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Nr. 62

 

Die blauen Zwerge

 

8000 Verbannte wollen überleben! – Das zweite Kolonistenabenteuer!

 

von KURT MAHR

 

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Sie waren achttausend Männer und Frauen – in einem Alter, in dem die Eroberung einer fremden Welt kein unmögliches Unterfangen sein sollte!

Auf der Erde hatte man sie der Umstürzlerei für schuldig befunden, sie zur lebenslänglichen Verbannung verurteilt und in ein riesiges interstellares Transportschiff verfrachtet.

Die Verbannten überwältigten die Besatzung des Schiffes und gelangten in eine bisher unbekannte Gegend der Milchstraße.

Das Schiff brachte auf dem neuen Zielplaneten nicht mehr als eine Bruchlandung zustande. Zwei Drittel ihrer Vorräte wurden dabei unbrauchbar. Aus dem Rest bauten sie sich eine kleine Stadt, die sie Greenwich nannten. Ihrer neuen Welt gaben sie den Namen Gray Beast.

Sie richteten sich ein und begannen sich den Planeten Untertan zu machen. Sie waren Terraner und gehörten zu den tatkräftigsten Intelligenzen der Milchstraße. Sie hätten sich ein Paradies schaffen können – wäre nicht die Feindschaft zwischen zwei Männern gewesen: Horace O. Mullon und W. S. Hollander.

Der eine ist ein glühender Verfechter der Demokratie, der andere ein verbissener Anhänger der Diktatur ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Horace O. Mullon – Sein Mörder hat nicht mit den »blauen Zwergen« gerechnet.

Fraudy Mullon – Sie lernt, den »blauen Zwergen« ihre Gedanken verständlich zu machen.

Milligan – Mullons rechte Hand.

Pashen – Er erwartet eine Belohnung.

Harper, Glannon und Cislarczik – Hollanders Handlanger.

Chellish – Ein geheimnisvoller junger Mann.

1.

 

Mullon legte nicht viel Wert auf äußere Formen; aber als jemand, ohne vorher anzuklopfen, die Tür aufriss und polternd hereingestürmt kam, sah er sich doch ein wenig ärgerlich um.

Es war Milligan.

»Booster ist krank«, stieß er hervor. »Eine ganz komische Krankheit, Chef.«

Mullon war sofort besänftigt.

»Wo ist er?«

»Zu Hause. Er wollte gerade ...«

»Gut. Haben Sie Doc Flaherty Bescheid gesagt?«

»Nein, noch nicht. Ich ...«

»Laufen Sie, Mann! Flaherty soll sich Booster ansehen. Fraudy wird sicherlich mitgehen.«

Aus dem zweiten Raum des kleinen Hauses kam eine Frauenstimme: »Natürlich komme ich mit! Milligan, laufen Sie zu Flaherty!«

Milligan drehte sich um und stürmte hinaus.

Fraudy trat aus dem Raum, den sie stolz ihre »Küche« nannte, obwohl er mehr als diese eine Funktion besaß und dementsprechend eingerichtet war.

»Ich gehe also«, sagte sie und wischte sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Sieh zu, dass du mit deiner Aufstellung fertig wirst.«

»Zu Befehl, Frau General!«, lächelte Mullon. »Werde fertig sein, wenn Sie zurückkommen.«

Fraudy ging. Mullon wandte seine Aufmerksamkeit wieder der Liste zu, die er aufzustellen im Begriff gewesen war, als Milligan hereinstürmte.

Die Liste sollte, wenn sie fertig war, alle Dinge enthalten, die eine vierköpfige Expedition bei einer Art Forschungsexpedition in die nördlichen Berge notwendig brauchte. Die Volksversammlung, deren Präsident Mullon war, hatte Mullons Antrag gebilligt, eine Expedition auszusenden, die die westliche Umgebung der Stadt Greenwich erforschen sollte. Mullon hatte behauptet, niemand könne für die Sicherheit der Stadt garantieren, wenn nicht einmal die nächste Umgebung bekannt sei. Diese Behauptung hatte jedermann – ein paar Anhänger Hollanders ausgenommen – eingeleuchtet. Man hatte beschlossen, wenigstens zwei Expeditionen auszusenden: die eine ins westliche Bergland, die andere nach Osten, wo der Dschungel des Tieflands das weite Grasland mit seiner undurchdringlichen Mauer abschloss. Da aus den Trümmern der ADVENTUROUS – des Schiffes, das die achttausend von der Erde deportiert hatte – nur ein einziger Hubschrauber gerettet worden war, sollten die beiden Expeditionen nacheinander ausgeführt werden: zuerst die ins Bergland, danach die zum Dschungel hinunter.

