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Manuel Sandrino

Nackte Geheimnisse

 

 

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Von Manuel Sandrino bisher erschienen:

 

„Selbstverständlich schwul!“ Nur noch als E-book lieferbar

 

„Apollon und Mercury – Wahre Träume leben“
ISBN print: 9783863613792

„Apollon und Mercury – Einer muss sterben“
ISBN print: 9783863613853
Beide auch als E-book

 

 

 

 

 

 

Für alle Abenteurer, die dem hörbaren Lebensstrom
lauschen und mutig auf seinen Lichtwellen surfen.

Vorwort

Falls dieses geheime Tagebuch jemals gefunden wird, dann nur, weil ich wahrscheinlich tot bin, entführt wurde oder sonst irgendwie verschwunden bin. Wer immer diese Seiten in die Hände bekommt, sei gewarnt: einige meiner Tagebucheinträge sind definitiv nichts für prüde Gemüter oder verklemmte Normalos. Zu schockieren, war nie meine Absicht, doch das echte Leben nimmt keine Rücksicht auf fixe Denk- oder Verhaltensmuster.

Wer immer meine nackten Geheimnisse erfahren will, dem rate ich: Sei der genießerische Beobachter oder der scharfe Kritiker, der aus der sicheren Distanz alles be- und verurteilt. Sei der Wolf, der sich hungrig auf die Beute stürzt. Sei der verborgene Voyeur, der nie wegsieht. Sei alles, was du nur heimlich beim Lesen eines geheimen Tagebuches sein kannst!

 

Warum ein geheimes Tagebuch? Ich lernte von meinem Mentor, dass man echte Geheimnisse verschleiern muss, genauso wie die Personen, die damit zu tun haben, weshalb ich keine Person in meinem geheimen Tagebuch beim richtigen Namen nenne. Das hat nichts mit Lüge, sondern mit Schutz zu tun. Jeder sieht das Leben – auch das eigene – nur durch seine eigenen Augen; urteilt über andere nur aus der eigenen Perspektive; oder beschreibt die Ereignisse so, wie sie einem selbst passieren. Man kann nur das sehen, was man selbst sehen kann. Man kann nur das hören, was man hören will; und ja, jedem erscheint die Welt in anderer Verkleidung.

Wahrheit? Wahrheit ist für jeden etwas anderes! Wer mir nicht glaubt, sollte mal eine Zeitung oder religiöse Schriften lesen oder sich mit Politikern unterhalten. Jeder sieht nur das, was er selbst sehen kann oder was er will, dass andere sehen sollen.

 

Wie alles begann: Kurz vor dem Übergang zu meiner Volljährigkeit verlor ich meine Zukunftsperspektiven. Ich hatte absolut keinen Schimmer, was ich mit meinem Leben anfangen sollte. Darin war ich bestimmt nicht anders, als Hunderttausend andere auch. Vielleicht ahnte ich, dass das Schicksal beschloss, aus meinen Lebensfäden einen ganz neuen Teppich zu weben? Sicher ist, dass ich durch die Chats mit dem unheimlichsten Typen, den ich kenne, zum ersten Mal mein Schicksal akzeptierte, es in die eigenen Hände nahm und all die Fäden aus dem Teppich zupfte, die da nicht mehr hingehörten; es waren viele!

 

„Reiß dir die Masken vom Gesicht, zerfetze deine Hüllen und zerschmettere deine Hemmungen!“

Logisch, gefielen mir solche Ratschläge!

Logisch, war ich süchtig nach mehr!

Logisch, wollte ich alles sofort in die Tat umsetzen, auch wenn ich absolut keine Ahnung hatte, was damit gemeint sein könnte. Hätte ich es auch nur geahnt, ich hätte den Chat mit diesem Verrückten sofort beendet und mein eigenes Profil auf der Internetplattform gelöscht. Aber ich war von einer unstillbaren Neugier getrieben. So tat ich nichts dergleichen; ganz im Gegenteil!

Ich stieg auf ein verlockendes Angebot ein und betrat damit den teuflischsten Himmel, den ein sterbliches Unschuldslamm betreten kann.

Mein Leben und mein Tod – oder umgekehrt – sind fest mit zwei ungewöhnlichen Typen verbunden. Ich hätte von ihren Namen auf Probleme schließen müssen.

Vielleicht lud ich die Typen unbewusst in mein Leben ein?

Vielleicht hörten sie meine Verzweiflung?

Vielleicht war es einfach Zeit, dass ich erwachte?

War der erste der beiden Typen ein Verführer, verliebte ich mich in den zweiten bis über beide Ohren. Damit änderte sich fast augenblicklich alles und nichts war danach mehr so, wie es sein sollte. Traue niemandem vollkommen, egal, wie moosgrün, stahlblau oder golden seine Augen sind; sei sofort auf der Hut, wenn dir jemand schmeichelt; und glaube nichts, was du nicht selbst aus tiefstem Herzen als richtig und wahr empfindest. Ich hielt mich nicht daran.

