mitglied des Mutantenkorps.

1.

 

»Seine millionenäugige, allessehende, alleswissende Erhabenheit, Herrscher über Arkon und die Welten der öden Insel, seine imperialistische Glorifizenz, Gonozal der Achte, Gottheit aus dem Geschlecht der Weltenältesten, haben beschlossen, die Sitzung des Großen Rates von Arkon zu eröffnen.«

Der Marschtritt der feuerbereiten Kampfroboter übertönte teilweise die feierlichen Worte. Der Chef des Protokolls hatte sich alle Mühe gegeben, die Zeremonie nach dem uralten Ritual ablaufen zu lassen.

Die Wissenschaftler des Großen Rates von Arkon hatten sich von ihren Plätzen erhoben. Es gehörte zur Tradition, dass die jeweiligen Herrscher über das Sternenreich in Begleitung einer Leibwache erschienen. Mehr als ein Imperator war dem undurchschaubaren Intrigenspiel des Hofes zum Opfer gefallen.

Unter grober Missachtung des Zeremoniells hatte ich meine Garde aus modernen Spezialrobotern zusammenstellen lassen. Ich legte keinen Wert darauf, dem Strahlschuss eines bestochenen oder anderweitig beeinflussten Naat-Wächters zu erliegen.

Ich wusste, dass sie mich hassten! Sie hassten mich mit aller Intensität, deren sie noch fähig waren.

Ich war ein Außenseiter; ein plötzlich erschienenes Überbleibsel aus vergangenen Zeiten, das infolge seiner geistigen und körperlichen Tüchtigkeit die späten Nachkommen der ehemals so aktiven Arkonrasse weit überragte.

Sie wussten, dass es mir mit Hilfe eines terranischen Einsatzkommandos gelungen war, das bisher so allmächtig erscheinende Robotgehirn abzuschalten, um anschließend die Macht im Großen Imperium zu übernehmen.

Meine um zehntausend Jahre zu spät erfolgte Heimkehr hätten sie mir noch verzeihen können. Wahrscheinlich wäre man trotz meiner Machtansprüche weder bösartig noch eifersüchtig geworden, wenn ich mich in die Schablone der allgemeinen Dekadenz hätte hineinpressen lassen.

Niemand hätte mir meine Abstammung aus einem frühen Herrschergeschlecht verübelt, wenn ich bereit gewesen wäre, Sittenverfall, Gedankenlosigkeit und Tatenunlust mit einem resignierenden Lächeln hinzunehmen.

Da ich nicht daran dachte, das von zahllosen Kolonialkriegen und allerorts aufflackernden Revolten zermürbte Reich noch weiterhin verkommen zu lassen, hatte ich damit indirekt hohe Anforderungen an jene willensschwachen, moralisch und psychisch heruntergekommenen Träumer gestellt, die sich sieben Jahrzehnte lang unter der Scheinherrschaft von Psychopathen und Neurotikern wohlgefühlt hatten.

Die wahre Gewalt war von einem positronischen Riesenrobot ausgeübt worden, den klarsichtige Wissenschaftler meines ehrwürdigen Volkes in weiser Vorausschauung auf das unweigerlich Kommende programmiert hatten.

Auf den drei Arkonwelten hatte man sich an die gnadenlose Diktatur einer Maschine gewöhnt gehabt, doch dann war ich gekommen.

Ich blieb am Rande der geschwungenen Empore stehen. Vor mir lag der riesige Saal, in dem zu früheren Zeiten der Große Rat von Arkon das Reich gegründet, seine Erweiterung beschlossen und mein Volk zur mächtigsten und wohlhabendsten in der bekannten Milchstraße erhoben hatte.

Nun wurden die verschiedenfarbigen Pneumosessel von den Nachkommen dieser Pioniere beansprucht; aber was war aus den Vertretern meines Volkes geworden!

Stupide wirkten die Gesichter eigentlich nicht, jedoch glaubte ich, in allen Augen eine gähnende Leere und Interesselosigkeit zu bemerken. Ich wusste, dass man sich empört fragte, weshalb man in der gewohnten Ruhe gestört worden war. Wozu gab es einen Robotregenten, dessen Programmierungen erwiesenermaßen keine persönlichen Nachteile für die Vertreter des Reiches mit sich brachten?

