Commander Reilly #11: Verschwörer der Humanen Welten: Chronik der Sternenkrieger

Commander Reilly, Volume 11

Alfred Bekker

Published by Alfred Bekker, 2019.

Inhaltsverzeichnis

Title Page

Commander Reilly #11: Verschwörer der Humanen Welten

Übersicht über die Serie “Chronik der Sternenkrieger”

Copyright

Prolog

Kapitel 1: Raimondos Sicht der Dinge

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Kapitel 2: Fluchtpunkt Venusbahn

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Kapitel 3: Der Kampf geht weiter

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Kapitel 4: Die Iden des Gregor Raimondo

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Further Reading: 30 Sternenkrieger Romane - Das 3440 Seiten Science Fiction Action Paket: Chronik der Sternenkrieger

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Commander Reilly #11: Verschwörer der Humanen Welten

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Chronik der Sternenkrieger

Science Fiction Roman von Alfred Bekker

Der Umfang dieses Buchs entspricht 120 Taschenbuchseiten.

Im Jahr 2234 übernimmt Commander Willard J. Reilly das Kommando über die STERNENKRIEGER, ein Kampfschiff des Space Army Corps der Humanen Welten. Die Menschheit befindet sich im wenig später ausbrechenden ersten Krieg gegen die außerirdischen Qriid in einer Position hoffnungsloser Unterlegenheit. Dem ungehemmten Expansionsdrang des aggressiven Alien-Imperiums haben die Verteidiger der Menschheit  wenig mehr entgegenzusetzen, als ihren Mut und ihre Entschlossenheit.

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ALFRED BEKKER IST EIN bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden, Sidney Gardner, Jonas Herlin, Jack Raymond, Adrian Leschek, John Devlin, Brian Carisi, Robert Gruber und Janet Farell.

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Übersicht über die Serie “Chronik der Sternenkrieger”

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in chronologischer Reihenfolge

Einzelfolgen:

Commander Reilly 1: Ferne Mission (Handlungszeit 2234)

Commander Reilly 2: Raumschiff STERNENKRIEGER im Einsatz

Commander Reilly 3: Commander im Niemandsland

Commander Reilly 4: Das Niemandsland der Galaxis

Commander Reilly 5: Commander der drei Sonnen

Commander Reilly 6: Kampf um drei Sonnen

Commander Reilly 7: Commander im Sternenkrieg

Commander Reilly 8: Kosmischer Krisenherd

Commander Reilly 9: Invasion der Arachnoiden

Commander Reilly 10: Das Imperium der Arachnoiden

Commander Reilly 11: Verschwörer der Humanen Welten

Commander Reilly 12: Commander der Humanen Welten

Commander Reilly 13: Einsatzort Roter Stern

Commander Reilly 14: Im Licht des Roten Sterns

Commander Reilly 15: Die Weisen vom Sirius

Commander Reilly 16: Die Flotte der Qriid

Commander Reilly 17: Ein Raumkapitän der Qriid

Commander Reilly 18: Commander der Sternenkrieger

Commander Reilly 19: Eine Kolonie für Übermenschen

Commander Reilly 20: Kampfzone Tau Ceti

Commander Reilly 21: Prophet der Verräter

Commander Reilly 22: Einsamer Commander

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TERRIFORS GESCHICHTE: Ein Space Army Corps Roman (Handlungszeit 2238)

Erstes Kommando: Extra-Roman (Handlungszeit 2242)

Erster Offizier: Extra-Roman (Handlungszeit 2246)

Chronik der Sternenkrieger 1 Captain auf der Brücke  (Handlungszeit 2250)

