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Nr. 86

 

Die Schlüssel zur Macht

 

Sie kommen als Zerstörer – und wissen nicht, dass ihre Strategie sinnlos ist ...

 

von K. H. SCHEER

 

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Perry Rhodans Entdeckung des auf dem Mond gestrandeten arkonidischen Raumschiffes gab den Anstoß zur politischen Vereinigung der Menschheit und legte den Grundstein für das Solare Imperium, das Sternenreich Terras.

Dass dieses Reich – winzig klein im Vergleich zu den vielen anderen Mächten des Universums – überhaupt noch besteht und nicht im Inferno atomarer Vernichtung verging oder zur Kolonie Arkons degradiert wurde, ist den klugen Schachzügen der Terraner um Perry Rhodan beim großen galaktischen Spiel zuzuschreiben – und dem Glück, das aber auf die Dauer nur der Tüchtige hat ...

Auf dieses Glück vertrauend, entwickelte Perry Rhodan auch den kühnen Plan, mit einer terranischen Kampfgruppe zur Zentrale seines größten Widersachers, des Robotregenten von Arkon, vorzustoßen!

Nach vielen Schwierigkeiten sind die »Rekruten für Arkon« – denn als solche ließen sich ja die terranischen Spezialisten anwerben, nachdem sie sich auf dem Planeten der Zaliter etabliert hatten – in die Nähe des Robotgehirns gelangt.

Doch das letzte Stück ihres gefährlichen Weges ist zugleich auch das schwerste!

Perry Rhodan wird kurz vor dem erstrebten Ziel in tiefste Verzweiflung gestürzt, denn DER SCHLÜSSEL ZUR MACHT gehört einem anderen ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Atlan – Seine Rückkehr in die alte Heimat ist eine Verzweiflungstat.

Perry Rhodan – 1. Offizier des Arkon-Schlachtschiffes KON-VELETE.

Reginald Bull – 2. Offizier der KON-VELETE.

Tako Kakuta und Ras Tschubai – Ein Wabenschutzschirm erweist sich selbst für die besten Teleporter des Solaren Mutantenkorps als undurchdringbar.

Sergeant Huster – Er setzt die Arkonbombe zusammen.

Epetran – Eine Stimme aus der Vergangenheit.

1.

 

Der Mann war hochgewachsen, schlank und körperlich durchtrainiert. Die rotbraune Haut seines schmalen Gesichtes deutete darauf hin, dass es sich um einen Zaliter handelte; also um einen späten Nachkommen jener Arkoniden, die vor vielen Jahrtausenden zum nur 3,14 Lichtjahre entfernten Planetensystem der roten Riesensonne Voga ausgewandert waren, um dort auf der vierten Welt Fuß zu fassen. Im Laufe der Zeit hatte sich die Haut- und Haarfarbe der Zaliter verändert, aber sie waren dennoch reinrassige Arkoniden geblieben.

»Breheb-Toor ...!«, rief der Hochgewachsene mit durchdringender Kommandostimme.

Zweihundert Kolonialarkoniden, Zaliter wie der Offizier vor der Front, schienen elektrisiert zu werden. Das plötzliche Rucken der vielen Körper wirkte wie das elektronisch gesteuerte Hochschnellen hochwertiger Schaltautomaten – so exakt und gleichmäßig war es.

Der kommandierende Offizier drehte sich um. Steif, mit kurzen Schritten, kam er auf mich zu. Auf dem Brustteil seiner blaugrauen Kunstfaserkombination glänzten die Symbole des Großen Imperiums; drei Planeten, die eine leuchtende Sonne umliefen.

Das dunkle Gesicht wurde von dem breiten Prallwulst des vorgeschriebenen Dienst-Funkhelmes zur Hälfte verdeckt. Ich sah nur die grauen Augen, die schmalrückige Nase und darunter einen energischen Mund. Genau drei Schritte von mir entfernt blieb er stehen. Seine Meldung erfolgte in reinem Arkonidisch, jedoch war der leichte Zalitakzent keineswegs zu überhören.