Mullon selbst war mit der Leitung beider Expeditionen beauftragt, und er unterzog sich der Aufgabe, ausreichende Vorbereitungen zu treffen, mit beispiellosem Eifer.

Trotzdem gelang es ihm nicht, die Liste zu vervollständigen, bevor Fraudy zurückkehrte. Mullon wandte sich nach ihr um und erschrak über ihr entsetztes Gesicht.

»Was ist ...?«

»Booster ist tot!«, stieß Fraudy hervor. »Es ging alles so fürchterlich schnell, ooh ...!«

Mullon sprang auf.

»Woran ist er gestorben?«

»Niemand weiß es«, schluchzte Fraudy. »Flaherty steht vor einem Rätsel. Er hat Weeney und Ashbury hinzugezogen; aber die beiden wissen ebensowenig wie er.«

»Und wie äußert sich die Krankheit?«

Fraudy wischte sich die Tränen aus den Augen und berichtete: »Booster war dabei, ein Stück Land umzugraben. Er wollte eine Saatprobe machen. Plötzlich wurde ihm schwach in den Knien. Er dachte zuerst, es sei einer der Schwächeanfälle, wie sie fast alle von uns infolge der raschen Umgewöhnung durchgemacht haben, und setzte sich hin, um sich auszuruhen. Aber der Anfall ging nicht vorüber. Als er wieder aufstehen wollte, fiel er der Länge nach hin. Er rief um Hilfe. Milligan fand ihn und schleppte ihn nach Hause. Mittlerweile hatten sich auf Boosters Haut blaue Pusteln gebildet.

Als Flaherty und ich ankamen, war er kaum noch in der Lage zu reden. Und zehn Minuten später war er tot.«

»Was haben sie mit ihm gemacht?«

»Die Ärzte haben ihn mitgenommen, um ihn zu untersuchen.«

Mullon war sehr ernst geworden.

»Hoffentlich ist die Krankheit nicht ansteckend!«, murmelte er.

 

*

 

Zunächst sah es nicht so aus. Zwei Tage vergingen, ohne dass ein neuer Krankheitsfall gemeldet wurde. Am dritten Tag aber erkrankten zwei Männer, von denen bekannt war, dass sie niemals bisher mit Booster zu tun gehabt hatten.

Bei ihnen nahm die Krankheit einen völlig anderen Verlauf. Wohl stand auch hier am Anfang der Schwächeanfall; aber es dauerte mehrere Stunden, bis die blauen Blattern erschienen – und vor allen Dingen führte die Krankheit in diesen beiden Fällen nicht zum Tod, wenigstens bis jetzt noch nicht. Die beiden Kranken befanden sich in der Obhut der drei Ärzte Flaherty, Weeney und Ashbury in deren »Hospital« – einer etwas größeren Hütte, die in der Mitte der kleinen Stadt lag.

Immerhin waren die Vorfälle so besorgniserregend, dass Mullon die Volksversammlung zu einer Sondersitzung einberief, um den Bericht der drei Ärzte zu hören.

Viel hatten sie nicht zu sagen. Sie waren alle drei auf der Erde lediglich praktische Ärzte gewesen. Zum ersten Mal waren sie jetzt gezwungen, sich mit Bakteriologie zu befassen. Das fiel ihnen, der Schwierigkeit dieses Zweiges der Medizin entsprechend, ziemlich schwer.

Weeney, der jüngste der drei Ärzte, der zudem noch einen recht ehrgeizigen Eindruck machte, behauptete, es sei ihm gelungen, den Erreger der seltsamen Krankheit zu erkennen, zu isolieren und eine Kultur davon zu züchten. Die bisher vorliegenden Untersuchungsergebnisse deuteten jedoch nach Weeneys Meinung darauf hin, dass das Virus selbst auf die intensivsten irdischen Medikamente nicht anders reagiere als der Elefant auf eine Fliege: nämlich gar nicht. Allerdings, so gab Weeney zu bedenken, erfordere die eingehende Untersuchung des Virus mindestens einige Wochen, so dass man sich durch die anfänglichen Misserfolge nicht einschüchtern lassen solle.