 

Ach so: Mein Name ist Martin Holmström, doch alle nennen mich einfach Bux. Das kommt daher, weil ich als Kind ein Rotzlöffel war und ständig in Schwierigkeiten geraten bin, genau wie dieser schwule Zeichentrickfilmhase Bugs Bunny. Mein bester Freund, den ich Curly nenne, verglich mich schon im Sandkasten mit dem Langohr mit der großen Klappe.

Doch der großmäulige Bux verwandelte sich mit dem Eintritt in die Pubertät in einen gehemmten Feigling. Warum?

Ich realisierte, dass ich schwul bin. Dummerweise erwachte aus dieser Erkenntnis kein Held in mir. Ich wurde verletzlich und angreifbar. Den Sprung über die Klippe gesellschaftlicher Vorurteile schaffte ich nicht und das, obwohl heute – zumindest direkt, so von Angesicht zu Angesicht – mich deswegen keiner mehr verurteilt hat. Doch Theorie ist eben nicht die tägliche Praxis – schon gar nicht an Schwulen oder hinter ihrem Rücken!

 

Im Oktober vor meinem achtzehnten Geburtstag lernte ich über einen Internet-Chat den Mann kennen, der mir alles eingebrockt hat, was folgte. Das liegt ziemlich genau eineinhalb Jahre zurück. Er nannte sich Dionysos, nach dem griechischen Gott der Ekstase, des Rausches und der Wiedergeburt. Da mich mein Opa oft als einen Dionysos beschimpfte, war meine Neugier sofort geweckt. Selbst nach Wochen regem Austausch kannte ich weder Dionysos‘ Alter, noch wusste ich, wie er aussah, noch wo er lebte. Wir chatteten nur nachts und nur in Englisch über eine Internetplattform. Er sprach niemals über sich; es ging in allen Chats ausschließlich um meine Wünsche, meine Probleme und meine Träume.

„Junge“, ermutigte er mich immer wieder, „umarme das Leben und erfreue dich am Lebendigsein! Es gleicht einem Rausch. Genieße diese Verzückung! Reite auf ihrer Hitze und tanze zu ihrem Vergnügen. Vergiss dein Ego! Vergiss deine Vorurteile und deine Hemmungen! Junge, sei was du bist und das ganz und gar!“

Als ich Dionysos daraufhin stolz schrieb, dass ich mich hemmungslos betrunken hätte, um mich frei und lebendig zu fühlen, war er stocksauer. Dionysos drohte mir, falls ich diesem Kinderkram nicht augenblicklich abschwöre, er seine Zeit nicht weiter mit mir verschwenden würde. Lebensfreude und das wahre Lebendigsein erwachse aus dem Herzen und komme niemals aus einer Flasche, einem Qualm oder einer Pille.

„Aber alle frönen diesem Kinderkram!“, meckerte ich.

Falls ich wie andere sein wolle, dann würde ich niemals die Tiefen meines Wesens ausloten. Flaschengeister wären Gefangene ihrer Flaschen,

das sollte ich niemals vergessen.

„Junge, erkenne dich selbst, und du wirst die Welt der Götter erkennen“, schrieb mir der Typ mit dem mythologischen Spitznamen. „Wie ein Magnet ziehen wir sie an und werden selbst von den Göttern angezogen. Wir lassen den Himmel weinen und die Erde jubeln; und wie kostbare Edelsteine tragen wir in unserem Herzen die Tränen aller Wesen, um sie in Lächeln zu wandeln. Gott stirbt in uns; in uns steht er wieder auf.“

Dionysos war es auch, der mir zu diesem geheimen Tagebuch riet. Ich solle alles aufschreiben, denn viel zu schnell würden wir vergessen, was uns das Leben schenkt. Unentwegt provozierte mich der ungewöhnliche Mann, über mich selbst hinaus zu wachsen, meine Grenzen und die gesellschaftlichen Konventionen zu erkennen, um sie mutig zu überschreiten. Ich solle meine geistigen Flügel entfalten und mutig und abenteuerlustig das Leben mit all seinen Überraschungen akzeptieren und leben.

Aber Dionysos war ein Mann voller Widersprüche. So philosophisch und klug er schrieb, so seltsam erschienen mir andere seiner Macken. Immer forderte er mich auf, mich auszuziehen, während wir per Computer kommunizierten, was ich aber niemals tat – ich bin ja nicht verrückt!

 

Aus dem anderen Typen, der mein Leben auf den Kopf stellte, wurde ich genauso wenig schlau. Zur gleichen Zeit, wie ich mit Dionysos chattete, träumte ich Nacht-ein-Nacht-aus von ihm und traf ihn in immer neuen Versionen des gleichen Traums. Auch mit diesem Typen sprach ich ausschließlich Englisch, er mit stark schottischem Akzent. Der Ort unserer nächtlichen Begegnungen waren diverse Reisebüros. Warum ich mich mit ihm immer über mein Schicksal unterhielt, entzieht sich meiner Kenntnis. Er verwob es mit Los Angeles, obwohl ich in London landete.

