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Nr. 64

 

Im Zeit-Gefängnis

 

Und tausend Jahre sind nur wie ein Tag! – Sechs Terraner in einer fremden Dimension ...

 

von CLARK DARLTON

 

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Leutnant Marcel Rous von der DRUSUS, der bereits im System der Sonne Mirsal bei mehreren Treffen mit den unheimlichen Gegnern aus einer anderen Dimension wertvolle, wenn auch äußerst unliebsame Erfahrungen gesammelt hat, erhält von Perry Rhodan den Befehl, mit einem kleinen Einsatzkommando eine arkonidische Kolonialwelt zu überwachen.

Diese Welt, von den Bewohnern Tats-Tor genannt, ist der zweite Planet der Sonne Morag – und nach den positronischen Berechnungen Perry Rhodans dürfte Tats-Tor mit größter Wahrscheinlichkeit das nächste Angriffsziel der Unheimlichen sein.

Perry Rhodans Männer wollen die Bewohner des Planeten warnen und gemeinsam mit den planetarischen Behörden eine Abwehrmöglichkeit entwickeln – doch sie geraten ins ZEIT-GEFÄNGNIS ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Marcel Rous – Leutnant der solaren Raumflotte und Chef der Zeit-Expedition.

André Noir – Der Hypno des Mutantenkorps.

Fritz Steiner – Die Physik ist sein Fachgebiet, doch mit der fremden Zeitebene möchte er am liebsten nichts zu tun haben.

Iwan Ragow – Er entdeckt einen handelsüblichen »Halsabschneider« von Terra.

Fred Harras – Der Techniker und Mechaniker der Zeit-Expedition.

Josua – Er steht Wache am Galgenbaum.

1.

 

»... und somit scheinen wir Raum und Zeit überwunden zu haben. Es bedeutete noch vor hundert Jahren eine glatte Utopie, zum Mond fliegen zu wollen, das dürfen wir nicht vergessen. Schon dreißig Jahre später, neunzehnhunderteinundsiebzig, wurde der Mond erreicht, und damit begann die stürmische Entwicklung, die uns bis in das Jahr Zweitausendeinundvierzig brachte. Dank der Hilfe der Arkoniden sind Sprünge durch den Hyperraum zu Sternen, die Tausende von Lichtjahren entfernt in der Milchstraße stehen, kein Problem mehr. Der Raum ist überwunden, und damit auch die Zeit. Wenigstens haben wir das bis vor kurzem geglaubt.«

Der Sprecher legte eine kurze Pause ein und betrachtete die sechs Männer, die vor ihm auf der anderen Seite des langen Tisches saßen. In ihren Augen war die erwartungsvolle Spannung vor dem Einsatz, dessen Einzelheiten ihnen noch unbekannt waren. Perry Rhodan wusste, dass er sich auf diese sechs Männer verlassen konnte und dass sie seinen Auftrag ausführen würden, selbst dann, wenn es schier unmöglich anmutete.

Neben Rhodan saßen noch zwei Männer. Zur Rechten hatte sich Reginald Bull in den viel zu kleinen Sessel gezwängt und bemühte sich, freundlich aus den wasserblauen Augen zu blicken. Seine roten Haarborsten lagen glatt an und verrieten, dass Bully, wie er genannt wurde, eine Periode seltenen Seelenfriedens durchlebte und sich ausnahmsweise mal über nichts geärgert hatte.

Links von Rhodan saß Atlan, der Unsterbliche. In seinen zeitlosen Augen schimmerte nachdenkliche Versonnenheit, als suche er nach etwas, das die Antwort auf alle Fragen geben könnte. Aber noch hatte er es nicht gefunden. Eines Tages jedoch ...

»Leider irrten wir, uns, wie Sie alle wissen«, fuhr Rhodan fort und beugte sich fast unmerklich vor, um die sechs Männer besser ins Auge fassen zu können. »Zwar besiegten wir Raum und Zeit in unserem eigenen Existenz-Kontinuum, vergaßen dabei jedoch, dass es noch andere Ebenen geben kann. Noch mehr, wir vergaßen, dass sich diese beiden Ebenen begegnen können. Und genau das ist jetzt geschehen.«

Er wartete, bis sich die leichte Bewegung der Zuhörer gelegt hatte.

