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Nr. 59

 

Rückkehr aus dem Nichts

 

Das Loch im Raum verschlingt die Bevölkerung eines Planeten – aber drei Terraner kehren zurück ...

 

von KURT MAHR

 

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Terra und Arkon sind wieder zu Verbündeten geworden, denn Ereignisse sind eingetreten, die alles Leben in der Milchstraße bedrohen.

Die »Attacke aus dem Unsichtbaren« stellt eine Gefahr dar, in der alle Intelligenzen der Galaxis zusammenstehen und Abwehrmittel finden müssen, wollen sie nicht spurlos verschwinden wie die Bevölkerung des Planeten Mirsal III.

Und so kommt es, dass zwei Superschlachtschiffe – eins auf der Erde erbaut und das andere auf Arkon – gemeinsam in lichtschneller Fahrt zum zweiten Planeten der Sonne Mirsal vorstoßen, wo der unheimliche Gegner zum nächsten Schlag auszuholen beginnt.

Die Bewohner von Mirsal II sind menschenähnlich. Ihre Zivilisation hat etwa die gleiche Entwicklungsstufe erreicht, wie sie die Erde zum Ausgang des 20. Jahrhunderts besaß.

Sollen die Mirsalesen dem unheimlichen Gegner kampflos geopfert werden ...

Perry Rhodan will ihren Untergang verhindern und entsendet ein Spezialistenteam ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Leutnant Marcel Rous – Er hat sich für das Himmelfahrtsunternehmen auf Mirsal II freiwillig gemeldet.

Fellmer Lloyd – Ein Mitglied des Mutantenkorps.

Rosita Peres – Die Kosmo-Psychologin wird aus einer Region zurückgebracht, aus der es bisher keine Rückkehr gab.

Kommissar Flaring – Ein mutiger Mirsalese.

Perry Rhodan – Wer die Unendlichkeit erschaut hat, den können auch die perfektesten Roboter nicht beeindrucken.

Der Regent von Arkon – Sein Handikap ist, dass er »Eigenzeiten« nicht zu erfassen versteht.

1.

 

»Ich habe Angst!«

Rosita zog die Beine an und krümmte sich auf dem kleinen Sofa, als sei ihr kalt.

Rous sah sich nach ihr um und schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln.

Er sagte nichts. Für Rositas Feinfühligkeit war das ein Zeichen dafür, dass er die Lage als ebensowenig geheuer empfand wie sie.

Ganz im Gegensatz dazu Lloyd. Von Lloyd war jedermann gewöhnt, dass er so dasaß: die Ellbogen auf die Tischplatte gestützt und den Kopf in die Hände gelegt. Die Augen halb geschlossen und auf irgend einen fiktiven Punkt gerichtet.

Schweigsam.

»Kann man nicht mehr Licht anmachen?«, fragte Rosita.

Rous nickte und stand auf. Der Raum hatte zwei Türen, und neben jeder Tür gab es ein Stück Faden, das aus der Wand neben dem Türrahmen hervorkam und einen halben Meter über dem Boden einen hölzernen Knopf umschlang. Rous nahm den Knopf in die Hand und zog daran. Unter der niedrigen Decke flammte eine Reihe von Leuchtröhren auf.

Rosita blinzelte.

Rous ging zu einem der beiden Fenster und sah hinaus.

»Was ...?«, fragte Rosita und richtete sich hastig auf.

Rous winkte ab.

»Nichts. Es wird eine ziemlich stürmische Nacht werden.«

»Und warum müssen wir sie ausgerechnet in dieser Hütte verbringen?«, wollte Rosita wissen.

Rous gähnte. Es lag ihm daran, Rosita wissen zu lassen, dass er genau die gleiche Frage schon zwanzigmal an diesem Tag beantwortet hatte.

»Wir können in irgendeine andere Hütte gehen«, sagte er gelangweilt, »wenn Sie das wollen!«

Rosita gab keine Antwort. Rous sah die Straße entlang, die sich vor dem Haus vorbeizog. In Gärten wahllos verteilt, standen andere Häuser, keines von ihnen größer als das, in dem sie Unterschlupf gefunden hatten, und keines kleiner. Sie schienen alle in Einheitsbauweise errichtet worden zu sein. Sie sahen ein wenig schmutzig, aber trotzdem noch recht neu aus. Sie waren alle regelmäßig sechseckig. Jeder ihrer Räume hatte zwei Fensterwände, die einen Winkel von hundertundzwanzig Grad miteinander einschlossen und dem Zimmer ein fremdartiges Aussehen verliehen.