Der Teenager nannte sich Seth, was bestimmt ein Spitzname oder eine Abkürzung war. Seine Haare waren rot oder manchmal rotblond; seine Haut oft weiß, doch ebenso oft sonnengebräunt; mal zählte ich siebzehn Sommersprossen über seiner Nase und seinen Wangen, ein andermal unzählige oder aber kaum welche, wenn seine Hautfarbe dunkler wurde. In seinen moosgrünen Augen ertrank ich in schottischen Hochlandseen, denn ein geheimnisvolles Glitzern sog mich regelrecht in ihre Tiefen. Trotz seiner Jugend strahlte Seth Macht und Weisheit aus. Sein Körper war muskulös, aber so geschmeidig wie der eines Schakals. Ich verliebte mich unsterblich in diese Traumfigur.

Erst fallen die Hüllen

Heute ist der siebte Februar und ich muss eine sehr wichtige Entscheidung treffen. Ich ahne, dass sich danach alles abermals vollkommen verändern wird. Ich ahne, dass ich wieder nach London muss! Will ich das wirklich? Es ist seit meiner ersten Begegnung mit Dionysos und Seth viel Zeit vergangen. Auf meinem Bett herumlungernd, stöbere ich durch die Seiten meines geheimen Tagebuches. Ich muss mir Klarheit verschaffen, wozu ich alles von Anfang an nochmals durchlese. Bin ich danach noch immer überzeugt, konfrontiere ich die beiden Typen, denen ich alles verdanke.

So begann es vor bald eineinhalb Jahren:

Donnerstag: 20. Dezember

„Junge, Geschenke tauchen plötzlich und in Verkleidung auf“, schrieb mir Dionysos bei einem unserer Internet Chats. „Zögere nicht, sie zu akzeptieren. Packe sie aus! Nur hüllenlos offenbart sich dir die Welt. Hüllenlos musst du ihr begegnen.“ Wie prophetisch seine Worte waren, verstand ich erst viel später.

Dionysos kündigte mir an, mich in die Mysterien des Lebens einzuweihen; teils in Träumen, teils durch alltägliche Erfahrungen. Ich solle mir alles in mein geheimes Tagebuch notieren. Die erste Prüfung würde morgen, mit der Nacht auf meinen achtzehnten Geburtstag, seinen Anfang nehmen.

Ich hatte keine Ahnung, was das bedeuten sollte und natürlich glaubte ich diesem Internet Freak kein Wort! Vielleicht ahnte er es? Vielleicht prüfte er mich? Vielleicht war er mir auch einfach überdrüssig geworden? Seine Ankündigung mit der Traumeinweihung war das Letzte, was ich von ihm hörte. Dionysos löschte sein Internetprofil und verschwand aus meinem Leben. So glaubte ich. Was war ich naiv!

Freitag: 21. Dezember

In der kommenden Nacht auf meinen achtzehnten Geburtstag hatte ich meinen ersten Traum, der anders war, als alle meine bisherigen. Er begann als belangloser Albtraum. Erst kapierte ich es nicht, denn ich stand, wie schon etliche Male zuvor, in einem Reisebüro, doch diesmal schien es sich in Los Angeles zu befinden, dem Ort, der für mich offensichtlich wichtig ist.

Seth saß hinter einem wuchtigen Pult und trug eine verspiegelte Sonnenbrille und eine Art Tunika oder einen Chiton, was ziemlich schräg aussah, ihm aber hervorragend stand, nicht zuletzt deswegen, weil das weiße Tuch nur an den Schultern durch Spangen zusammengehalten wurde, seitlich aber interessante Einblicke bot. Seth war barfuß, als er um sein Pult herumkam, um mir beide Hände zur Begrüßung zu schütteln.

„Holmström, bist du bereit?“

Mir fiel auf, wie seine roten Locken vom Wind eines Deckenventilators zerzaust wurden. Wie meist im Traum war ich mir meines eigenen Körpers kaum bewusst.

„Hüllenlos offenbart sich dir die Welt“, leckte sich der junge Schotten seine Lippen. „Hüllenlos musst du ihr begegnen. Holmström, du hast es kapiert!“

Ich hatte nur Augen für seinen Griechen-Look.

Seth langte nach meiner rechten Hand und führte mich an neun Pulten vorbei, hinter denen neun Frauen saßen, die entweder in Prospekten blätterten oder sich Notizen auf Schriftrollen machten. Drei von ihnen fielen mir speziell auf, denn sie folgten mit ihren Blicken jeder meiner Bewegungen. Die exotischste der drei hatte ihr schwarzes Haar mit einem feuerroten Seidenband hochgebunden. Auch wenn ich nicht auf Frauen stehe, verzauberte mich ihr Wesen sofort. Sie musste ein Model sein, denn keine Reisebüroangestellte trägt derart hohe High Heels und definitiv kein blutrotes Abendkleid.