Chronik der Sternenkrieger 2 Sieben Monde 

Chronik der Sternenkrieger 3 Prototyp

Chronik der Sternenkrieger 4 Heiliges Imperium

Chronik der Sternenkrieger 5 Der Wega-Krieg

Chronik der Sternenkrieger 6 Zwischen allen Fronten

Chronik der Sternenkrieger 7 Höllenplanet

Chronik der Sternenkrieger 8 Wahre Marsianer

Chronik der Sternenkrieger 9 Überfall der Naarash

Chronik der Sternenkrieger 10 Der Palast

Chronik der Sternenkrieger 11 Angriff auf Alpha

Chronik der Sternenkrieger 12 Hinter dem Wurmloch

Chronik der Sternenkrieger 13 Letzte Chance

Chronik der Sternenkrieger 14 Dunkle Welten

Chronik der Sternenkrieger 15 In den Höhlen

Chronik der Sternenkrieger 16 Die Feuerwelt

Chronik der Sternenkrieger 17 Die Invasion

Chronik der Sternenkrieger 18 Planetarer Kampf

Chronik der Sternenkrieger 19 Notlandung

Chronik der Sternenkrieger 20 Vergeltung

Chronik der Sternenkrieger 21 Ins Herz des Feindes

Chronik der Sternenkrieger 22 Sklavenschiff

Chronik der Sternenkrieger 23 Alte Götter

Chronik der Sternenkrieger 24 Schlachtpläne

Chronik der Sternenkrieger 25 Aussichtslos

Chronik der Sternenkrieger 26 Schläfer

Chronik der Sternenkrieger 27 In Ruuneds Reich

Chronik der Sternenkrieger 28 Die verschwundenen Raumschiffe

Chronik der Sternenkrieger 29 Die Spur der Götter

Chronik der Sternenkrieger 30 Mission der Verlorenen

Chronik der Sternenkrieger 31 Planet der Wyyryy

Chronik der Sternenkrieger 32 Absturz des Phoenix

Chronik der Sternenkrieger 33 Goldenes Artefakt

Chronik der Sternenkrieger 34 Hundssterne

Chronik der Sternenkrieger 35 Ukasis Hölle

Chronik der Sternenkrieger 36 Die Exodus-Flotte (Handlungszeit 2256)

Chronik der Sternenkrieger 37 Zerstörer

Chronik der Sternenkrieger 38 Sunfrosts Weg (in Vorbereitung)

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SAMMELBÄNDE:

Sammelband 1: Captain und Commander

Sammelband 2: Raumgefechte

Sammelband 3: Ferne Galaxis

Sammelband 4: Kosmischer Feind

Sammelband 5: Der Etnord-Krieg

Sammelband 6: Götter und Gegner

Sammelband 7: Schlächter des Alls

Sammelband 8: Verlorene Götter

Sammelband 9: Galaktischer Ruf

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SONDERAUSGABEN:

Der Anfang der Saga (enthält “Terrifors Geschichte”, “Erstes Kommando” und

Chronik der Sternenkrieger #1-4)

Im Dienst des Space Army Corps (enthält “Terrifors Geschichte”, “Erstes Kommando”)

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DRUCKAUSGABE (AUCH als E-Book):

Chronik der Sternenkrieger: Drei Abenteuer #1 -12 (#1 enthält Terrifors Geschichte, Erstes Kommando und Captain auf der Brücke, die folgenden enthalten jeweils drei Bände und folgen der Nummerierung von Band 2 “Sieben Monde” an.)

Ferner erschienen Doppelbände, teilweise auch im Druck.

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Copyright

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Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

© by Author

© dieser Ausgabe 2017 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen.

Alle Rechte vorbehalten.

www.AlfredBekker.de

postmaster@alfredbekker.de

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Prolog

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Admiral Gregor Raimondo in einem Interview, kurz nach den Wahlen zum Humanen Rat von 2253:

FRAGE: Viele politische Beobachter glauben, dass Sarah Hannover und ihre Humanity First-Bewegung weder programmatisch noch personell in der Lage sind, politische Verantwortung zu übernehmen. Wollen Sie sich trotzdem mit den Stimmen der Humanity First-Ratsmitglieder zum Vorsitzenden wählen lassen?

ANTWORT: Warum denn nicht?

FRAGE: Und welche Zugeständnisse werden Sie gegenüber Humanity First machen müssen?

ANTWORT: Ich habe immer gesagt, dass Sarah Hannover bei mir einen hohen politischen und persönlichen Respekt genießt. Sie stellt wichtige Fragen zur Zukunft der Menschheit und ihrer Rolle in der interstellaren Politik. Ich bin überzeugt davon, dass wir konstruktiv zusammenarbeiten werden – im Dienst der Humanen Welten.

Frage: Befürchten Sie nicht, dass Sarah Hannover Sie erpressen wird? Werden die nach dem Etnord-Krieg geschlossenen Bündnisse jetzt gefährdet, weil sie nicht der Humanity First-Ideologie entsprechen?

ANTWORT (ziemlich gereizt): Reden Sie doch nicht so einen Unsinn. Sie diffamieren mit Sarah Hannover eine fähige Politikerin. Das hat sie nicht verdient. Es geht doch um etwas ganz anderes. Die Humanen Welten brauchen dringend Reformen, sonst befürchte ich, wird die Menschheit früher oder später zu einem Satelliten irgendeines unserer Nachbarn oder am inneren Zerfall zu Grunde gehen.