Fremdartig, dachte Rous, für Terraner.

Wenn der Sturm den Staub nicht allzudicht vor sich hertrieb, konnte man drüben, jenseits der Straße, am vorderen Rand eines Gartens ein anderes Haus sehen, durch dessen Fenster helles Licht drang.

Rous fühlte sich durch das Licht irritiert – selbst jetzt noch, nachdem er drüben gewesen war und sich überzeugt hatte, dass das Haus ebenso leer war wie alle anderen.

Während irgendwo hinter einer finsteren Wolkenwand die Sonne sank, wurde das fremde Licht deutlicher, und schließlich war es das einzige, was man überhaupt noch jenseits der Fenster wahrnehmen konnte.

Das Licht und ein paar niedrige Bäume, die es beleuchtete.

Rous wandte sich vom Fenster ab und verließ den Raum. Er kam in einen anderen, der die gleiche Form besaß wie der erste. Seine Einrichtung sah jedoch anders aus, und außerdem gab es drei Türen statt zweien.

Rous öffnete die Tür an der schmalen Rückwand und tastete nach dem Faden. Er bekam ihn in die Hand, fand den hölzernen Knopf und zog kräftig. Licht flammte auf.

Rous fragte sich, warum er wieder hergekommen war. Diesen runden Tisch mit den sechs Schüsseln, die zum Teil gefüllt waren, und den gespaltenen Holzstäbchen, die ohne Zweifel Essbestecke darstellten, hatte er mindestens schon zehnmal an diesem Tag gesehen.

Er setzte sich auf einen der Stühle, stützte den Kopf in die linke Hand und nahm eines der gespaltenen Stäbchen auf. Es hatte schräg, wie hastig hingeworfen, neben der halbgefüllten Schüssel gelegen.

Hinter ihm klappte eine Tür. Rous brauchte sich nicht umzudrehen, um zu sehen, wer kam: Er kannte den Schritt.

»Haben Sie Hunger?«, fragte Rosita.

Das klang lustig; aber Rous hörte den Galgenhumor heraus.

»Ich versuche mir vorzustellen«, antwortete er, »wie die Leute heute morgen hier gesessen haben und was passiert ist, als sie verschwanden.«

Rosita setzte sich auf einen Stuhl.

»Lösung des Rätsels durch Intuition?«, spottete sie. »Glauben Sie ...«

»Natürlich glaube ich«, unterbrach Rous. »Überlegen Sie doch: Gegen sechs Uhr Ortszeit landen wir mit einer Gazelle etwa sieben Kilometer von der Ortschaft Keyloghal entfernt in hügeligem, unübersichtlichem Gelände. Unser Auftrag ist: Erkundung des Unwesens, das ein unsichtbarer Gegner auf diesem Planeten treibt.

Wir sollen unauffällig vorgehen, das war uns aufgetragen worden. Wir hatten also nichts Eiligeres zu tun, als uns einen dieser kleinen Leute zu schnappen, die diesen Planeten bevölkern, seinem Gehirn mit Hilfe einer Strukturanalyse alles Wissen zu entziehen und ihn danach wieder laufenzulassen – natürlich so konditioniert, dass er sich an den Vorfall nicht mehr erinnern konnte.

Weiter: Wir brauchten eine Stunde, um uns die neugewonnenen Kenntnisse einzuverleiben. Wir richteten unsere Monturen so her, dass sie in den Augen der Leute, mit denen wir zu tun haben würden, nicht zu auffällig aussehen würden.

Weisungsgemäß ließen wir die Gazelle dann zurück und machten uns auf den Weg nach Keyloghal. Wir fanden ein Dorf, das einem irdischen Bauerndorf bis auf die sechseckige Form der Häuser ähnelte. Wir sahen eine Menge Leute mit Traktorfuhrwerken herumkutschieren, auf die Felder hinausfahren oder von dort zurückkehren.

Sie sahen uns ebenfalls und staunten uns an, weil wir anderthalb Köpfe größer sind als sie. Das konnten sie aus hundert Metern Entfernung gut sehen, und näher kamen wir nicht heran.

Sie verschwanden plötzlich. Sie lösten sich in Luft auf. Die Traktoren und Wagen blieben stehen, wo sie gerade zuletzt gehalten hatten, oder fuhren weiter, bis sie gegen das nächste Hindernis rannten.

Aber die Leute waren weg.«

Rous stand auf und holte tief Luft.

