Cover

Hinweise zur E-Book-Ausgabe

Die E-Books des Reclam Verlags verwenden entsprechend der jeweiligen Buchausgabe Sperrungen zur Hervorhebung von Textpassagen. Diese Textauszeichnung wird nicht von allen Readern unterstützt.

Enthält das E-Book in eckigen Klammern beigefügte Seitenzählungen, so verweisen diese auf die Printausgabe des Werkes.

Fußnoten

Oder ist es vielmehr die Versuchung, die Hypothesis an den Anfang zu setzen, die den Abgrund allen Philosophierens macht?

Vgl. GS II,3, S. 933.

Brief an Ernst Schoen, Ende Februar 1917 (GB I, S. 437). Eine ausführliche Darstellung des biografischen Hintergrundes findet sich in der von Uwe Steiner verfassten Darstellung der Entstehungs- und Überlieferungsgeschichte des Sprach-Essays in: Steiner 2006, S. 592 ff.

Vgl. dazu vor allem Abel 2014.

Die Bedeutung der theologischen Anspielungen wird in der Forschung völlig unterschiedlich bewertet. So sieht etwa Winfried Menninghaus in Benjamins Entwurf den Ausdruck einer »säkularisierend« angeeigneten »mystischen Tradition« (vgl. Menninghaus 1980, S. 32). Benjamin entfalte deren »untheologische Funktionalität« (ebd. S. 34). Vgl. auch die vorzügliche Arbeit von Julia Abel: Walter Benjamins Übersetzungsästhetik. Die Aufgabe des Übersetzers im Kontext von Benjamins Frühwerk und seiner Zeit (2014, S. 137), die diese These mit genauen Textanalysen stützen kann. Abel sieht in Benjamins Aufsatz zu Recht den Versuch einer ›Metaphysik der Sprache‹ (ebd. S. 149). Die Rede von einer nicht theologisch verstandenen ›autonomen Sprachbewegung‹ (ebd. S. 149 f.) ist allerdings schwer nachzuvollziehen. Die Gegenposition vertritt u. a. Bernd Witte, der den Sprachaufsatz vom »theologischen Denken der jüdischen Offenbarungsreligion« inspiriert sieht (Witte 1976, S. 9 f.). Vgl. zur Forschungslage auch die Darstellung von Steiner 2006, S. 596 f., und Abel 2014, S. 134 f. Vgl. auch Bröcker 1993, S. 97.

prälapsarisch: von lat. prae für ›vor‹ und lapsus für ›Fehler‹ oder ›Sünde‹.

Später heißt es allgemeiner: »Innerhalb aller sprachlichen Gestaltung waltet der Widerstreit des Ausgesprochenen und Aussprechlichen mit dem Unaussprechlichen und Unausgesprochenen. In der Betrachtung dieses Widerstreites sieht man in der Perspektive des Unaussprechlichen zugleich das letzte geistige Wesen.« (s. hier) Benjamin nimmt hier eine theologische Tradition auf, in der der Sprachcharakter der Schöpfung betont wird. So heißt es etwa bei Martin Knutzen (17131751), der unter anderem Lehrer von Immanuel Kant und Johann Georg Hamann war: »1) Sprechen heißt seine Gedanken mit besondern Zeichen ausdrücken, die von unsern Gedanken so wol, als von uns selbsten unterschieden sind, von uns aber ihre Wirklichkeit haben. […] Wenn GOTT schaffet, so drücket er gleichfals seine ewige Gedanken durch Zeichen und Bildungen aus, die von ihm und seinen Gedanken unterschieden sind, doch aber in ihm den Grund ihrer Wirklichkeit haben.« (Knutzen 2006, S. 267.)