Die Volksversammlung entschied, dass die Lage zwar ernst sei, die geplante Expedition deswegen aber nicht verschoben werden solle. Und Mullon setzte daraufhin den Start auf den nächsten Morgen fest.

 

*

 

Am nächsten Morgen waren drei weitere Krankheitsfälle gemeldet. Auch diese waren ins Hospital gebracht worden und standen dort unter ununterbrochener Aufsicht. Bei keinem zeigte sich der rasche Krankheitsverlauf wie bei Booster. Weeney und seine beiden Kollegen behaupteten inzwischen, Boosters schneller Tod sei eine Ausnahmeerscheinung gewesen.

Mullon hatte sich als Begleiter ausgesucht: Fraudy, seine Frau; Milligan, das ehemalige Mitglied der ADVENTUROUS-Besatzung; und Pashen, einen Mann, der früher begeisterter Anhänger Hollanders gewesen war, mittlerweile aber eingesehen zu haben behauptete, dass Hollanders Pläne lediglich dazu geeignet waren, die Siedler so schnell wie möglich ins Verderben zu führen. Pashen war auf der Erde Sanitäter gewesen; deswegen hatte Mullon ihn ausgesucht. Wenn er schon keinen Arzt mitnehmen konnte, weil sie alle in Greenwich gebraucht wurden, dann wollte er jemand bei sich haben, der wenigstens ein bisschen von der Heilkunst verstand.

In den frühen Morgenstunden war der Hubschrauber mit den Dingen beladen worden, die Mullon in seiner Liste aufgeführt hatte, darunter als wichtigste: Proviant, Waffen und ein kleines Kurzwellensende- und -empfangsgerät, mit dessen Hilfe die Verbindung zwischen Greenwich und der Expedition aufrechterhalten werden sollte.

Mullon startete um sieben Uhr Ortszeit, als eben der östliche Horizont ein wenig lichter zu werden begann. Surrend und fauchend setzte sich die mächtige, von kleinen Strahltriebwerken bewegte Luftschraube in Gang. Schaukelnd hob sich die schwere Maschine vom Boden, schoss in, die Höhe und war Augenblicke später im dämmrigen Halbdunkel verschwunden.

 

*

 

Niemand beobachtete die vier Männer, die vom Nordostrand der kleinen Stadt aus den Start des Helikopters aufmerksam verfolgten. Einer der vier war ein kleiner, dicklicher Mann, der, wie man sehen konnte, wenn er sich bewegte, auf dem rechten Bein hinkte. Walter S. Hollander, vormals Oberhaupt der Sekte der Naturphilosophen und Mullons erbittertster Gegner, hatte sich zwar von seiner Verwundung erholt, aber die Steifheit des rechten Beines war als deutliches Mal zurückgeblieben.

»Also los jetzt!«, befahl Hollander. »In spätestens einer Stunde ist es hell, dann müsst ihr so weit sein, dass man euch von Greenwich aus nicht mehr sehen kann. – Ihr wisst, was ihr zu tun habt?«

»Natürlich«, antwortete einer der drei anderen. »Ich hoffe nur, Sie wissen, was Sie da von uns verlangen.«

Hollander nickte.

»Natürlich weiß ich das. Die Belohnung ist danach gehalten. Ihr werdet meine engsten Mitarbeiter sein, sobald Mullon ausgeschaltet ist. Und jetzt verschwindet!«

Die drei Männer befolgten den Befehl grußlos. Sie wandten sich nach links hinüber, wo nach den Vorbereitungen für den Start des Hubschraubers das Gras so niedergetrampelt war, dass es keine Spuren mehr aufnahm. Dort bogen sie nach Westen um und verschwanden in wenigen Minuten im Dämmerlicht des frühen Morgens.

Hollander sah ihnen nach. Er war ein abgebrühter Mann; aber als er seine drei Söldlinge, die gestohlenen Gewehre über der Schulter, im Halbdunkel verschwinden sah, ohne dass sie jemand bemerkte, schwoll ihm die Brust in Vorahnung dessen, was geschehen würde.