»Es sind zwei Zeitebenen, die im Begriff stehen, zusammenzustoßen. Es ist klar, dass ein solches Ereignis nicht ohne Folgen für beide vonstatten geht. Stellen Sie sich unser Weltall als Ebene vor, etwa wie die dicke Scheibe einer Milchstraße. Die Zeitebene der Fremden sieht ähnlich aus, steht aber in unserem Sinne schräg zu uns und bewegt sich langsam auf uns zu. Die Ebene der Fremden schneidet die unsere. Wo das geschieht, verschwindet alles organische Leben und wird unsichtbar. Ganze Welten wurden auf diese Weise entvölkert, und es ist kein Wunder, wenn das Robotgehirn, der Regent von Arkon, uns um Hilfe rief und uns die gleichberechtigte Partnerschaft bewilligte. Gemeinsam stehen Arkon und das Solare Imperium nun einem Feind gegenüber, der nicht zu sehen oder zu spüren ist, der jedoch dabei ist, die ganze Milchstraße zu entvölkern.«

Atlan neben Rhodan bewegte sich ein wenig. Als er Rhodans fragenden Blick auffing, murmelte er: »Deine Leute haben herausgefunden, dass in der Ebene der Fremden andere Zeitbegriffe herrschen? Relativ zu uns vergeht bei ihnen die Zeit langsamer. Sollte das der Schlüssel sein?«

»Der Schlüssel – wozu?«

Atlan schüttelte langsam den Kopf.

»Frage mich noch nicht, Rhodan. Ich werde erst dann sprechen, wenn ich meine Vermutungen bestätigt sehe. Nur einen Hinweis möchte ich geben: Deine Wissenschaftler stellten fest, dass die Zeit in der Ebene der Unsichtbaren zweiundsiebzigtausend mal so langsam abläuft wie bei uns. Das bedeutet, dass für sie erst einige Monate vergingen, seit ich auf der Erde bin.«

Rhodan sah Atlan forschend an. Der Unsterbliche weilte seit mehr als zehntausend Jahren auf der Erde. Auf welchen Zusammenhang spielte er an? Die zeitlosen Augen Atlans gaben keine Antwort. Noch nicht.

Rhodan wandte sich wieder den sechs Männern zu.

»Es ist Marcel Rous und Fellmer Lloyd gelungen, ein Gerät zu konstruieren, mit dessen Hilfe man in die andere Zeitebene eindringen kann, ohne die gewohnte Eigenzeit zu verlieren. Mit anderen Worten: jeder, der in die Welt der Unsichtbaren eindringt, lebt wie bisher, muss sich aber damit abfinden, dass seine Umgebung zweiundsiebzigtausend mal langsamer existiert. Wir haben dieses Gerät den Linsen-Feld-Generator genannt und das erste Versuchsmodell nachgebaut. Es wurde in eine Gazelle installiert, deren Generatoren entsprechend verstärkt werden mussten. Außer diesem Linsen-Feld-Generator haben wir aber noch ein zweites Hilfsmittel, mit dem sich positronisch einigermaßen sicher voraussagen lässt, an welcher Stelle mit der sich nähernden Zeitebene eine Überschneidung stattfindet. Wir vermuten, dass sich die betroffenen Zonen überlappen, also nicht regelmäßig verlaufen. Wir müssen erfahren, ob unsere Vermutung stimmt. Sie, meine Herren, sollen das versuchen.«

Die sechs Männer sahen sich an. Rhodan erkannte in ihren Augen kein Erschrecken, sondern lediglich freudige Überraschung. Es gab niemand unter ihnen, der nicht sein Leben für Rhodan und die Erde gewagt hätte. In den vergangenen Jahrzehnten hatten sie oft genug Gelegenheit gehabt, gegen einen wirklichen und leibhaftigen Gegner kämpfen zu müssen, um die Erde zu schützen. Diesmal aber stand man einem Feind gegenüber, der durch die trennende Mauer der Zeit von ihnen distanziert war. Aber diese Mauer besaß Lücken.

»Die Leitung der Expedition übertrage ich Leutnant Rous. Er ist der einzige von Ihnen, der bereits mehrmals Kontakt mit dem Gegner hatte, wenn er ihn auch noch nie zu Gesicht bekam. Als Mutant teilte ich der Expedition den Hypno André Noir zu, da er im Notfall dazu befähigt ist, den Fremden seinen Willen aufzuzwingen. Ich halte das für äußerst wichtig, weil es uns dann vielleicht gelingen kann, einen Gefangenen in unsere eigene Zeitebene zu bringen. Weiter nehmen an der Expedition teil: Fritz Steiner, Physiker, Chemiker und Mitkonstrukteur des vergrößerten Generators; Iwan Ragow, Biologe, Zoologe und Arzt; dann Fred Harras als Techniker und qualifizierter Mechaniker; schließlich unser afrikanischer Meteorologe und Metallurge Josua. Nun, die Herren kennen sich ja bereits. Der Start erfolgt morgen mit einem unserer Schweren Kreuzer, der Sie im System der Ziel-Sonne absetzt. Mehr können Sie heute noch nicht erfahren, da ich Ihnen den Nachturlaub in Terrania nicht streichen möchte. Noch Fragen?«

Leutnant Marcel Rous, ein kleiner, dunkler und behänder Franzose, schüttelte demonstrativ den Kopf. Er wusste, dass es keine Fragen geben konnte, denn was noch nicht bekannt war, würde man morgen noch früh genug erfahren. Auch die anderen fünf Männer blieben stumm.