Die Männer in den bequemen Sesseln waren so träge geworden, dass ich auf ihre Mitarbeit nicht hoffen durfte. Wahrscheinlich konnten sie auch nicht mehr behilflich sein. Terranische Fachwissenschaftler hatten mir klar und deutlich zu verstehen gegeben, dass die Mitglieder des Großen Rates einer handlungsbestimmenden Degenerierung unterlagen – und nicht nur die Männer des Rates!

Überall auf Arkon I, der sagenhaften Kristallwelt der Arkoniden, war der geistige Zerfall zu bemerken. Man ergötzte sich an unsinnigen Vergnügungen, Simultanspielen und Philosophien, die in der zwanzigtausendjährigen Geschichte des Sternenreiches beispiellos waren.

Man glaubte, sich beschäftigen zu müssen, um damit der dringend erforderlichen Arbeit aus dem Wege gehen zu können. Die Vertreter meines Volkes waren am Ende des Weges angekommen. Man hatte alles verloren, was arkonidische Politiker, Wissenschaftler und Flottenoffiziere zu meiner Zeit ausgezeichnet hatte.

Der Chef des Protokolls gebrauchte wieder einige zeremonielle Redewendungen, in denen ich als so genannte »millionenäugige Gottheit und allessehende Erhabenheit« gepriesen wurde.

Die Worte, zu früheren Zeiten bedeutungsvoll und angemessen, widerten mich an. Sie waren in dieser Umgebung sinnlos.

Die zwanzig Kampfroboter stellten sich rechts und links des auf einem Antigravschirm schwebenden Thronlagers auf. Die energetischen Körperschutzschirme der Maschinen bewiesen, dass ich es ernst meinte.

Eine noch klarere Demonstration für meine Absichten war das flache, langgestreckte Kommandogerät, das ich deutlich erkennbar am linken Unterarm trug.

Es war ein auf meine Körperschwingungen abgestimmter Impulssender und Empfänger, mit dessen Hilfe ich jederzeit das auf Arkon III stationierte Robotgehirn anrufen konnte.

Man wusste sehr genau, welche Macht damit verknüpft war. Niemand außer mir war in der Lage, dem Regenten Befehle zu erteilen.

Es war die vierte Sitzung im großen Saal der Ahnen. Während der drei vergangenen Besprechungen hatte ich erklärt und bewiesen, dass ich, Admiral Atlan aus der herrschenden Dynastie der Gonozal, infolge widriger Umstände auf einer fernen Welt festgehalten worden war.

Ich hatte ferner geschildert, wie es mir gelungen war, der Katastrophe von Atlantis zu entgehen und weshalb ich erst jetzt, zehntausend Jahre nach meinem Abflug aus dem Arkonsystem, heimkehren durfte.

Die terranischen Verbindungsoffiziere und Perry Rhodan persönlich hatten meine Angaben bestätigt. Dies hätte mir jedoch sehr wenig genützt, wenn das Robotgehirn nicht in vollem Umfange meine Beweisführung unterstützt und sie unwiderlegbar gemacht hätte.

Der Regent hatte nachgewiesen, dass ich Atlan aus dem alten Herrscherhaus der Gonozal sei, wonach ich allen Anspruch auf die Würde eines Imperators hätte.

Vor vier Tagen war ich in den Kristallpalast von Arkon I eingezogen. Ich hatte auf das wochenlang dauernde Zeremoniell der Krönung verzichtet und sofort versucht, die weit verstreut wohnenden Mitglieder des Großen Rates ausfindig zu machen.

Tage später hatten sie vor mir gesessen; die Alten und Jungen, Vornehmen und Edlen, die alle nach dem gleichen Schema dachten und handelten.

Kurz zuvor waren die Transportschiffe gelandet, die ich in ein fernes Sonnensystem geschickt hatte. Rhodans enorm tüchtigen Männern war es gelungen, ein vergessenes Auswandererschiff meines Volkes aufzuspüren und die so genannten Schläfer zu bergen.