Niemand würde wissen, wo die drei Männer hinmarschiert waren, die die Gewehre aus dem Arsenal gestohlen hatten. Wenn man nach ihnen suchte – und alleine, bis man zu suchen begann, würde mindestens ein Tag vergehen – würde man einen Brief finden, wonach »drei aufrechte Männer ausgezogen waren, um die Umgebung der Stadt auf eigene Faust zu erkunden und zur Sicherheit von Greenwich ihren Teil beizutragen«. Unter diesen Umständen würde der Waffendiebstahl – alle Waffen der Stadt unterstanden dem Verfügungsrecht der Volksversammlung – nicht allzu schwer ins Gewicht fallen.

Die drei aber, Harper, Glannon und Cislarczik, würden Mullon überwältigen, wenn er einen Anschlag am wenigsten erwartete, und in eine Stadt zurückkehren, in der Hollander nach dem Tod des Gegners die Herrschaft längst an sich gerissen hatte.

Wenn der Plan fehlschlug – nun, dann würden ein paar Männer im Westen der Stadt bereitstehen und dafür sorgen, dass weder Harper noch Glannon noch Cislarczik Greenwich jemals wieder zu Gesicht bekamen. Damit war in dem Falle gleichzeitig verhindert, dass Mullon einen der drei als Kronzeugen gegen seinen Feind Hollander benutzen konnte.

Nein, es konnte keinen Fehlschlag geben – höchstens eine Verzögerung. Hollander war mit seinen Plänen zufrieden und kehrte zu seinem Haus zurück, bevor es noch hell genug war, dass jemand hätte sehen können, woher er kam.

 

*

 

Die Entfernung von Greenwich bis zu den ersten Vorbergen im Norden betrug rund hundert Kilometer. Mullon, der selbst am Steuer saß, bewegte das Fahrzeug in einer Höhe von mehreren hundert Metern mit mäßiger Geschwindigkeit. Auf diese Weise erreichte er, dass die Sonne gerade aufging, als der Hubschrauber die westliche Grenze des vom Dschungel herauf sanft ansteigenden Graslandes überquerte und in die steinige Welt der Berge eindrang.

Der Anblick, der sich den vier Insassen des Helikopters unter dem strahlendhellen Licht des blauweißen Zentralgestirns bot, war überwältigend in seiner Größe und Einsamkeit. Berge, die noch keines Menschen Auge aus der Nähe gesehen hatte, ragten unendlich weit in den blauweißen Himmel empor, von Schründen zerrissen, die geradewegs bis in die Unterwelt zu reichen schienen. Regen, Frost und Sturm hatten dort, wo die Bergflanken aus weichem Gestein bestanden, eigenartige, bizarre Figuren aus dem Fels gefressen, die in die Schluchten hinunterblickten.

Mullon hob die Maschine bis auf viertausend Meter Höhe, so dass er einen weiten Überblick über die Vorberge hatte. Neben ihm saß Fraudy und bediente die eingebaute Kamera, die surrend Meter um Meter Film abspulte.

Milligan und Pashen hielten inzwischen mit den eigenen Augen Ausschau. Milligan entdeckte nach einer Weile tief unten ein paar weißgraue Punkte, die sich schräg über eine steil ansteigende Bergwand hastig bewegten. Die Berge waren also nicht so von allem Leben verlassen, wie es zuerst den Anschein gemacht hatte. Es gab Tiere, und nach der Tatsache zu schließen, dass man sie aus rund zweitausend Metern Höhe noch mit bloßem Auge erkennen konnte, mussten sie ziemlich groß sein.

Mullon war Techniker und kannte sich in der Bedienung von Hubschraubern aus. Er wusste, dass er sich so lange nicht tief hinunterwagen konnte, bevor er die aerodynamischen Strömungsverhältnisse über den Bergen nicht kannte.

Mullon nahm sich zwei Stunden Zeit, um herauszufinden, wo die gefährlichen Stellen waren und wo er sich bewegen konnte, ohne ein Risiko einzugehen. Dann brachte er die Maschine auf geringere Höhe und ließ sie dicht über den Flanken der Bergriesen dahingleiten.

Aber die Tiere, die Milligan zuvor beobachtet hatte, waren verschwunden.