Zwar kann man hier – wie es Julia Abel tut – an Wilhelm Dilthey (18331911) erinnern, der etwa vom »Geist des römischen Rechts« spricht: »ein geistige Gebilde von einer ihm eigenen Struktur und Gesetzmäßigkeit«, das die konkreten Rechtsetzungen bestimmt (Abel 2014, S. 139 f.). In diesem Modell muss aber offenbleiben, an welchem geistigen Wesen etwa – um Benjamins Beispiele zu nehmen – der Fuchs oder das Gebirge teilhaben sollen. Ähnliches gilt für die Hinweise auf Wilhelm von Humboldt (17671835), dessen Vorstellung einer »inneren Sprachform« und einer ihr korrespondierenden »spezifischen Form des Sagens« Benjamin übernommen habe (vgl. etwa die Arbeit von Busch 2006; vgl. auch Menninghaus 1980, S. 211). Diese Versuche scheitern bereits daran, dass dabei die Vorstellung einer Selbstmitteilung der Dinge nicht integriert werden kann, die für Benjamins Sprachmodell konstitutiv ist. Benjamin selbst hat sich nachdrücklich gegen Humboldts Sprachkonzept gewendet: Dieser habe »überall die magische Seite der Sprache übersehen«. (GS VI, S. 26.)

Vgl. dazu Abel 2014, S. 149.

Hamann 1999, S. 32. Ohne Übertreibung lässt sich sagen, dass Benjamins Arbeit ohne Hamanns Schriften gar nicht zu verstehen ist. Menninghaus betont zwar die Bedeutung Hamanns für Benjamins Sprachaufsatz, muss es aber – auch aufgrund einiger Missverständnisse – bei allgemeinen Hinweisen belassen (vgl. Menninghaus 1980, S. 205 ff.).

Vgl. Hamann: »Rede, daß ich Dich sehe! – – Dieser Wunsch wurde durch die Schöpfung erfüllt, die eine Rede an die Kreatur durch die Kreatur ist […].« (Hamann 1998, S. 87). Vgl. dazu allgemein die Arbeit von Bayer 1986, vor allem S. 932.

Hamann spricht in diesem Zusammenhang von einem »Actum gesunder Empfänglichkeit« (Hamann 1999, Bd. IV, S. 423). Vgl. dazu Graubner 1996, S. 291 f.

Da die Schöpfung nach Benjamins Modell ein Sprachgeschehen ist, in dem der Mensch auf die Selbstmitteilung der Dinge mit der erkennenden Namensgebung antwortet, muss er alle Theorien abweisen, in denen von einer ursprünglichen Trennung von Subjekt und Objekt ausgegangen wird. Besonders deutlich wird dies in Benjamins kleiner Schrift Über das Programm der kommenden Philosophie: »[…] selbst soweit Kant und die Neukantianer die Objektnatur des Dinges an sich als der Ursache der Empfindungen überwunden haben, bleibt immer noch die Subjekt-Natur des erkennenden Bewußtseins zu eliminieren.« (GS II,1, S. 161.) Benjamin versucht, die Unzulänglichkeit des Kant’schen Modells auch mit Rekurs auf ethnologische und psychiatrische Forschungen nachzuweisen: Man wisse von »Naturvölkern der sogenannten präanimistischen Phase« oder »Wahnsinnigen, welche sich zum Teil mit den Objecten ihrer Wahrnehmung identifizieren, die ihnen also nicht mehr als Objecta, gegenüberstehend sind« (GS II,1. S. 162). Diese Hinweise sind unter anderem deshalb kein Argument, weil es bei den angeführten Beispielen gar kein Objekt im kantischen Sinne gibt.

Dies gilt allerdings nur für die reine Sprache. Die bestehenden Sprachen kennen eine solche Magie nicht mehr, weil sie nicht Selbstmitteilung der Dinge bzw. Namen sind, sondern etwas über etwas mitteilen. Was Benjamin hier entwickelt, hat also nichts mit irgendwelchen okkulten Praktiken zu tun, auf die etwa Menninghaus (1980, S. 17 f.) und Abel (2014, S. 142 f.) hinweisen. Eine luzide Darstellung einer solchen in sich unterschiedenen Einheit des Wortes bietet der Philosoph Hans-Georg Gadamer (19002002). Allerdings nimmt er seinen Ausgang nicht bei der Vorstellung einer Sprachschöpfung, sondern bei dem Verhältnis von »Sprache und Logos« (vgl. Gadamer 1972, S. 383 ff.). Wenn Gadamer davon spricht, dass »die ›Wahrheit‹ des Wortes […] [im] Offenliegen des Wortsinnes im Laut« liege und »alle Wörter ›wahr‹« seien, insofern »ihr Sein […] in ihrer Bedeutung auf[geht]« (ebd. S. 388), dann ähnelt dies dem Benjamin’schen Begriff der Wortmagie. Bei Abel heißt es zu Recht: »In der Benennung wird die Sprache (der Dinge) im Medium der Sprache (des Namens) nochmals gesteigert […].« (Abel 2014, S. 146.)