„Darling, falls du die heutige Nacht überlebst, sehen wir uns wieder!“, flötet sie mir mit portugiesischem Akzent zu und nickte zu ihrer Kollegin, die bestimmt schon achtzig war.

„Er ist stark. Er ist potent. Sein Licht leuchtet hell!“ Die uralte Diva klatschte in ihre Hände und drehte sich auf ihrem Bürostuhl einmal um die eigene Achse. Ein Saphir funkelte zwischen Brillanten an einem königlichen Halsband. Ihr weißes, kunstvoll frisiertes Haar verlieh ihr etwas zeitlos Majestätisches.

Noch immer schenkte ich meiner eigenen Erscheinung keinerlei Beachtung.

Die dritte Frau trug ein altmodisches Kleid, wie es zur Zeit der Prohibition in Amerika in Mode war, mit Federkragen, dazu bestimmt eine Million Perlen auf langen Schnüren aufgefädelt. „Bewährst du dich, werde ich dich küssen!“, säuselte sie.

„Kaliope“, zeigte Seth auf die Brasilianerin. „Klio“, wiederholte er die Geste bei der Diva „und Thalia“, bei der Perlenfrau.

Ich verneigte mich, da mir ein ordinäres Händeschütteln einfach undenkbar erschien. Kaum senkte sich mein Haupt, dass ich erst meinen Bauch sehen konnte, dann … Meine Knie sackten unter mir weg. Gefällt kauerte ich auf meinen Fersen, um mich mit beiden Händen krampfhaft zu bedecken. Angstschweiß verklebte meine Sicht auf die neue Realität.

„Junge!“, schwebte die uralte Diva um ihr Pult. „Falls du der bist, der du sein könntest, müsste ich mich vor dir niederwerfen!“

Noch kümmerlicher verbarg ich meine Nacktheit, bis Klio statuenhaft und unsterblich sich vor mir auftürmte: „Steh auf!“, befahl sie. „Oder entferne dich aus meinem Umfeld!“

Eingeschüchtert hastete ich auf meine Füße, achtete aber geschickt darauf, meinen potenten Stolz weiter zu verbergen.

„Darling“, zwitscherte die Brasilianerin, „lass dein Licht leuchten und dein Körper sein Tempel sein.“

„Hier“, reichte mir Seth einen Lappen in der Größe eines Taschentuchs, den ich mir rasch um die Hüften band.

Klio, Kaliope und Thalia zwinkerten sich gegenseitig zu, was Seths Zeichen war, mich aus dem Reisebüro in einen wartenden Kleinbus zu führen. Die Hitze Südkaliforniens buk die Welt und Smog vernebelte meine Sicht. Im Bus warteten vier weitere Kandidaten. Ein jeder von ihnen war männlich und nackt, wie ich zuvor, nur dass es den vieren nichts auszumachen schien. Verklemmt hockte ich mich zwischen sie. Keiner sprach.

Seth setzte sich hinters Steuer und die teuflischste Sight Seeing Tour durch Los Angeles nahm ihren Anfang. Er ignorierte jede Ampel und jagte mit uns Richtung Norden zu den Santa Monica Hills. Ich klammerte mich am Sitz fest und überprüfte ständig meinen Sicherheitsgurt. Falls du die heutige Nacht überlebst, küsse ich dich! Endlich parkte Seth den Wagen am Strand und fünf Überlebende torkelten ihm über einen Pfad der Küste entlang hinterher. Vor einer Höhle sprach er: „Einzeln werdet ihr den Tempel betreten. Nur wer den Weg in den Hain findet, wandelt weiter auf dem Pfad der Götter. Wer stirbt, vergisst.“

Einzeln tippte er uns an der Schulter an; einzeln betraten wir die Höhle. Ich war der Letzte. Stumm forderte Seth den Waschlappen zurück. Potent, wenn auch nicht stolz darauf, drehte ich mich von Seth ab, um mein Verderben in der Höhle zu fokussieren.

Meine sichtbare Erektion geißelte mich mehr, als jedes Monster, das sich auf mich stürzen könnte. Mir war egal, wenn ich morgen in meinem Bett erwachen und mich an nichts der Peinlichkeiten erinnern könnte. Insgeheim hoffte ich zu versagen. Ich sehnte das Vergessen herbei. Doch statt Dunkelheit züngelte das Licht eines neuen Tages und verdrängte immer heller werdend jeden Schatten, jeden Schutz im Kuppeldach, das sich als Höhleninneres offenbarte. Knöcheltief versank ich bei jedem Schritt im Sand. Es gab keine Verstecke. Weder mutig, noch stolz, sondern gebückt und ängstlich, schlich ich an der Wand entlang. Nur fort aus dem Zentrum mit diesem Licht! Ein Riss in der Wand, nur ein paar Schritte von mir entfernt, nutzte ich als Versteck. Kaum im Spalt, plumpste ich einfach durch ihn hindurch in eine andere Welt.