Rhodan nickte befriedigt, als hätte er es nicht anders erwartet.

»Ich danke Ihnen, meine Herren. Wir sehen uns dann morgen gegen zehn Uhr, eine halbe Stunde vor dem Start. Leutnant Rous, Sie bleiben noch. Die anderen können gehen. Gehen Sie nicht zu spät schlafen, wenn ich Ihnen einen letzten Rat geben darf. Ich weiß nicht, ob Sie in der anderen Zeitebene Zeit zum Schlafen haben werden.«

Der Hypno Noir grinste, als er sich aus der Tür schob. Die anderen vier Männer verrieten ihre Gefühle nicht, sondern machten, dass sie aus dem Raum kamen. Die Nächte in Terrania waren kurz. Sie wollten die letzte nutzen, und dabei natürlich hoffen, dass es nicht die allerletzte bleiben würde.

Rhodan wartete, bis sich die Tür schloss, dann wandte er sich an Marcel Rous.

»Morgen bleibt uns keine Zeit, alle Einzelheiten zu besprechen, daher musste ich Sie bitten, noch hier zu bleiben. Sie als Leiter der Expedition müssen über alles informiert sein, was morgen geschehen wird und was Sie zu tun haben, falls das Experiment misslingt. Das ist leider durchaus nicht ausgeschlossen. Vergessen Sie nicht, dass der Linsen-Feld-Generator noch der Erprobung bedarf. Er wurde einfach nach den vorliegenden Angaben gebaut, und wir können nur hoffen, dass sich kein Irrtum einschlich. Unsere positronischen Berechnungen haben ergeben, dass die nächste Überlappung im System der Sonne Morag stattfindet, und zwar noch innerhalb einer Woche. Sie sollen zu diesem Zeitpunkt in unmittelbarer Nähe weilen und den Angriff miterleben. Das Risiko kennen Sie: aus der anderen Zeitebene gibt es keine Rückkehr ohne den Feld-Generator. Wenn Sie ohne ihn übernommen werden, sind Sie verloren, denn Sie leben zweiundsiebzigtausendmal langsamer als gewohnt. Ehe Sie eine Bewegung für Ihre Freiheit tun können, sind Monate oder Jahre vergangen. Vergessen Sie nicht, Rous, dass eine Sekunde in unserer Zeit zwanzig Stunden in der anderen Ebene bedeuten.«

Atlan nickte langsam, sagte aber nichts.

Auch Bully schwieg. Er war ziemlich froh darüber, sich nicht an der Expedition beteiligen zu müssen. Wenn es darum ging, einen sichtbaren Gegner unschädlich zu machen, war Bully jederzeit dabei. Aber Unsichtbare, Zeitlose, Wesen aus einer anderen Daseinsebene ...? Nein, lieber nicht.

»Hören Sie also zu«, fuhr Rhodan fort und sah Rous fest an. »Ich werde Ihnen schon jetzt einige Informationen geben, die unter Umständen lebenswichtig für Sie sein können ...«

 

*

 

In den Sternenkatalogen war der Stern als »Morag« bezeichnet, eine gelblich-weiße Sonne von fast gleichem Spektraltyp wie Sol. Der zweite Planet dieser Sonne war erdgroß, besaß eine atembare Sauerstoffatmosphäre und eine etwas höhere Schwerkraft als die Erde. Seine etwas geringere Entfernung zur Sonne Morag bedingte ein heißeres und trockeneres Klima, wenn es auch Ozeane in Hülle und Fülle gab. Die an den Küsten gelegenen Gebiete allerdings brauchten sich über Regenmangel nicht zu beklagen. Die riesigen Urwaldgebiete zeugten davon.