Mullon zwang die Maschine durch einen engen Pass, dessen Sohle etwa zweieinhalbtausend Meter über dem Fuß des Gebirges lag und der sich einige Kilometer weit mit senkrecht ansteigenden, himmelhohen Wänden nordwestwärts zog. Jenseits des Bergrückens, den der Pass durchquerte, lag ein breites, tiefes Quertal, das zu Mullons Überraschung von Büschen und vereinzelten Bäumen ziemlich dicht bewachsen war. Das Tal verlief einigermaßen genau in nordsüdlicher Richtung und war mit seinem schattenspendenden Pflanzenwuchs so sehr zur Errichtung eines vorläufigen Lagers geeignet, dass Mullon die Maschine ohne Zögern hinunterdrückte und neben einem einzeln stehenden gewaltigen Gewächs aufsetzen ließ.

Die Stille, die sich nach der Landung des Hubschraubers ausbreitete, war beeindruckend. Ein sanfter Wind zog durch das breite Tal und bewegte raschelnd die leichtesten Zweige der Büsche – das war das einzige Geräusch, das es gab.

Fraudy schaltete die Kamera ab. Mullon wandte sich nach hinten und trug Milligan und Pashen auf: »Nehmt die Zelte heraus und baut sie unter dem Baum auf! Ich denke, hier werden wir eine Weile bleiben.«

Milligan und Pashen entwickelten eine bemerkenswerte Aktivität.

Fraudy und Mullon blieben still in der Kanzel sitzen. Fraudy starrte in das lichterfüllte, hitzeflimmernde Tal hinein und murmelte: »Eine großartige, fremde Welt!«

Und Mullon, der für sentimentale Regungen weniger empfänglich war, antwortete: »Eine verdammte Welt, wenn sich nicht irgendwo in der Nähe Wasser finden lässt!«

 

*

 

Inzwischen erlebten Harper, Glannon und Cislarczik harte Stunden. Da der Diebstahl eines jener Raupenfahrzeuge, die aus der ADVENTUROUS gerettet worden waren, ein zu großes Risiko mit sich gebracht hätte, waren sie darauf angewiesen, den Weg, den Mullon und seine Begleiter in kurzer Zeit mit dem Helikopter zurückgelegt hatten, zu Fuß hinter sich zu bringen.

Von Sonnenaufgang an überschüttete das weißblaue Zentralgestirn die sanft ansteigende Ebene mit einer Flut unerträglicher Hitze. Die Kolben der Gewehre begannen in den Händen zu brennen, die Haare wurden so heiß, dass man sich die Hand verbrannte, wenn man über den Kopf strich. Der Atem ging schwer, und die Berge schienen in der flimmernden Luft immer weiter wegzurücken, anstatt näher zu kommen.

Die Grasebene war durchsetzt mit niederen Büschen und Bäumen. Harper, der die kleine Gruppe führte, merkte rasch, dass er in der üblichen Art zu marschieren nicht mehr weit kommen werde, und ließ seine Leute im Schatten eines jeden Busches oder Baumes, an dem sie vorüberkamen, wenigstens eine Minute lang ausruhen. Dann trieb er sie in raschem Tempo über das sonnendurchglühte Gras bis zum nächsten Busch, der gewöhnlich mehrere hundert Meter weit vom vorherigen entfernt war.

Auf diese Weise kamen sie zwar verhältnismäßig rasch vorwärts; aber Harper bemerkte, dass sie es so höchstens noch zwei oder drei Stunden aushalten würden. Die Pause, die sie danach einlegen müssten, um die Erschöpfung zu überwinden, würde jedenfalls länger sein, als sie es sich erlauben konnten.

Harper sah ein, dass Hollander sie zur falschen Zeit losgeschickt hatte. Es war Unsinn, am helllichten Tag über eine nahezu schattenlose Ebene einen Gewaltmarsch von vierzig oder gar mehr Kilometern machen zu wollen. Man musste nachts marschieren, wenn man vorwärtskommen wollte.

Gegen acht Uhr ließ Harper also im Schatten eines Baumes anhalten.

»So kommen wir nicht weiter!«, behauptete er.

»Das glaube ich dir gerne«, antwortete Cislarczik höhnisch und sah sich in der Runde um. »Ich wundere mich, dass mir die Zunge nicht schon bis auf den Boden hängt. – Aber was sollen wir tun?«