Moosbewachsen wand sich eine Steintreppe durch einen Wald den Berg hoch. Die erste Stufe begann genau an dem Ort meines Auftauchens. Wo meine Füße gerade noch durch heißen Sand in dieser Kuppelhöhle schlichen, fühlte ich jetzt das weiche Moos, Blätter und kühle Erde unter meinen Sohlen. Aus Efeu bastelte ich mir einen Kranz und band ihn mir um die Hüften. Etwas bedeckt, pfiff ich ein Liedchen und begann mit dem Aufstieg durch diesen Wald.

 

Vieles, was ich während dieser ersten Einweihungsnacht träumte, war skurril und beängstigend. Ich kannte weder eine Klio, noch eine Kaliope oder eine Thalia. Was, wenn mir der Vamp mit den Perlenketten in einem nächsten Traum auflauert? Immerhin will sie mich küssen, jetzt da ich überlebte. Da ich mich noch an jedes peinliche Detail erinnern kann, muss ich den Test bestanden haben. Der Traum ergab keinen Sinn, dennoch ahnte ich, dass der Aufstieg in jenem Wald der Anfang einer gefährlichen Reise war: die ersten Schritte in ein neues Leben.

Ich tappe in die erste Falle

Dienstag: 14. Mai

Einige Monate nach meinem achtzehnten Geburtstag und dem Albtraum mich splitternackt in einem Reisebüro zu befinden, rief mich Curly, mein bester Freund, ganz aufgeregt an: „Bux fliegst du mit mir nach London zum diesjährigen World Naked Bike Ride? Ich muss da hin!“

„Aber sonst tickst du noch richtig?“

Mein bester Freund klärte mich über Sinn und Zweck der Aktion auf und wurde immer enthusiastischer.

„Ich werde niemals nackt auf einem Fahrrad durch Londons Innenstadt kurven, um mich von Zehntausend Voyeuren und Schaulustigen angaffen zu lassen. Hast du sie noch alle?“ Curly wusste nichts von meinem Initiationstraum. Traum ist Traum; Realität ist Realität! Das glaubte ich damals noch.

„Alter, du kannst auch ne Unterhose oder sogar ne Badehose anbehalten. Die Veranstalter sind tolerant: So nackt, wie du dich getraust!, lautet das Motto. Ich fliege! Komm mit!“

 

Logisch habe ich mich für Tage gewunden und tausend Ausreden erfunden. Doch Curly wollte nach London, er wollte es unbedingt und ich, als sein bester und ältester Freund, sollte ihn begleiten. Um mich zu tarnen, färbte ich kurzfristig meine hellblonden Haare. Ich wollte nicht erkannt werden, sollten jemals Fotos von meiner Teilnahme am World Naked Bike Ride im Internet auftauchen. Mein Frisör versicherte mir, das Braun mit kastanienroten Strähnchen würde sich wieder rauswaschen.

Warum ich mich überreden ließ, schrieb ich meinem Albtraum zu. Vielleicht glaubte ich, in London eine Antwort auf meine erste Prüfung in die Mysterien des Lebens zu finden? Vielleicht hoffte ich, diesen Wald in England – gar in London – zu finden? Vielleicht war ich auch nur neugierig?

Samstag: 22. Juni

Einen Monat später flogen Curly und ich für das Wochenende nach London. Die Stadt küsste und streichelte mich, wie einen Liebhaber; ich erlag ihrem Charme. Ich vermute, das hat etwas mit unterbewussten Erinnerungen an frühere Leben zu tun; doch sicher bin ich mir da auch nicht. Für die beiden Übernachtungen fanden wir eine Herberge irgendwo in SOHO.

Curly hatte für uns Skibrillen, Baseball Käppis und Lederhandschuhe eingepackt, sozusagen als Partner-Look.

„Wozu die Skibrille?“

„Alter, so bleiben wir anonym, wenn uns gleich Tausende fotografieren werden.“

Ich zog mir die Skibrille an und setzte mir das Käppi auf. Meine gefärbten Haare schauten darunter hervor, was ganz cool wirkte. Curly mit seinen krausen Naturlocken wirkte wie ein Clown; die Skibrille rundete das Bild ab. Als Curly in unserem Hotelzimmer aus seinem Hemd schlüpfte, schluckte ich leer. Während er strippte, zog ich über mein dunkelblaues Tank Top noch ein giftgrünes Kapuzenshirt. Dann rutschte seine Jeans auf seine Zehen und der Flitzer gaffte sich im Spiegel neben mir stehend an. „Und?“, boxte er mich. „Traust du dich auch?“

Ich schüttelte stumm meinen Kopf.