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Kapitel 1: Raimondos Sicht der Dinge

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Aus den persönlichen Aufzeichnungen von Admiral Gregor Raimondo, 2252; unveröffentlicht:

(Manche der im Folgenden verwendeten Personennamen sind steganographisch unkenntlich gemacht. Nicht immer war es möglich, die tatsächlichen Namen zu entschlüsseln.)

Anfangsnotiz von Gregor Raimondo:

Diese Aufzeichnungen dürfen erst nach meinem Tod entschlüsselt werden. Jede Zuwiderhandlung verstößt gegen die Bundesgesetze zur Sicherung privater Datensätze und wird strafrechtlich verfolgt.

Ich bin am Ziel. Zumindest wird man das vielleicht im Rückblick einmal so sehen können, wie ich hoffe. Aber was ist schon das Ziel? Das Ende einer Etappe, mehr nicht. Wir beginnen irgendwo, wir gehen irgendwo hin und am Ende sind wir Staub. Man könnte diese Zeilen für das metaphysisch angehauchte Geständnis eines sehr depressiven Mannes halten, der sich der Vergeblichkeit seines Tuns und seiner lebenslangen Anstrengungen plötzlich bewusst wird.

Aber das ist eine Seite meiner Persönlichkeit, die ich nicht nach außen dringen lasse. Selbst gegenüber engsten Vertrauten nicht. Ich könnte sonst den Nimbus eines zupackenden Tat-Menschen nicht aufrechterhalten. Für die einen bin ich der hochbegabte Karrierist, für andere ein Karrierist, der durch unverhältnismäßig große Förderung geheimer Kreise so schnell an die Spitze gelangt ist, wie es bei mir der Fall war. Die Wahrheit liegt irgendwo da draußen, in der Unbestimmtheit des interstellaren Raumes. Dazwischen eben. Nach außen hin habe ich eine Seite meines Selbst in den Vordergrund zu stellen. Eine Seite, die mich stark und entschlussfreudig erscheinen lässt. Je höher ich gestiegen bin, desto mehr gab es diese Notwendigkeit.

Ich bin also am Ziel eines langen Planes, das höchste Amt zu übernehmen, dass der Bund der Humanen Welten zu vergeben hat.

Ich zögere damit, zu sagen, ich hätte die Macht übernommen, denn erstens ist die Verfassung der Humanen Welten nun einmal so beschaffen, dass die meiste Gewalt von den planetaren Mitgliedsregierungen ausgeht und sich die Kompetenzen des Bundes auf ein absolut lächerliches Maß beschränken muss, dass es allen meinen Vorgängern im Amt sehr schwer machte, ihre Aufgabe auch nur ansatzweise zu erfüllen. Gleichgültig, was Hans Benson oder Julian Lang auch politisch getrennt haben mag – dies traf selbst auf so starke politische Persönlichkeiten wie Benson und Lang zu und stellt in meinen Augen eine der Kinderkrankheiten dieses Sternenreiches der Menschheit dar, das noch nicht einmal ein knappes halbes Jahrhundert existiert.

Wie auch immer, wir werden unsere Geburtswehen rascher hinter uns bringen müssen, als dies vielleicht im Sinn von auf Eigenständigkeit bedachter Lokalpolitiker, innerhalb der 100 Lichtjahre durchmessenden Raumkugel, ist, die die Menschheit als ihr Territorium begreift. Dass sich diese so schwach organisierte Menschheit in den letzten zwei Jahrhunderten ihren Platz im Universum nicht nur erobern, sondern auch halten und ausbauen und sich darüber hinaus auch noch technologisch beachtlich weiterentwickeln konnte, verdanken wir nur glücklichen Umständen, nicht dem politischen Geschick unserer jeweiligen Führungen und schon gar nicht der Effektivität unserer Organisationsformen, die wir auf politischer Ebene institutionalisiert haben.

Im Jahr 2236 – also vor genau sechzehn Jahren – hatte ich schon einmal die Möglichkeit, die Macht – oder das, was der politische Laie dafür hält – zu bekommen.