Das waren etwa hunderttausend Arkoniden, die Jahrtausende zuvor gestartet, jedoch infolge eines Unfalles und eigenartiger Umstände in einen biologischen Tiefschlaf versetzt worden waren.

Diese Leute waren noch voll aktiv, obwohl sie lange nach meiner Zeit gestartet waren.

Noch konnte ich die Hilfe der Schläfer nicht in Anspruch nehmen. Sie waren erschöpft und demnach erholungsbedürftig.

Immerhin hatte sich für mich ein Lichtblick ergeben. Ich hoffte, mit hunderttausend aktiv gebliebenen Arkoniden das Reich neu aufbauen zu können. Wenn ich dazu Sorge trug, die noch nicht geborene Generation durch geeignete Erziehungsmaßnahmen aus dem allgemeinen Taumel der Dekadenz herauszureißen, sollte es gelingen, innerhalb weniger Jahrzehnte das Imperium zu erneuern.

Das aber waren Zukunftsträume, die ohne die Mithilfe der Terraner sowieso nicht zu verwirklichen waren.

Ich setzte mich langsam auf das breite Lager und ließ mich mit ihm von dem Antigravschirm nach oben tragen. Drei Meter über dem Boden der Empore hielt es an. Ich gewann einen vortrefflichen Überblick.

Die Mitglieder des Rates hatten sich wieder gesetzt. Was ich mir nicht erlaubte, hielten sie für selbstverständlich: man streckte sich bequem aus, winkelte die Beine an und wartete lethargisch auf das Kommende.

Mutlos werdend, sah ich zu dem terranischen Verbindungsoffizier hinüber, den Perry Rhodan kürzlich auf Arkon stationiert hatte.

Es handelte sich um den schlanken, sympathischen Chef des terranischen Mutantenkorps, John Marshall, dessen überragende telepathische Fähigkeiten voll zu meiner Verfügung standen.

Er bemerkte meinen hilfesuchenden Blick. Ich öffnete meinen parapsychischen Monoschirm, um Marshalls Telepathieimpulse aufnehmen zu können. Mein vor Jahrtausenden aktiviertes Extrahirn machte sich durch einen leicht schmerzhaften Druck im Hinterkopf bemerkbar.

Gut so, Sir, vernahm ich Marshalls abgestrahlten und von mir empfangenen Bewusstseinsinhalt. Mir war, als spräche er wirklich. Wieder einmal bedauerte ich es, nicht ebenfalls über eine solche Naturgabe zu verfügen. Ich konnte John nur dann verstehen, wenn er sich direkt auf mich konzentrierte. Dagegen war es mir kaum möglich, ihn gegen seinen Willen anzurufen. Nur wenn er sich wie in diesem Augenblick auf mich konzentrierte, vermochte ich eine telepathische Verbindung herzustellen.

Was denken sie?, fragte ich.

Nicht viel, Sir. Das Übliche, möchte ich sagen.

Weshalb ich noch immer lebe, nicht wahr?

Genau das. Es ist für sie unfasslich, dass Sie, Sir, vor zehntausend Jahren das Arkonsystem verlassen und nun ohne bemerkbare Alterungserscheinungen heimgekehrt sind. Einige Wissenschaftler haben sich der Mühe unterzogen, in der Staatsbibliothek nachzuforschen. Man hat Ihre Ahnenreihe entdeckt, Sir. Demnach weiß man, dass Sie tatsächlich Atlan sind.

Ich unterdrückte ein grimmiges Auflachen. Von meinem Zellaktivator ahnte man nichts. Selbst wenn ich mein Geheimnis preisgegeben hätte, wäre die Funktion des kleinen Gerätes für diese Leute unvorstellbar gewesen. Ich selbst wusste nur, dass mein natürlicher Zellzerfall mit den damit verbundenen Alterserscheinungen ständig durch rätselhafte Reizimpulse aufgehalten wurde.

So geschah es nun schon seit vielen Jahrtausenden. Ich griff unauffällig an das Brustteil meiner einfachen Uniformkombi und tastete die Formen des Aktivators ab. Er hatte mir ein auf biophysikalischer Basis beruhendes ewiges Leben verliehen; ein Leben, das Tag für Tag und Jahr für Jahr von brennendem Heimweh nach Arkon erfüllt gewesen war.