Schultern zuckend befreite sich Curly von seiner Boxershorts, schnappte sich die Lederhandschuhe und zog sie sich an. Das wirkte echt sexy. „Jetzt du! Nur für mich?“

Ich konnte schon immer stur sein. Aber es war nicht nur das, ich war einfach ein Feigling. Als eine männliche Jungfrau war ich leicht erregbar und total verklemmt. Trotz Curly‘s Drängen, zog ich mir nicht mehr als meine Jeans aus und präsentierte meine neue Badehose.

Ich sah meinen Hetero-Kumpel oft im Sport nackt, doch jetzt war es anders. Sein jungenhafter, haarloser Körper mit dem zurechtgestutzten Busch, löste Panikattacken in mir aus.

„Bux, hast du ne Latte?“

Meine Badehose verbarg leider nichts.

„Stehst du auf mich? Willst du mich ficken?“ Erst als er schallend loslachte, weil ich immer röter und das Ding in meiner Hose immer härter wurde, entspannte ich mich etwas.

„Nackt wirst du mich heute nicht sehen!“, versprach ich.

 

Ich war nicht der einzige Teilnehmer, der eine Bade- oder eine Unterhose während der Flitzer-Radtour durch Londons Innenstadt trug – doch ich war der einzige mit meinem Kapuzenshirt über einem Tank Top. Alle anderen waren oben-ohne. Die meisten hatten sich ihre nackten Oberkörper mit Slogans gegen die Ölindustrie und die Abhängigkeit von Autos aufgesprayt. Doch da gab es auch echte Paradiesvögel, die vollkommen gold oder silbern bemalt waren und dazu noch auffallende Perücken oder Hüte trugen oder wahre Body Painting Kunstwerke.

Curly verzichtete bald auf alle mitgebrachten Partner-Look-Sachen und fuhr die ganze Strecke nur in den Lederhandschuhen. Er genoss seinen Exhibitionismus. Jedes Mal, wenn sich unserer Blicke in all den nackten Radfahrer trafen, lachte er, schnitt eine Grimasse oder winkte mir mit seinem Pimmel.

Am Piccadilly Circus schienen die Ampeln extra lange auf Rot zu stehen, damit die wartenden Touristen Zeit fanden, Souvenir Fotos zu schießen. Dort sprach mich ein junger Engländer mit zerzausten Haaren an. Pimlico, wie ich ihn fortan nannte, blieb ab da die ganze Strecke an meiner Seite. Er war Nudist; er verbarg sein Gesicht nicht durch eine ulkige Skibrille wie ich.

 

Einige Stunden später, am Ziel am Wellington Arch, Ecke Hyde Park, trudelten immer mehr der nackten Radler ein. Sie kamen aus verschiedenen Richtungen und drängten sich in den Hyde Park. Wenige zogen ihre Klamotten wieder an, die Meisten blieben nackt und ließen sich fotografieren; wie auch Curly und Pimlico. Immer wieder zog der eine oder der andere mich mit sich zu einer neuen Fotografengruppe, um sich mit fremden Girls, Chinesen oder alten Typen im Arm ablichten zu lassen.

Zum Glück blieb mein Penis schlaff. Entweder hatte ich mich an den Anblick all der nackten Jungs und Männern gewöhnt oder es kam daher, dass mindestens genauso viele nackte Frauen unterwegs waren; ihre Gegenwart raubte dieser Veranstaltung für mich jeden sexuellen Reiz. Vielleicht lag es auch einfach daran, dass dies ein Treffen von Nudisten war. Hier trafen sich Nackte jeden Alters, jeder Hautfarbe und beiderlei Geschlecht. Es gab viele hässliche, fette, dünne, große und kleine Menschen, gut aussehende wie auch auffallend viele Teenager und Studenten, die immer in Gruppen zusammen blieben. Es gab buntbemalte Exoten, genauso wie Verklemmte, die ihre Badehosen niemals auszogen. Niemand scherte sich darum. Jeder zelebrierte sich selbst und das, wie er wollte.

Pimlico nahm mir meine Skibrille und das Käppi ab, um beides selbst einmal aufzusetzen. Als er danach mit Curly bebrillt posierte, lachten wir wie die Kindsköpfe. Nur weil es ein wirklich heißer Tag war, zog ich mein Kapuzenshirt im Hyde Park aus. In meinem Tank Top und der Badehose trug ich viel mehr als die meisten und nicht weniger als am Strand.

 

Dann tauchte ER auf: ER war etwas kleiner als ich – gut, ich war schon damals groß! Seine Haut war leicht gebräunt und vollkommen haarlos. Seine Figur glich der eines Tänzers oder eines Läufers. ER war muskulös, aber geschmeidig wie ein Schakal. Seine Hüften erschienen schmal, doch das konnte auch nur so aussehen, weil er ziemlich breite Schwimmerschultern hatte. ER war kompromisslos nackt, bis auf eine verspiegelte Sonnenbrille, die auf seiner Stirn dazu diente, seine lockigen, hellroten Haare nach hinten zu zwingen. ER war mit Abstand der schönste Mann, dem ich jemals begegnet war.