Seine geballte Rechte hielt er während der Meldung gegen die linke Schulterpartie gepresst. Es gab nichts, was einem Beobachter verraten hätte, dass dieser Raumoffizier in Wirklichkeit ein Terraner war. Niemand – noch nicht einmal die fünfzig echten Zaliter in den Reihen unseres Einsatzkommandos – konnten bemerken, dass der Erste Offizier des nagelneuen Arkonschlachtschiffes KON-VELETE mit Perry Rhodan, dem Ersten Administrator des Solaren Imperiums, identisch war.

Jene, die darüber informiert waren, verstanden zu schweigen. Ich legte meine Hand ebenfalls nach alter Sitte auf die linke Brustseite und dankte.

Hinter den angetretenen Männern ragte der mächtige Kugelkörper des 800-Meter-Raumers KON-VELETE in den von dünnen Wolkenfetzen bedeckten Himmel des Mondes Naator. Er war der einzige Trabant des fünften Arkonplaneten und dazu auserwählt worden, die von dem Robotregenten angeworbenen Hilfsmannschaften vorübergehend zum Zwecke der taktischen Schulung zu beherbergen.

Rhodans vorschriftsmäßig steife Haltung lockerte sich. Er warf mir noch einen warnenden Blick zu, ehe er wieder mit diesen lächerlich kurzen Schritten zur Formation zurückstolzierte. Er beachtete das zalitische Reglement genau.

Ich zog meinen Schulterumhang fester über der Brust zusammen. Ein eisiger Wind pfiff über die weite Ebene, deren ehemaligen Geröllwüstencharakter man durch das Aufsprühen einer meterstarken Stahlplastikschicht stark verändert hatte.

Der somit entstandene Front-Raumhafen trug die Bezeichnung Na-IV. Vor knapp 24 Stunden Standardzeit hatte ich den Befehl erhalten, die KON-VELETE auf dieses Gelände zu verlegen. Damit wussten wir, dass der Start dicht bevorstand.

Ich drehte mich um und grüßte zu den beiden durchfrorenen Arkonidenoffizieren hinüber. Sie saßen in einem offenen Gleitfeld-Wagen und waren damit beschäftigt, die angetretenen Besatzungen der vielen Raumschiffe zu inspizieren.

Mit Hilfe meines Helmsenders strahlte ich in meiner Eigenschaft als Kommandant des neuen Schlachtschiffes die Klarmeldung ab. Der ältere Mann erhob grüßend die Hand. Es war Admiral Senekho. Dünn, zerbrechlich wirkend und körperlich geschwächt, saß er neben dem Robotfahrer. Dennoch gehörte er zu den wenigen Arkoniden, die noch genügend Geist und Initiative besaßen, um der Aufgabe als Befehlshaber eines vorgeschobenen Flottenstützpunktes nachkommen zu können.

»Viel Glück, Kapitän Ighur«, klang es aus den Muscheln meines Helmgeräts. »Sie werden den Ruhm Arkons in die Weiten des Raumes tragen. Sie starten mit dem Verband der schweren Einheiten. Warten Sie auf die Freigabe. Nochmals viel Glück.«

Der jüngere Offizier an Senekhos Seite winkte mir apathisch zu. Anschließend machte er ein Zeichen hinter den in der Liste angeführten Namen meines Schiffes.

Der Gleiter ruckte leise summend an. Mit bitteren Gefühlen sah ich dem Fahrzeug nach, bis es vor dem Kommandanten des nächststehenden Schiffes anhielt. Es war ein Schlachtkreuzer aus der Robotfertigungs-Serie.

»Arkons Ruhm sollte ich in die Weiten des Raumes tragen« hatte der alte, verbrauchte Mann gesagt. »Arkons Ruhm«!