Jetzt, da die Wahlen zum Humanen Rat mich in die Lage versetzt haben, mich mit Hilfe einer ziemlich bunten Koalition zum Vorsitzenden zu wählen, frage ich mich, ob ich die Chance damals nicht hätte ergreifen sollen. Vielleicht gefiel es mir damals nicht, die Macht durch einen Staatsstreich in die Hände gespielt zu bekommen. Auf jeden Fall wäre das Maß an Entscheidungsbefugnis ungleich höher gewesen als jenes, über das ich jetzt verfüge. Jetzt habe ich dafür das Volk auf meiner Seite, wie sich in den Wahlen gezeigt hat.

Manche halten das für einen Vorteil, aber im Nachhinein frage ich mich, ob dieser Moment der absoluten Existenzkrise, die wir 2236 erlebten, nicht vielleicht doch ein günstiger Moment gewesen wäre, um eine Revolution von oben durchzuführen.

Ich weiß, dass es sinnlos ist, verpassten Chancen nachzutrauern. Zumal dann, wenn man gute Gründe dafür hatte, sie nicht zu nutzen.

Was damals wirklich hinter den Kulissen gespielt wurde, ist bis heute dem Großteil der Menschheit nicht bekannt. Und das ist vielleicht auch gut so. Ich behaupte nicht, dass ich einen vollständigen Einblick in die Hintergründe der sogenannten Merkur- oder Wsssarrr-Krise und den damit in Zusammenhang stehenden Putsch hatte.

Aber wahrscheinlich weiß ich mehr darüber als irgendjemand anders. Die Toten vielleicht ausgenommen. Und jene, die es erfolgreich verstanden haben, bis heute im Verborgenen zu bleiben, um von dort aus viel wirksamer auf die Geschichte der Menschheit Einfluss nehmen zu können, als es jenen je möglich war, die im Rampenlicht standen – und damit mitunter auch zur Zielscheibe wurden.

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Ich sprach heute ein weiteres Mal mit Sarah Hannover, der Vorsitzenden dieser Vereinigung von Rassisten, die sich Humanity First nennt und im Grunde nichts anderes propagiert, als eine menschliche Vorherrschaft im Universum. Es fehlt eigentlich nur noch eine religiöse Komponente in ihrer Ideologie, dann entsprächen ihre Zukunftspläne in etwa dem, was die Qriid für die Zukunft ihres Heiligen Imperiums ersehnen.

Nicht, dass ich etwas gegen die Idee einzuwenden hätte, dass die Menschheit eine starke Position braucht, um sich auf Dauer behaupten zu können. Darum kämpfe ich, seit wir von Marina III vertrieben wurden.

Nein, darum geht es nicht.

Was ich nicht mag, ist der mehr oder minder offene Rassismus, den Hannover und ihre Anhänger tragen und mit dem sie leider auch Wählerstimmen zu ködern vermögen. Dass am Ende des Etnord-Krieges der Feind nicht vollständig vernichtet wurde und wir uns jetzt in einem Stadium friedlicher Koexistenz befinden, war offenbar vielen Bürgern der Humanen Welten nur schwer zu vermitteln. Angesichts der Opfer, die das uns alle gekostet hat, ist das nur zu verständlich.

Und doch kann ich eine gewisse Verachtung für Politiker nicht verhehlen, die nach dem Motto von Talleyrand handeln, der das Kunststück fertig brachte, sowohl unter dem Konsulat, dem Kaisertum Napoleons und der Restaurationsregierung Ludwigs XVIII. Minister zu bleiben. Ein Motto, das in diesem, ihm zugeschriebenen Satz am besten zum Ausdruck kommt, sich aber ansonsten durch sein ganzes politisches Leben zieht: „Seht, da ist mein Volk! Ich muss ihm hinterher!“

Aber inzwischen habe ich erkannt, dass es manchmal wohl nicht anders geht, als diesem Satz Talleyrands zu folgen, will man politisch überleben. In meinem Fall heißt das, eine Koalition mit einer so unangenehmen Person wie Sarah Hannover.

„Ich hoffe, Sie vergessen nicht, wer Sie zum Vorsitzenden des Humanen Rates gemacht hat“, erinnerte sie mich und hob dabei die Augenbrauen. Den Champagner hatte sie schon heruntergeschlürft, als wäre es Syntho-Brühe aus irgendeinem Automaten auf irgendeiner Bergwerkswelt. Sara Hannover bildete sich zwar immer viel auf ihre angebliche adelige Verwandtschaft mit dem ehemaligen englischen Königshaus ein, aber was ihre Manieren anging, war sie weder ein Exemplar unserer Gattung, dass irgendein Alien von deren Überlegenheit hätte überzeugen können, noch hatte sie irgendetwas an sich, das man feinsinnig, erhaben oder kultiviert nennen könnte.