Augenblicklich verliebte ich mich in die siebzehn Sommersprossen über seiner Nase und seinen Wangen. Als die Sonne in seine moosgrünen Augen schien, verwandelten sie sich in schottische Hochlandseen mit glitzernder Oberfläche.

Dann realisierte ich es – und das war das Verrückteste – ich kannte ihn. ER war der Junge aus meinen Reisebüro-Träumen. ER beriet mich nächtelang über meine Traumdestination Los Angeles. ER war mein Traummann. ER war meine heimliche Liebe. ER war die Quelle all meiner Sexfantasien. ER war der halsbrecherische Busfahrer – ER war Seth!

Jetzt, da ich ihn lebendig vor mir hatte, war ich sicher, ihn noch niemals zuvor im Wachzustand gesehen zu haben. Einen so schönen Mann hätte ich niemals übersehen, nicht mal, wenn er dick in Winterbekleidung gehüllt gewesen wäre. Augenblicklich passierte das, was ich bis jetzt glücklicherweise verhindern konnte: meine Badehose dehnte sich viel zu arg.

Je näher ER kam, desto unwirklicher erschien mir alles außer ihm. Mich überrollte sein Zauber. Der Trubel um mich herum verschwand. Erst verstummten die Menschen, dann der Autolärm im Hintergrund, dann das Vogelgezwitscher im Park und schließlich das Rascheln des Windes in den Baumkronen. Die Welt hielt den Atem an. Die Menschen wurden undeutlich, degradiert zu Statisten, die jetzt, genauso wie die Bäume, einfach nur noch rumstanden. Alles stand still.

Nur noch ER bewegte sich auf meiner persönlichen Bühne. Ich sah nur noch ihn. Ich hörte nur noch ihn. Selbst schweigend, flüsterte sein Atem mir Liebkosungen zu und sein Herzschlag wurde zum neuen Rhythmus in meinem Leben. Als ein einzelner Sonnenstrahl seinen Torso küsste, schimmerte er wie eine Goldrüstung. Ein Glücksgefühl, wie ich es noch nie erfahren hatte, lullte mich ein. Seine Präsenz inspirierte mich, entflammte mich und tötete mich.

„Junge, kannst du dich seitlich so posieren, dass deine Erektion sich härter im Gegenlicht abzeichnet?“

Ich hörte die Männerstimme, kapierte aber nicht.

„Seth!“, rief dieselbe Stimme. „Dieser geile Bock ist reif!“

Ich beobachtete, wie der schönste Mann der Welt auf mich zu kam, lächelte und damit das Licht der Sonne in den Schatten stellte. Er berührte mich. Die Glut seiner linken Hand brannte sich tief ins Fleisch meiner Hüften, als er mich fordernd an sich zog. War ich erst verzaubert, unterlag ich jetzt seinem Bann.

„Perfekt!“, lobte abermals die Männerstimme.

Ich sah zu Seth und chantete seinen Namen einem Hymnus gleich, während seine Hand tiefer rutschte. Nichts war mehr wichtig, bis auf sein Verlangen, mich zu besitzen. Längst taumelte ich in himmlischem Entzücken und frohlockte wie eine dämliche Jungfrau. Ich lauschte Himmelschören und fernem Donnern. Ich glaubte, Schmetterlinge zu sehen, die zu Hunderten herbeieilten, um mit ihren bunten Körpern eine Krone auf Seths Haupt zu bilden. Ich ignorierte Curly‘s Lachen genauso wie die weiteren Anweisungen der Männerstimme:

„Weihe das Früchtchen ein!“

Ich sah in seine Augen und ertrank im Ozean neuer Hoffnungen. Er zwinkerte mir zu und ich öffnete sabbernd meinen Mund. Wie hellrosa seine Lippen, wie weiß seine Zähne waren!

„Jetzt!“, befahl der Fotograf.

Seths rechte Hand packte nach der Beute, die sich ergab.

Er will mich? Er liebt mich! Er begehrt mich? Tausend Gebete hauchte ich zu tausend Göttern: Nimm mich! Nimm mich! Als mir Seth meine Badehose runterriss, dass sie mir bis zu den Zehen rutschte, japste ich tausend stumme Dankesgebete. Ich vergaß, wo ich war oder was Seth gerade mit mir machte. Linkisch kratzte ich seine Brust. Seine Haut war sanft und seine Muskeln hart. Ich gab jeden Widerstand auf, ließ die Zugbrücke herunter und verbrannte die Wehranlagen. Meine innere Burg wurde erobert, zerfiel zu Staub. Irgendwann hörte ich das Quietschen der Himmelspforten, die sich endlich für mich öffneten, um ihren verlorenen Sohn heim zu locken.

Ich explodierte.