Dieser zweite Planet der Sonne hieß Tats-Tor und war vor knapp drei Jahrtausenden von den Arkoniden besiedelt worden. Als Fundstätte für seltene und wertvolle Rohstoffe war Tats-Tor zu einem wichtigen Umschlaghafen für die Schiffe des Imperiums geworden. Auf dem weiten Betonfeld von Akonar, der Hauptstadt Tats-Tors, landeten und starteten die Frachtraumer vieler Rassen. In den Straßen der Stadt wimmelte es von den bizarrsten Geschöpfen, die eine phantasiereiche Natur im Laufe der Jahrtausende auf den Welten der Galaxis hervorgebracht hatte.

Die eigentlichen Herren von Tats-Tor aber waren die »Neuen Arkoniden«, wie sie sich selbst nannten.

Nicht ganz zu Unrecht, wie Marcel Rous bald feststellen sollte. Sie unterschieden sich rein äußerlich nicht von den stolzen und arroganten Arkoniden der »Troika« Arkon, von wo aus das gewaltigste Positronengehirn des Universums ein Sternenreich regierte. Sie waren nicht nur stolz, sondern dazu noch schrecklich eingebildet auf ihre Herkunft und behandelten die Angehörigen anderer Rassen mit einer fast verletzenden Herablassung. Man ließ sich das gefallen, weil man die kostbaren Güter einhandeln wollte, die es auf Tats-Tor gab.

Der Schwere Kreuzer TERRA materialisierte in zwei Lichtstunden Entfernung von Tats-Tor und schleuste eine Gazelle aus. Diese kleinen Fernaufklärer hatten nicht die gewohnte Kugelform, sondern erinnerten an einen flachen Diskus, waren von Pol zu Pol achtzehn Meter dick und besaßen einen Durchmesser von etwa dreißig Meter.

Kaum hatte die Gazelle einen Sicherheitsabstand erreicht und nahm Kurs auf den noch fernen Planeten, entmaterialisierte die TERRA wieder.

Sie verschwand einfach und ließ nicht nur einen leeren Raum, sondern auch das Gefühl grenzenloser Verlassenheit zurück.

Wenigstens glaubte Leutnant Rous das zu empfinden, als er auf den plötzlich schwarzen Bildschirm starrte, der nur durch das Funkeln der Sterne unterbrochen wurde, die Hunderten von Planeten Leben gaben.

Es war soweit. Nun waren sie allein und auf sich angewiesen. Niemand würde ihnen helfen können, wenn das Furchtbare geschah.

Und Rhodan hatte gesagt, dass es mit hundertprozentiger Sicherheit noch innerhalb einer irdischen Woche geschehen würde.

Rous seufzte und korrigierte den Kurs mit optischer Hilfe. Er verzichtete auf einen Transitionssprung, um Zeit zu gewinnen. Zeit wozu? Sich auf die Begegnung mit den Neuen Arkoniden vorzubereiten, deren Charakter nicht gerade der liebenswerteste sein sollte?

»Unsinn!«, sagte er laut vor sich hin.

Noir, der eben aus dem Funkraum kam, sah auf.

»Was ist Unsinn, Marcel? Unsere Expedition doch wohl nicht?«

»Wie kommen Sie auf die Idee, André? Ich halte im Gegenteil unsere Expedition für unerlässlich, selbst wenn sie mit dem großen Risiko verbunden ist, dass wir praktisch in der Zeit stranden. Nein, ich dachte nur an die Neuen Arkoniden. Sie sollen keine angenehmen Zeitgenossen sein.«

»Wir wurden schon mit anderen Wesen fertig«, tröstete der Hypno zuversichtlich. »Wenn sie nicht freundlich sind, werde ich sie dazu zwingen.«

»Sie können einzelne Exemplare, aber nicht die Bewohner eines ganzen Planeten beeinflussen«, gab Rous zu bedenken. »Warten wir ab, was die Siedler Arkons zu dem bevorstehenden Angriff der Fremden sagen werden. Danach werden wir uns richten.«

»Wo gedenken Sie zu landen?«

»Auf dem Raumfeld von Akonar, der Hauptstadt. Dort wohnt auch der Administrator des Planeten, dem wir die Botschaft Rhodans zu überbringen haben. Wenn uns jemand bei unserer Aufgabe unterstützen kann, dann er.«

Fritz Steiner war in die Zentrale gekommen. Er hatte die letzten Worte gehört. In seiner etwas übertrieben poltrigen Art sagte er: »Was heißt hier unterstützen? Wenn die Kerle nicht wollen, sollen sie sich von der Zeit überholen und fressen lassen. Wir haben ja schließlich unseren LFG.«

Rous riss die Augen auf.

»Unseren – was?«

Steiner lachte dröhnend.