„Sie verdanken es den Humanity First Ratsmitgliedern, dass Sie in Ihre Position hineingekommen sind, Raimondo. Nicht, dass ich kein Vertrauen in Sie hätte, sonst hätte ich Ihnen bei der Sitzung niemals meine Stimme gegeben, aber...“

„...aber Sie scheinen es für notwendig zu halten, mich daran zu erinnern“, schloss ich.

„Es gibt ein paar Fragen, die unserer Bewegung besonders am Herzen liegen. Und wir stehen in diesen Dingen bei unseren Wählern im Wort. Das mag vielen anderen Politikern nichts bedeuten, uns aber schon.“

Mir war sehr wohl bewusst, worauf Hannover hinauswollte. Humanity First plädierte dafür, die Etnord mit Hilfe des seinerzeit entwickelten Anti-Etnord-Virus restlos auszurotten, beziehungsweise ihnen das Überleben in einem so großen Teil der Galaxis unmöglich zu machen, dass sie gezwungen wären, sich in andere Bereiche unserer heimatlichen Milchstraße zurückzuziehen. Davon abgesehen, dass dies einem Völkermord gleichgekommen wäre, war es wahrscheinlich auch nicht besonders klug. Wir wussten, dass die Etnord ein Hilfsvolk der als „Erhabene“ oder „Alte Götter“ bekannten Superrasse waren, die vor einer Million Jahre die Galaxis beherrschte – und zwar in einer Weise, wie es im Moment keines der uns bekannten intelligenten Völker vermochte. Dieser Umstand bedeutete, dass wir erstens gar nicht genau eingrenzen konnten, wie groß das von ihnen beherrschte Territorium war und wir zweitens auch nicht ihre technologische Entwicklungsfähigkeit einzuschätzen vermögen. Gegenwärtig haben wir einen mächtigen potentiellen Gegner, den wir allerdings jederzeit vernichten könnten. Objektiv stellen daher die Etnord keine Gefahr mehr dar.

„Wir werden eine Agenda notwendiger und dringender Reformen anlegen“, versprach ich.

„Das klingt für mich nach einem Verschieben dieser Frage.“

„Ich bin nicht angetreten um unüberlegte Entscheidungen zu treffen, die durch Medienkampagnen erzwungen werden.“

Sarah Hannover warf mir einen Blick zu, den ich nicht vergessen werde. Ein Blick, der ihren wahren Charakter demaskierte, wie es sonst kaum je zu beobachten war.

Der Hass, der bei ihr gegenüber außerirdischen Völkern mitunter zum Ausdruck kam, musste die sichtbare Facette einer viel weiter gehenden inneren Deformation sein, die ich im Moment nicht einmal erahnen kann. Zum ersten Mal wurde mir klar, wie schwierig die Zusammenarbeit werden würde, zu der mir mein häufiger Gast *** so vehement geraten hatte.

Ich begann mich zu fragen, ob ich wirklich am Ziel oder in Wahrheit nur in eine Sackgasse geraten war.

Sie hob das Kinn auf eine Art und Weise, die ein Gefühl der Überlegenheit signalisierte, bei dem mich fragte, worin es wohl begründet liegen mochte.

Ich sollte es bald erfahren.

„Eigentlich wollte ich auf diese Sache jetzt gar nicht zu sprechen kommen, Gregor – ich darf Sie doch so nennen, oder?“

„Ich hänge nicht an Förmlichkeiten.“

„Und schließlich sind wir jetzt Partner, auch wenn Sie das noch nicht in ausreichender Weise begriffen zu haben scheinen.“

Ich hob die Augenbrauen und musterte sie. Dabei fragte ich mich, von was für einer Sache hier wohl die Rede war. Sarah Hannover schien diesen Moment der Ungewissheit meinerseits zu genießen und so beschloss ich, ihr nicht den Gefallen zu tun und dies allzu sehr nach außen dringen zu lassen.

Jeder hat seine Leichen im Keller. Die dunklen Punkte. Die Dinge, von denen er aus den unterschiedlichsten Gründen nicht möchte, dass sie an die Öffentlichkeit kommen. Und je höher man steigt, desto zahlreicher werden diese dunklen Zonen. Die Öffentlichkeit und die Zustimmung der Bevölkerung sind scheue Tiere, die schon auf und davon sind, kaum dass man an einen Fehler auch nur gedacht hat. 