Seths Hand verschwand. Er schüttelte sie und etwas spritzte davon in den Rasen ab. Er grinste, boxte mir in die Rippen, brannte mir sein Zeichen mit einem Kuss auf meine rechte Wange und verschwand ohne ein einziges Wort im Hyde Park.

 

„Alter?“, schüttelte mich Curly an den Schultern und sah, vor mir stehend, zu mir hoch. „Hast du gerade abgespritzt?“

„WAS?“, gaffte ich meinen Schulfreund schockiert an. Mit Seths Verschwinden, tauchte leider die reale Welt wieder auf.

„Ist das Schweiß?“, zeigte Curly nach unten.

Es knallte. Das Schloss der Himmelstore rastete wieder ein und die nackte Realität erschlug mich. Augenblicklich verwandelten sich die bewegungslosen Statisten zurück in schaulustige Voyeure, Fotografen und lachende Zeugen.

„Das war echt geil!“, lobte die Männerstimme, die ich vorhin wahrgenommen hatte. „Junge! Junge! Was für ne Show!“

Als Curly weiter auf meine Erektion starrte, realisierte ich langsam, was wirklich passiert war. Traumatisiert zog ich mir ungeschickt die Badehose wieder hoch und verbog mich, um den noch immer gezückten Kameras, die schamlos alles dokumentierten – als ob es ihr Recht sei – auszuweichen.

„Ich bin Wilton“, legte der Mann, seine Hände von hinten auf meine Schultern. „Darf ich dich zu einem Drink einladen?“

Nur langsam taumelte ich aus dem Delirium meines Sexrausches wieder in die Wirklichkeit zurück. Wilton dürfte so Mitte Dreißig sein, ein typischer Engländer in dunkelblauem Nadelstreifenanzug, Kurzhaarfrisur und steifem Benehmen. Er sah gut aus. Ich wollte sein Angebot schon ausschlagen und flüchten, als er sagte: „Seth ist schon ein verdammt scharfes Teil, doch du!“, gaffte mir der Anzugstyp auf meine klebrige Badehose, „Junge, du bist saftig!“

Ich klammerte mich augenblicklich an diesen Strohhalm Hoffnung. Dieser Geschäftsmann kannte Seth!

„Seth arbeitet für mich als Koch in meinem Hotel hier in London. Soll ich ihn dir vorstellen?“

„Hier!“, streckte mir Pimlico seine Visitenkarte entgegen, bevor ich mit Wilton losziehen konnte. „Falls wir uns später verpassen sollten.“

Reale Träume und imaginäre Wirklichkeit

Da es im Pub, in das mich Wilton mitnahm, viele Nackte gab, scherte mich mein Aufzug nicht wirklich; ich hatte mich tatsächlich daran gewöhnt, nicht mehr als eine Badehose und ein Tank Top in der Öffentlichkeit zu tragen. Wilton entpuppte sich als interessanter Gesprächspartner. Immer mehr glich Wilton jenem Dionysos, der kurz vor meinem achtzehnten Geburtstag sein Internetprofil gelöscht hatte. Da mich Wilton ausnahmslos Junge nannte, obwohl ich mich ihm als Martin Holmström und ebenso als Bux aus Basel vorgestellt hatte, verhärtete sich mein Verdacht. Wilton wich all meinen Fragen, ob wir uns aus einem Internetchat kennen würden, aus.

„Ich hätte schwören können, dass du …“

Was denn Realität sei, fragte mich Wilton, als ich zum wohl fünften Mal versuchte, mir darüber Klarheit zu verschaffen, ob er nicht doch noch eine geheime Identität besitzen würde. Da ich seit der Begegnung mit meinem Traummann nicht mehr sicher war, was ich noch glauben sollte, zuckte ich nur mit der Schulter. „Realität? Keine Ahnung!“

„Junge, alles, was dich zu einem besseren Menschen macht, ist real“, blickte mir Wilton in meine Augen. „Alles, was dich über dich selbst hinauswachsen lässt, ist real. Alles, was dein Herz für die Wunder deines wahren Wesens öffnet, ist real; vollkommen egal, ob es sich dabei um ein Buch, einen Film, einen Traum, das zufällige Flüstern auf der Straße oder ein Erlebnis in deinem Wachzustand handelt. Nutze alles, was das Leben dir zu bieten hat, um über dich selbst hinauszuwachsen. Das, mein Junge, bist du dir selbst schuldig!“

„Du bist es doch!“, boxte ich Wilton kumpelhaft in die Seite, doch er winkte nur ab.

„Junge, lerne aus deiner Vergangenheit, doch halte dich nicht an ihr fest. Du kannst nur das als wahr und wahrhaftig erkennen, was dein Bewusstsein zulässt.“

Nach weit über zwei Stunden verabschiedeten wir uns. Ich war so froh, Dionysos wieder getroffen zu haben, selbst wenn Wilton es auch bis zuletzt abstritt.