Er, der um etwa zehntausend Jahre jünger sein musste als ich, hatte keine Ahnung, dass ich schon lange vor ihm Admiral und Chef eines arkonidischen Geschwaders gewesen war. Damals, als die Methanatmer das Sternenreich überfielen, war es wirklich darum gegangen, den mit dem Großen Imperium verbundenen Machtbegriff zu verteidigen. Zu jener Zeit hatten wir es auch nicht nötig gehabt, unsere Flotteneinheiten mit Hilfsvölkern zu bemannen. Zwanzig Milliarden Arkoniden, jeder Mann ein hochwertiger Spezialist auf seinem Gebiet, hatten zur Verfügung gestanden. Niemand unter uns hätte einen Roboter oder eine Fremdintelligenz in den Kommandozentralen und Hauptschaltstationen geduldet. Es hätte zur Meuterei geführt, wenn man dem jüngsten Hilfstechniker zugemutet hätte, die Befehle eines Nichtarkoniden zu befolgen.

Und nun – wie sah es nun aus? Wütend und zugleich schmerzlich berührt, sah ich zu der verschiedenfarbig markierten Roboterbesatzung hinüber, die sich hinter den angetretenen Männern meines Schiffes aufgestellt hatte.

Jede der Spezialmaschinen hatte an Bord eine besondere Aufgabe zu erfüllen. Es hatte eine Fülle von Programmierungen gegeben, und das »Einfahren« der gefühllosen Metallgeschöpfe war eine Plage ersten Ranges gewesen.

Wenigstens aber hatte ich im Gegensatz zu anderen, bedauernswerten Kommandanten noch zweihundert wirklich lebende Männer an Bord, mit denen man reden, lachen und notfalls auch schimpfen konnte. Hundertfünfzig von ihnen waren großartige Könner aus dem Korps der Solaren Raumpatrouille. Das waren Raumfahrer, mit denen man in jeden noch so schweren Einsatz gehen konnte, ohne befürchten zu müssen, beim ersten Treffer ein Chaos zu erleben. Da gab es weder Nervenschocks noch Fahnenflüchtige aus Angst. Zu diesen Hundertfünfzig kamen noch fünfzig echte Zaliter hinzu, die man mir vor Wochen zugeteilt hatte. Die neuen Schlachtschiffe sollten wenigstens mit zweihundert denkenden Wesen bemannt werden, da es sich an der Blockadefront nahe der Druuf-Entladungszone gezeigt hatte, dass man mit Robotbesatzungen allein nicht weiterkam.

Weder mir noch Perry Rhodan war es recht gewesen, diese Soldaten an Bord nehmen zu müssen. Naturgemäß mussten wir von nun an gehörig aufpassen, dass wir keine schwerwiegenden Fehler machten. Schon ein englisches Wort hätte Verwunderung und Misstrauen erregen können. Noch war in jedermann die Erinnerung an jene geheimnisvollen Attentate lebendig, mit denen wir erfolgreich dafür gesorgt hatten, dass unsere Leute gut durch die medizinischen und psychologischen Testuntersuchungen gekommen waren.

Um das Unglück zu vollenden, befanden sich unter den fünfzig Zalitern auch noch zwei Offiziere, denen ich führende Positionen hatte anvertrauen müssen. Da wir nun einmal in der Maske solcher Leute erschienen waren, hatte ich keinen plausiblen Grund finden können, die als tüchtig geltenden Männer einfach abzuweisen.

Es fiel mir schwer, die Sorgen von mir abzuschütteln. Wir befanden uns in einer fremden Umgebung unter erbitterten Feinden, die beim geringsten Verdacht über unsere wahre Herkunft erbarmungslos zugeschlagen hätten.

Das riesige Robotgehirn auf Arkon III hatte neuerdings ein neues Gebiet in das allgemeine Flottenschulungsprogramm aufgenommen. Es hieß: »Terranische Kampftaktik-Kunde!«

Als ich zum ersten Mal davon gehört hatte, war mir schwach in den Kniekehlen geworden. Der Regent ging demnach dazu über, die Eroberung des Solaren Systems vorzubereiten, obwohl er noch immer nicht wusste, wo die Erde überhaupt zu finden war.