Ich wartete ab und schwieg, während ich jede Regung ihres Gesichts registrierte.

„Es geht um Ihre Rolle während der Merkur-Krise, Gregor“, sagte sie. „Ich hatte das Vergnügen, eine etwas längere Unterhaltung mit Rendor Johnson zu führen... Sie werden sich an den Namen erinnern. Oder haben Sie die Ereignisse des Jahres 2236 bereits vollkommen verdrängt?“

Wie hätte ich diese Ereignisse je verdrängen können. Sie sind bis zum heutigen Tag für mich in jedem Augenblick gegenwärtig. Nie war die Existenz der Menschheit mehr gefährdet, als in jenen „letzten Tagen der Humanen Welten...“, wie Rendor Johnson sie bezeichnet hatte.

„Ich dachte, Johnson sitzt heute in der Gefängniskolonie auf Gandara II eine astronomisch lange Strafe ab und wird von der GalAb in Isolation gehalten.“

„Ich habe einige Freunde in der GalAb. Freunde, die finden, dass man dem ehemaligen Director in Charge unseres Geheimdienstes Unrecht getan hat.“

„Ach wirklich?“, fragte ich und klang wahrscheinlich kleinlaut dabei.

„Ich habe darüber hinaus einige Ermittlungen anstellen lasen. Ich glaube nicht, dass Sie in einem sehr günstigen Licht dastünden, wenn Ihre dubiose Rolle während der Merkur-Krise...“

„Ich habe den Humanen Welten ihre Selbstständigkeit erhalten!“, verteidigte ich mich.

„Das kann man unterschiedlich beurteilen, Gregor.“ Sie lächelte ihr falsches, kaltes Lächeln. „Grüßen Sie unseren gemeinsamen Freund *** von mir, wenn Sie ihn das nächste Mal treffen.“

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Ich traf *** später in meinem Orbitaleigenheim. Mein Gast schlug die Beine übereinander und lehnte sich in einem der Schalensessel zurück.

„Ein Augenblick wie dieser ist immer auch ein Moment, in dem man Bilanz ziehen sollte, Raimondo“, sagte er.

„Ja, das mag sein“, stimmte ich zu.

„Und? Wie sieht die Ihre aus?“

„Das weiß ich noch nicht.“

„Wenn Sie schon 2236 bereit gewesen wären, die Verantwortung zu übernehmen, wären wir jetzt weiter“

„Ich versuche gerade mir abzugewöhnen, verpassten Chancen nachzutrauern“, versicherte ich. „Es gibt ein ernsthafteres Problem.“

„So?“

„Sarah Hannover hat unmissverständlich klargemacht, dass sie mich damit erpressen will, meine Rolle in der Merkur-Krise der Öffentlichkeit zu offenbaren.“

„Was weiß sie denn darüber?“

„Sie hat mit Rendor Johnson gesprochen.“

„Einem verbitterten Mann, den angesichts der Euphorie, die Ihr Wahlsieg verbreitet hat, nicht weiter beachtet werden wird! Außerdem ist er auf Gandara II in der Isolation.“

„Sollte sie ernst machen, werden sich sehr schnell Stimmen erheben, die für die Aufhebung dieser Isolation sind.“

„Ja, das mag sein.“ Der Gast lächelte. „Wo ist Ihre Ruhe geblieben, Admiral Raimondo? Ihre Gelassenheit gegenüber den Wechselfällen des politischen Intrigenspiels.“

Ich ballte die Hände zu Fäusten und konnte einfach nicht mehr an mich halten. Die ganze Anspannung der letzten Zeit entlud sich in dem Ausbruch der dann folgte und der für meine Verhältnisse recht heftig war. „Wie kann es sein, dass man Sarah Hannover nach Gandara zu Johnson gelassen hat? Da hat doch jemand dran gedreht.“

„Sicher.“

„Diese Rassistin wird schon lästig, noch bevor die Regierungsarbeit wirklich begonnen hat.“