»Wissen Sie, warum ich Ihnen das noch einmal erzähle?«

Rosita schüttelte den Kopf.

»Damit Sie sehen«, erklärte Rous mit Nachdruck, »dass das alles kein Märchen ist. Wir waren auch nicht betrunken oder hypnotisiert. Wir haben mit offenen Augen gesehen, wie die Einwohnerschaft eines mittelgroßen Dorfes von einer Sekunde zur anderen verschwand.

Wir helfen uns nicht damit, dass wir den Vorfall zur Metaphysik rechnen. Diese Sache muss mit rechten Dingen zugehen. Und wenn sie das tut, dann muss es auch eine Möglichkeit geben, das Rätsel zu lösen.«

Rosita sah ihn nachdenklich an.

»Was halten Sie von Fiktivtransmittern?«

Rous sah auf.

»Wie meinen Sie das? Als Erklärung für ... das hier?«

Er machte eine wegwischende Handbewegung über den gedeckten Tisch.

»Ja, genau.«

»Ich habe schon darüber nachgedacht. Gehen wir von dem aus, was wir wissen: Wir besitzen Fiktivtransmitter, die, an einem beliebigen Ort aufgestellt, das angezielte Objekt von einem anderen, ebenfalls beliebigen Ort entfernen, durch den Hyperraum schleudern und an einer dritten Stelle wieder zum Vorschein bringen. Das ist ein Fiktivtransmitter. Wir selbst könnten also der Reihe nach alle Einwohner von Keyloghal verschwinden lassen, aber nicht alle auf einmal. Noch mehr: Wenn einer, auf den wir den Fiktivtransmitter richten, im Augenblick der Transmission einen Löffel oder eine Gabel in der Hand hat, dann verschwindet er mitsamt Löffel oder Gabel.

Nun sehen Sie sich das hier an: Die Leute haben beim Frühstück gesessen.

Dann geschah es. Die Leute wurden vom Tisch weggerissen. Sie verschwanden. Ihr Essbesteck blieb zurück. Ebenso wie die Traktoren und Wagen draußen auf der Straße zurückblieben.

Nein, ich glaube nicht an Fiktivtransmitter.«

»Aber was dann?«

Rous zuckte mit den Schultern. Er wollte etwas antworten, aber in diesem Augenblick klappte eine Tür, und durch die Dunkelheit des angrenzenden Raumes kamen dumpfe, kräftige Schritte.

Fellmer Lloyd streckte seinen Kopf herein.

»Da kommt jemand!«, sagte er einfach.

Rous sprang auf.

»Los, macht das Licht aus!«, befahl er. »Einer, Lloyd?«

»Nein, eine ganze Menge, vielleicht zwanzig, und ziemlich schnell.«

»Von woher?«

»Anscheinend auf der Straße von Ferraneigh.«

Dieselbe Straße waren sie zu dritt am frühen Morgen dieses Tages gekommen. Rous kehrte zu dem Raum zurück, durch dessen Fenster er die Straße sehen konnte. Rosita hatte inzwischen das Licht gelöscht; aber von jenseits der Straße, wo hinter zwei Fenstern des gegenüberliegenden Hauses die Leuchtröhren brannten, fiel ein schmaler Streifen Licht herein.

Rous hatte die Waffe gezogen. Lloyd war zum Tisch zurückgekehrt und hielt den Kopf zwischen den Händen. Rosita stand neben der Tür, den Holzknopf des Lichtschalters in der Hand.

»Hören Sie's?«, fragte Lloyd plötzlich.

Rous horchte. Er spürte, wie leises Zittern durch den Boden lief, und hörte von weither monotones Summen. Das Geräusch kam ihm bekannt vor. Man brauchte nicht zum Zentrum der Milchstraße zu fahren, um es zu hören – es erfüllte die Landstraßen der Erde.

»Licht wieder an!«, befahl Rous. »Lloyd, bleiben Sie hier und geben Sie auf Miss Peres acht. Ich gehe hinaus.«

»Um Gottes willen, Rous!«, rief Rosita. »Bleiben Sie hier! Wissen Sie denn, was es ist?«

Rous war schon an der Tür.

»Ja«, antwortete er trocken: »Ein Omnibus.«

Es war ein Omnibus.

Er kam mit weit aufgeblendeten Lampen und erstaunlicher Geschwindigkeit die Straße von Ferraneigh herunter. Rous sah, wie der Sturm helle Staubfahnen vor den Scheinwerfern vorübertrieb.