In einer Aufzeichnung aus der Zeit des Sprachaufsatzes versucht Benjamin diesen Zusammenhang an einem Beispiel zu erläutern: »Das Wort ›Turm‹ teilt erstens eine Mitteilbarkeit seiner selbst mit. Es teilt als Wort mit, dass es mitteilbar ist, und dieses ›es‹ ist ein geistiges Wesen. Es ist etwas 〈U〉rsprüngliches und ein Wort teilt mit, dass ein bestimmtes, ursprüngliches geistiges Wesen mitteilbar ist. Damit allein bedeutet es noch nichts. Es teilt zwar etwas mit, etwas ganz 〈B〉estimmtes und Endgültiges, nämlich eine Mitteilbarkeit, dasjenige aber, von dem es die Mitteilbarkeit mitteilt, teilt es selbst nicht mit, das bedeutet es.« (GS VI, S. 16.)

In den Stichworten zu Kategorien der Ästhetik erscheint das Sehen nicht als Hinblicken auf etwas Sichtbares, es bringt Sichtbarkeit vielmehr erst hervor: »Das Leben der Schöpfung bleibt im Dunkel, im Schatten des Schöpfers, bis dieser sich von ihr löst. Er konstituiert die Sphäre der Wahrnehmung in ungebrochener, geradliniger Intention von der Schöpfung aus, die nur weil sie als ›gut‹ gesehen wird, ›Sehen‹ konstituiert.« (GS I,3, S. 828831.) Wahrnehmbarkeit und Moralität erscheinen hier als gleich-ursprünglich.

In der Erkenntniskritischen Vorrede zum Ursprung des deutschen Trauerspiels formuliert Benjamin diesen Zusammenhang so: »Die Erkenntnis richtet sich auf das Einzelne, auf dessen Einheit aber nicht unmittelbar. Die Einheit der Erkenntnis – wenn anders sie bestünde – wäre vielmehr ein nur vermittelt, nämlich auf Grund der Einzelerkenntnisse und gewissermaßen durch deren Ausgleich, herstellbarer Zusammenhang, während im Wesen der Wahrheit die Einheit durchaus unvermittelt und direkte Bestimmung ist.« (GS I,1. S. 209 f.; vgl. dazu Lönker 1977, S. 295298.)

GS VI, S. 24.

GS VI, S. 11. An anderer Stelle heißt es: »Kraft des Namens haben die Wörter ihre Intention auf den Gegenstand; sie haben durch den Namen an ihm teil.« (GS VI, S. 14.)

Hamann 1998, S. 87.

Zu dieser von Hamann vertretenen Auffassung vgl. Graubner 1998, insb. S. 147152.

So geht etwa die vierte Form des Gottesbeweises, der »vierte Weg«, in Thomas von Aquins Summa theologica von den Abstufungen aus, »die wir in den Dingen finden«. Die Dinge der Natur (dies gilt ebenso für geistige Dinge) unterscheiden sich darin, dass das eine besser, wahrer, edler usw. ist als ein anderes. Dasjenige Ding, das die jeweilige Eigenschaft im höchsten Grade besitzt, ist die Ursache all dessen, was diese Eigenschaft in minderem Grade besitzt. Es gibt also eine Seinsabstufung in den Dingen, die – wenn der absolute Vollkommenheitsgrad erreicht ist – zu Gott führt. Allgemein gilt: »Es gibt also etwas, das für alles Seiende die Ursache des Seins und der Werthaltigkeit und überhaupt jedweder Seinsvollkommenheit ist. Wir nennen aber dieses Gott.« (Aquin 1986, S. 166; vgl. dazu Rieger 2016, S. 321337, insb. S. 333 f.)

Vgl. Hamann 1988, S. 199.

Darauf verweist nachdrücklich Abel (2014, S. 148