„Zwei Dinge sollten Sie sich zu Herzen nehmen, Raimondo: Erstens würden wir Maßnahmen ergreifen, falls Sarah Hannover ihre Drohung tatsächlich in die Tat umsetzen sollte. Und zwar bevor ein Schaden für die gegenwärtige Führung der Humanen Welten entsteht. Und zweitens können wir die Lage vielleicht auch dadurch entschärfen, dass wir Hannover-Anhängern möglichst bald ein Zugeständnis machen. Damit binden wir die Wähler des Hannover-Lagers an uns und Sarah wird es sich zweimal überlegen, ob sie dagegen aus dem Hinterhalt schießt.“

„Ich würde sie gerne kalt stellen.“

„Wir arbeiten daran, Gregor. Aber noch ist es zu früh dafür. Sie müssen erst einmal fest im Sattel sitzen, wenn Sie verstehen, was ich meine.“

„Natürlich.“

„Noch etwas...“

„Ja?“

„Fertigen Sie mir bitte eine Liste aller Personen an, die abgesehen vom ehemaligen GalAb-Director Rendor Johnson noch über Ihre Rolle in der 2236er-Krise Bescheid wissen.“

„Das ist eine kurze Liste.“

„Um so besser.“

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3

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Ich fragte mich für einen kurzen Moment, was mein Gast wohl unter dem Begriff Maßnahmen für den Fall verstand, dass Sarah Hannover den Zeitpunkt für gekommen hielt, ihre Drohung in die Tat umzusetzen.

Einen Moment lang erwog ich sogar, *** danach zu fragen, entschied mich dann jedoch dagegen.

Ich musste nicht alles wissen.

Auch das war eine Methode, um eine wenn schon nicht fleckenlose, so doch zumindest überwiegend weiße Weste zu behalten.

Dinge, von denen *** sagte, dass er sich ‚darum kümmern’ würde waren schon so gut wie erledigt. Das hatte ich schon oft genug erlebt.

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Unsere Überzeugungen bilden sich zumeist schon in seinem sehr frühen Stadium der Kindheit. Wir tragen sie wie Hypotheken mit uns herum und wissen oft nicht, dass diese frühen Prägungen unser ganzes Leben bestimmen.

Ich bin weit davon entfernt, der Angst vor den Extraterritorien das Wort zu reden, wie es Sarah Hannover und ihre Anhänger tun. Die Menschheit hat weder Anlass, sich minderwertig zu fühlen, noch sich in einen ebenso falsche Hybris zu flüchten und ihrerseits auf andere herabzublicken.

Aber ich bin dafür, Gefahren realistisch zu betrachten und auch einen realistischen Standpunkt im Hinblick auf die Rolle der Menschheit im Kosmos einzunehmen. Es gibt intelligente Spezies, die uns weit überlegen sind. Entweder technologisch, oft aber auch kulturell. Nehmen wir Fulirr als Beispiel. Es wird lange dauern, bis wir ihre technischen Errungenschaften auch nur annähernd kopieren können und wir können von Glück sagen, dass es sich bei diesen Sauroiden schon immer um ein Volk handelte, das nicht besonders zahlreich war und daher auch nur einer gemäßigten Form des Imperialismus frönte. Jetzt, nach dem Etnord-Krieg sind sie so dezimiert, dass ihr Einflussbereich sich auf das Nabman-System und einen Cordon von wenigen Lichtjahren um ihr Heimatsystem herum beschränkt und sie wohl auch für die nächsten zwei Jahrhunderte nicht wieder in die Lage kommen werden, ihr Territorium nennenswert auszudehnen.

Das Universum ist ein Dschungel, in dem es darum geht, zu überleben. Wenn die Menschheit nicht vereint handelt, wird sie es nicht schaffen, das ist meine tiefste Überzeugung.

Eine Überzeugung, die sich in meinen Kindertagen bildete, als meine Eltern einen Algenfänger auf Marina III fuhren.

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Meine Erinnerungen gehen immer wieder in diese Zeit zurück, wenn ich vor schweren Entscheidungen stehe. Wenn es darum geht, sich über die Richtung klar zu werden, in die man gehen muss und dabei weiß, dass man diese Richtung für lange Zeit nicht mehr nachjustieren kann...

Marina III erschien mir wie das Paradies. Ich kann mich an kaum einen Augenblick erinnern, in dem der Himmel nicht strahlend blau war. Später erfuhr ich, dass dies damit zu tun hatte, dass wir mit unserem Algensammler dem schlechten Wetter auswichen. Vor allem den schier unglaublich heftigen tropischen Gewittern am Ende des Tages.

Aber der Begriff „Tag“ hatte auf diesem Planeten ohnehin eine etwas andere Bedeutung.