Nun war ich zu Hause, jedoch hatte ich Zustände angetroffen, die mich zugleich beschämten und aufrüttelten. Es musste etwas getan werden, um Arkons Größe erhalten zu können. Mit einer mächtigen Robotflotte allein war es nicht getan.

Ich eröffnete die Ratssitzung. Schon zehn Minuten später raffte man sich zu den ersten Protesten auf, die ich vorerst gemäßigt, später unter deutlichen Drohungen zurückwies.

Nach einer Stunde gab ich es auf. Es war völlig sinnlos, diese Männer zu Taten zwingen zu wollen. Marshall teilte mir mit, das Sinnen und Trachten der Anwesenden richte sich ausschließlich danach aus, mich, den unliebsamen Störenfried, zu beseitigen. Man war ungehalten und dachte darüber nach, mit welchen Mitteln die Herrschaft eines plötzlich aufgetauchten Imperators aufgehoben werden könnte.

Sinnvolle Vorschläge zur Stärkung des Sternenreiches wurden nicht gemacht. Aus den wenigen Anträgen ging eindeutig hervor, dass man noch nicht einmal einen klaren Überblick besaß. Die Situation an der Druuf-Front war einigen Ratsmitgliedern unbekannt.

Der terranische Verbindungsoffizier wurde übersehen. Marshall gab mir erheitert zu verstehen, man hielte ihn, den fähigen Telepathen, für den Vertreter eines unbedeutenden Kolonialvolkes.

Ich ließ das Lager nach unten sinken und beendete die Sitzung. Ohne auf den devoten Gruß nahesitzender Höflinge zu achten, schritt ich in Begleitung meiner Roboteskorte davon.

Wenn im Kristallpalast des Arkonplaneten nichts mehr funktionierte: Feste feiern konnte man noch!

Desgleichen besaß man größte Übung darin, den Imperator zu umschmeicheln und um Privilegien zu bitten.

Ich wurde von allen möglichen Schmarotzern aufgehalten, wortreich bewundert und mit derart prunkvollen Ehrungen überschüttet, dass mir fast übel wurde.

Einer, der mir als größter lebender Philosoph und bedeutender Simultankomponist vorgestellt wurde, beschwerte sich darüber, dass ihm der Robotregent die monatlichen Anerkennungsbezüge gesperrt hätte.

Da mir das Geschwätz dieses Herrn bekannt war, lehnte ich schroff ab und forderte ihn auf, seine Fähigkeiten anderen Zwecken dienlich zu machen.

Ich begann, gegen den Strom zu schwimmen. Überall eckte ich an, nirgends gewann ich Freunde. Man zog sich mit höflichen Worten zurück, aber in den Augen leuchtete der Funke des Hasses.

Das geplante Krönungsfest sagte ich ab, was eine Welle der Empörung hervorrief. Der Chef des Protokolls raunte mir beschwörend zu: »Darf ich mir mit Euer Erhabenheit Erlaubnis die Freiheit nehmen, Euer Erhabenheit darauf aufmerksam zu machen, dass die bedeutendsten Künstler des Reiches ihr Kommen bereits zugesagt haben. Euer Erhabenheit wollen huldvollst bedenken, wie wichtig eine ...«

Ich drehte mich auf dem Absatz um. Der Hofbeamte schreckte zurück. Wir befanden uns im großen Vorraum zum Saal der Weisen.

»Meiner Auffassung nach sind rauschende und kostspielige Festlichkeiten bei der derzeitigen Situation untragbar«, fuhr ich ihn an. »Ich ersuche Euch dringend, die verantwortlichen Offiziere der Flotte in den Palast zu laden. Ich lasse keine Entschuldigungen gelten. Falls die Herren nicht zur festgesetzten Stunde erscheinen, werde ich sie ihrer Ämter entheben.«

Meine Robotgarde drängte die Anwesenden zurück. Dicht hinter mir folgte der Terraner John Marshall. Sein Gesicht war unbewegt und ausdruckslos. Er als Telepath fühlte wahrscheinlich noch viel deutlicher als ich den Hass, den mein Auftreten hervorrief.