»Unseren LFG. Das ist meine Abkürzung für den Linsen-Feld-Generator.«

»Sehr geistreich«, lobte Rous sarkastisch und ärgerte sich, dass er nicht von selbst auf den Sinn der Abkürzung gekommen war. »Und Sie sind wirklich davon überzeugt, dass der Generator funktionieren wird?«

»Sie vielleicht nicht? Er wurde doch nach Ihren Angaben konstruiert. Haben Sie plötzlich Zweifel?«

»Keineswegs, ich bin nur vorsichtig, Steiner. Die geringste Fehlerquelle, und wir sind verloren.«

»Niemand weiß«, betonte Steiner merkwürdig ruhig, »wie es hinter der Zeitmauer wirklich aussieht. Die andere Ebene muss die gleichen Lebensbedingungen bieten wie die unsere. Wenn wir von uns zu ihnen gelangen können, dann ist es auch umgekehrt möglich. Habe ich mich klar genug ausgedrückt?«

»Ein Mensch ohne Hoffnung«, nickte Rous zustimmend, »ist ein Mensch ohne Zukunft. Ja, Sie haben sich klar genug ausgedrückt. Unsere Auffassungen sind demnach identisch.«

Zwei Stunden nach diesem kurzen Streitgespräch landeten sie auf dem Raumhafen von Akonar. Sie waren von der Bodenkontrolle angerufen worden und hatten die genauen Landekoordinaten erhalten. Wer sie waren, schien den Anrufer nicht zu interessieren – jedenfalls hatte er nicht nach ihrem Heimatplaneten gefragt. Das ließ mit Sicherheit darauf schließen, dass auf Tats-Tor ein reger und vor allen Dingen friedlicher Verkehr herrschte.

Rous bat Steiner, in der Zentrale zu bleiben und mit eingeschaltetem Empfänger ihren Weg zu verfolgen. Der Leutnant wollte mit Noir den Administrator aufsuchen und ihn vor der drohenden Gefahr warnen. Der in einem Ring eingebaute Sender würde Steiner stets davon unterrichten, was gesprochen wurde. Wenn etwas Unvorhergesehenes geschah, konnte er notfalls eingreifen.

Es gehörte zur Atmosphäre eines interstellaren Raumhafens, dass sich niemand um den anderen kümmerte. Rous und Noir trugen unter ihren Kombinationen die inzwischen verbesserten arkonidischen Kampfanzüge. Sie konnten sich somit im Falle einer Gefahr unsichtbar machen, vermochten zu fliegen und waren in der Lage, einen Energieschirm um sich zu legen. In der Hauptsache sollte der Anzug ihnen eine schnelle Flucht vor einem eventuellen überraschenden Angriff der Unsichtbaren ermöglichen.

Ein unbemanntes Robotfahrzeug brachte sie in die Stadt und setzte sie vor dem Palast des Administrators ab. Es hatte genügt, das gewünschte Ziel dem Steuer-Roboter mitzuteilen.

Jetzt allerdings liefen sie der ersten Kontrolle in die Quere.

Der Palast des Administrators lag genau an der kreisförmigen Grenze, die das Gebiet des Raumhafens und des Geschäftsviertels einschloss. Innerhalb dieser Zone gab es weder eine Kontrolle noch sonst ein Hindernis. Jeder konnte mit seinem Schiff auf dem Raumhafen landen und sich in der Stadt bewegen, ohne überhaupt einmal nach seinem Namen und seinem Herkunftsplaneten gefragt zu werden. Erst dann, wenn er das eingeschlossene Gebiet verlassen wollte, musste er die Kontrolle über sich ergehen lassen.

Zwei uniformierte Arkoniden – Rous erkannte sie an dem weißen Haar und den rötlichen Albinoaugen – standen an der Strahlensperre, die nur an einer einzigen Stelle passierbar war. Natürlich wäre es den beiden Terranern nicht schwergefallen, die Strahlensperre mit Hilfe eines schnell aufgebauten Energieschirmes zu durchdringen, der für ihren arkonidischen Kampfanzug eine Kleinigkeit darstellte, aber das war nicht der Sinn und Zweck ihres Hierseins. In aller Ruhe zogen sie die dünnen Metallfolien aus der Brusttasche und reichten sie den Arkoniden.

Der größere von ihnen nahm die im Imperium gültigen Ausweise, während der andere die beiden Fremden aufmerksam betrachtete und augenscheinlich versuchte, sie zu klassifizieren. Vielleicht hielt er sie für Abkömmlinge der Springer.

»Heimatplanet Terra?«, fragte der prüfende Arkonide und sah Rous an, der ihm am nächsten stand. »Die Positionsangaben fehlen. Der Ausweis ist ungültig.«