Die 52 Lichtjahre entfernte Sonne Marina ist ein brauner Zwerg, das bedeutet, seine Lebenszone liegt so nahe am Zentralgestirn, dass die betreffenden Planeten irgendwann ihre Rotation verlangsamen und mit der Sonnenrotation synchronisieren.

Der Tag auf Marina III dauerte drei Standardjahre und war damit etwa doppelt so lange wie das astronomische Jahr des Planeten.

Zu Beginn des Raumzeitalters hatte man geglaubt, dass Leben auf solchen Welten unmöglich sei, selbst wenn sie über günstige Temperatur- und Schwerkraftwerte sowie über flüssiges Wasser und genug Sauerstoff verfügten. Aber das war ein Irrtum gewesen. Die planetaren Klimaausgleichssysteme waren viel leistungsfähiger, als man es ihnen lange Zeit zugetraut hätte.

Das Leben passte sich an den langsameren Rhythmus des Lichtes an. Während die dem Zentralgestirn abgewandte Seite arktische Verhältnisse zeigte, herrschte auf der sonnenzugewandten Seite tropische Hitze.

Marina III war die Heimat besonders eiweißreicher Riesenalgen und genauso begehrtem Riesentang, die während des monatelangen Morgengrauens geradezu explosionsartig zu wachsen begannen. Diese Meerespflanzen wurden auf mehr als einem Dutzend den Humanen Welten angeschlossenen Welten zu hochwertigen Syntho-Steaks und ein paar anderen für die moderne Küche und die Medizin unverzichtbaren Produkten verarbeitet.

Ich sehe mich am Bug des großen Algensammlers stehen, in den meine Eltern ihre gesamten Ersparnisse gesteckt hatten und er sie zwar nicht reich machen sollte, ihnen aber immerhin ihr Auskommen sicherte.

Wir fuhren vor allem in der Zone des nahen Abends. Manche der Siedler nannten dieses Gebiet auch das Meer der Dämmerung. Poetische Namen, die nicht ansatzweise den Zauber dieser Orte wiederzugeben vermögen. Fast der gesamte Horizont war von der untergehenden rotbraunen Sonne Marina bedeckt, deren Licht sich in der Atmosphäre auf eine seltsame Weise brach. Manche sagten, dass dies mit gewissen Spurengasen zusammenhing, die in den höheren Luftschichten von Marina III in einem Maß zu finden waren, wie es ansonsten auf keiner anderen von Menschen besiedelten Welt der Fall war. Andere machten die Ausdünstungen des Planeten umspannenden Ozeans dafür Verantwortlich. Marina III ist fast zur Gänze mit Wasser bedeckt. Es gibt nur einige wenige und recht kleine Landmassen, von denen die größte die Ausmaße von Australien besitzt.

Alle anderen Landmassen sind kaum mehr als Inseln. Die meisten  davon stellen nur winzige Punkte im Ozean dar, die aus dem Orbit gar nicht erkennbar sind und die grün-blaue Fläche des Ozeans gar nicht zu unterbrechen scheinen – es sei denn man schaltet die optische Ortung auf den größtmöglichen Zoomfaktor.

Drei Monde umlaufen Marina in ziemlich exzentrischen Bahnen, was auf irgendeine kosmische Katastrophe in grauer Vorzeit hindeutet. Das bedeutet, die unterschiedlichsten Gezeitenkräfte ziehen an der Wassermasse von Marina III und sorgen dafür, dass viele der Inseln durch gewaltige Flutwellen in regelmäßigen Abständen überflutet werden. Aber die damit zusammenhängende gute Durchmischung der Wassermassen hat auch ein paar sehr positive Nebenwirkungen. Erstens dürfte sie ein wichtiger Faktor des planetaren Klimaausgleichs sein, der verhindert, dass die Sonnen abgewandte Seite in der zweijährigen Nacht völlig vereist und zweitens wurden die Wassermassen des Planeten fortwährend durchmischt, sodass der Sauerstoffgehalt extrem hoch war. Alles gute Wachstumsvoraussetzungen für das, was wir die Ernte nannten.

Ich sehe den spitzen Bug des Algensammlers durch die aufgewühlte, grünblaue See pflüge. Das Wasser schäumt. Manchmal entstehen meterhohe Schaumberge, die man natürlich zu umfahren versuchen muss. Das Zeug setzt sich sonst in alles hinein und der hohe ph-Wert ist nicht gut für die Ernte.