Die Druuf-Gefahr würde sich in wenigen Monaten von selbst beseitigen, da sich die Entladungszone erneut dem unstabilen Zustand näherte. Diesmal aber würde es für die Fremden aus der anderen Zeitebene keine Möglichkeit mehr geben, den Einsteinraum anzugreifen. Wenn sie wussten, dass ihre Chance nur noch wenige Monate lang andauern konnte, dann durfte sich der Robotregent von Arkon auf allerlei gefasst machen. Schon jetzt stand es fest, dass die Druuf mit ungeheuren Flottenaufgeboten angriffen. Wenn sie erst einmal damit aufhörten, würde sich das Gehirn gegen die allmählich lästig werdende Erde wenden. Dann war die Entdeckung unserer galaktischen Position nur noch eine Frage der Zeit.

Aus diesem Wissen heraus hatten wir beschlossen, den Regenten endgültig außer Gefecht zu setzen, vorausgesetzt, er ließ sich so einfach abschalten oder in die Luft sprengen. Zur Zeit sah es noch so aus, als wäre Rhodans unter größten Mühen und Kosten durchgeführtes Vorhaben zum Scheitern verurteilt.

Wir schrieben den 18. März 2044 Terrazeit. Am 21. Januar waren wir mit der DRUSUS und dem schnellen Kreuzer CALIFORNIA gestartet, um nach gründlichsten Vorbereitungen den Versuch zu wagen, das Gehirn zu besiegen.

Ein offener Angriff wäre völlig sinnlos gewesen. Der Robot hatte zur Zeit fast sechzigtausend Kampfschiffe nahe der Entladungszone stehen. Uns blieb keine andere Wahl, als ihn im Agenteneinsatz unschädlich zu machen.

So waren die hundertfünfzig Männer des Kommandos noch auf der Erde in Zaliter »verwandelt« worden. Auch ich hatte die typisch rotbraune Haut und die langen, kupferfarbenen Haare erhalten, die bei einem gewissen Lichteinfall grünlich aufschimmerten.

Ein Hüsteln wurde in meinen Hörmuscheln vernehmbar. Rhodan, der links neben der Front der Angetretenen stand, warf mir einen warnenden Blick zu. Ich neigte neuerdings zum Simulieren, was in dem Moment fehl am Platze war.

Ich grüßte nochmals zur Formation hinüber und befahl über Funk: »Lassen Sie die Besatzung an Bord gehen, Major Sesete!«

Rhodan drehte sich um. Seine Kommandos hallten über das weite Gelände. Zweihundert einheitlich uniformierte Männer marschierten auf die geöffneten Bodenschleusen des Schlachtschiffes zu. Hinter ihnen folgten mehr als tausend Roboter, unter denen sich auch die neuen Kampfmaschinen für Landeunternehmen befanden. Es waren stählerne Giganten mit eingebauten Waffendrehkränzen und vier vielgelenkigen Armen. Fast drei Meter hoch, überragten sie die anderen Maschinen bei weitem.

Ich blieb nahe einer Teleskop-Landestütze stehen und beobachtete die diszipliniert wirkende Truppe. Wir hatten uns alle Mühe gegeben, die zalitischen Dienstvorschriften zu erlernen.

Mit Hilfe eines heimlich auf Voga IV abgesetzten Materietransmitters waren wir dort gelandet. Der kosmische Agent Jeremy Toffner hatte uns in die Hauptstadt Tagnor eingeschleust, wo wir in den Höhlen unter einer Arena einen vorbereiteten Stützpunkt befunden hatten.

Von da an war unser Einsatz gefährlich geworden. Auf Zalit war Monate zuvor ein arkonidischer Raumadmiral namens Calus gelandet, der vom Robotregenten den Auftrag erhalten hatte, zalitische Raumfahrer für den Dienst in der Arkonflotte anzuwerben. Praktisch gesehen, war Calus die Persönlichkeit auf Voga IV, weshalb wir uns auch bemüht hatten, einen anderen Mann an seine Stelle zu setzen.

Nach langwierigen Vorbereitungen durch unser wissenschaftliches Team war es dann auch gelungen, den hageren Sergeanten Roger Osega in Calus' Maske in den Regierungspalast von Tagnor zu bringen. Der echte Calus befand sich in unserer Gefangenschaft.