Meine Träume über die Heimkehr verwehten mehr und mehr. Natürlich hatte ich feiern wollen; natürlich wäre ich gerne bereit gewesen, das Fest des Jahrtausends zu geben.

Das Imperium war reich. Der Handel mit zahllosen Kolonialwelten war während der Regentschaft des Robotgehirns wieder aufgeblüht, auch wenn das individuelle Streben der Händler schablonisiert worden war.

Nun aber hatte sich die Sachlage geändert. Ich brachte es nicht über mich, mein hohes Amt mit dem allerorts erwarteten Pomp anzutreten. Ich war enttäuscht und verbittert.

Vor dem Privatlift zu den oberen Palastgemächern wartete die Garde der dreiäugigen Zyklopen vom Planeten Naat. Ich wies die Giganten an, jede Störung von mir fernzuhalten.

Zwanzig Minuten später erreichte ich die Räumlichkeiten, die vor mir schon andere Imperatoren bewohnt hatten. Ich verzichtete darauf, die riesigen Prunksäle zu benutzen. Im Laufe von vielen tausend Jahren genügsam geworden, hatte ich eine kleine Zimmerflucht mit direkter Aussicht auf den inneren Palasthof einrichten lassen. Am wohlsten fühlte ich mich in dem großen Arbeitsraum, dessen Schaltanlagen mich direkt mit dem Gehirn und damit mit den Zentralen des Imperiums verbanden.

Den prächtigen Schulterumhang mit den eingestickten Symbolen des Imperators reichte ich einem wartenden Bedienungsrobot. Er verschwand lautlos in einem aufgleitenden Bodenspalt.

Unter meinem Arbeitszimmer lag die separate Wachzentrale. Es war praktisch unmöglich, gegen meinen Willen in den von mir beanspruchten Teil des Kristallpalastes einzudringen.

John Marshall war mir gefolgt. Er wartete, bis ich ihn ansprach. Ich trat vor die durchsichtige Schutzschirmfront, die an Stelle einer Fenstergalerie die Aussichtsseite abschloss.

Achthundert Meter unter mir lag das weite, 1500 Meter durchmessende Rund des Innenhofes. Unserer Bauweise entsprechend, besaß auch der Kristallpalast die Form eines riesigen Trichters, der, auf dem stielartigen Fundament ruhend, weit ausladend aus der prächtigen Parklandschaft emporragte.

Das von den inneren Trichterwandungen gebildete Rund war terrassenförmig abgestuft, bis es tief unten im Garten endete.

Ich genoss den herrlichen Anblick aus vollem Herzen. Fünfzehnhundert Meter durchmaß der Sockel des Trichterbauwerks. In den Fundamenten waren all die Maschinen und Schaltstationen untergebracht, die den Kristallpalast zum Phänomen der Galaxis machten.

Die früheren Imperatoren hatten das Riesenbauwerk als Wohnsitz beansprucht. Es gab unglaublich viele Säle, in denen einst alle Intelligenzen der bekannten Milchstraße empfangen worden waren.

Ich sah hinunter zu den anderen Terrassen, deren Fensterfronten im hellen Licht der weißen Arkonsonne aufleuchteten. Es war alles prächtig, und doch kam ich mir deplaciert vor.

Marshall war neben mich getreten. Er schien meine Stimmung zu ahnen, obwohl er infolge meines wieder aufgebauten Monoschirmes meinen Bewusstseinsinhalt nicht mehr wahrnehmen konnte.

»Ich frage mich, ob ich noch ein echter Arkonide bin«, sagte ich unvermittelt. »John, andere Herrscher vor mir hätten es unter keinen Umständen versäumt, ein Fest zu geben.«

Er nickte einfach, und ich bemühte mich um meine Fassung.

»Ich weiß nicht, John, ob mir Perry Rhodan mit der voreiligen Proklamation zum Imperator einen Gefallen getan hat. Meiner Meinung nach wäre es besser gewesen, wenn ich weiterhin im geheimen gewirkt hätte.«

»Die Umstände sprachen dagegen, Sir.«