Ratternd schoss der schwere Wagen ins Dorf hinein, ohne das Tempo zu verringern. Offenbar hatte der Fahrer nicht die Absicht, in Keyloghal zu halten.

Rous stellte sich mitten auf die Straße und wartete, bis ihn das Licht der Scheinwerfer erfasste. Dann fing er an, mit beiden Armen zu winken.

Ein paar Augenblicke lang war er nicht sicher, ob er nicht besser zur Seite springen sollte. Aber dann quietschten Bremsen, das Summen des Motors wurde tiefer, der Omnibus schlug nach rechts ein und kam ein paar Meter vor Rous zum Halten.

Der aufgewirbelte Staub reflektierte genug Licht, um Rous die Anschrift RESAZ-FILLINAN erkennen zu lassen.

Eine Tür wurde aufgerissen. Ein kleiner Mann sprang heraus und kam auf Rous zu. Er war nicht größer als anderthalb Meter und musste den Kopf in den Nacken legen, um Rous ins Gesicht sehen zu können. Das schien ihn jedoch nicht zu stören.

»Was ist los?«, fragte er aufgeregt. »Warum gibt es nirgendwo mehr Leute? Wohin sind sie alle verschwunden?«

Rous hob die rechte Hand und krümmte den Zeigefinger – das gängige Zeichen für Nichtwissen.

»Keine Ahnung«, antwortete er in der Sprache, die er heute morgen im Laufe einer Stunde aus der Strukturanalyse erlernt hatte. »Wir sind nicht von hier. Kamen heute morgen hier an. Als wir noch eine Zehntelmeile vom Dorf entfernt waren, verschwanden die Leute. – Wo kommen Sie her?«

»Von Resaz«, keuchte der Fahrer. »Wir sind heute morgen um fünf losgefahren. Zwischen fünf und acht machten wir halt in Resaz-Gollan, Gortrup, Vineigh und Bostall. Da war noch alles in Ordnung. Um halb neun kamen wir nach Millander ... da war kein Mensch mehr zu sehen. Und so blieb es bis jetzt.«

Rous überlegte. Zwischen acht und halb neun hatten sie Keyloghal erreicht. Anscheinend waren die Leute überall zur gleichen Zeit verschwunden.

»Haben Sie unterwegs nichts bemerkt?«, fragte Rous.

»Nein, nichts. Als wir einmal in Millander waren, hatte ich auch keine Zeit mehr, auf irgend etwas aufzupassen. Die Leute im Wagen wurden hysterisch. Die einen wollten zurück, die anderen schneller vorwärts, und die dritten wollten mich dazu bringen, auf Seitenstraßen abzubiegen, weil ihnen die Landstraße zu gefährlich schien. Ich hatte meine liebe Mühe, sie alle zu beruhigen und weiterfahren zu können.«

Rous fasste einen raschen Entschluss.

»Wir sind zu dritt«, sagte er. »Wollen Sie uns mit nach Fillinan nehmen?«

»Natürlich, warum nicht. Kostet drei Einheiten pro Person von hier aus.«

Rous stimmte zu. Er hielt es nicht für nötig zu sagen, dass weder er, noch Rosita, noch Lloyd einheimisches Geld besaßen. In Fillinan würde sich irgend etwas finden lassen, was man dem Fahrer anstelle der neun Einheiten Fahrpreis geben konnte.

Er holte Lloyd und Rosita aus dem Haus. Rosita wollte wissen, was er vorhatte.

»Nach Fillinan fahren«, antwortete er knapp. »Eine solche Gelegenheit bekommen wir nicht wieder. Die Leute sind so aufgeregt, dass ihnen unsere Größe gar nicht auffallen wird.«

Lloyd klemmte sich die Tasche mit den Mikrogeräten unter den Arm. Rosita lief voraus.

Der Fahrer machte große Augen, als er sie sah, aber er sagte nichts.

Dicht hinter dem Fahrer gab es eine Längsbank, die freigeblieben war. Rosita setzte sich dorthin, und ebenso Fellmer Lloyd und Rous. Rous so, dass er gerade schräg hinter dem Fahrer saß und durch die Frontscheibe hinaus auf die Straße sehen konnte.

Die Leute im Wagen unterhielten sich aufgeregt und achteten kaum auf die neuen Fahrgäste. Es gab ein paar scheue, neugierige Blicke; das war alles.

Natürlich drehte sich das Gespräch nur um die seltsamen Ereignisse des heutigen Tages: um das Verschwinden der Leute aus den Dörfern. Das einzige, was Rous aus dem Gewirr von Stimmen und Meinungen heraushören konnte, war, was er schon früher gewusst hatte: dass diese Art von Ereignissen neu für die Leute war. Es hatte zuvor nichts Ähnliches gegeben.