Von da an war es leichter gewesen, die hundertfünfzig maskierten Terraner als Zaliter auszugeben. Wir waren mit einwandfreien Papieren versehen worden, die es uns schließlich ermöglichten, das arkonidische Erfassungskommando zu täuschen.

Mitte Februar 2044 waren wir schließlich mit einem Flottentransporter zum großen Mond des Planeten Naat gebracht worden, wo erneut die Schwierigkeiten begannen. Der Robotregent hatte die galaktischen Mediziner mit der Untersuchung der neuen Raumtruppen beauftragt. Es war ein Problem gewesen, die Aras zu täuschen und falsche Individualdaten in die automatischen Mannschaftsregister zu schmuggeln.

Auch das war gelungen, nur wäre es Wochen später beinahe zu einer Katastrophe gekommen.

Auf dem fernen Planeten Zalit, 3,14 Lichtjahre vom Arkonsystem entfernt, hatten zalitische Widerstandskämpfer einen Mordanschlag auf den Arkonbefehlshaber, Admiral Calus, erfolgreich ausgeführt. Unser Sergeant Osega hatte dabei sein Leben verloren.

Im letzten Moment hatten unsere auf Zalit zurückgelassenen Mutanten und Wissenschaftler Osegas Leiche beseitigt. Wäre sie gefunden worden, hätte man fraglos festgestellt, dass an Calus' Stelle ein völlig Fremder diesem, unsinnigen Attentat zum Opfer gefallen war.

Wir waren gerade noch einmal der Vernichtung entronnen, jedoch hatten wir aus diesem Vorfall ersehen, wie unberechenbar das Schicksal war. Als wir auf Zalit landeten, hatten wir angenommen, in wenigen Wochen nach Arkon III zu gelangen und dort planmäßig handeln zu können.

Keine einzige dieser Vorstellungen hatte sich bewahrheitet! Berge von Schwierigkeiten hatten sich vor uns aufgetürmt. Immer neue Kompromisslösungen waren erforderlich gewesen. Tag für Tag hatten sich Dinge ereignet, die keineswegs in unsere Planung eingeschlossen waren.

Auf dem großen Mond des fünften Arkonplaneten waren wir wochenlang festgehalten worden. Kurz nach unserer Ankunft hatte man uns ein werftneues Schlachtschiff der Imperiumsflotte überlassen. Ich war zum Kommandanten ernannt worden, da ich mit den entsprechenden Zeugnissen schon auf Zalit ausgerüstet worden war.

Wenn wir aber gedacht hatten, es ginge anschließend sofort weiter, so hatten wir uns erneut getäuscht. Schulungsflüge über Schulungsflüge waren gefolgt. Wir hatten alle möglichen Arten des Verbandsfluges geübt, und außerdem hatten wir aufpassen müssen, dass die fünfzig echten Zaliter kein unbedachtes Wort aufschnappten.

Die Roboterprogrammierung hatte unsere Spezialisten vierzehn Tage lang beschäftigt. Um unseren Pflichten exakt und zufriedenstellend nachkommen zu können, hatten wir gar keine Gelegenheit gefunden, lang und breit über unser eigentliches Vorhaben nachzudenken.

Fest darauf hoffend, dass alles doch noch gelingen würde, waren wir im Dienstbetrieb aufgegangen. Die Disziplin war streng und die Strafen hart. Arkoniden hatten schon immer gewusst, wie man mit Hilfsmannschaften umzugehen hatte, die doch mehr oder weniger zum Dienst gepresst worden waren. Es war ganz natürlich, dass solche Leute nicht besonders eifrig waren.

Dann hatte ich heute endlich den Befehl erhalten, das Schlachtschiff mitsamt der vorgeschulten Besatzung nach Arkon zu überführen, wo es wahrscheinlich noch einmal zu Eignungsuntersuchungen kommen würde. Mir graute davor, wenn ich an die damit verbundenen Gefahren dachte. Die wichtigsten Männer des Solaren Imperiums befanden sich an Bord eines Raumschiffes, das nun direkt in die Höhle des Löwen fliegen sollte.