Ein paar Augenblicke später hatte der Omnibus Keyloghal verlassen. Der Fahrer schien seine Angst und seine Unsicherheit damit betäuben zu müssen, dass er den Gashebel bis zum Anschlag durchtrat.

Es war tatsächlich ein Gashebel. Rous hatte Zeit, den Steuer- und Schaltmechanismus zu betrachten und mit dem zu vergleichen, was ihm von der Erde her geläufig war.

Es gab keine wesentlichen Unterschiede. Rous hätte sich getraut, diesen Omnibus ohne weitere Anweisungen zu fahren.

Dabei war Mirsal II rund vierzehneinhalbtausend Lichtjahre von der Erde entfernt.

Eine Stunde später brauste der schwere Wagen durch eine weitere Ortschaft: Wimmanat. Man brauchte nicht anzuhalten, um zu sehen, dass sie ebenso ausgestorben war wie alle anderen, durch die der Omnibus seit heute morgen, halb neun Uhr, gekommen war.

Hinter Wimmanat wurde die Straße breiter. Die Nähe der Hauptstadt, Fillinan, machte sich bemerkbar. Rous spähte voraus, um den Widerschein der Stadtlichter am Himmel zu erkennen; aber entweder war die Entfernung noch zu groß, oder der Sturm hatte zuviel Staub in die Luft geblasen. Der Himmel war schwarz.

Wenn, überlegte Rous, die Leute in Fillinan noch nicht verschwunden sind, dann müssten mit der Zeit ein paar Fahrzeuge auftauchen. Oder aber sie haben die Ausgänge der Stadt in Richtung Resaz gesperrt und das betroffene Gebiet zum Sperrgebiet erklärt.

Er sah sich nach Rosita um. Rosita hatte die Beine weit von sich gestreckt und den Kopf in den Nacken gelegt, so dass sie hinten auf der niedrigen Kopfstütze Halt fand. Sie hatte die Augen weit offen und starrte gegen die Decke.

Rous wollte etwas sagen; aber bevor er dazu kam, sprang Lloyd plötzlich in die Höhe.

»Vorsicht!«, schrie er.

Rous zuckte zusammen. Lloyd starrte über den Fahrer hinweg zur Frontscheibe hinaus; aber Rous konnte dort nichts entdecken.

Der Fahrer und die Leute im Wagen waren über Lloyds Schrei erschrocken. Der Fahrer verringerte das Tempo ein wenig und sah sich um.

In diesem Augenblick begann es.

Rous sah das grelle Bündel des rechten Scheinwerfers plötzlich durch den Körper des Fahrers hindurch. Er warf sich vornüber, um den verschwindenden Mann bei den Schultern zu packen und festzuhalten. Aber bevor er die Bewegung noch ausführen konnte, war der Fahrer nicht mehr da. Rous' Hände griffen ins Leere.

»Das Steuer!«, schrie Rosita voller Angst.

Rous beugte sich über den leeren Sitz und bemühte sich, das Lenkrad in die Gewalt zu bekommen. Glücklicherweise war die Straße eben, und jetzt, da keiner mehr den Fuß auf dem Gaspedal hielt, kam der Wagen ziemlich schnell zum Stehen. Rous hielt ihn sicher auf der Mitte der Straße.

Als die Gefahr vorüber war, zwängte er sich auf den kleinen, schmalen Sitz des Fahren und zog den Hebel, den er für eine Handbremse hielt.

Dann stand er auf und sah sich um.

Der Omnibus war leer. Die zwanzig Leute, die die Fahrt von Resaz oder Resaz-Gollan oder Gortrup bis hierher mitgemacht hatten, waren verschwunden – ebenso wie der Fahrer.

Übriggeblieben waren nur Fellmer Lloyd, Rosita Peres und Marcel Rous.

Ein Mutant, eine Psychologin und ein Leutnant, der sich freiwillig gemeldet hatte.

Lloyd hatte sich wieder hingesetzt. Die Sache schien ihn nichts anzugehen.

»Was ist los?«, fragte Rous. »Was haben Sie gesehen?«

Lloyd schüttelte mürrisch den Kopf.

»Nichts gesehen. Gespürt. Eine Menge fremder Gehirnmuster. Ziemlich konfus und unverständlich, und vor allen Dingen: nur eine oder zwei Sekunden lang.«