Ich war jetzt sehr froh, dass wir den Mausbiber Gucky, den doppelköpfigen Mutanten Ivan Goratschin und die beiden weiblichen Mutanten auf dem Zalit-Stützpunkt zurückgelassen hatten. Wahrscheinlich wären wir in unermessliche Schwierigkeiten gekommen, wenn wir diese Personen zum endgültigen Einsatz mitgenommen hätten. Besonders Gucky und Goratschin hätten wir mit dem besten Willen nicht als zalitische Eingeborene tarnen können.

Die letzten Robotertruppen marschierten an mir vorbei. Es handelte sich um die durch rote Brustringe gekennzeichneten Spezialmaschinen des Lecksicherungskommandos.

Perry Rhodan stand am Fuße der ausgefahrenen Rolltreppe. Die KON-VELETE war ein neues und kampfstarkes Schiff, jedoch besaß sie nicht den geringsten Komfort. Sogar die Kommandantenkabine war spartanisch einfach eingerichtet, und die sanitären Anlagen waren für unsere Begriffe mehr als ungenügend.

Anscheinend hielt es das Robotgehirn nicht für erforderlich, die riesigen Fertigungs-Bandstraßen auf Arkon III umzustellen, nur weil die neuen Raumschiffe plötzlich von lebenden Wesen besetzt werden sollten.

Als der letzte Roboter verschwunden war, warf ich einen Blick nach oben. Die offenen Panzerschotts der Luftschleuse lagen 22 Meter über uns. Erst dort begann die Rundung der unteren Polkuppel. Der 800-Meter-Riese war auf jeden Fall ein Schiff, das einen Kommandanten begeistern konnte.

Ich hatte nie damit gerechnet, jemals wieder in der Zentrale eines Arkonidenraumers stehen zu dürfen. Meine lange Wanderung durch die Geschichte der Erde war zu Ende. Nun begann eine neue Epoche. Dicht vor mir stand der Mann, der im Zeitraum von nur wenigen Jahrzehnten aus der ehemals so primitiven irdischen Welt einen beachtenswerten Planeten gemacht hatte.

Ehe Rhodan zu mir sprach, griff er prüfend an den Schalter seines Helmsenders. Wenn wir die Anlagen nur einmal bei einem verfänglichen Gespräch eingeschaltet ließen, konnte es unseren Untergang bedeuten.

Ich kontrollierte ebenfalls mein Funkgerät. Es war außer Betrieb. In der Luftschleuse erschienen die drei Wachen. Die Männer gehörten zu unserem Kommando. Es war alles in Ordnung. Leutnant Olavson winkte uns beruhigend zu.

Ich sah mich nochmals argwöhnisch um. Rechts und links unseres Landeplatzes standen die Schlachtkreuzer der vierten Gruppe. Sie hatten nur eine Besatzung von fünfzig Mann erhalten; viel zu wenig für die immerhin fünfhundert Meter durchmessenden Schiffe, die damit erheblich an Schlagkraft verloren.

Infolge der völligen Degenerierung meiner Rassengenossen auf Arkon litt der regierende Roboter unter einem chronischen Personalmangel. Was er an Kampfkraft infolge einer unzulänglichen Mannschaft einbüßte, ersetzte er durch Quantität.

»Start in zweiunddreißig Minuten«, sagte ich leise zu Rhodan. Der scharfe Wind fuhr mir in den geöffneten Mund und ließ die Zähne schmerzen.

Perry nickte nur. Er hatte es längst aufgegeben, tausendmal erörterte Dinge nochmals zu besprechen. Jetzt kam es nur noch darauf an, unser Kommando endlich dorthin zu bringen, wo wir auch zuschlagen konnten.

Wir hatten alles getan, was in unseren Kräften lag. Nun konnten wir nur noch auf die Gnade des Schicksals hoffen. Es stand nicht mehr in unserer Macht, bestimmend in die noch vor uns liegenden Ereignisse einzugreifen.